Die Neuen Kriege. Ursachen und Dynamiken von Gewaltökonomien in inner- und zwischenstaatlichen Konflikten


Magisterarbeit, 2008

163 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung

Abstract

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Aktueller Forschungsstand zu neuen Kriegen
1.2 Fragestellung und zentrale Annahmen der Arbeit
1.3 Grundlegung und Analyserahmen
1.3.1 Grundannahmen des sozialen Konstruktivismus
1.4 Angewandte Methoden und Aufbau der Arbeit

BLOCK 1

2. Failing States
2.1 Begriffsbestimmung und Definition
2.2 Zur Konzeption der Staatlichkeit
2.3 Warum staatliche Herrschaft erodiert
2.3.1 Destabilisierende Faktoren für Staatlichkeit
2.3.2 Ursachen für Staatszerfall im internationalen System
2.3.2.1 Externe Ursache: Ökonomische Globalisierung als Faktor von Staatszerfall
2.3.2.2 Externe Ursache: Entkolonisierung als Faktor für Staatszerfall
2.3.2.3 Externe Ursache: Das Ende des Ost - West – Konflikts
2.3.2.4 Interne Ursache: Die Kolonialzeit
2.4 Staatszerfallskonzepte
2.5 Weak States
2.6 Überblick

3. Gewaltakteure
3.1 Die Interne Funktionslogik von Gewaltakteuren
3.2 Kriegsherren (Warlords)
3.3 Rebellengruppen
3.4 Internationale Kriminalität und Terrorismus
3.5 Söldnergruppen
3.6 Kindersoldaten
3.7 Die Vernetzung nichtsstaatlicher Gewaltakteure
3.8 Motivationen privater Gewaltakteure
3.8.1 Greed vs. Grievance
3.8.2 Greed und Grievance
3.9 Überblick
3.10 Analyse 1

BLOCK 2

4. Innerstaatliche Konflikte und Gewaltökonomien: Formen, Mechanismen und Eigendynamik
4.1 Begriff und Distinktionsmerkmale der Gewaltökonomie
4.2 Innerstaatliche Konflikte: Dynamiken und Mechanismen
4.2.1 Die Vordringlichkeit des Kurzfristigen
4.2.2 Lokale Mechanismen in Gewaltökonomien
4.2.2.1 Extrahierung von Bodenschätzen und strategischen Rohstoffen
4.2.2.2 Abschöpfung von Werten
4.2.2.3 Humankapitalabschöpfung
4.2.3 Globale Mechanismen in Gewaltökonomien
4.2.3.1 Besteuerung und Abschöpfung internationaler humanitärer Hilfe
4.2.3.2 Unterstützung durch die Diaspora
4.2.3.3 Finanzierung über internationale Finanzmärkte
4.2.3.4 Kriegsökonomien und Schattenglobalisierung
4.3 Gewaltökonomie und Konfliktdynamik
4.3.1 Das Konfliktphasenmodell
4.3.2 Ökonomische Strategien, Ausrichtungen und Agenden
4.4 Überblick
4.5 Analyse 2

5. Abschlussbemerkungen

6. Literaturverzeichnis

Kurzfassung

Der Erkenntnisgegenstand der vorliegenden Arbeit bezieht sich auf eine Untersuchung der Ursachen und Eigendynamiken, die zur Nachhaltigkeit von Gewaltökonomien in innerstaatlichen Konflikten führen. Dabei spielen nicht nur die verschärften Bedingungen der Finanzierung militärischer Gewalt, die zu gewandelten Formen der Mittelbeschaffung führen eine Rolle, sondern Gewaltökonomien setzen ihre eigenen Dynamiken frei, die maßgeblich zu ihrer Selbstperpetuierung beitragen. Durch ihre Funktionsweise und inhärent ablaufenden Prozesse übt die Gewaltökonomie zudem einen erheblichen Einfluss auf den Handlungskontext einzelner Akteure aus. Sie erzeugt sozioökonomische Rahmenbedingungen, die gewaltgesteuerte Wirtschaftskreisläufe hervorbringen, die nicht nur sich selbst stabilisieren, sondern auch zu einer Überlagerung von langfristig-politischen Zielen und kurzfristig-ökonomischen Interessen führen. Als Konsequenz sind die Aufrechterhaltung des Konfliktzustandes und die Verstetigung der Gewaltökonomie zu beobachten.

Des Weiteren entwickelt die Gewaltökonomie ein so hohes gesellschaftliches Integrationspotential, dass sich nachhaltige Strukturen herausbilden, die sich verstärkend auf die eigendynamischen Prozesse auswirken.

Schlagwörter: Eigendynamik, Prozesse, Staatszerfall, Gewaltakteure, Gewaltökonomie

Abstract

The main objective of this paper is to examine causes and momentums that lead to persistent forms of markets of violence in internal conflicts. As economic areas based upon permanent application of violence, these markets are able to create a self-perpetuating economic system, which can remain stable over several years. Influenced by systems general conditions, dominant actors rearrange their motives so that short-termed economic interests become predominant over long-termed political agendas. As a consequence a status of conflict maintenance is observable just as the perpetuation of the system itself. As a result of large scaled societal integration, persistent structures emerge, which lead to the stabilization of markets of violence.

Keywords: momentum, process, state-failure, non-state actors, markets of violence

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Versuch einer graf. Darstellung der gewaltökonomischen Logik

Abb. 2: Das Konfliktphasenmodell

Exkurs 1: Warlord-Systeme in Greater Liberia

Exkurs 2: Die tamilische Diaspora

Schema 1: Grafische Darstellung des Gewaltakteurs in seiner Umgebung

Tabelle 1: Faktoren fragiler Staatlichkeit

Tabelle 2: Umsetzung der SAP in Subsahara Afrika

Tabelle 3: Überblick über die Ergebnisse aus Kapitel 2

Tabelle 4: Charakteristika von Gewaltakteuren

Tabelle 5: Überblick über die Ergebnisse aus Kapitel 3

Tabelle 6: Formen der Kriegsfinanzierung und Ressourcen

Tabelle 7: Typologie der Ressourcen und Rentabilität bew. Konflikte

Tabelle 8: Überblick über die Ergebnisse aus Kapitel 4

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Innerstaatliche Konflikte existieren nicht erst seit den 1990er Jahren und sind zudem nicht ausschließlich auf Territorien der „Dritten Welt“[1] vorfindbar. Allerdings ist erst im Zuge gravierender weltpolitischer Veränderungen, die durch das Ende der Ost-West-Konfrontation und dem damit verbundenen Zusammenbruch der Sowjetunion eingeleitet wurden, die Diskussion um veränderte Formen kriegerischer Gewalt in der Kriegs- und Friedensforschung aufgenommen worden. Die hier vorliegende Arbeit möchte sich nun mit einem eigenen Beitrag an dieser Diskussion beteiligen. Dazu soll zunächst auf den aktuellen Forschungsstand zum Thema „Neue Kriege[2] “ eingegangen werden.

1.1 Aktueller Forschungsstand zu neuen Kriegen

In der Kriegs- und Konfliktforschung gibt es keine allgemein akzeptierte Definition des Krieges.[3] Sozialwissenschaftliche Forschung muss sich daher mit dem Problem beschäftigen, auf Begriffe rekurrieren zu müssen, die eine stabile Identität des bezeichneten Gegenstandes gewährleisten, obwohl sich dieser Gegenstand im zeitlichen Ablauf der Geschichte beständig wandelt. Zwar ist die Bezeichnung von Krieg als überzeitliches und unveränderbares Muster menschlicher Interaktion eine Voraussetzung für die analytische Forschung, gleichzeitig birgt eine solche Festlegung aber ein Problem. Denn so würde nicht berücksichtigt, dass sich Attribute und Distinktionen des Krieges, die ihn zuvor begrifflich determinierten, verändern können.[4] Aufgrund seines politischen Charakters ist die wissenschaftliche Fassung des Gegenstands Krieg ohnehin umstritten, da in jedem einzelnen Fall die Titulierung eines Konfliktes als Krieg eine politische Konnotation beinhaltet.[5] Daneben bestimmen auch der allgemeine Sprachduktus und sein Niederschlag in offiziellen Medien die Verwendungsweisen des Begriffs.[6]

Um Irritationen zu vermeiden, wird daher im Folgenden dem Kriegsbegriff die Definition der Hamburger AKUF zugrunde gelegt.[7]

Die weltweite Kriegsbelastung verzeichnet seit 1945 eine Zunahme um durchschnittlich einen Krieg pro Jahr. Dabei nehmen Kriege zwischen Staaten zusehends ab, während sich innerstaatliche Konflikte ausweiten (die aktuellen Zahlen werden in Kapitel 3 aufgegriffen)[8]. Zudem ändert sich die Geographie der Auseinandersetzungen, indem sie sich von den Zentren der bürgerlich-kapitalistischen Welt in die Peripherien verlagert. Collmer stellt zudem heraus, dass innerstaatliche Konflikte im Durchschnitt sechsmal so lange andauern wie zwischenstaatliche Kriege.[9]

Die Empirie verweist somit auf einen Typus der Gewalt, der nicht der klassischen Kriegsvorstellung entspricht, sondern ein neues Muster der gewaltförmigen kollektiven Auseinandersetzung beinhaltet.[10]

Innerhalb der Friedens- und Konfliktforschung werden diese Muster unter den Begriffen ´Neue Kriege´, ´postnationale Kriege´ oder ´ethnopolitische Kriege´ diskutiert.[11] Dabei geht es vornehmlich um die kontrovers geführte Debatte der Entstaatlichung und Privatisierung von Gewalt. Zwei Teildimensionen erhalten in diesem Zusammenhang besondere Aufmerksamkeit: erstens die Untersuchung des qualitativen und quantitativen Wandels der Gewaltakteure und die damit verbundene zunehmende Komplexität der Akteurskonstellationen[12], „(…) die auch den Zusammenhang von Gewaltkonflikten und zerfallen(d)er Staatlichkeit einschließen“[13] ; zweitens die Verstetigung von Konfliktsituationen durch Kriegsökonomien und nicht-staatliche Gewaltordnungen, was einen Bedeutungszuwachs informeller Netzwerkstrukturen und transnationaler Allianzen impliziert.[14]

Rein quantitativ hat sich die Anzahl der Gewaltakteure in gewaltoffenen Räumen begrenzter Staatlichkeit[15] erhöht (vor allem in Subsahara-Afrika und Zentralasien). Sicherheit wird in diesem Falle durch private Konfliktgruppen entweder bereitgestellt oder verknappt.[16] Da sich die politische Herrschaft in diesen Räumen zunehmend fragmentiert, können paramilitärische Einheiten oder lokal bzw. regional operierende Kriegsfürsten (Warlords) ihren Einfluss auf dem entsprechenden Territorium erheblich ausweiten.[17] Hinzu kommt, dass in einigen Gebieten die Akteurs- und Sicherheitskomplexität durch interfraktionelle Konflikte oder Abspaltungen stark zugenommen hat. Außerdem zeigt sich, dass es auch anderen Gruppen (etwa lokalen Milizen) in gewaltoffenen Räumen ermöglicht wird, weitgehend autonom zu handeln und dass „Dichte und Grad der Informalität transnationaler Beziehungen bzw. die Bedeutung von „transboundary formations“ ansteigt.“[18] Diese Entwicklungspfade deuten auf einen „Funktionswandel von Territorialität, einen Wandel politischer Identitätskonstruktionen und die Herausbildung alternativer Formen von Governance hin.“[19]

Eng anliegend an der Entstaatlichung der Gewalt und der Privatisierung von Sicherheit steht das Konzept der Entwicklung und Verstetigung einer Gewaltökonomie,[20] welches mit zwei Argumentationssträngen begründbar ist.

Zunächst verschiebt sich das Verhältnis von Politik und Ökonomie in Räumen begrenzter Staatlichkeit. Ökonomisierung bedeutet in diesem Zusammenhang die Sicherung von politischen und wirtschaftlichen Bereicherungsmöglichkeiten durch die Aufrechterhaltung und Anwendung kriegerischer Gewalt.[21] Mats Berdal und David Malone stellen daher fest:

„(…) the nature of these war economies challenge many of the core assumptions that have informed thinking and guided policy with respect to civil wars and internal conflict in the 1990s. Indeed, in some of the cases examined, what is usually considered to be the most basic of military objectives in war – that is, defeating the enemy in battle – has been replaced by economically driven interests in continued fighting and the institutionalization of violence (...).”[22]

Auf der anderen Seite wird durch den Wandel der Finanzierungspraktiken der Gewaltakteure ein Bedeutungszuwachs ökonomisch motivierter Interessengruppen (TNU etc.) „(…) und damit ein Form- und Bedeutungswandel von Kriegswirtschaften selbst postuliert.“[23] Dabei geht es vornehmlich um die Transformation von geschlossenen zu offenen Gewaltökonomien.[24] Kritisch an diesem Punkt anzumerken ist die Neigung, dass sich ökonomische Forschungsperspektiven oft apodiktisch an ihren eigenen Kontext halten. Fraglich ist insbesondere die Feststellung, dass die Verstetigung von Gewaltökonomien und die Privatisierung von Gewalt automatisch zu einer Entpolitisierung von Handlungszusammenhängen führen.[25]

Daher finden neben der Ökonomisierungsthese noch weitere Argumentationslinien Eingang in die Untersuchung der „neuen Kriege“.

Denn Gewaltökonomien beinhalten nicht nur Möglichkeiten der materiellen Reproduktion und Reflexion wirtschaftlicher Interessen der Gewaltunternehmer, sondern kompensieren auch den Legitimitätsverlust politischer Eliten und das damit entstehende Machtvakuum. Zusätzlich verändern sich in Kriegssystemen die Loyalitätsbeziehungen der Akteure.

„Insbesondere Warlord - Politiken in gewaltoffenen Räumen signalisieren eine spezifische Technik der Organisation politischer Herrschaft (…), die einerseits über den Modus der Gewaltanwendung, andererseits über netzwerkartige, informelle Tauschbeziehungen der ökonomischen Teilhabe gegen politische Loyalität hergestellt wird.“[26]

Da Gewaltakteure in komplexe Netze sozialer wie politischer Abhängigkeiten eingebunden sind, tragen sie zur Institutionalisierung der Gewalt sowie zur ökonomischen und politischen Neuordnung jenseits klassischer Staatstrukturen bei.[27]

Zu den ökonomischen Konditionalitäten kommen deshalb soziale Rahmenbedingungen hinzu, die es zu berücksichtigen gilt.[28]

Zusätzliche wichtige Untersuchungsgegenstände in diesem Zusammenhang stellen zudem Analysen der Sicherheits-Governance dar, die sich auf Formen und Auswirkungen der Produktion bzw. Verknappung von Sicherheit in gewaltoffenen Räumen unter Einbeziehung nicht-staatlicher Akteure konzentrieren.[29] Dabei stellt sich insbesondere die Frage, inwieweit Governance-Leistungen im Politikfeld Sicherheit erbracht werden können und welche Probleme dabei entstehen. Die Dominanz neuer sicherheitspolitischer Produktionsweisen untergräbt dabei die Prinzipien des internationalen Systems als Staatengemeinschaft,[30] was dazu führt, dass die neorealistische Denkfigur der Anarchie und das daraus abgeleitete Sicherheitsdilemma in den Kontext der Erosion von Staatlichkeit gerückt wird.[31] Erwerbsmuster von Machtbildung und Gegenmachtbildung quasistaatlicher Akteure, die durch keine zentrale Instanz kontrolliert wird, stellt die Frage nach Kooperationen unter den Bedingungen der Anarchie (in Analogie zum internationalen System). Postnationales Regieren wird dann erschwert, wenn „(…) die Konfliktgegner keine glaubwürdigen Kompromisse eingehen können und wechselseitig verbindliche Sicherheitsgarantien an Arrangements der Machtteilung gebunden sind.“[32]

1.2 Fragestellung und zentrale Annahmen der Arbeit

Die These, dass eine Wechselbeziehung zwischen Gewaltökonomie und Konfliktdynamik existiert, und dass der Zustand permanenter Instabilität und Gewalt auf das kalkulatorische Verhalten der Akteure, welches unmittelbar mit dem Streben nach ökonomischer Ausbeutung und Institutionalisierung direkter Herrschaft korreliert, zurückzuführen ist, wurde in vielen Fallstudien beleuchtet.[33] Der Fokus der vorliegenden Arbeit wird sich daher einer systematischen Untersuchung der Faktoren widmen, die die Persistenz von Gewaltökonomien verursachen, da dieses bisher in vielen Studien vernachlässigt wurde. Das Erkenntnisinteresse der Arbeit lässt sich dazu in einer übergeordneten Leitfrage konzentrieren:

WORIN BEGRÜNDET SICH DIE NACHHALTIGKEIT EINER GEWALTÖKONOMIE IN INNER- UND ZWISCHENSTAATLICHEN KONFLIKTEN?

Telos des an dieser Frage orientierten Untersuchungsganges ist, durch die kritische Auseinandersetzung mit der Literatur zu aktuellen Gewaltökonomien und innerstaatlichen Konflikten ein Verständnis von ihren Formen, Mechanismen und Ablaufprozessen zu erlangen. Die zentrale These dieser Arbeit lautet dabei, dass Gewaltökonomien Dynamiken freisetzen, die zu ihrer eigenen Nachhaltigkeit führen. Demnach werden Funktionsweisen und -logiken einer Gewaltökonomie ins Analysezentrum gerückt, wobei schwerpunktmäßig ihr Einfluss auf das Handeln und die Entscheidungen der Akteure sowie die damit verbundenen Institutionalisierungsprozesse gelegt wird.

An dieser Stelle sollen dazu drei grundlegende Annahmen, die die Sicht auf den Untersuchungsgegenstand vorstrukturieren, skizziert werden.

1.) Das Postulat der ersten Annahme äußert sich durch einen tief greifenden Funktions- und Bedeutungswandel der Gewaltökonomie. Denn während in den traditionellen zwischenstaatlich geführten Kriegen die Kriegswirtschaft eine strategische Bedeutung einnimmt und die dem Kriegsziel untergeordneten ökonomischen Entscheidungen durch den Staat zentralisiert und an die Erfordernisse der militärischen Führung angepasst werden[34], beinhalten Gewaltökonomien kein staatliches Gewaltmonopol. Die Märkte sind dann unreguliert und ungeschützt und generieren grundsätzlich andere Optionen für die sich auf ihnen befindlichen Akteure. Jene implizieren allerdings nicht das völlige Verschwinden der Wirtschaft oder der Politik, sondern, wie sich noch herausstellen wird, eine Transformation ihrer ökonomischen und politischen Formen.

2.) Mit dem Begriff der Transformation lässt sich auch die zweite Grundannahme assoziieren. Diese begreift einen lang andauernden innerstaatlichen Konflikt nicht als totalen Kollaps gesellschaftlicher Ordnungsformen, sondern als Rahmenbedingung für soziale Wandlungsprozesse, die sich an den Konfliktzustand anpassen. Es kommt zu Institutionalisierungsmechanismen, deren ordnungsstiftende Wirkkräfte die Gesellschaft nachhaltig arrangieren.

3.) Die dritte Annahme beschäftigt sich mit der Rationalität der Akteure, die in den inhärenten Prozessen einer Gewaltökonomie involviert sind und sich durch ein ökonomisch geprägtes Kosten-Nutzen-Kalkül kennzeichnen. Ökonomisches Handeln sei dabei stets sozial eingebettet, d.h. Wirtschaft ist „(…) ein Prozess der gegenseitigen Einwirkung von Mensch und Umgebung, sofern dieser Prozess der materiellen Bedürfnisbefriedigung dient.“[35] Weiterhin spielt in diesem Zusammenhang auch das politische Kalkül eine Rolle. Um das in Gewaltökonomien entstehende Machtvakuum konkurrieren dabei mehrere verschiedene Akteure.

1.3 Grundlegung und Analyserahmen

Der analytische Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit basiert auf der Feststellung, dass es einen wesentlichen Unterschied zwischen Natur- und Sozialwissenschaften gibt. Während sich die Naturwissenschaften vornehmlich auf die Analyse von Kausalitäten beziehen, erfordert menschliches Verhalten nach Max Weber stets ein „Sinnverstehen“.[36] Dabei prägen Wertvorstellungen und Selbstverständnis der Akteure sowie spezifische Einschätzungen ihrer Umwelt das menschliche Handeln.

William N. Dunn umreißt diese Besonderheit der Sozialwissenschaft folgendermaßen:

„The characteristic feature of social systems, as distinguished from physical ones, is that they are created, maintained and changed through symbolically mediated interaction. Whereas physical systems may be presumptively characterized in terms of a stable external reality that edits experimental trials independently of the preferences of investigators, social systems may be characterized (again presumptively) in terms of a dynamic external reality that edits and interprets experimental trials on the basis of outcomes that are independent of the preferences of some investigators but quite dependent on the preferences of others. Social systems, therefore, cannot be satisfactorily characterized as either objective or subjective entities, or even as both. Social systems, as dialectical entities, are more than both (…).“[37]

Soziale Systeme und Phänomene lassen sich demnach nur erklären, wenn auf ihre Kausal- und Sinnadäquanz abgestellt wird. Ersteres bezieht sich dabei auf den Versuch, ein bestimmtes Phänomen ursächlich durch ein anderes Phänomen zu erklären. Die Überprüfung dieser Behauptung soll durch eine statistisch signifikante Verbindung zwischen den beiden Phänomenen belegt werden.

Sinnadäquanz ist gegeben, wenn nachgewiesen wird, dass ein Phänomen als eine unter bestimmten Umständen sinnvolle Ableitung eines anderen Phänomens interpretiert werden kann, oder dass ein bestimmtes Phänomen Teil eines umfassenderes Phänomens ist.[38] Etwas einfacher formuliert, lässt sich von einer verstehenden Interpretation des Zusammenhangs zweier Phänomene sprechen.

Um nun einen analytischen Rahmen für die Arbeit zu konturieren, der o.g. Grundlegung berücksichtigt, soll auf die Theorie des sozialen Konstruktivismus, und da im Besonderen auf die Akteur-Struktur-Debatte, zurückgegriffen werden.

1.3.1 Grundannahmen des sozialen Konstruktivismus

Konstruktivistische Ansätze beschäftigen sich damit,

„(…) wie Welt beschaffen ist (ontologische Dimension), wie das Wissen über die Beschaffenheit der Welt überhaupt erlangt werden kann (epistemologische Dimension) und wie man die gewonnen Erkenntnisse nachvollziehbar machen kann (methodische Dimension).“[39]

Damit bewegt sich der soziale Konstruktivismus in einem Dreieck zwischen Ontologie, Epistemologie und Methodologie.[40] Ausgangspunkt dieser Meta-Theorie ist dabei die Annahme, dass die Realität nicht unmittelbar vorgegeben ist, sondern dass „soziale Welt“ durch die Art und Weise der Interaktion mit anderen, auf der Grundlage geteilter Vorstellungen über „Welt“ und wie wir unsere Umwelt erfahren, konstruiert wird.[41] Ein großer Teil empirisch-konstruktivistischer Forschung beschäftigt sich daher mit der Analyse nicht-materieller Faktoren wie Ideen, Weltbilder oder Normen (1), mit der „(…) intersubjektive[n] Konstruktion von gemeinsam geteilten Wirklichkeitskonstruktionen, (…) wobei die Zuweisung intersubjektiver Bedeutungsgehalte entweder von Akteuren ausgeht (…) oder über Strukturen vorgenommen wird“ (2)[42] sowie mit der Dekonstruktion von Wissensbeständen mit dem Ziel, Machtbeziehungen aufzudecken (3).[43]

Die Fragestellung der vorliegenden Arbeit verknüpft sich unmittelbar mit den Punkten (1), (2) und (3), wobei (2) prävalent ist. Checkel formuliert dazu: “Constructivists emphasize a process of interaction between agents and structures; the ontology is one of mutual constitution, where neither unit of analysis – agents or structures – is reduced to the other (…)”.[44] Die Beziehung zwischen Akteur und Struktur rückt damit in den Mittelpunkt der Analyse. Dabei ist die Akteur-Struktur-Debatte weder neu, noch ist sie auf die Internationalen Beziehungen beschränkt. In der Soziologie bspw. wird sie seit einigen Jahren als Mikro/Makro Problematik diskutiert.[45]

Angestoßen durch Wendt und Dessler in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre[46], ist die Debatte um Akteure und Strukturen zunächst aus zwei Perspektiven geführt worden. Einmal aus Sicht des individualistischen Erklärungsansatzes, der sich auf einzelne Akteure bezieht und einmal aus Sicht des strukturalistischen Erklärungsansatzes, der die Strukturen, in denen Handlungen eingebettet sind, in den Vordergrund stellt.[47] Durch die zunehmende Kritik, dass beide Ansätze für sich genommen die Komplexität internationaler Politik zu stark reduzieren würden, lautet, basierend auf der von Giddens entwickelten Strukturierungstheorie[48], eine der zentralen ontologischen Prämissen nun, dass sowohl Strukturen das Handeln von Akteuren ermöglichen und beschränken, als auch Akteure Strukturen, in denen sie handeln verändern können. Somit bedingen Akteure und Strukturen einander gegenseitig - sie sind kodeterminiert.[49]

„Dies bedeutet, dass Strukturen konstitutiv für Akteure und deren Interessen sind und dass Akteure durch ihr Handeln die Strukturen immer wieder reproduzieren und aufrechterhalten, aber auch verändern können. Strukturen wirken dadurch nicht nur verhaltensbeschränkend, in ihnen sind vielmehr die jeweiligen Spielregeln festgelegt, die Akteuren ein bestimmtes Repertoire an Handlungsmöglichkeiten vorgeben und damit die Grundlage für soziale Interaktion bilden.“[50]

Soziales Handeln wird demnach von Strukturen bestimmt, nicht aber gänzlich determiniert, denn in seiner Prozesshaftigkeit wird Handeln immer wieder der Eigenbeobachtung und Kontrolle des handelnden Subjekts unterworfen. Da es bestimmten Regeln folgt und gleichzeitig Regeln voraussetzt, ist Handeln sozial. Ein Akteur wird dabei bestimmt von seiner Fähigkeit und seinem Bewusstsein zu handeln, d.h. er ist sich auch über mögliche Handlungsalternativen gewahr. Da Handlungen zudem unbeabsichtigte Folgen generieren können, ist die menschliche Reflexivität begrenzt. Somit wird die Handlung eines Akteurs aus der akteursspezifischen Perspektive erklärbar, denn sie ist eigenorientiert und zielgerichtet. Das bedeutet, dass Akteure in der Lage sind, bewusste Entscheidungen zu treffen, die sich entweder an die Strukturen anpassen (dementsprechend ändert sich auch das Handeln) oder gegen sie agieren.[51] Akteurshandlungen sind also reflexiv und rational.

Durch die Einbeziehung der Akteurs- und Strukturseite in den Analyserahmen der Arbeit können soziale Phänomene nachvollzogen werden. Diese laufen dabei in einem Interaktionsgeflecht zwischen strukturellen Rahmenbedingungen und konkreten Akteurshandlungen ab.

1.4 Angewandte Methoden und Aufbau der Arbeit

Die Unterteilung der Literatur wird sich auf Primär- und vor allem Sekundärquellen beziehen und in einem Ansatz der nicht-reaktiven Methode, also der Dokumenten- und Inhaltsanalyse untersucht. Einige ausgesuchte wichtige Quellen sind dabei „Ökonomie der Bürgerkriege“ von Francois Jean und Jean-Christophe Rufin[52], die Weltbankstudien von Paul Collier und Anke Hoeffner[53], Literatur von Mary Kaldor und Georg Elwert[54] sowie von Daniel Lambach, Herfried Münkler, Ulrich Schneckener oder Sven Chojnacki.[55]

Die Gliederung der Arbeit wird dabei von einem induktiven Vorgehen bestimmt, d.h. vom Umfang des vorher beschafften Überblicks über das zu behandelnde Thema. Die Texte selbst werden unter Zuhilfenahme der Grundannahmen der Theorie des sozialen Konstruktivismus für die zentrale Fragestellung fruchtbar gemacht.[56]

In einem hermeneutischen Verfahren werden dann die historische wie auch die juristische Methode[57] angewendet und bereits erhobene Statistiken zur Untermauerung einiger Ergebnisse der Arbeit hinzugezogen.

Der Aufbau der Arbeit arrangiert sich in zwei großen Blöcken. Der erste Block fungiert dabei als Fundament des nächsten Blocks, denn in ihm wird zunächst einmal geklärt, welche Ursachen und Faktoren zur Entstehung einer Kriegswirtschaft überhaupt beitragen (Kapitel 2 und 3). Der zweite Block baut unmittelbar darauf auf und widmet sich der Untersuchung der Mechanismen und eigendynamischer Prozesse in Gewaltökonomien (Kapitel 4 und 5). Um eine bessere Übersicht zu generieren, wird zudem hinter jedem Block eine stichpunktartige Zusammenfassung der Ergebnisse mitgeliefert, die anschließend in einem Rekurs zur zentralen Fragestellung kontextualisiert wird.

Rein inhaltlich gliedert sich die Arbeit nun in sechs Kapitel.

Zunächst werden einleitend neben dem aktuellen Forschungsstand vor allem die Analysegrundlagen sowie zentrale Fragestellung und Annahmen erläutert, die das Grundgerüst der Untersuchung der Arbeit darstellen. Die Strukturierungskomponente bildet dabei die Theorie des sozialen Konstruktivismus und ihre grundlegende Akteur-Struktur-Debatte, die gesellschaftliche Prozesse veranschaulichen will, indem sie prozessuale Entstehung und prozessualen Wandel als Ergebnis der Wechselbeziehung von Struktur und individuellen bzw. kollektiven Handlungen versteht. Dazu muss zuvorderst geklärt werden, welche strukturellen Rahmenbedingungen das Entstehen und die Verstetigung von Gewaltökonomien begünstigen und welche Motivationen und Interessen private Gewaltakteure hegen.

Aufgrund dessen wird im zweiten Kapitel auf die State-failure-Debatte eingegangen, die ihren Fokus im Wesentlichen auf nationale und internationale Ursachen für Staatszerfall richtet. Weiterhin werden die in der Fachliteratur erwähnten Staatszerfallskonzepte analysiert und diskutiert, um zu einer kapitelbezogenen Gesamtschau der strukturellen Vorbedingungen, die das Entstehen einer Gewaltökonomie ermöglichen, zu kommen.

Wie sich herausstellen wird, ist die (entweder teilweise oder auch völlige) Abstinenz eines staatlichen Gewaltmonopols unmittelbar mit der Privatisierung von Sicherheit und Gewalt verbunden. Nutznießer dieser Situation sind private Gewaltakteure, die sich durch Unübersichtlichkeit, Diffusion und multiple Identitäten kennzeichnen. Ein ausgewähltes Akteursspektrum wird daher auf jeweilige Motivation, Distinktion und Destination untersucht, um zu Erkenntnissen unterschiedlicher akteursspezifischer Handlungsweisen und -logiken zu gelangen. Anschließend werden die bisherigen Ergebnisse der Arbeit kontextualisiert, was gleichzeitig den Abschluss des ersten Blocks bedeutet (Kapitel 3).

Im vierten Kapitel wird es dann darum gehen, verschiedene Formen und Mechanismen, Funktionsweisen und Charakteristika von Gewaltökonomien nachzuzeichnen. Die Wechselbeziehung zwischen Konfliktdynamik und Gewaltökonomie sowie die von der Kriegswirtschaft selbst freigesetzten dynamischen Prozesse sollen analysiert und auf ihren Beitrag zur Persistenz einer Gewaltökonomie hin untersucht werden. Zudem wird die Gewaltökonomie auf ihr gesellschaftliches Integrationspotential hin beleuchtet (Ende Block 2).

In einem abschließenden Part (Kapitel 5) werden die Ergebnisse der Arbeit noch einmal in stark komprimierter Form aufgegriffen und anhand von drei Erörterungssträngen skizziert.

2. Failing States

2.1 Begriffsbestimmung und Definition

Anlässlich seines Niedergangs hat sich die Rückkehr des Staates in die politikwissenschaftliche Diskussion seit den 1990er Jahren in zwei Schritten vollzogen. Nationale Präzedenzfälle mit internationaler Breitenwirkung (Jugoslawien, Kambodscha, Somalia, Afghanistan etc.) erweckten zunächst den Eindruck, Staatsversagen (engl. „state failure“) und Staatszerfall (engl. „state collapse“) seien regionale Phänomene. Die Ursache liege in den veränderten politischen Rahmenbedingungen nach dem Ende des Ost-West-Konflikts. Der Wegfall der externen Unterstützung durch die Kontrahenten des Kalten Krieges, unterminiere die politische Stabilität. Der ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen Boutros Boutros Ghali sieht aber bereits Mitte der 1990er im gescheiterten Staat eine sicherheitspolitische Herausforderung und postuliert mehr als nur die militärische und humanitäre Intervention seitens der UN:

„A feature of such conflicts is the collapse of State Institutions, especially the police and judiciary, with resulting paralysis of governance, a breakdown of law and order, and general banditry and chaos. Not only are the functions of government suspended, but its assets are destroyed or looted and experienced officials are killed or flee the country. This is rarely the case in inter-state wars. It means that international intervention must extend beyond military and humanitarian tasks and must include the promotion of international reconciliation and the re-establishment of effective government.”[58]

Eine Neuausrichtung der Außen- und Sicherheitspolitik wird allerdings erst nach den Anschlägen vom 11.09.2001 vollzogen, als sich ein bis dato unbedeutender Staat (Afghanistan) als ernsthafte Bedrohung der einzig verbliebenen militärischen Supermacht erweist.

Daraufhin formuliert die Bush-Regierung im September 2002 in ihrer Nationalen Sicherheitsstrategie: „America is now threatened less by conquering states than we are by failing ones.”[59] Somit gelangt die Debatte um “failing states” vom Bereich der low politics in den Bereich der high politics und damit in ganz neue Dimensionen.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wird das Phänomen „Staatszerfall“ vor allem in der angelsächsischen Literatur mit hoher Intensität examiniert und diskutiert. Obwohl sich die Akzentuierung der wissenschaftlichen Untersuchungen auf die Analyse und Definition des Phänomens konzentriert, konnte derweil keine einheitliche Definition des Begriffs gefunden werden.

Vielmehr werden Indikatoren und distinktive Charakteristika des Phänomens „Staatszerfalls“ evoziert. Demnach ist ein zerfallender Staat einer, der:

- genuine politische Güter wie Sicherheit, Ausübung des Gewaltmonopols, staatliche Dienstleistungen, Infrastruktur, Bildung, Gesundheit, funktionierende Marktwirtschaft oder den Effizienzverlust der politischen Institutionen (Dysfunktionalität staatlicher Einrichtungen) nicht mehr zur Verfügung stellen kann;[60]
- politische Eliten delegitimiert sieht (mangelhafte Loyalität der Staatsbürger gegenüber dem Staat und dem Regime) und eine fehlende soziale Kohäsion von Gesellschaft und Staat impliziert;[61]
- die Sicherheitsfunktion (Ausübung des Gewaltmonopols), die Wohlfahrtsfunktion (Dienstleistungen) und die Legitimitäts- und Rechtsstaatsfunktion (politische Ordnung, Korruption) nicht mehr adäquat erfüllen kann.[62]

Lambach beschreibt „Staatszerfall“ als „[…] Erosion empirischer Staatlichkeit […].“[63] Tetzlaff wiederum unterscheidet drei Varianten des Staatszerfalls: erstens den auf das eigentliche Staatsterritorium begrenzten durch Rebellion oder Sezession ausgelösten Zerfall, zweitens die Variante des durch Kleptokratie fortgeschrittenen Zerfalls und drittens den durch schleichende Erosion bedingten Verlust staatlicher Autorität.[64] Die Autoren der Studie „War, State, Collapse and Reconstruction” des Crisis States Institutes der London School of Economics and Political Science charakterisieren die Eigenschaften „fragiler Staaten“ wie folgt:

„[…]we defined fragile states as states where economic development has lagged behind the rich countries and where the institutions that manage conflict and govern the organisation of economic, political and social life are vulnerable to crisis. A crisis, we argued, is a situation where the political, economic or social system is confronted with challenges with which reigning institutions are potentially unable to cope.”[65]

Fragile Staaten bilden dabei die Basis auf der sich “Staatszerfall” erst entwickeln kann.

Thürer umschreibt “failed states” als das Produkt des Zusammenbruchs der Machtstrukturen, die politische Unterstützung für Recht und Ordnung gewährleisten. Ein Prozess, der generell von anarchischen Formen interner Gewalt ausgelöst und begleitet wird.[66]

Zu den semantischen Problemen der Begriffsbestimmung des „Staatszerfalls“ gehört, dass als präkonditionale Eigenschaft ein intakter Staat existent sein muss (es existieren auch Regionen, in denen eine sog. ´marginale Staatlichkeit´ vorherrscht), der sich mit den in der Literatur gängigen Kriterien von Staatlichkeit (sei es per definitionem[67] oder etwa durch die Attribute der Konvention von Montevideo[68] ) vereinbar machen lassen muss und demnach erst bei Erfüllung derselben zerfallen kann. In dieser recht unilinearen Sichtweise liegt ein Kritikpunkt der Debatte über „Staatszerfall“. Staaten werden als Institutionen angesehen, die soziale und ökonomische Leistungskriterien erfüllen müssen, um die Gesellschaft dazu zu bewegen, bestimmte Politiken zu unterstützen. Diese zielen wiederum auf eine höhere Effizienz ab. Die bevorzugte Binnenstruktur ist dabei liberal und politisch demokratisch ausgerichtet. Denn hierin werden die wirksamsten Konditionen angesehen, um Menschen zu mobilisieren und die Macht des Staates so zu nutzen, dass aus den gebotenen Gegebenheiten der internationalen Gemeinschaft ein maximaler Vorteil gezogen werden kann. Einige Autoren zweifeln dieses westlich geprägte Bild des Staates jedoch als unzureichend an, wenn es um die Bestimmung der Ursachen von „Staatszerfall“ in den Regionen der „Dritten Welt“[69] geht, denn dort finden sich teilweise ganz andere Strukturen von Staatlichkeit und gesellschaftlicher Ordnung.[70]

„Wenn Staaten in Afrika in diesem [politisch-] sozialen Kontext betrachtet werden, erhebt sich die Frage, ob das formale Verständnis von „Staat“ in seiner nahezu idealen Form in vielen politischen Gefügen Afrikas jemals existiert hat.“[71] Schneckener hält dem entgegen, dass es in unserem Zeitalter praktisch keine vormodernen Gesellschaften mehr gibt, sondern nur welche mit sehr unterschiedlichen Komponenten. Vor diesem Hintergrund mache es keinen Sinn nach anderen Staatskonzepten zu suchen.[72]

Dr. Ted Gurr, Mitglied der 1994 auf Anraten von Al Gore gegründeten State Failure Task Force, entdeckt in dem Begriff des „failed state“ selbst eine Verortungs-problematik : „It´s one of those umbrella terms that sometimes mean whatever people want it to mean.“[73]

Diese Aussage unterstreicht Daniel Thürer mit der Auffassung, dass „gescheiterte Staaten“ nicht nur diejenigen wären, die ihre politisch-soziale Ordnungsmacht unter dem Druck gesellschaftlicher Gewalteskalationen verloren haben, sondern auch der antagonistische Fall des totalitären bzw. tyrannischen Machtstaats, der nach den normativen Maßstäben der Völkerrechtsordnung ebenfalls als „failed state“ bezeichnet werden muss.[74] Auch der in der französischen Literatur verwendete Term „Etats sans gouvernement“ [Staaten ohne Regierung(-sgewalt)] ist für ihn zu unpräzise, da in einem gescheiterten Staat nicht nur die Regierung, sondern sämtliche Staatsfunktionen kollabiert seien.[75]

Differenziert wird zwischen dem zerfallenden Staat (failing state) und dem zerfallenen oder auch gescheiterten Staat (failed state). Der Unterschied liegt darin, dass sich ein „failing state“ im Prozess des Zerfalls befindet, während ein „failed state“ diesen Prozess bereits abgeschlossen hat und in einem anarchischen Raum („bellum omnium contra omnes“)[76] existiert, der durch die dezentrale Anordnung (privater) akteurszentrierter Machtverhältnisse gekennzeichnet ist. Um einen „failing state“ handelt es sich, wenn eine Beeinträchtigung des Gewaltmonopols des Staates vorliegt und damit die Ausübung der Sicherheitsfunktion stark eingeschränkt wird, während die Wohlfahrts-, Legitimitäts- und Rechtsstaatsfunktion noch zu einem gewissen Grad erfüllt werden können. In einem „failed state“ sind sämtliche oben aufgeführte Funktionen des Staates nicht mehr vorhanden, so dass man von einem Kollaps von Staatlichkeit sprechen kann.[77]

Weitere unter dieser Thematik subsumierte Termini sind „Staatsversagen“ und „Staatsverfall“. Von „Staatsversagen“ wird gesprochen, wenn strukturelle Leistungs- und Handlungsdefizite des Staates erfasst werden, dieser jedoch sein Gewaltmonopol oder seine Souveränität über Staatsgebiet und Staatsvolk nicht dauerhaft eingeschränkt sieht.[78]

„Staatsverfall“ hingegen geht über Staatsversagen hinaus. Entscheidender Punkt ist der Verlust des staatlichen Gewaltmonopols über territoriale Einheiten des Staates, allerdings ohne dass die Idee des Staates selbst in Frage gestellt wird, also keine Sezessionsabsicht vorliegt. Trutz von Trotha formuliert diesen Zustand als „parastaatlich“ bzw. „parasouverän“ und meint damit die informelle Dezentralisierung staatlicher Kernleistungen zugunsten nichtstaatlicher Akteure.[79]

Die multiplen Erklärungsansätze[80] und Allusionen zum Thema „state-failure“ generieren sich häufig aus den multikausalen Algorithmen der wissenschaftlichen Untersuchungen des Phänomens. Nicht selten wird die Trias fragiler Staatlichkeit „Staatsversagen“, „Staatsverfall“ und „Staatszerfall“ unter dem Hyperonym „Staatszerfall“ verwendet.[81]

Als Resultat dieser inhärenten Bestimmungsvarianz wird in der Literatur häufig eine Negativdefinition verwendet, nach der ein Staat dann zerfällt, wenn die idealtypischen Idiosynkrasien intakter Staatlichkeit nicht mehr erfüllt werden können. Der Begriff „Staatszerfall“ beinhaltet demnach, dass es sowohl empirisch wie auch konzeptionell stabile oder konsolidierte Formen von Staatlichkeit geben muss, die entweder implizit oder explizit Maßstäbe anlegen, die eine normative Grundorientierung beinhalten.[82]

2.2 Zur Konzeption der Staatlichkeit

Der neuzeitliche Staat nimmt seinen Ursprung im 17. und 18. Jh. in Europa.[83] In Anlehnung an Max Webers Staatstheorie kann zwischen politischem Verband und Staat differenziert werden. Das bedeutet, dass politische Gemeinschaften nicht zwingend auf Eigenschaften von Staatlichkeit angewiesen sind, sondern auch in anderer Form existieren können. Weber definiert das Distinktionsmerkmal des Staates über die einzigartigen Mittel, die ihm zur Verfügung stehen und setzt in seinen Überlegungen bei der Macht, also dem „Monopol des legitimen physischen Zwangs“, an.[84] Macht definiert Weber als „[…] die Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“[85]

Erfährt die Macht innerhalb eines bestimmbaren Territoriums eine Institutionalisierung und werden machtausübene Ämter entpersonalisiert, kommt es zu einer progressiven Formalisierung der Macht, indem sie sich an Verfahrensstrukturen und Regeln orientiert und damit den Schritt zur Herrschaft einer wie auch immer gearteten Ordnung macht.[86] Herrschaft geschieht in Verbänden gesellschaftlicher oder politischer Natur. Diese grenzen sich territorial klar zu anderen Verbänden ab und üben somit eine geographisch beschränkte Hegemonie[87] über die Bewohner des entsprechenden Gebietes aus. „Das begriffliche Minimum: gewaltsame Behauptung der geordneten Herrschaft über ein Gebiet und die Menschen auf demselben“[88] determiniert dabei das politische Handeln.

Georg Jellinek fasst diesen Zustand in der Drei-Elementen-Lehre[89] zusammen, wonach sich der moderne Staat durch den Anspruch einer Zentralinstanz (als Monopol der rechtlichen Gewalt) und ihres Apparats auf politisch-institutionelle Kontrolle (Staatsgewalt) über ein spezifisches Staatsgebiet und die dort lebende Bevölkerung (Staatsvolk) konstituiert.[90]

Das Staatsgebiet parzelliert sich in rechtlich gleichförmige Teile, die sich durch erkennbare und nonlinear verlaufende Grenzen von anderen Staaten separieren.

Das Staatsvolk (bestehend aus Untertanen) partizipiert am Staat und ist judiziell gleichgestellt. Dabei ist jeder Untertan dem Staat direkt unterstellt, d.h. es steht keine andere Institution zwischen dem Staat und dem Individuum. Im Idealfall bilden die Untertanen eine Nation.

Die Staatsgewalt ist in verschiedene Organe bzw. Institutionen unterteilt. Legitimation erhalten diese über ein demokratisches Entscheidungsverfahren, das sich auf einen auf Konsens basierenden Beteiligungsprozess der Untertanen stützt.

Die Ausübung der Staatsgewalt nach Innen wird durch Gesetze geregelt und durch bürokratische Institutionen wahrgenommen.[91] Die Zentralgewalt verkörpert zusätzlich die Souveränität nach Außen. Aus der Perspektive des internationalen Völkerrechts muss ein Staat jedoch von anderen anerkannt werden, um nach Innen und Außen souverän agieren zu können. Damit tritt neben die durch die drei Elemente konturierte de-facto-Staatlichkeit die aus der Praxis der internationalen Beziehungen anerkannte de-jure-Staatlichkeit.[92]

Max Weber differenziert zwischen drei reinen legitimen Herrschaftstypen, die sich durch die jeweilige Legitimitätsgeltung unterscheiden. Die rationale, die traditionelle und die charismatische Herrschaft. Der erste Herrschaftstypus basiert „auf dem Glauben an die Legalität gesatzter Ordnungen und des Anweisungsrechts der durch die Ausübung der Herrschaft berufenen“, die traditionelle Herrschaft „auf dem Alltagsglauben […] an die Legitimität der durch sie zur Autorität berufenen“ und der Typus charismatischen Charakters auf der „außeralltäglichen Hingabe an die Heiligkeit oder Heldenkraft oder die Vorbildlichkeit einer Person und durch sie offenbarten oder geschaffenen Ordnung“.[93] Auf Grundlage dieser Herrschaftsformen kann laut Weber formale Staatsbildung legitimiert und vollzogen werden. Sobald die Aspekte legitimer Herrschaft implementiert worden sind, vermögen alle drei Herrschaftsformen die (durch die Bevölkerung) in sie gesetzten Anforderungen erst einmal zu erfüllen. Kommt es jedoch aufgrund eines endogenen oder exogenen Schocks zu einer Krise im Staat, steht nicht mehr die formale Legitimation im Vordergrund, sondern die Art und Weise bzw. die Effizienz der Herrschaftsform, die Krisensituation bewältigen zu können.[94]

Punctum saliens für Webers theoretischen Ansatz ist, dass eine Krise, die im Innern eines Staates entsteht, weitaus mehr Schaden anrichten kann als eine exogen herbeigeführte, da letztlich nur die Innere Herrschaft zu delegitimieren vermag. Die Begründung dafür liegt in dem Faktor, dass eine extern verursachte Krise dem Staat solange weniger schaden kann, wie die Legitimität seiner Regierung in der Bevölkerung als rechtens erachtet wird.[95]

Ursachen für eine Delegitimierung der drei Herrschaftsformen können heterogener Natur sein. So entstehen bei der rationalen Herrschaftsform durch offene Korruption, etwa Korrumpierung des Beamtenapparats auf sämtlichen Ebenen, illegitime Strukturen. In der traditionalen Herrschaft durch Auseinandersetzungen innerhalb der herrschenden Elite (Clique) und beim charismatischen Herrschaftstypus durch persönliches oder auch offensichtliches Fehlverhalten des regierenden Staatsoberhaupts.[96] Es existieren aber noch weitere Formen der Delegitimierung, die sich mit der Erosion der Staatlichkeit vereinen lassen.

2.3 Warum staatliche Herrschaft erodiert

2.3.1 Destabilisierende Faktoren für Staatlichkeit

Da es für den „Staatszerfall“ keine monokausalen Erklärungen gibt, konzentriert sich die Analyse der wissenschaftlichen Untersuchungen des Phänomens auf quantitative und qualitative Faktoren. In der internationalen Forschung konzentriert sich der Fokus primär auf quantitative Ansätze, in denen mit ökonometrischen Methoden auf der Makroebene versucht wird, die Bedingungen für „zerfallende Staaten“ zu erläutern. Auf der Basis umfangreicher Datensätze versucht man über statistische Verfahren und Regressionsanalysen Erklärungsvariablen zu isolieren (bspw. State Failure Task Force der University of Maryland: vor allem die eingebettete Political Instability Task Force):

„[…] the task Force found that the most efficient discrimination between „failure“ cases and stable states was obtained from a global model with only three factors: the level of material living standards (as measured by infant mortality), the level of trade openness [Integration in den Weltmarkt] and the level of democracy.”[97]

Je unzureichender diese Kriterien erfüllt sind, desto höher ist das Risiko des „Staatszerfalls“.[98]

In der qualitativen Analyse werden dagegen Verständnismuster auf der Mikro- und Mesoebene erarbeitet, die das Phänomen „Staatszerfall“ mit einer langfristig einordnenden Perspektive untersuchen. Schneckener formuliert dazu drei Kriterien, die die vielen verschiedenen Faktoren kategorisieren sollen und unterscheidet zwischen Struktur-, Prozess- und Auslösefaktoren auf internationaler/regionaler, nationaler und substaatlicher Ebene[99] (s. Tabelle 1).

Tabelle 1: Faktoren fragiler Staatlichkeit

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Schneckener, Ulrich (2007) [siehe Fn. 98].

Bei der qualitativen Methode werden Fallstudien systematisch verglichen, um typische Ursachen des „Staatszerfalls“ erarbeiten zu können.

2.3.2 Ursachen für Staatszerfall im internationalen System

Anhand der quantitativen wie auch qualitativen Analyserahmen können verschiedene staatsexterne und staatsinterne Ursachen für Staatszerfall im internationalen Staatensystem determinierbar gemacht werden.

2.3.2.1 Externe Ursache: Ökonomische Globalisierung als Faktor von Staatszerfall

Der Globalisierungsansatz in dieser Arbeit soll die Initiativen des IWF und der Weltbank zu den sog. Stabilitäts- und Strukturprogrammen in den 1970er und ´80er Jahren untersuchen und auf das in den vorangegangenen Dekaden implementierte Modell der Importsubstituierenden Industrialisierung (ISI) eingehen. Denn die darauf folgende Entwicklung hat den Evolutionsprozess und die systemischen Strukturen in den Staaten entscheidend mitgeprägt.

Generell vereint der Begriff Globalisierung in der wissenschaftlichen Literatur polyvalente Bedeutungen.[100] Auffallend ist im Kontext von Globalisierungsdebatten, dass der Begriff eine dichotomische Assoziationslogik beinhaltet und demnach entweder als „Chance“ oder als „Bedrohung“ angesehen wird.[101] Um Globalisierung als Ursache für Staatszerfall identifizieren zu können, muss vor allem die ökonomische Dimension globaler Vernetzungsdynamiken berücksichtigt werden,[102] denn sie stellt den weitreichensten und damit einflussreichsten Ramifikationsfaktor dar.

So schrieben Karl Marx und Friedrich Engels vor 150 Jahren im Kommunistischen Manifest: „Das Bedürfnis nach einem stets ausgedehnteren Absatz für ihre Produkte jagt die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel.“[103] In einer etwas anderen Modifikation kann das heutige Verständnis von wirtschaftlicher Globalisierung verstanden werden als die Summe der

„[…] Ursachen und Folgen einer zunehmenden weltweiten Vernetzung für die verschiedenen Unternehmensbereiche - Produktion, Absatz, Beschaffung, Finanzen, Forschung und Entwicklung – sowie die unterschiedlichen Märkte – Güter-, Dienstleistungs-, Finanz- und Arbeitsmärkte.“[104]

Durch die interökonomische Extension entstehen Allokationsmechanismen jenseits des staatlichen Gestaltungsrahmens. Zentraler Befund der ökonomischen Globalisierung ist die Ablösung von Staatsräumen durch Wirtschaftsräume, die mit einer immer stärkeren Integration der nationalen Volkswirtschaften einhergeht.[105] In den meisten Fällen von „state failure“ erweisen sich die betroffenen „Staaten“ als nicht in der Lage, mit dem hohen Tempo und der hohen Intensität der wirtschaftlichen Verflechtungen Schritt zu halten und die jeweiligen nationalen Ökonomien entsprechend auszurichten. Daraufhin kommt es in den Gesellschaften zu sozialen und politischen Degenerationserscheinungen, die von mehreren wirtschaftspolitischen Programmen und Entwicklungsmodellen begleitet werden.[106]

So ist etwa die Importsubstituierende Industrialisierung ein Modell, das bereits in den 1950ern und 1960ern in Südasien, Lateinamerika und Afrika zur Anwendung gekommen ist.[107] Zu der Zeit bestand das Ziel der ISI darin, Importgüter progressiv durch im Inland hergestellte Güter zu ersetzen, um eine Stärkung der endemischen Wirtschaft über eine Erhöhung der Binnennachfrage zu erreichen. Die modellimmanente Ausrichtung auf den Sekundärsektor machte protektionistische Handelsbeschränkungen (Einfuhrzölle zum Schutz von Teilen des Binnenmarktes (gleich den Erziehungszöllen nach Lists) notwendig, um Größenvorteile in der Massenproduktion (Senkung der Stückkosten bei hoher Outputmenge (z.B. Fixkostendegression) und Lerneffekte (Economies of scale) realisieren zu können. Eine Einfuhr von Importgütern in den systematisch geschützten Industriezweigen sollte damit unnötig gemacht werden.

Um dies zu erreichen, musste sich der entsprechende Staat von der Weltwirtschaft weitgehend abkoppeln. Der mit den Importrestriktionen verbundene Ausschluss von der Weltwirtschaft sollte indes nur so lange andauern, bis sich die einheimische Industrie entsprechend entwickelt hätte und auf den internationalen Konkurrenzmärkten wettbewerbsfähig sei.[108]

Die Aufgabe des Staates bestand daher darin, neben der infrastrukturellen Modernisierung (unterstützt von der Weltbank als Träger von kapital –und technologieintensiven Infrastrukturprojekten), den benötigten Kapitalgüterimport zu fördern und die Wirtschaft nach außen hin zu schützen. Dazu wurden die jeweiligen nationalen Währungen revaluiert, so dass sich die Investitionsgüter, die nicht lokal produziert werden konnten, relativ verbilligten.

Bei der Umsetzung der ISI ist es jedoch zu einer Reihe von Problemen gekommen. Z.B. verfestigte sich in den Entwicklungsländern während der ISI Jahre ein korporatistisches Wirtschaftsmodell, bei dem politische und wirtschaftliche Interessengruppen (Klientels) versuchten, die entstehenden Renten[109] der Staatsbetriebe[110] abzuschöpfen. Damit wurden die Modernisierungsprozesse der Industrie konterkariert.

Hinzu kommt, dass das wirtschaftliche Wachstum auf Basis der ISI auf einem erhöhten Import von Kapitalgütern und Halbfertigwaren beruhte. Konkurrenzfähige Exportindustrien entstanden dennoch kaum, was u.a. damit zusammenhing, dass Filialen von TNU selbst für die in den Ländern geschützten Teilmärkte Waren produzierten und absetzten. Die Entwicklungsstaaten blieben somit vom Rohstoffexport abhängig und mussten sich zusehends mit strukturellen Defiziten in der Außenhandelsbilanz auseinandersetzen, die, zunächst noch durch Kredite verdeckt, letztlich in die Verschuldungskrise führten.

Als Antwort auf die Krise, entwickelte der IWF Ende der 1970er Jahre Stabilitätsprogramme für Länder mit Zahlungsbilanzdefiziten.[111] Inhaltlich wurde in diesen Programmen verankert, dass durch Austeritätspolitik Schulden und Staatsdefizite abgebaut werden. Zusätzlich sollten die ökonomischen Kapazitäten der betreffenden Länder in den Dienst der Beschaffung von Devisen durch Exporte gestellt werden. Weiter gehörte die Effizienzsteigerung des staatlichen Sektors über institutionelle Reformen zum Grundbestand dieser Programme.

Mit der Verschärfung der Verschuldungskrise in den 1980er Jahren wurde das Postulat nach weiteren Strukturanpassungsprogrammen (SAP) erhoben. IWF und Weltbank koordinierten nun die Konditionen ihrer Kreditvergabe (Marktöffnung, makroökonomische Stabilisierung, marktkonforme Preisstrukturen und Abbau staatlicher Subventionen), die weitgehend dem ökonomisch - neoliberalen Konzept (mehr Markt - weniger Staat) folgten.[112] Die Gewährleistung der Kredite richtete sich darum an die Zusage der entsprechenden Länder, ein Anpassungsabkommen mit den Bretton Woods Institutionen zu befolgen.[113]

Da das in den vorangegangenen Dekaden favorisierte ökonomische Modell der Importsubstituierenden Industrialisierung[114] eine Aufwertung der jeweiligen nationalen Währungen implizierte und deswegen einen Anti-Export-Bias zur Folge hatte, war einer der grundlegenden Bedingungen für die Gewährung der IWF Beistandskredite die Abwertung der nationalen Währungen.[115]

Nun waren, im Nachhinein betrachtet, SAP aus einer Reihe von Gründen hochproblematisch. Die plötzliche Öffnung der Märkte und die einseitige Förderung der Exportwirtschaft im Verbund mit der umfassenden Aufhebung staatlicher Regulierungen, führten einmal zu regional ungleich verteilten Wachstumserfolgen bei weiterer Erhöhung der Schuldenstände der Entwicklungsländer. Andererseits bedeuteten Liberalisierungsprozesse auf dem Finanzmarkt Budgetrestriktionen, die mit dem Wegfall staatlicher Leistungen im Bildungs- und Gesundheitswesen sowie Subventionen auf Grundnahrungsmittel korrelierten, da mit der Öffnung des Marktes Möglichkeiten entstanden, inländisches Kapital global zu investieren/transferieren (Kapitalflucht) und die Abwicklung spekulativer Devisengeschäfte erleichtert wurde.[116] Um die eigene Währung vor Spekulation und Inflation zu schützen, mussten von den Regierungen Stützungskäufe getätigt werden, die sich aus den Krediten des IWF finanzierten. Dieser band seine Zusagen wiederum an rein fiskalische Kriterien wie Geldwertstabilität, ausgeglichenen Handelsbilanzen und dem Vorrang der Schuldentilgung.

Ein weiteres Manko war, dass sich der handlungspolitische Spielraum der Regierungen im Bereich der Arbeitsmarkt-, Außenwirtschafts- und Sozialpolitik durch die sehr konkreten Vorgaben (Konditionalitäten) der SAP verengte, was dazu führte, dass das Vertrauen der Gesellschaft in die politischen Strukturen der Länder untergraben wurde.[117]

Durch die zunehmende soziale Polarisierung, dem Anwachsen des informellen Sektors und den staatlichen Leistungsdefiziten in den Ländern, kam es zu einer immer schwächeren politischen Unterstützung durch die Bevölkerung.[118]

„Der Zerfall der Infrastruktur, eine mangelnde institutionelle Entwicklung sowie Probleme im Mesobereich (etwa: Förderung von Human- und Sozialkapital, materielle Infrastruktur, Technologie-, Regionalpolitik) reduzierten die Wettbewerbsfähigkeit; der Zusammenbruch staatlicher Leistungen etwa im Falle der Preisstabilisierung von Produkten des Grundkonsums und der sozialen Infrastruktur enttäuschte die Erwartungen der Menschen.“[119]

Was die Implementation der in den Programmen postulierten Kernpunkte anbetrifft, war eine mangelhafte Berücksichtigung in den nationalen Wirtschaftspolitiken der Entwicklungsstaaten zu beobachten (s. Tabelle 2).

Tabelle 2: Umsetzung der SAP in Subsahara Afrika

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: eigene Darstellung nach Fengler, Wolfgang (2001) [siehe Fn. 111].

Insgesamt ergaben sich aus den Entwicklungspfaden der ökonomischen Globalisierung vier Kriterien, die die Staaten in den Entwicklungsländern unter Druck setzten:

Erstens: drückte die Verschuldungskrise das Scheitern der staatszentrierten Ent- wicklung aus;

Zweitens: veränderten sich die Herausforderungen des Globalisierungsprozesses (global sourcing, Globalisierung der Finanzmärkte) dergestalt, dass sich die Staaten nicht an diese Anforderungen anpassen konnten;

Drittens: erforderte die wirtschaftspolitische Strategie im Rahmen von Privatisierung, Liberalisierung und Deregulierungsmaßnahmen ein Umdenken in der Bevölkerung und eine Umformung des ökonomischen Modells, dass gesellschaftliche Marginalisierungstendenzen und Stratifikation eher förderte als abbaute;

Viertens: wurden die politischen Eliten konsequenterweise delegitimiert und politische Oligopole abgebaut.[120]

Der Globalisierungs- und der Liberalisierungsprozess traf die Transformationsstaaten in einer Zeit, in der die Adäquanz der sozialen und politischen Kohäsion zu schwach ausgeprägt war, um den Herausforderungen erfolgreich zu begegnen.[121] Dies wirkte destabilisierend auf die vorhandene „Staatlichkeit“.[122]

Wirtschaftspolitisch betrachtet trägt die ökonomische Globalisierung ein Janusgesicht. Zwar werden ökonomische Prozesse auf globaler Ebene integriert und technologische, politische und kulturelle Folgeprozesse salient, gleichzeitig wird aber der sozioökonomische Druck auf die Gesellschaften verschärft, was bei ohnehin fragmentierten Ländern der „Dritten Welt“ dazu führt, dass „[sich] das gesellschaftliche Konflikt- und Gewaltpotential [verstärkt], [was] die Notwendigkeit politischer und sozialer Integration [erhöht].“[123]

In der Studie „Globalisierung und innenpolitische Stabilität: Der Einfluss außenwirtschaftlicher Öffnung auf das innenpolitische Konfliktpotenzial“ von Gerald Schneider und Margit Bussman werden diese Thesen bestätigt, jedoch wird unterschieden zwischen kurzfristigen und langfristigen Folgen von ökonomischer Liberalisierung. So steige, kurzfristig betrachtet, das Konfliktpotenzial enorm bei außenwirtschaftlicher Öffnung der Märkte und wirtschaftspolitischer Liberalisierung, langfristig führen aber eben diese Reformen zu politischer und gesellschaftlicher Stabilität.[124]

Ökonomische Globalisierung kann deshalb einen der Gründe darstellen, die zu „Staatszerfall“ führen können, nicht aber die Ursachengesamtheit.[125]

2.3.2.2 Externe Ursache: Entkolonisierung als Faktor für Staatszerfall

Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs hat sich die Staatenbildung in zwei Gründungswellen vollzogen.[126] Während die erste Welle nach 1945 aus dem Prozess der Entkolonisierung entsprang, resultierte die zweite aus dem Zusammenbruch des Ostblocks nach 1989. Die Ausdehnung der Staatlichkeit lässt sich anhand der Anzahl der Unterzeichnerstaaten der UN Charta untermauern, die sich seit 1945 nahezu vervierfacht hat (von damals 50 auf aktuell 191 Staaten). Damit ist nicht ausgesagt, inwieweit sich die „neuen Staaten“ etablieren würden und als Form erhalten werden können. So weisen etwa Helman und Ratner darauf hin, dass die Forderung nach dem Recht auf Selbstbestimmung lange Zeit die Frage nach der eigentlichen Funktionsfähigkeit der dekolonisierten Gebiete als Staaten verdeckte.[127]

Zentraler Bestandteil der state failure Debatte ist daher der Zusammenhang zwischen den Folgen der Dekolonisierung und dem Verfall der inneren Ordnung.

Nach dem Ende der Kolonialherrschaft entbrannten in den neuen „Staaten“ die Konflikte, die lange Zeit von den Kolonialherren unterdrückt worden waren. Als Ursache hierfür kann das hohe innerstaatliche Konfliktpotential und das Fehlen einer echten Zivilgesellschaft verantwortlich gemacht werden, das sich durch die willkürliche, oftmals ethnische cleavages nicht beachtende Grenzziehung der jeweiligen Kolonialmacht entwickelt hat.[128] So konnten sich über Jahre hinweg Leitlinien für eine anhaltende Fragmentierung der Gesellschaft entwickeln.[129] Alger fordert in diesem Kontext unter dem Begriff „nation saving“ die Selbstbestimmung ethnischer, aber nicht notwendig territorial gebundener „communities of fate“.[130]

Robert Jackson hingegen kritisiert das Postulat nach dem unbedingten Recht auf Selbstbestimmung, das den Entkolonisierungsprozess begleitete und führt die Kategorie der „Quasi-Staaten“ in die Begriffswelt der Internationalen Beziehungen ein. Dabei handelt es sich um ehemalige Kolonien, denen bei der Entkolonisierung Staatlichkeit de jure zuerkannt wurde, ohne dass diese auf der Grundlage einer vorhandenen empirischen Staatlichkeit basierte und demnach nur aufgrund der Anerkennung der Internationalen Staatengemeinschaft vorhanden sei.[131]

„These states are primarily juridical. They are still far from complete […] and empirical statehood in large measure still remains to be built. I therefore refer to them as quasi states.”[132]

Jackson bemängelt weiter, dass diese Staaten nicht über ihre Qualifikation (Interaktion mit der Umwelt, innerer politischer Prozess – nach den Vorgaben des Westfälischen Modells), sondern durch eine Änderung des internationalen ´souvereignity regime´, also die Art und Weise, wie auf der internationalen Ebene Staatlichkeit geschaffen und anerkannt wird, entstanden sind. Die internationalen ´rules of the game´ verbaten den Tod eines Staates. Ist der Staat erst einmal geschaffen worden, würde dieser niemals untergehen.

„They are not allowed to disappear juridicaly – even if for all intents and purposes they have already fallen or been pulled down in fact.”[133]

Die neuen Spielregeln veranlassen Jackson dazu, den Begriff Souveränität in “negative Souveränität” und “positive Souveränität“ aufzuspalten.[134] Negative Souveränität bedeutet, dass staatliche Souveränität von außen garantiert wird, diese aber keine Entsprechung im Innern der Gesellschaft findet. Sie ist damit rein völkerrechtlicher Natur. Durch die internationale Anerkennung werden dem Staat Schutzrechte zuerkannt, die ihn vor Einmischung in seine Angelegenheiten bewahren (´freedom from´) sowie die Gewährleistung bestimmter Immunitäten einräumen. Im Prozess der Entkolonisierung wurde den Staaten der „Dritten Welt“ am häufigsten diese Form der Souveränität zuerkannt.[135]

Positive Souveränität hingegen bedeutet, dass der Staat die Fähigkeit zur aktiven Nutzung der eigenen Freiheit besitzt (´freedom to´).[136] Durch den Besitz des Machtmonopols ist der Staat in der Lage, Kontrolle über Territorium, Bevölkerung und materielle Güter auszuüben. Holm und Sorensen betonen, ein Staat mit positiver Souveränität sei „a state that is its own master. […] It has the capabilities to deliver substantial goods to its citizens […] it is a substantial rather than a formal condition.”[137]

Christopher Clapham unterstreicht mit seiner Feststellung, es existiere die Vorherrschaft einer etatistisch geprägten Ideologie in der internationalen Politik Jacksons Ansätze und macht den Staat als idealen Baustein der internationalen Ordnung aus (da dieser zum allgemein akzeptierten Modell politischer Entwicklung avancierte), der konsequenterweise in die ehemaligen Kolonialländer exportiert worden sei.[138] Dabei wurde die individuelle Situation einzelner Staaten jedoch nicht berücksichtigt. Durch den überambitionierten Versuch, die Kontrolle des Staates Gesellschaften aufzuoktroyieren, die dafür nicht geeignet waren, beschleunige und intensiviere sich Staatszerfall.[139]

Die Idee des Staates als ordnungspolitisches Instrument hat sich, so Clapham, noch nicht in der Geisteshaltung der Gesellschaften manifestiert und weist eine mangelhafte Verwurzelung in der politischen Kultur auf. Die Schwäche einiger Staaten liege deshalb in „[…] the artificially […] of the identities, which resulted from the generally haphazard character of their colonial creation.”[140]

In Holsti´s state strength dilemma von 1996 besteht die Stärke eines Staates aus drei Komponenten (seiner physischen Basis, die Idee und seinen Institutionen), deren Zusammenhalt vom Grad der vertikalen und horizontalen Legitimität abhängt. Vertikal meint dabei die Autorität des Staates und seine Akzeptanz durch die Bevölkerung. Horizontal bezieht sich auf den Zusammenhalt der Gesellschaft.[141] Diese Synthese sei bei den Postkolonialstaaten nicht evident.

2.3.2.3 Externe Ursache: Das Ende des Ost - West - Konflikts

Mit dem Ende des Ost-West-Konflikts haben sich in einigen Staaten die Bedingungen des Regierens verändert. Die Ursache dafür liegt darin, dass es während der Blockkonfrontation für Regime im Besitz eines Staates möglich war, von den Systemkontrahenten militärische, finanzielle oder humanitäre Hilfe zu beziehen, was der nicht-staatlichen Konkurrenz größtenteils verwehrt blieb.[142]

Im Zuge des Interesses der Implementation ideologischer wie außenpolitischer Ziele der beiden Großmächte, legte sich somit eine Ordnung von außen über die politische Geographie der subventionierten Regimes, die wiederum maßgeblich für dessen Fortbestand verantwortlich war.[143]

Als bspw. nach dem Ende des Ost-West-Konflikts die strategische Bedeutung einiger afrikanischer Staaten verloren ging, trocknete die finanzielle und militärische Hilfe aus und die Situation in diesen Staaten veränderte sich gravierend:

„Not only were stateless competitors, and especially insurgent movements, able to improve their relative acces to international resources, but even those who controlled states found it advantageous, on occasion, to operate outside the structures of formal statehood, and to undermine the very states which they governed.”[144]

Büttner stimmt dem zu und führt aus, dass das Ausbleiben der Hilfsleistungen und die Veränderung der weltpolitischen Ordnung von der Bipolarität zur Multipolarität, die konkreten externen Ursachen für „Staatszerfall“ determinieren.[145]

Denn auf ökonomischer Ebene entstehen Probleme, die sich aus dem relativ schnellen Abfluss der finanziellen Subventionen generieren.[146] Daraus müssen zwangsläufig politische und gesellschaftliche Störungen erfolgen, da die Stabilität des internen Gleichgewichts des Staates auf der umfassenden Einbindung widerstrebender gesellschaftlicher Gruppen in die Ausbeutung des Staates sowie der materiellen Hilfslieferungen aus dem Ausland beruht.[147] Büttner weist auf die veränderten politischen Rahmenbedingungen für die Regimes hin. War es bis dato möglich, durch die Gewährung militärischer Unterstützung der Blockstaaten, oppositionelle Bewegungen zu zerschlagen (eine politische Logik, die Vitali Silitski ´präemptiven Autoritarismus´ nennt) oder zu unterdrücken[148] und die zunächst schwachen afrikanischen Herrscher in der Lage, durch geschicktes Taktieren, den Gegensatz der rivalisierenden Großmächte für sich zu nutzen und Hilfsleistungen jedweder Art zu maximieren, um ihre Herrschaft zu stabilisieren,[149] verfielen diese Möglichkeiten nach dem Ende des OWK.[150]

[...]


[1] Aufgrund seiner Heterogenität wird der Begriff im Folgenden in Anführungszeichen gesetzt.

[2] Es existiert keine Einheitsdefinition zu diesem Begriff. Im Verlauf der Arbeit werden aber inhaltliche Eigenschaften der „neuen Kriege“ aufgegriffen und erläutert. So soll dann ein Verständnis des Begriffs generiert werden.

[3] Vgl. Chojnacki, Sven (2003): Verführung des Neuen - oder der Gesang der Sirenen. Eine kritische Bestandsaufnahme der Debatte über den Wandel des Krieges, Text für die Expertentagung „Friedenstheorie“, Loccum, S. 2f.

[4] Vgl. Daase, Christopher (1999): Kleine Kriege – Große Wirkung, Baden-Baden, S. 165.

[5] Vgl. Schlichte, Klaus (2002b): Neues über den Krieg? Einige Anmerkungen zum Stand der Kriegsforschung in den internationalen Beziehungen, in: Zeitschrift für internationale Beziehungen, Heft 1/2002, S. 113.

[6] Schlichte, Klaus (2003): a.a.O., S. 112f.

[7] Demzufolge wird Krieg als bewaffneter Massenkonflikt definiert, der folgende Attribute aufweist:

„(a) an den Kämpfen sind zwei oder mehr bewaffnete Streitkräfte beteiligt, bei denen es sich mindestens auf einer Seite um reguläre Streitkräfte (Militär, paramilitärische Verbände, Polizeieinheiten) der Regierung handelt;

(b) auf beiden Seiten muss ein Mindestmaß an zentral gelenkter Organisation der Kriegführenden und des Kampfes gegeben sein, selbst wenn dies nicht mehr bedeutet als organisierte bewaffnete Verteidigung oder planmäßige Überfälle (Guerillaoperationen, Partisanenkrieg usw.);

(c) die bewaffneten Operationen ereignen sich mit einer gewissen Kontinuierlichkeit und nicht nur als gelegentliche, spontane Zusammenstöße, d.h. beide Seiten operieren nach einer planmäßigen Strategie, gleichgültig ob die Kämpfe auf dem Gebiet einer oder mehrerer Gesellschaften stattfinden und wie lange sie dauern.“

1993 führte die AKUF noch die Kategorie der bewaffneten Konflikte ein. „Als bewaffnete Konflikte werden gewaltsame Auseinandersetzungen bezeichnet, bei denen die Kriterien der Kriegsdefinition nicht in vollem Umfang erfüllt sind. In der Regel handelt es sich dabei um Fälle, in denen eine hinrei- chende Kontinuität der Kampfhandlungen nicht mehr oder auch noch nicht gegeben ist.“ Abrufbar unter: (http://www.sozialwiss.uni-hamburg.de/publish/Ipw/Akuf/kriege_aktuell.htm) [25.03.2008 – 10.08 Uhr].

[8] Vgl. Conflict Barometer 2007 des Heidelbergers Instituts für internationale Konfliktforschung an der politischen Fakultät der Universität Heidelberg, abrufbar unter: http://www.hiik.de/ konfliktbarometer/pdf/ConflictBarometer_2007.pdf, S. 3ff. [05.12.2007 – 13.07 Uhr]

[9] Vgl. Collmer, Sabine (2003): New War? Vom Staatenkrieg zu den irregulären Kriegen des 21. Jahrhunderts, in: Collmer, Sabine (Hrsg.): Krieg, Konflikt und Gesellschaft. Aktuelle interdisziplinäre Perspektiven, Hamburg, S. 96f.

[10] Für eine ausführliche Darstellung des Wandels der Kriegsformen vgl. Münkler, Herfried (2002b): Die neuen Kriege, Reinbeck Verlag, Hamburg; Kaldor, Mary (1999): New and Old Wars. Organized Violence in a Global Era, Cambridge, oder auch Schlichte, Klaus (2002b): Neues über den Krieg? Einige Anmerkungen zum Stand der Kriegsforschung in den Internationalen Beziehungen, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen, 9. Jahrgang, Heft 1.

[11] Vgl. Kaldor, Mary (1999): a.a.O.; Beck, Ulrich (1999): Über den postnationalen Krieg, in: Blätter 8/99.

[12] Vgl. Elwert, Georg (1997): Gewaltmärkte. Beobachtung zur Zweckrationalität der Gewalt, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 37; Kaldor, Mary (1999): a.a.O.; Münkler, Herfried (2002a): Krieg und Politik am Beginn des 21. Jahrhunderts, unter: http://www.philosophicum.com/archiv/Band4.pdf [25.03.2008 - 18.54 Uhr].

[13] Chojnacki, Sven (2005): Privatisierung und Kommerzialisierung von Sicherheit in zerfallen(d)en Staaten, Teilprojekt C, Freie Universität Berlin, S. 2.

[14] Vgl. Elwert, Georg (1997): a.a.O.; Keen, David (2000b): The Political Economy of War, with Special Reference to Sudan and Bahr El Ghazal, in: Loane,Geoff/Schümer, Tanja (Hrsg.): The Wider Impact of Humanitarian Assistance. The Case of Sudan ans the Implications for the European Union Policy, Baden-Baden; Schlichte, Klaus (2003): Profiteure und Verlierer von Bürgerkriegen: Die soziale Ökonomie der Gewalt, in: Ruf, Werner (Hrsg.): Politische Ökonomie der Gewalt, Leverkusen; Clapham, Christopher (1996): Africa and the International System. The Politics of State Survival, Cambridge.

[15] Unter „gewaltoffenen Räumen begrenzter Staatlichkeit“ werden Gebiete verstanden, in denen kein Gewaltmonopol vorherrscht. Das bedeutet, dass staatliche und nicht-staatliche Gewaltakteure um die militärische Vorherrschaft sowie die Produktion von Sicherheit konkurrieren. Vgl. Elwert, Georg (1997): a.a.O., S. 88f.

[16] Vgl. Rotberg, Robert (2004): Failed States, Collapsed States, Weak States: Causes and Indicators, in: Rotberg, Robert (Hrsg.): When states fail: Causes and Consequences, Princeton.

[17] Vgl. Münkler, Herfried (2002a): a.a.O.; Riekenberg, Michael (1999): Warlords. Eine Problemskizze, in: Comparativ. Leipziger Beiträge zur Universalgeschichte und vergleichende Gesellschaftsforschung, 9Jg, Heft 5/6.

[18] Chojnacki, Sven (2005): a.a.O., S. 3.

[19] Chojnacki, Sven (2005): a.a.O.

[20] Vgl. Elwert, Georg (1997): a.a.O.

[21] Vgl. Lock, Peter (2001): Gewalt als Regulation: Zur Logik der Schattenglobalisierung, in: Kurtenbach, Sabine/Lock, Peter (Hrsg.): Kriege als (Über-)Lebenswelten. Schattenglobalisierung, Kriegsökonomien und Inseln der Zivilität, Bonn.

[22] Berdal, Mats/ Malone, David (2000): Greed and Grievances. Economic Agendas in Civil Wars, Boulder, CO, S. 2.

[23] Chojnacki, Sven (2005): a.a.O., S. 4.

[24] Vgl. Münkler, Herfried (2002b): a.a.O.; Jean/Rufin (1999): Ökonomie der Bürgerkriege, Hamburg; Collier, Paul (1998): On Economic Causes of Civil War (World Bank), Washington D.C..

[25] Vgl. Chojnacki, Sven (2005): a.a.O., S. 5.

[26] Chojnacki, Sven (2005): a.a.O., S. 4.

[27] Vgl. ebd. S, 5.

[28] Vgl. Clapham, Christopher (1996): a.a.O; Reno, William (2000a): World trade, Warlords and the Reinvention of the African State, Departement of Political Science, Florida International University.

[29] Vgl. Chojnacki, Sven (2007): Privatisierung und Kommerzialisierung von Sicherheit in zerfallen(d)en Staaten, Teilprojekt C der FU Berlin; Krahmann, Elke (2003): Conceptualizing Security Governance, in: Cooperation and Conflict, S. 5-26; Debiel, Thomas/Reinhardt, Dieter (2004): Staatszerfall und Weltordnungspolitik: analytische Zugänge und politische Strategien zu Beginn des 21. Jahrhunderts, in: Nord-Süd Aktuell Nr. 3, 525-538.

[30] Vgl. Daase, Christopher (1999): Kleine Kriege - Große Wirkung, Baden-Baden.

[31] Vgl. Chojnacki, Sven (2007): a.a.O.; Schneckener, Ulrich (2004): States at Risk. Fragile Staaten als Sicherheits- und Entwicklungsproblem, Stiftung Wissenschaft und Politik, SWP-Studie 2004/S 43.

[32] Chojnacki, Sven (2007): a.a.O., S. 10.

[33] Vgl. Jean/Rufin (1999): a.a.O.; Reno, William (2000a): a.a.O.; Collier, Paul/ Hoeffner, Anke/ Söderbom, Mans (2001): On the Duration of Civil War (World Bank), Washington D.C.

[34] Vgl. Aust, Bjorn (2001): Kriegökonomien in innerstaatlichen Konflikten. Funktionsweisen und Einflüsse auf Konfliktdynamiken und Kriegsgesellschaften in der „Dritten Welt“, D.A., FU-Berlin, S. 32ff.

[35] Polanyi, Karl (1978): The Great Transformation. Politische und ökonomischen Ursprünge von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen. Frankfurt: Europaverlag, S. 99.

[36] Vgl. Weber, Max (1968): Über einige Kategorien der verstehenden Soziologie, in: Johannes Winckelmann (Hrsg.): Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre von Max Weber, 3. erw. und verb. Aufl., Tübingen, S. 423-476

[37] Dunn, William N. (1981): Public Policy Analysis: An Introduction, Prentice-Hall, S. 298.

[38] Vgl. Münch, Richard (2002): Soziologische Theorie, Band 1, Campus Verlag, Bamberg, S. 152.

[39] Ulbrecht, Cornelia (2005): Konstruktivistische Analysen der internationalen Politik: Von den Höhen der Theorie in die methodischen Niederungen der Empirie, Papier für die Tagung der Sektion Internationale Politik der DVPW in Mannheim, S. 1.

[40] Für eine ausführliche Darstellung der Inhalte dieser Dimensionen vgl. Ulbrecht, Cornelia (2005): a.a.O., S. 5-18.

[41] Ebd.

[42] Ulbrecht, Cormelia (2005): a.a.O., S. 3.

[43] Vgl. ebd.

[44] Checkel, Jeffrey T. (1998): The Constructivist Turn in International Relations Theory, in: World Politics 50: 2, S. 326.

[45] Vgl. Daase, Christopher (1999): Kleine Kriege - Große Wirkung, Baden-Baden, S. 41.

[46] Vgl. Wendt, Alexander (1987): The Agent-Structure Problem in International Relations Theory, in: International Organization 41: 3, S. 335-370 und Dessler, David (1989): What's at Stake in the Agent-Structure Debate?, in: International Organization 43: 3, 441-473.

[47] Vgl. Ulbrecht, Ursula (2005): a.a.O., S. 8.

[48] Vgl. Giddens, Anthony (1984): The Constitution of Society, Berkeley: University of California Press.

[49] Ebd. Für eine ausführliche Darstellung siehe Kapitel 5.

[50] Ulbrecht, Cornelia (2005): a.a.O., S. 8.

[51] Vgl. Aust, Bjorn (2001): Kriegökonomien in innerstaatlichen Konflikten. Funktionsweisen und Einflüsse auf Konfliktdynamiken und Kriegsgesellschaften in der „Dritten Welt“, D.A., FU-Berlin, S. 87.

[52] Vgl. Jean, Francois/ Rufin Jean-Christophe (1999): Ökonomie der Bürgerkriege, Hamburg.

[53] Vgl. Collier, Paul/Hoeffner, Anke (2002): Greed and Grievance in Civil War (World Bank), Washington D.C.

[54] Vgl. Kaldor, Mary (1999): New and Old Wars. Organized Violence in a Global Era, Cambridge; Elwert, Georg (1997): Gewaltmärkte. Beobachtung zur Zweckrationalität der Gewalt, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 37.

[55] Vgl. Lambach, Daniel (2005): Schwäche und Zerfall von Staaten – Operationalisierung eines schwierigen Konzepts, Bocholt; Münkler, Herfried (2002b): Die neuen Kriege, Reinbeck Verlag, Hamburg; Schneckener, Ulrich (2004): State at Risk. Fragile Staaten als Sicherheits- und Entwicklungsproblem, Berlin; Chojnacki, Sven (2004): Gewaltakteure und Gewaltmärkte: Wandel der Kriegsformen?, in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Der Bürger im Staat, Baden-Württemberg, 54. Jahrgang Heft 4.

[56] Vgl. Patzelt, Werner J. (2003): Einführung in die Politikwissenschaft, 5. Auflage, Wissenschaftsverlag Richard Rothe, S. 148-152.

[57] Zu inhaltlichen Aspekte dieser beiden Methoden siehe: Patzelt, Werner J. (2003): a.a.O., S. 164-170.

[58] Ghali, Boutros Boutros (1995): “Concluding Statement by the Secretary-General of the United Nations at the United Nations Congress on Public International Law”, New York 13.-17. März 1995, zit. nach: Thürer, Daniel (1999): Der “zerfallene Staat” und das Völkerrecht, in: Die Friedenswarte, Jg. 74, Nr. 3, S.9.

[59] Siehe The National Security Strategy of the Unites States of America, September 2002, abrufbar unter: www.whitehouse.gov/nsc/nss.pdf [07.11.2007 - 11:14 Uhr].

[60] Vgl. Rotberg, Robert (2004): Failed States, Collapsed States, Weak States: Causes and Indicators, in: Rotberg, Robert (Hrsg.): When states fail: Causes and Consequences, Princeton, S. 24-35.

[61] Vgl. Büttner, Annette (2004): Staatszerfall als neues Phänomen der internationalen Politik. Theoretische Kategorisierung und empirische Überprüfung, Marburg, Tectum Verlag, S. 145.

[62] Vgl. Schneckener, Ulrich (2007): Fragile Staatlichkeit und State-building. Begriffe, Konzepte und Analyserahmen, in: Beisheim, Marianne/Schuppert, Gunnar Folke (Hrsg.): Staatszerfall und Governance (Schriften zur Governance Forschung, Band 7), Baden-Baden, S. 104-106.

[63] Lambach, Daniel (2005): Schwäche und Zerfall von Staaten – Operationalisierung eines schwierigen Konzepts, Bocholt, S. 4.

[64] Vgl. Tetzlaff Rainer (2000b): Afrika zwischen Zivilisierung und Zerfall des Staates: zu den gewaltsamen Umbrüchen nach dem Ende des Kalten Krieges, in: Institut für Afrika-Kunde (Hrsg.): Afrika-Jahrbuch 1999. Opladen: Leske + Budrich, S. 34-47.

[65] Siehe Crisis States Research Centre, DESTIN, LSE (2005): War, State, Collapse and Reconstruction, London, S.3.

[66] Vgl. Thürer, Daniel (1995): Der Wegfall effektiver Staatsgewalt: der Failed State, in: Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrechte, Vol. 34, Heidelberg, S. 10.

[67] Auf die Staatstheorie Max Webers, die dieser Arbeit zugrunde liegt, wird im folgenden Teilkapitel noch eingegangen.

[68] Diese Eigenschaften sind: eine mehr oder weniger stabile Kernbevölkerung (Staatsvolk); ein klar abgegrenztes oder definiertes Territorium (Staatsgebiet) und eine Regierung, die eine Staatsgewalt ausüben kann und in völkerrechtlichen Beziehungen zu anderen Staaten treten kann: „[t]he state as a person of international law should possess the following qualifications: a) a permanent population; b) a defined territory; c) government; and d) capacity to enter into relations with the other states.” Siehe Convention on Rights and Duties of States 1933: Article 1, abrufbar unter: http://www.yale.edu/ law web /avalon/intdip/interam/intam03.htm [06.11.2007 – 13:51 Uhr].

[69] Der Begriff der “Dritten Welt” ist in der wissenschaftlichen Literatur wegen seiner heterogenen Bedeutung stark umstritten und wird deshalb im Folgenden in Anführungszeichen gesetzt.

[70] Vgl. Reno, William (2000a): World trade, Warlords and the Reinvention of the African State, Departement of Political Science, Florida International University, Miami, S. 8.

[71] Reno, William (2000a): a.a.O., S. 12. Auf weitere Punkte der Kritik sei hier nicht weiter eingegangen, denn für den Untersuchungsgegenstand der Arbeit ist letztlich die Konsequenz aus dem Verfall von Staaten von Bedeutung und nicht die Frage, mit welchem Maß in diesen Staaten gemessen werden muss.

[72] Vgl. Schnecker, Ulrich (2004): States at Risk – Fragile Staaten als Sicherheits- und Entwicklungsproblem, SWP Studie 01/04, S. 3ff.

[73] Gerr, Ted R. (1999): Small Arms and Failed States, Interview mit Rachel Stohl (Center for Defense Information) abrufbar unter: http://www.cdi.org/adm/1307/Gurr.html [06.11.2007 - 14:15 Uhr].

[74] Vgl. Thürer, Daniel (1999): Der „zerfallende Staat“ und das Völkerrecht, in: Die Friedenswarte, Jg. 74, Nr. 3, S.275f.

[75] Ebd.

[76] Hobbes, Thomas (1651): Leviathan, The Harvard Classics, Teil 1, Kapitel 13 abrufbar unter: http://www.bartleby.com/34/5/13.html [10.11.2007 - 12:59 Uhr].

[77] Die Begriffe „failed state“ und „collapsed state“ werden in diesem Kontext äquivalent verwendet. Vgl. Thürer, Daniel (1999): Der „zerfallende Staat“ und das Völkerrecht, in: Die Friedenswarte, Jg. 74, Nr. 3, S.277ff; Schlichte, Klaus (2006): Staatsbildung oder Staatszerfall? Der Formwandel kriegerischer Gewalt in der Weltgesellschaft, in: Patzelt, Werner (Hrsg.): Politische Vierteljahresschrift, VS Verlag für Sozialwissenschaften, S.547-595.

[78] Vgl. Erdmann, Gero (2003): Apokalyptische Trias: Staatsversagen, Staatsverfall und Staatszerfall –strukturelle Probleme der Demokratie in Afrika, in: Bendel, Petra / Croissant, Aurel / Rüb, Friedbert (Hrsg.): Demokratie und Staatlichkeit - Systemwechsel zwischen Staatlichkeit und Staatskollaps, Opladen: Leske+Budrich 2003, S. 271.

[79] Trotha, Trutz von (2000): Die Zukunft liegt in Afrika. Vom Zerfall von Vorherrschaft der konzentrischen Ordnung und vom Anfang der Parastaatlichkeit, in: Leviathan (2), S.268ff.

[80] Vgl. Lambach, Daniel (2005): a.a.O., S. 1-20.

[81] Die Trennschärfe zwischen den Begriffen erscheint besonders zwischen „Staatsversagen“ und „Staatsverfall“ etwas undeutlich zu sein. Für eine analytische Abgrenzung vgl. Erdmann, Gero (2003): a.a.O., S. 5.

[82] Auf die inhärente Logik, kritisch die Begriffe von Staatlichkeit zu hinterfragen soll hier nicht weiter eingegangen werden. Der Grund dafür ist, dass sich im Sinnzusammenhang mit der Themenstellung der Arbeit diese Frage nicht unbedingt ergibt. Die Relevanz der Frage soll aber deswegen nicht abgeschwächt werden. Einige gute kritische Anmerkungen zu den in der Literatur gängigen Kriterien von Staatlichkeit und Staatszerfallsprozessen sind u.a. bei Bilgin, Pinar/Morton, Adam David (2002): Historicising representations of „failed states“: beyond the cold-war annexation of the social sciences?, in: Third World Quarterly, Vol. 23, No. 1, 55-80; Chapham, Christopher (2000): Failed States and Non-States in Modern International Order, paper presented at the conference: „Failed States III: Globalization and theFailed State” unter: http://www.dcu.ie/~cis/2004_3.pdf [17.12.2007 - 10.49 Uhr] zu finden.

[83] Vgl. Schneckener, Ulrich (2007): Fragile Staatlichkeit und State-building. Begriffe, Konzepte und Analyserahmen, in: Beisheim, Marianne/Schuppert, Gunnar Folke (Hrsg.): Staatszerfall und Governance (Schriften zur Governance Forschung, Band 7), Baden-Baden, S. 101.

[84] Breuer, Stefan. (1998): Der Staat. Entstehung, Erscheinungsformen, Typen, Organisationsstadien, Reinbeck, S.17f.

[85] Weber, Max (1972): Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Aufl., Tübingen, §16, S. 28.

[86] Vgl. Breuer, Stefan (1998): Der Staat. Entstehung, Erscheinungsformen, Typen, Organisationsstadien, Reinbeck, S.16-18.

[87] Der Begriff meint in diesem Sinne die Hegemonie eines Verbandes anderen Verbänden gegenüber.

[88] Breuer, Stefan. (1998): Der Staat. Entstehung, Erscheinungsformen, Typen, Organisationsstadien, Reinbeck, S.18.

[89] Für umfangreichere Kriterien moderner Staatlichkeit vgl. Bendel, Petra/Krennerich, Michael (2003): Einleitung: Staat im Rechtsstaat in jungen Demokratien – eine Problemskizze“, in: Bendel, Petra (Hrsg.): Demokratie und Staatlichkeit, Opladen: Leske + Budrich, S.12-20.

[90] Vgl. Schneckener, Ulrich (2007): Fragile Staatlichkeit und State-building. Begriffe, Konzepte und Analyserahmen, in: Beisheim, Marianne/Schuppert, Gunnar Folke (Hrsg.): Staatszerfall und Governance (Schriften zur Governance Forschung, Band 7), Baden-Baden, S. 102.

[91] Vgl. Büttner, Anette (2004): Staatszerfall als neues Phänomen in der internationalen Politik. Theoretische Kategorisierung und empirische Überprüfung, Marburg, S. 59ff.

[92] Vgl. Schneckener, Ulrich (2007): Fragile Staatlichkeit und State-building. Begriffe, Konzepte und Analyserahmen, in: Beisheim, Marianne/Schuppert, Gunnar Folke (Hrsg.): Staatszerfall und Governance (Schriften zur Governance Forschung, Band 7), Baden-Baden, S. 102. Krasner differenziert in diesem Zusammenhang verschiedene Dimensionen der Souveränität: domestic souvereignty (Souveränität nach Innen), interdependence souvereignty (Souveränität zur Kontrolle von Außengrenzen), international legal souvereignty (reziproke Anerkennung der Staaten als formal gleich) und westphalian souvereignty, welche die Nichteinmischung externer Akteure in innere Angelegenheiten des Staats betrifft. Vgl. Krasner, Stephen D. (1999): Sovereignty. Organized Hypocrisy, Princeton, S.10-24.

[93] Weber, Max (1972): Wirtschaft und Gesellschaft, 5. Auflage, Tübingen, S.124. Für eine detailliertere Darstellung siehe ebd., S.124-142.

[94] Ebd.

[95] Ebd.

[96] Vgl. Büttner, Anette (2004): Staatszerfall als neues Phänomen in der internationalen Politik. Theoretische Kategorisierung und empirische Überprüfung, Marburg, S.61f.

[97] Siehe State Failure Task Force, State Failure Task Force Report (1998): Phase II Findings, abrufbar unter: http://globalpolicy.gmu.edu/pitf/SFTF%20Phase%20II%20Report.pdf, S.7 [09.11.2007 - 13.46 Uhr].

[98] Vgl. Schneckener, Ulrich (2007): Fragile Staatlichkeit und State-building. Begriffe, Konzepte und Analyserahmen, in: Beisheim, Marianne/Schuppert, Gunnar Folke (Hrsg.): Staatszerfall und Governance (Schriften zur Governance Forschung, Band 7), Baden-Baden, S. 107-112.

[99] Ebd.

[100] Vgl. Varwick, Johannes (2004): Globalisierung, in: Woyke, Wichard (Hrsg.): Handwörterbuch Internationale Politik, 9.Auflage, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Münster, S.159-169; Lambach/Debiel (2007): State Failure Revisited I: Globalization of Security and Neighborhood Effects, INEF Report 87, S.8ff.

[101] Vgl. Varwick, Johannes (2004): a.a.O., S. 159.

[102] In diesem Abschnitt wird lediglich auf die ökonomische Globalisierung eingegangen, da die Ursachen im Zusammenhang von Globalisierung und Staatszerfall vornehmlich dort zu finden sind. Es soll gleichzeitig berücksichtigt werden, dass die Entwicklung der ökonomischen Globalisierung von politischen Deregulierungsmechanismen begleitet wurde und somit einen gewollten Prozess darstellt. Die Prävalenz im Zusammenhang mit „Staatszerfall“ liegt hier aber eindeutig bei der ökonomischen Globalisierung.

[103] Marx, Karl/Engels, Friedrich (1979): Ausgewählte Werke in sechs Bänden, Band I, Berlin, S. 419.

[104] Konegen, Norbert (2000): Marktwirtschaft und Globalisierung, in: Rüdiger Robert (Hrsg.), Bundespublik Deutschland - Politisches System und Globalisierung, Münster, S. 78.

[105] Vgl. Varwick, Johannes (2004): a.a.O., S. 161.

[106] Zur Korrelation von Wirtschaftswachstum und politischer Stabilität vgl. Obinger, Herbert (2000): Politische Regime, politische Stabilität und Wirtschaftswachstum, Swiss Political Science Association, S.13-17; Peissotchenko, Sergej (2002): Politische Ökonomie der Systemtransformation: Russland 1985-2000, Verlag Digicenter, S. 59-64 und 87-98, abrufbar unter: http://www.unisg.ch/ www/edis.nsf/wwwDisplayIdentifier/2593/$FILE/dis2593.pdf [15.11.2007 - 18.13 Uhr].

[107] Vgl. Hein, Wolfgang (2005): Vom Entwicklungsstaat zum Staatszerfall, in: Aus Politik und zeitgeschichte, APuZ 28-29/2005, S. 6-10.

[108] Eine absehbare Verschlechterung der Terms of Trade (ToT) bei Rohstoffen (Exportgüter der Entwicklungsländer: sog. Zentrum-Peripherie-Handel) verschärfte die Notwendigkeit dieser Entwicklung zusätzlich.

[109] Renten sind Einnahmen, die ein Staat oder eine Elite aus dem Besitz oder der Kontrolle von Gütern erzielt, ohne dass Kosten für deren Bereitstellung entstehen.

[110] Rent-Seeking: gemeint sind die Renten, die über Subventionierung eines im Vergleich zur ausländischen Konkurrenz unproduktiv und ineffizient arbeitenden Unternehmen entstehen.

[111] Vgl. Fengler, Wolfgang (2001): Strukturanpassung und Verschuldung, in: Informationen zur politischen Bildung Nr. 264/2001, Afrika I, S.29-33.

[112] Diese Konditionen wurden als “Washington Consensus” bezeichnet (mehr Markt – weniger Staat). Vgl. Williamson, John (1993): Democracy and the Washington Consensus, in: World Development, S. 1329ff.

[113] Dreher, Axel (2003): Die Kreditvergabe von IWF und Weltbank. Ursachen und Wirkungen aus politisch-ökonomischer Sicht, wvb Berlin, S. 24ff.

[114] Vgl. Hein, Wolfgang (2005): Globalisierung und Demontage des Entwicklungsstaates, in: Aus Politik und Zeitgeschichte: Zerfallende Staaten, APuZ 28-29/2005, S. 6-11; Razos, Felipe (1987): Import Substitution Policies, Tariffs and Competition, Boulder and London, S. 146 – 180; Thorp, Rosemary (1998): Progress, Poverty and Exclusion, An Economic History of Latin America in the 20th Century, Washington, S. 345-348.

[115] Vgl. Hein, Wolfgang (2005): a.a.O., S. 6

[116] Ebd.

[117] Vgl. Stiglitz, Joseph E. (2003): Die Schatten der Globalisierung, Goldmann Verlag, S.49-84.

[118] Vgl. Hein, Wolfgang (2005): a.a.O., S. 7ff.

[119] Hein, Wolfgang (2005): a.a.O., S. 8. An dieser Stelle sei auf die Frustrations-Agressions-Theorie hingewiesen, die einen Zusammenhang zwischen den enttäuschten Erwartungen und massenmobilisierenden Implikationen hinweist, vgl. Douma, Pyt S. (2003): The Origins of Contemporary Conflict. A Comparison of Violence in three World Regions, Den Hague, S. 14.

[120] Vgl. Hein, Wolfgang (2005): a.a.O., S. 6-10.

[121] Ebd.

[122] Ebd.

[123] Hippler, Jochen (2005): Failed States und Globalisierung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte , ApuZ Nr. 28-29/2005, S.5.

[124] Die verschiedenen wissenschaftlichen Ansätze machen es sehr schwierig, eine empirisch potente Aussage darüber zu machen, wann in welchen Ländern ökonomische Liberalisierung zu politischer Stabilität führt und wann nicht. In Bezug auf den Kontext dieser Arbeit ist der Liberalisierungsprozess sicherlich mitverantwortlich dafür, dass in einigen Staaten ein „Zerfallsprozess“ angestoßen wurde und damit auch dafür, dass es zu der Möglichkeit der Etablierung von Gewaltökonomien gekommen ist (vgl. Kapitel 4 dieser Arbeit). Vgl. Schneider, Gerald/Busmann, Margit (2005): Globalisierung und innenpolitische Stabilität: Der Einfluss außenwirtschaftlicher Öffnung auf das innenpolitische Konfliktpotenzial, Deutsche Stiftung Friedensforschung, Günter Druck GmbH, S. 3-28.

[125] Auf den politischen Ansatz der Globalisierung wird im Kontext des nächsten Kapitels eingegangen.

[126] Vgl. Helman, Gerald und Ratner, Steven (1992): Saving Failed States, in: Foreign Policy, Nr. 89, S.3-5.

[127] Ebd.

[128] Vgl. Alger, Chadwick (1998): Failed States and the Failure of States: Self-Determination, States, Nations and Global Governance, West Lafayette, abrufbar unter: www.ippu.purdue.edu/failed_states/ 1998/papers/Alger.html [19.11.2007 - 08.53 Uhr]; Tetzlaff, Rainer (2000a): “Failing States” in Afrika, in: Internationale Politik, Nr. 7 (55), S. 9; Scherrer, Christian P. (1996): Ethno-Nationalismus im Weltsystem. Prävention, Konfliktbearbeitung und die Rolle der internationalen Gemeinschaft. Ein Handbuch zu Ethnizität und Staat, Band 1, Münster, S.25ff.

[129] Als Beispiel können sowohl panarabisch wie auch islamisch orientierte Gruppen im Gegensatz zu nasseristisch bzw. laizistisch orientierte Gruppen genannt werden (z.B. in den Befreiungskämpfen in Algerien 1954-1962: Aus den Befreiungskämpfen ging die aus der arabisch-islamischen Wurzel stammende Armee der Nationale Befreiungsfront (FLN) hervor, die unter Ben Balla und Houari Boumedienne de facto die Staatsgewalt übernahm, während der Einfluss der laizistisch orientierten Armee in Algerien dem Islam die Rolle als Staatstragendes Element verweigerte. Vgl. Schliephake, Konrad (2001): Politische Entwicklung nach der Unabhängigkeit, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, ApuZ 272/2001, Afrika I, S.19ff.

[130] Alger, Chadwick (1998): a.a.O.

[131] Vgl. Jackson, Robert (1990): Quasi-States: Sovereignty, International Relations and the Third World, Cambridge: Cambridge University Press, S.20ff.

[132] Jackson, Robert (1990): a.a.O., S.21.

[133] Jackson, Robert (1990): a.a.O., S.23.

[134] Jackson, Robert (1990): a.a.O., S.24.

[135] Ebd.

[136] Vgl. Jackson, Robert (1990): a.a.O., S.26ff.

[137] Holm, Hans-Henrik/Sorensen, Georg (1995): Whose World Order? Uneven Globalization and the End of the Cold War, Westview Press, Boulder, S. 196.

[138] Clapham, Christopher (1996): Africa and the International System. The Politics of State Survival, Cambridge, S. 71ff.

[139] Clapham, Christopher (2000): Failed States and Non-States in the Modern International Order, Cambridge, S. 27f.

[140] Clapham, Christopher (1996): a.a.O., S.73f.

[141] Vgl. Holsti, Kalevi J. (1996): The State, War, and the State of War, Cambridge Studies in International Relations 51, Cambridge: Cambridge University Press, S. 83-88.

[142] Vgl. Clapham, Christopher (1996): a.a.O., S. 23ff.

[143] Auf Gründe und Auswirkungen von Subventionen für Regimes wird in Kapitel 4 detailliert hingewiesen.

[144] Clapham, Christopher (1996): a.a.O., S. 24.

[145] Vgl. Büttner, Anette (2004): a.a.O., S. 54.

[146] Die entsprechenden Staaten seien nicht in der Lage, auf einen derart schnellen Mittelabfluss adäquat zu reagieren. Vgl. Büttner, Anette (2004): a.a.O., S. 54.

[147] Ebd.

[148] Vgl. Büttner, Anette (2004): a.a.O., S. 54; Silitski, Vitali (2007): „Sonderfall Lukaschenko“, Aus Politik und Zeitgeschichte, APuZ 08-09/2007, S. 32ff.

[149] Vgl. Mair, Stafen (2001): Schwarzafrika während des Ost-West-Konflikts, in: Informationen zur politischen Bildung: Afrika I, Nr. 264, S. 52.

[150] Vgl. Büttner, Anette (2004): a.a.O., S. 54f.

Ende der Leseprobe aus 163 Seiten

Details

Titel
Die Neuen Kriege. Ursachen und Dynamiken von Gewaltökonomien in inner- und zwischenstaatlichen Konflikten
Hochschule
Universität Münster  (Politikwissenschaftliches Institut)
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
163
Katalognummer
V124589
ISBN (eBook)
9783640297832
ISBN (Buch)
9783640303182
Dateigröße
1110 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Neuen, Kriege, Ursachen, Dynamiken, Gewaltökonomien, Konflikten
Arbeit zitieren
Sebastian Wenning (Autor:in), 2008, Die Neuen Kriege. Ursachen und Dynamiken von Gewaltökonomien in inner- und zwischenstaatlichen Konflikten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124589

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Titel: Die Neuen Kriege. Ursachen und Dynamiken von Gewaltökonomien in inner- und zwischenstaatlichen Konflikten



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