Eine Analyse zu George Sands Roman "La petite Fadette"


Seminararbeit, 2003

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung
1.1 George Sand (1804-1876) - ein Porträt 1.2 La petite Fadette - Inhalt

2. Narration
2.1 Erzähltechniken
2.1.1 Erz ählperspektive
2.1.2 Erz ählsequenzen
2.1.3 Erz ähltempo
2.2 L'heroIne au don oratoire

3. La langue paysan
3.1 Nomen est omen
3.2 Terminologie des l ändlichen Raumes

4. Description

5. Fluchträume / Gegenräume

6. Romantismus

Glossar

Literatur

1. Einleitung

Sommer 1848. Enttäuscht und angewidert von den Ereignissen der Junievolution zieht sich George Sand auf ihr Landgut in Nohant zuriick. Hier beginnt sie auf Anfrage des Verlegers und engen Freundes Jules Hetzel (1814-1886) den dritten Roman ihrer romans c hamp e tres [1]. Urspriinglich sollte das Buch den Titel Les Bessons (frz. les jumeaux) tragen. Dieser Regionalismus aus dem Berry, der Heimat G. Sands, offenbart bereits den ländlichen, naiven Charakter des Buches, welches zu den sogenannten bergeries[2] z ählt. SchlieBlich erscheint das Buch jedoch im Januar 1849 unter dem Titel La Petite Fadette. Die letztliche Titelwahl legt damit mehr Gewicht auf die Protagonistin der Geschichte, was durchaus auch inhaltlich begriindet ist.

W ährend G. Sand im Vorwort zu La mare au diable noch den Versuch unternimmt, das Werk im Zusammenhang einer sich verändernden gesellschaftlichen Praxis zu erkl ären, nimmt dieser Impuls jedoch in der Folge ihrer Bauernromane rapide ab. La Petite Fadette und insbesondere Les Ma i tres Sonneurs (1853) lassen keine reformerischen oder revolutionären Ideen mehr erkennen. Statt sozialpolitischer Doktrinen bringt G. Sand dem Leser das Ideal einer natiirlichen Sittlichkeit nahe, welches ihrer Ansicht nach nirgendwo anders als auf dem Land zu suchen sei. Dennoch besteht ein innerer Zusammenhang mit den friiheren Werken der Autorin: Weder die naiv-rustikalen Motive sind neu in ihren Bauernromanen, noch wird das sozialkritische Engagement vollig aufgegeben. La Petite Fadette soll das Scheitern der Revolution vergessen machen und zuriickfiihren zu einem vorindustriellen Idyll.

1.1 George Sand (1804-1876) - ein Portrait

Amantine-Aurore-Lucile Dupin (geb. in Paris) wird von ihrer GroBmutter auf dem Landgut von Nohant groBgezogen, welches sie nach deren Tod 1821 erben sollte.

Als sie vier Jahre alt ist, stirbt ihr Vater bei einem Reitunfall. Ihre Mutter versucht sich in der Pariser Gesellschaft zu etablieren und gibt Aurore zu deren GoBmutter nach Nohant im Berry. Dort genieSt sie eine freisinnige, aristokratische Erziehung, jedoch bleibt ihr die Mutterliebe versagt. Die Trennung von ihrer Mutter bleibt das groBe Trauma in Aurores Leben. Sie wird sp äter vor allem ihre zahlreichen Liebhaber mit „miitterlicher Liebe" iiberschiitten, um so eine Wunde zu heilen, die sich doch nie schlieBen wird.

Aus ihrer Ehe mit Casimir Dudevant im September 1822 geht ihr gemeinsamer Sohn Maurice (*1823) hervor. Ihr Mann entpuppt sich jedoch bald als riicksichtslos und brutal und bringt ihr keinerlei Interesse gegeniiber ihren intellektuellen und kiinstlerischen Neigungen entgegen. Ihr Bediirfnis nach Zärtlichkeit und eigener Sexualität bleibt unbeantwortet. Ihre Zuneigung gilt nun vor allem ihrem Sohn. Die Vaterschaft ihrer Tochter Solange bleibt zwischen den Eheleuten ungekl art.

Sie verlaBt Casimir (von dem sie erst 1836 offiziell geschieden wird) und geht 1830 mit dem damals neunzehnj ahrigen Studenten Jules Sandeau nach Paris. Aus praktischen und finanziellen Erwagungen tragt Aurore M annerkleidung und fiihrt das Leben eines jungen Studenten. Um ihr knappes Einkommen ein wenig aufzubessern schreibt sie Zeitungsartikel. Im Dezember 1831 erscheint der gemeinsame Roman Rose et Blanche unter dem Pseudonym J. Sand. Ein Jahr sp ater erscheint ihr erster eigener Roman Indiana unter dem Pseudonym G. Sand, der sie iiber Nacht bekannt gemacht. Aus verkaufsstrategischen Griinden wahlt ihr Verleger einen Mannernamen, um an den Publikationserfolg von Rose et Blanche ankniipfen zu konnen und ihm durchaus bewusst ist, dass eine Frau als Schriftstellerin kaum eine Chance gehabt hatte. George Sand ist geboren.

Auch wenn es nicht lange im Ungewissen bleibt, dass sich eine Frau hinter diesem Namen verbirgt, so erntet sie dennoch einige Anerkennung von ihren mannlichen Kollegen. So lernt sie im Laufe ihres Lebens zahlreiche kiinstlerische GroBen ihres Jahrhunderts kennen, wie zum Beispiel Balzac, Flaubert, Merimee, Zola, Heine, Liszt, Dostojewski, Turgenjew. Zu ihren Lebenspartnern zahlen unter anderem Alfred de Musset (1833-1835) und Frederic Chopin ( 1838-1847 ).

Zeit ihres Lebens zeichnet sie sich durch ihren promiskuitiven Lebensstil aus. Da sie sich anscheinend zu jiingeren und konstitutionell schwacheren Mannern hingezogen fiihlt (welche diese oft auch iiberlebt), iibernimmt sie neben der Geliebten stets auch die fiirsorgliche und miitterliche Rolle. Eine Kompensation der eigenen, fehlenden Mutter in ihren Jugendjahren l aCt sich kaum von der Hand weisen.

In ihren Romanen lassen sich stets autobiografische Ziige ablesen, welche jedoch nie in einem Charakter vereint sind. Vielmehr ergeben alle Romanfiguren zusammen ein Spektrum an Ich-Moglichkeiten. Wichtig zu nennen sind hierbei ihre friihen Romane Indiana (1832), Valentine (1832), L e lia (1832) und Jaques (1834), in denen die aus gesellschaftlichem Interesse eingegangene Ehe ohne Selbstverwirklichung thematisiert und kritisiert wird. In L e lia versucht G. Sand die wiederholt gemachte Erfahrung enttauschter Liebe auf eine metaphysische GesetzmaBigkeit zuriickzufiihren, den „Antagonismus von Poesie und Zweifel". Ihr Friihwerk zeichnet sich durch das EntbloBen der zerrissenen Gefiihlsstruktur der Frau, ihren psychischen Problemen, ihrem Verlangen und ihrer Unfahigkeit zu lieben aus, wodurch sie faktisch zur Begriinderin des Frauenromans wird.

In der zweiten Halfte der 30er Jahre entwickelt sich G. Sand unter dem EinfluB radikaldemokratischer und sozielistischer Denker wie Michel de Bourges ( ), Lamennais ( )und Leroux ( ) zu einer Reprasentantin des romantisme de gauche bzw. romantisme social. So entfernt sie sich immer mehr von der Beschreibung rein individueller Konflikte und gibt ihren folgenden Romanen auch eine historisch-gesellschaftliche Bedeutung. Sie kommt zu dem SchluB, dass es eine neue Art volkstiimlicher Literatur zu schaffen gilt. Damit ist sie beteiligt an der Pragung eines neuen Romantypus - dem (erst sp ater so genannten) Sozialroman und steht sie im Begriff, die Grenzen biirgerlicher Literatur und Kultur zu sprengen, was ihr - insbesondere von Seiten der Revue des deux Mondes heftige Kritik einbringt.

Sie schreibt weiterhin fir literarische und politische Zeitschriften, engagiert sich nach der Revolution 1848 fir die Deportierten und macht sich so auch einen Namen als Politikerin.

Ihre Praferenz fir das bauerliche Milieu bringt im weiteren den roman champ - etre hervor (siehe Einleitung, S.1). In diesen Bauernromanen lassen sich wesentliche Parallelen zur Jugendzeit George Sands ziehen, was besonders an der Figur der Petite Fadette sichtbar wird. Im Mai 1876 stirbt George Sand in Nohant an den Folgen schwerer Schmerzen, deren Ursachen die Arzte nicht naher zu diagnostizieren vermochten.

1.2 La petite Fadette - Inhalt

Die Zwillinge Landry und Sylvinet Barbeau wachsen auf der Cosse[3] auf. Als Kinder sind sie a uBerlich, sowie von ihrer Wesensart kaum voneinander zu unterscheiden. GemaB der Prophezeiung der mère Sagette [4], welche die Zwillinge seit ihrer Geburt begleitet, sind beide in nahezu manischer Art und Weise aufeinander fixiert. Es scheint unmöglich sie voneinander zu trennen. Als der eng mit der Familie Barbeau befreundete père Cailleaud einen der beiden in seine Dienste nehmen will, fallt das Los auf Landry, welcher sich inzwischen auch als der konstitutionell kraftigere herausgestellt hat, wohingegen Sylvinet immer als der schwachere, anfalligere von beiden gesehen wird. Beide leiden sehr unter der Trennung, doch Landry verbirgt seine Gef9hle vor der Familie Cailleaud und spater auch vor seinem Bruder. Sylvinet f9hlt sich vernachl assigt und gekrankt und verschwindet plötzlich. Verzweifelt macht sich Landry auf die Suche nach ihm nachdem er von der mère Fadet [5] zuriickgewiesen wurde. Er trifft ihre Enkelin Fadette, welche behauptet zu wissen, wo sich Sylvinet versteckt hat. Nicht ohne Skepsis geht er einen Handel mit ihr ein, bei dem er Fadette eine unbestimmte Sache ihrer Wahl schuldig bleibt. Fadette erf9llt ihren Teil der] Abmachung und f9hrt Landry zu seinem Bruder. Die physischen sowie charakterlichen Unterschiede zwischen beiden zeichnen sich immer markanter ab. Landry ist Sylvinet in seiner Entwicklung bereits ein bis zwei Jahre voraus. Beim Saint-Jean Fest tanzt Landry mit der schönen Madelon, einer Nichte des père Cailleaud, was ihn informell in den Kreis der Erwachsenen aufnimmt. Kurze Zeit danach, jedoch über ein Jahr nach dem Handel mit Landry, fordert Fadette ihren Teil der Abmachung, der darin besteht, ausschlieBlich mit ihr auf dem Saint-Andoche Fest zu tanzen. Obwohl Fadette aufgrund ihres zweifelhaften Rufes, ihrer haBlichen, jungenhaften Gestalt und ihrer zerlumpten, unmodischen Kleidung von allen verachtet und verspottet wird, und Landry sich zunachst um seine eigene, sehr gute Reputation sorgt, beweiBt er Courage und halt sich an die Forderung. Er verteidigt sie sogar lautstark und mutig gegen Beschimpfungen und Handgreiflichkeiten. Nach und nach beginnt er, ihr wahres Wesen zu entdecken, wodurch sie immer schöner fiir ihn wird. Auch äuBerlich vollzieht Fadette eine Metamorphose, die sie iiber Nacht zu einer wunderschönen, jungen Frau werden läBt. Auch schafft sie es ihren geschädigten Ruf ein wenig zu reparieren. Inzwischen haben sich Fadette und Landry gegenseitig ihre Liebe gestanden, die sie iiber ein Jahr geheimhalten, besonders aus Riicksicht vor Sylvinets krankhafter Eifersucht und auch, um vor dem Gerede der Dorfbewohner gefeit zu sein. Als Madelon aus gekränkter Eitelkeit die heimliche Liebe enttarnt, fiihlt sich Sylvinet betrogen und verletzt, worauf er schwer krank wird und so schwach, dass er im Bett bleiben muB. Im Fieberwahn äuBert er Selbstmordgedanken und iible Beschimpfungen gegen seine Familie. Alle Arzte, die die Familie Barbeau konsultiert, können ihn nicht gesund machen. Fadette geht nach Arthon [6] um weitere Erfahrungen und Praxis im Naturheilen zu erlangen. Landry befiirchtet, dass sie ihn verlassen will und ringt ihr zuvor das Versprechen ab, dass sie zuriickkehrt um ihn zu heiraten. Die Familie Barbeau steht der Liaison zwischen Landry und Fadette skeptisch gegeniiber, doch p e re Barbeau bemiiht sich, nicht ungerecht gegen die beiden zu sein. Als ihre GroBmutter stirbt, offenbart Fadette p e re Barbeau ihr immenses Erbe, von dem vorher niemand etwas wuBte. Nachdem sich beide in einigen Gesprächen versichert haben, dass ein aufrichtiges Interesse eineseits von Seiten Fadettes an Landry und andererseits von Seiten der Familie Barbeau an Fadette als Schwiegertochter in spe, unabhängig von ihrer stattlichen Mitgift besteht, gibt p e re Barbeau ihr seinen Segen. Auf Wunsch der Familie besucht sie mehrmals den kranken Sylvinet und befreit ihn durch bloBes Handauflegen von seinem Fieber, ohne zu vers äumen, ihm ihre etwas unbequeme Meinung iiber ihn und sein selbstbemitleidendes, aggressives und doch passives Verhalten mitzuteilen, mit dem er seine Familie schon so lange schikaniert hat. Als er von der Hochzeit erfährt, bleibt ihm, um seines Bruders Gliickes willen, nichts weiter iibrig, als sich mit Fadette auszusöhnen und fortzugehen, da er es anders wohl nicht ertragen hätte. Er verpflichtet sich bei der napoleonischen Armee, bei der er eine steile Karriere durchl äuft.

[...]


[1] La mare au diable (1846) wird als Beginn ihrer dritten literarischen Schaffensphase gesehen, Fran c ois le Champi (1847); Sand wollte alle drei Romane unter dem Titel Veill e es du Chanvreur zusammenfassen

[2] wortl. etwa: Seha ferges chic hten, in diesem Zusammenhang jedoch meist iibersetzt mit Bauernroman

[3] topographisch liegen die Handlungsorte des Romans in etwa in der Region von Nohant, Sands Heimatort

[4] Dorfalteste, aufgrund ihrer Weisheit und Erfahrung wichtigste Ansprechperson fur Erziehungsfragen

[5] soll uber ubernaturliche Krafte verftigen, ist bei allen Bewohnern als Hexe verschrien

[6] ca. 20km von der Gegend der Cosse entfernt

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Eine Analyse zu George Sands Roman "La petite Fadette"
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Romanistik)
Note
2,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
19
Katalognummer
V125059
ISBN (eBook)
9783640825189
ISBN (Buch)
9783640825103
Dateigröße
431 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
George Sand, La Petite Fadette, Romantik, Roman, Erzähltechnik, Erzähltempo, Narration, La Langue Paysan, Lokalkolorit, Romantismus, Junirevolution, 1848, Roman Champêtre, Bergerie, Bauernroman, Romantisme Social, Regionalismus, Archaismus, Neologismus, 19. Jahrhundert
Arbeit zitieren
Magister Artium Philipp Zöllner (Autor:in), 2003, Eine Analyse zu George Sands Roman "La petite Fadette", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125059

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