Brasiliens gestiegenes Engagement im Hinblick auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat


Essay, 2006

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung der Hausarbeit

1. Inhaltliche Einführung und Gliederung

2. Reform und Reformbedarf der Vereinten Nationen
2.1 Bisherige Reformschritte und Diskussionen in den Vereinten Nationen
2.2 Reform des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen

3. Brasiliens Engagement in den Vereinte Nationen
3.1 Bisherige Schwerpunkte der brasilianischen Außenpolitik
3.2 Die veränderte Politik in den Vereinten Nationen unter Präsident Lula
3.3 Kritik an der derzeitigen Brasilianischen Politik in den Vereinte Nationen

4. Diskussion der Anfangsthese

5. Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Inhaltliche Einführung und Gliederung

Brasilien zeigt, als größtes und wirtschaftlich stärkstes lateinamerikanisches Land, unter der Regierung Lula in den letzten Jahren ein stark gewachsenes außenpolitisches Selbstbewusstsein und tritt als führender regionaler, aber auch zunehmend als globaler Akteur auf. In Zusammenarbeit mit Deutschland, Indien und Japan in der so genannten „G4-Initiative“ strebt die Regierung Lula unter anderem eine Erweiterung des UN-Sicherheitsrates um sechs neue ständige Mitglieder an und sieht sich selbstverständlich unter den geeigneten Kandidaten für diese Erweiterung. Ich werde diesen Essay nutzen, um die Strategie eines angestrebten Sitzes im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vor dem Hintergrund des neuen außenpolitischen Selbstbewusstseins näher zu untersuchen. Dabei möchte ich die These diskutieren, dass es sich im Vergleich zu anderen historischen Initiativen im Hinblick auf einen brasilianischen Sitz im Sicherheitsrat nunmehr um eine konzertierte Aktion der Regierung Lula handelt, die eine neue Qualität aufweist und sehr Ziel führend ausgeführt wird – mit Aussicht auf Erfolg.

Um diese Betrachtungen zu ermöglichen, werde ich zu Beginn der Hausarbeit auf die Notwendigkeit und die Entwicklung der Reformen und der Reformprozesse innerhalb der Vereinten Nationen eingehen und danach explizit den Prozess und die Diskussion um die Reform des VN-Sicherheitsrates vorstellen. Anschließend werde ich die groben historischen Schwerpunkte der brasilianischen Außenpolitik nachzeichnen, die nach der Unabhängigkeit des Landes entstanden sind, und danach auf die veränderte Außenpolitik unter der Regierung Luiz Inácio Lula da Silva (genannt auch „Lula) seit 2003 eingehen. Dazu gehören vor allem auch die Darstellung der brasilianischen Bemühungen um einen ständigen Platz im VN-Sicherheitsrat, die Unterstützung der „G4-Initiative“, die Kritik der Nachbarstaaten aber auch die Allianzpolitik der brasilianischen Lula-Administration hinsichtlich einer globalen multilateralen Außenpolitik.

Im Ergebnis dieser Darstellung möchte ich dann abschließend meine Anfangsthese diskutieren und die aktuellen Entwicklungen in der brasilianischen Außenpolitik einbeziehen.

2. Reform und Reformbedarf der Vereinten Nationen

2.1 Bisherige Reformschritte und Diskussionen in den Vereinten Nationen

Nach dem Scheitern des Völkerbunds als erster multilateraler und themenübergreifender internationaler Organisation wegen mangelnder Durchsetzungskraft und Beitrittsinteresse, wurden nach dem zweiten Weltkrieg die Vereinten Nationen aus der Taufe gehoben. Die Gründung erfolgte am 26. Juni 1945 in San Francisco durch 50 Staaten. In der gemeinsame VN-Charta wurden dazu die folgenden gemeinsamen Ziele vereinbart: „(1) künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht hat, (2) unseren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob groß oder klein, erneut zu bekräftigen, (3) Bedingungen zu schaffen, unter denen Gerechtigkeit und die Achtung vor den Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts gewahrt werden können und (4) den sozialen Fortschritt und einen besseren Lebensstandard in größerer Freiheit zu fördern.“[1]

Die Neugegründete Weltorganisationen sollte dabei vor allem den Weltfrieden absichern und ein Miteinander der Völker fördern, was natürlich schnell zu einer Überforderung der neu erstellten Struktur und ihren Möglichkeiten führte. Deshalb legte schon der erste UN-Generalsekretär Trygve Lie 1950 ein Reformprogramm mit Themen vor, die noch heute relevant und hochaktuell sind: „Sein ´Zwanzig-Jahres-Programm zur Erreichung des Friedens durch die Vereinten Nationen´ enthielt u.a. als Reformvorschläge periodische Treffen des Sicherheitsrates auf der Ebene der Regierungschefs und Außenminister, die Entwicklung von Verhandlungs- und Schlichtungsmechanismen, erneute Verhandlungen über die Aufstellung von UN-Truppen zur Durchsetzung von Sicherheitsratsbeschlüssen nach Kapitel VII der Charta, den Ausbau des Entwicklungshilfeprogramms und des Menschenrechtsschutzsystems der Vereinten Nationen und den Ausbau des Völkerrechts zu einem durchsetzbaren Weltrecht für eine universelle Weltgemeinschaft´.“[2]

Dieses Reformprojekt fand damals große Unterstützung, unter anderem bei Brasilien, Australien und Ägypten, scheiterte aber – wie viele nachfolgende Vorschläge auch – an der Konfrontationshaltung der Mitglieder des VN Sicherheitsrates. Erst mit dem sich abzeichnenden Ende des Ost-West-Konflikts nach 1985 begann sich diese Blockadehaltung innerhalb der Vereinten Nationen zu lockern. Als erstes Anzeichen einer vitalisierten Weltgemeinschaft wird immer wieder die Reaktion des Sicherheitsrates auf die militärische Intervention Saddam Husseins 1990/91 angeführt: „Erstmals in der Geschichte der VN konnten sich die USA und die UdSSR auf eine Resolution einigen, die das in Art. 1 der VN-Charta genannte Instrument der ´Kollektivmaßnahmen´ empfahl... Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Vereinten Nationen ihre eigentliche Bestimmung, nämlich als System der kollektiven Sicherheit zu fungieren, nämlich nicht erfüllt.“[3]

Nach dem folgenden historischen Treffen der Staats- und Regierungschefs der Mitglieder des VN-Sicherheitsrates 1992 legte der damalige VN-Generalsekretär Boutros-Ghali seine „Agenda for Peace“ mit klaren Reformvorschlägen vor, die die VN-Generalversammlung 1995 zum 50. Geburtstag der Weltorganisation mit Hilfe von fünf neu gegründeten Arbeitsgruppen der Generalversammlung zu den wichtigsten Aspekten der Reform (Erweiterung des Sicherheitsrates, Stärkung des UN-Systems, Finanzen, Agenda for Peace und Agenda for Development) unterstützte.

Auch der Boutros-Ghali nachfolgende Generalsekretär, Kofi Annan, führte die Diskussion um VN-Reformen durch sein Strukturreformprogramm „Renewing the United Nations“ aus dem Jahre 1997, und seinen Bericht zum Milleniumsgipfel der Vereinten Nationen im Jahre 200 weiter.[4] Anschließend und nach Verabschiedung der „Millenium Development Goals“ setzte er im September 2003 ein 16-köpfiges Gremium zur Erarbeitung von Vorschlägen zur UN-Reform, das so genannte „High-Level-Panel on Threats, Challenges and Change“ mit der Aufgabe ein: „Empfehlungen dazu abgeben, welche Veränderungen notwendig sind, um wirksames kollektives Handeln zu gewährleisten, darunter auch eine Überprüfung der Hauptorgane der Vereinten Nationen“.[5] Dieses Expertenpanel steuerte im Dezember 2004 in seinem Bericht insgesamt 101 Empfehlungen zu weit reichenden strukturellen Reformvorschläge über den Sicherheitsrat, ECOSOC und diversen Kommission der Vereinten Nationen, zur Diskussion bei. Kofi Annan stellte zusätzlich zu diesem Bericht am 21. März 2005 sein 63-seitiges Reform-Dokument „In größerer Freiheit: Auf dem Weg zu Entwicklung, Sicherheit und Menschenrechte für alle“ vor, was explizit die Diskussion um den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen anregte. Entsprechende Diskussionen fanden anschließend in den Gremien der Vereinten Nationen statt, bei denen auch eine Neuordnung der VN-Menschenrechtskommission, die Bildung einer Peace-Building-Kommission oder die Einsetzung von neuen Kommissionen beschlossen wurde. Die anberaumte Entscheidung zum VN-Sicherheitsrat wurde bisher aufgrund unterschiedlicher Interessenlagen ohne Entscheidung vertagt.

2.2 Reform des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen

Nachdem der VN-Sicherheitsrat 1946 mit umfangreichen Kompetenzen ausgestattet wurde, trafen die damaligen Gründungsmitglieder auch die Entscheidung, dass die ständigen Mitglieder USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich mit einem Vetorecht bevorzugt werden: „Der inzwischen feststehende Begriff der P5 (permanent five), der die besonders Bedeutung und den privilegierten Status der fünf ständigen Mitglieder symbolisierte, hat sich erst zum Ende der 80er Jahre entwickelt.“[6]

[...]


[1] Vgl. „Charta der Vereinten Nationen“, 26. Juni 1945

[2] Helmut Volger, 2003: „UN-Reform ohne Charta-Revision? Der Stand der Reformbemühungen nach dem Millenniums-Gipfel“ aus: S. von Schorlemer (Hrsg.), „Praxishandbuch UNO“, Berlin – S. 735

[3] Lisetta Andreae, 2002: „Reform in der Warteschleife – Ein deutscher Sitz im UN-Sicherheitsrat“, Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, S. 15

[4] vgl Helmut Volger, 2003: „UN-Reform ohne Charta-Revision? Der Stand der Reformbemühungen nach dem Millenniums-Gipfel“ aus: S. von Schorlemer (Hrsg.), „Praxishandbuch UNO“, Berlin – S. 736

[5] Jens Martens, 2005: „ UN-Reform und Millenniumsziele 2005 – Chancen für neue Initiativen zur Entwicklungsfinanzierung und Global Governance?“ in Global Issue Papers, Nr. 16, der Heinrich-Böll-Stiftung und des Global Policy Forum Europe, Berlin/Bonn, S. 18

[6] Lisetta Andreae, 2002: „Reform in der Warteschleife – Ein deutscher Sitz im UN-Sicherheitsrat“, Forschungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, S. 22

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Brasiliens gestiegenes Engagement im Hinblick auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Otto-Suhr-Institut)
Veranstaltung
Proseminar: "Führungsmächte in Lateinamerika: Die Außenpolitik Brasiliens und Mexikos"
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
17
Katalognummer
V124947
ISBN (eBook)
9783640299652
ISBN (Buch)
9783640304554
Dateigröße
464 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Brasilien, VN, UN, Sicherheitsrat
Arbeit zitieren
Dipl.-Pol. Björn Richter (Autor:in), 2006, Brasiliens gestiegenes Engagement im Hinblick auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124947

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