Ursachen des Wandels der christlich-islamischen Beziehungen zu Lebzeiten des Propheten Mohammed


Hausarbeit, 2008

22 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Glaubenswelt der arabischen Polytheisten in Mekka um das sechste Jd. n. Chr. und ihre Beziehungen zum Christentum

3 Mohammeds Verhältnis zu Christen vor der hiǧra
3.1 Erste Kontakte
3.2 Zeit der Sendung
3.3 Auswanderungen nach Abessinien

4 Die hiǧra: Der Wendepunkt der muslimisch-christlichen Beziehungen
4.1 Aufwertung des Christentums durch Abwertung des Judentums
4.2 Die Verurteilung der Christen

5 Schlussbetrachtung

6 Quellen- und Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Wandel der christlich-islamischen Beziehungen zu Lebzeiten des Propheten Mohammed (ca. 570-632 n. Chr.)[1] und der Forschung nach deren Ursachen. Da sich die Geschichte des Islam zu Lebzeiten von

Mohammed an seinen Offenbarungen und Handlungsweisen orientiert, könnte es im Titel auch heißen „Ursachen des Wandels der Beziehungen zwischen Mohammed und dem Christentum zu seinen Lebzeiten“. Trotzdem sich diese Arbeit chronologisch nach den Etappen in Mohammeds Leben ausrichtet und vor allem nach den Ursachen im Wandel seines Verhältnisses zum Christentum sucht, legt die Handlungsweise und Gesetzgebung des Propheten Mohammed den Grundstein für die christlich-islamischen Beziehungen allgemein. Dies sollte auch im Titel zum Ausdruck kommen. Mit Hilfe einer chronologischen Darstellung der Entwicklung der christlich-islamischen Kontakte in Etappen wird der Phasenverlauf von einem friedlich-toleranten Neben- und Miteinander beider Religionsgemeinschaften hin zu dem feindseligen Klima gezeigt, deren Ausläufer das Verhältnis auch heute noch prägen.

Um die Ursachen des Wandels ergründen zu können, kommt man nicht umhin, den Wandel selbst zu beschreiben. Das zweite Kapitel beginnt daher in der vorislamischen Zeit und beschäftigt sich mit der Klärung der religiösen Umgebung in die

Mohammed hinein geboren wurde und die ihn zweifellos in seinen späteren Überzeugungen beeinflusst hat. Es beschreibt die Voraussetzungen und Bedingungen unter denen sich die christlich-islamischen Beziehungen entwickelten.

Mit der Entwicklung von Mohammeds Geburt bis zur hiǧra und der Auswanderung der muslimischen Gemeinde aus Mekka nach Medina, beschreibt das dritte Kapitel den Höhepunkt der friedlich-wohlmeinenden Beziehungen zu Christen. Danach werden die beiden letzten Etappen der schlechter werdenden christlich-islamischen Beziehungen dargestellt (Kapitel 4). Erst ab diesem Zeitpunkt vollzog sich der Wandel dessen Ursachen diese Arbeit untersuchen möchte.

Durch die Themenwahl der islamischen Frühgeschichte ergibt sich, was die wissenschaftliche Quellenlage betrifft, eine entscheidende Schwierigkeit. Die Überlieferung von Mohammeds Biografie (sīra) und seines Umfeldes muss mangels materieller Zeugnisse und arabischer Inschriften trotz wissenschaftlicher Skrupel aus literarischen Quellen entnommen werden die Jahrzehnte und Jahrhunderte nach dem historischen Geschehen von gläubigen Muslimen in arabischer Sprache festgehalten oder überarbeitet worden sind. Zu dieser Art von Quellen zählen der Koran und die über Jahrhunderte gesammelten und zusammengefassten Aussprüche des Propheten und Berichte seines Handelns welche ḥadīt genannt werden. Weiterhin dienen die Prophetenbiografien, sowie Gedichte, Kriegslegenden und –berichte usw. zur Rekonstruierung der damaligen Zeit. Die Schwierigkeit besteht demnach darin, dass die meisten Quellen zusammengetragene und anschließend schriftlich fixierte mündliche Überlieferungen von Muslimen aus dem achten Jahrhundert zur Grundlage haben oder darstellen. Trotzdem sich die Quellen auf diese Überlieferungen und aufeinander aufbauen, stellen sie die ältesten und besten zu dieser Zeit dar.[2] Hier soll sich daher auf die kritische Forschung verlassen werden.

Die Frage nach der Relevanz der Aufgabe die sich diese Arbeit gestellt hat, lässt sich mit dem in unserer globalisierten Gesellschaft lauter werdenden Wunsch nach einem christlich-islamischen Dialog begründen. Denn nur mit dem Wissen um die Herausbildung der feindseligen Tendenzen zwischen den beiden Religionen und dem Wissen um deren Ursachen lassen sich Ansatzpunkte zu einem friedlichen Dialog finden.

2 Glaubenswelt der arabischen Polytheisten in Mekka um das sechste Jd. n. Chr. und ihre Beziehungen zum Christentum

In der Zeit der ǧāhilliyya, womit im Islam der Zeitraum vor Mohammeds Sendung als „Zeit der Unwissenheit“ oder „Zeit der Barbarei“ bezeichnet wird, war das religiöse Klima Mekkas vor allem von dem altarabisch-polytheistischen Glauben an Götter und Dämonen geprägt.[3] Neben den verehrten männlichen und weiblichen Gottheiten, dem Glauben an Engel, Teufel, Geister und Dämonen soll es nach Raeder und Schirrmacher außerdem den Glauben an einen allen anderen Göttern und Geistern übergeordneten Gott gegeben haben.[4] Gudrun Krämer lässt die Frage nach der Existenz dieses „übertribalen Hochgott[es] namens «Allah»“ jedoch offen.[5] Als in Grundzügen gesichert stellen sich die monotheistischen Einflüsse auf die Mekkaner dar. Diese kommen vor allem aus dem Judentum, dessen Anhänger seit dem ersten Jd. n. Chr. auch auf der Arabischen Halbinsel ansässig sind,[6] aus der Staatsreligion der Perser, dem Zoroastrismus, von den Ḥunafā’(pl. von ḥanīf, arabisch-monotheistische Gottsucher), den Mandäern (Täufersekte) und aus dem Christentum.[7] Zwar hat sich das Christentum bis ins siebente Jd. n. Chr. über Europa, den Norden Afrikas, Äthiopien und Mesopotamien bis auf die Arabische Halbinsel ausgebreitet, doch war die Einheit der Ostkirchen seit dem dritten Konzil von Ephesos (431) und dem von Chalkedon (451) gespalten. Vor allem auf der Arabischen Halbinsel, in Syrien, in Mesopotamien und in Äthiopien waren die von der byzantinischen Orthodoxie wegen ihrer abweichenden Christologie als häretische Sekten abgespaltenen Monophysiten und Nestorianer ansässig. Obwohl die Altorientalische Kirche (Nestorianer und Monophysiten) und die Orthodoxe Kirche Byzanz im muslimischen Kontext unterschiedlich bezeichnet werden, nämlich naṣārā (wörtlich: Nazaräer) für die orientalischen Christen und rūm (wörtlich: Romäer) für die byzantinischen Christen, soll nach Raeder Mohammed die Unterschiede in ihren Lehren nicht bekannt gewesen sein.[8]

Wenn Schirrmacher annimmt, „dass bis zu Mohammeds Auftreten einige arabische Stammesgruppierungen und auch einige Mekkaner zum Christentum übergetreten waren“, wird von der Autorin jedoch insgesamt festgehalten, dass keine christliche Gemeinde in Mekka oder Medina weder vor, noch während Mohammeds Lebzeiten existiert habe und dass den im Umland ansässigen Christen „keine vollständige arabische Bibelübersetzung zugänglich“ gewesen sei.[9] Demnach könnten die Mekkaner Kenntnis des christlichen Glaubens nur durch Mönche und Einsiedler, die sich in die Wüste zur Askese zurückzogen, durch christliche Laien verschiedener Denominationen, sowie durch Handelsreisende gehabt haben.[10] Gegen die These von Schirrmacher spricht die Darstellung Shahīds von äthiopisch-christlichen Gemeinden, die sich ab 570 in Mekka niedergelassen haben sollen. Shahīd behauptet, dass seit der Niederlage des äthiopischen Statthalters Abraha[11] 570, in deren Folge die Sassaniden Südarabien bis 632 okkupierten und sich die dort ansässigen Christen auf der Arabischen Halbinsel zerstreuten,[12] Kontakte zwischen Mekkanern und äthiopischen Christen entstanden seien. Diese werden von Shahīd wie folgt beschrieben:

„ Both H. Lammens and more recently T. Fahd have argued cogently for the ethnic identity of the Aḥābish as Ethiopians, who performed important functions for the affluent Makkan commercial republic. They fought for the Makkans and protected them from external threats, guarded their caravans, and performed certain menial duties for them.”[13]

Shahīd führt außerdem aus, dass sich Äthiopier in die arabisch-mekkanische Gesellschaft durch Heirat einfügten und sich an der auf der Arabischen Halbinsel zur damaligen Zeit, höchsten Form kultureller Betätigung, nämlich der arabischen Dichtung, beteiligten. Sich auf diese These beziehend, vermutet Shahīd, dass den Mekkanern zumindest einige äthiopische Worte bekannt gewesen sein müssen und die Äthiopier auch eine Bibel, einen Priester und ein Gebäude zum Abhalten ihrer Kulte gehabt hätten.[14] Diese Aussage steht in direktem Gegensatz zu der These Schirrmachers, die die Existenz christlicher Gemeinden in Mekka zu dieser Zeit und auch zu Mohammeds Lebzeiten, wie oben ausgeführt, verneint. Die Autorin stütz Shahīds These jedoch, indem sie in einer Fußnote auf islamische Überlieferungen aufmerksam macht, die die Existenz eines christlichen Gräberfeldes oder eines Friedhofs in Mekka andeuten sollen.[15]

Zu Recht schreibt Gudrun Krämer, dass sowohl die religiöse Landschaft vor der Geburt Mohammeds, als auch das religiöse Empfinden der Araber dieser Zeit auf Grund der wenigen authentischen Quellen und Zeugnisse schlecht rekonstruierbar und daher hoch umstritten sind.[16]

3 Mohammeds Verhältnis zu Christen vor der hiǧra

3.1 Erste Kontakte

Die Abweichungen der Angaben zu Mohammeds Geburtsjahr, oft jeweils um ein Jahr nach unten[17] oder nach oben[18] um 570 herum, deuten darauf hin, dass dieses nicht eindeutig zu fixieren ist. Auch der traditionell gebräuchliche Namensgeber des Geburtsjahres Mohammeds, nämlich der im 2. Kapitel beschriebene Angriff von Abraha auf Mekka mit mindestens einem Kriegselefanten ist umstritten.[19] Dieser Feldzug gibt nach altarabischer Tradition[20] dem Geburtsjahr des Propheten den Namen das „Jahr des Elefanten“[21] und soll nach Busse auch in einer der frühen Offenbarungen Mohammeds im Koran (Sure 105, „Der Elefant“) beschrieben sein.[22] In der Encyclopedia of Islam II wird dem entgegen der Zeitpunkt des Feldzugs von Abraha vor 570 vermutet.[23] Das zeigt, wie wenig über Mohammeds Leben bis zu seiner Sendung bekannt ist. Mohammed soll schon als Halbwaise, da sein Vater vor seiner Geburt starb, in eine verarmte, jedoch angesehene Patrizierfamilie des Stamms der Qurayš hinein geboren sein. Seine Mutter Āmina gab ihn kurz nach seiner Geburt in die Obhut von Ammen der benachbarten Beduinenstämme.[24] Um diesen Zeitraum ranken sich verschiedenste Legenden und Überlieferungen. So berichtet Busse über die Überlieferung Ibn Ishāqs, dass äthiopische Christen den Propheten Mohammed bei seiner Amme gesehen hätten und ihn wegen seiner großen Zukunft zu ihrem König bringen wollten, was die Amme verhinderte. Auch ein christlicher Mönch namens Baḥīrā soll Mohammed vor einem Raub bewahrt haben, diesmal durch Juden. In diesen Legenden und Überlieferungen soll nach Busse gezeigt werden,

„daß die beiden alten Offenbarungsreligionen die ihnen von Mohammed drohende Gefahr sahen und versuchten, den zukünftigen Propheten zu einem der ihren zu machen, um seine prophetische Sendung und die Gründung des Islams zu vereiteln.“[25]

[...]


[1] Schimmel, Annemarie: Muhammad, Kreuzlingen/München 2002, S. 15.

[2] Krämer, Gudrun: Geschichte des Islam, Bonn 2005 (= Bundeszentrale für politische Bildung, Bd.

493), S. 9.

[3] Schirrmacher, Christine: Der Islam: Geschichte-Lehre: Unterschiede zum Christentum, Bd. 1,

2. Auflage, Holzerlingen 2003, S. 9.

[4] Dies.: S. 16./ Raeder, Siegfried: Der Islam und das Christentum: Eine historische und

theologische Einführung, Neukirchen 2001, S. 9.

[5] Krämer: S. 15/16.

[6] Schirrmacher: S. 4.

[7] Busse, Heribert: Die theologischen Beziehungen des Islams zu Judentum und Christentum:

Grundlagen des Dialogs im Koran und die gegenwärtige Situation, 2. Auflage, Darmstadt

1991, S. 8/9.

[8] Raeder: S. 9/10.

[9] Schirrmacher: S. 7/8.

[10] Busse: S. 11-13.

[11] Abraha war aksumitischer (äthiopischer) Vizekönig und von Aksum unabhängiger Statthalter

Himyars, dem Gebiet des Yemen. Nach Heribert Busse erzählt eine mekkanische Überlieferung,

dass Abraha 570 mit mindestens einem Kriegselefanten zu einem Feldzug nach Mekka aufbrach um

die Kacba zu zerstören. Er berichtet, dass Abraha in Ṣancā’ eine Kathedrale errichtete, welche den

Mekkanern die Pilger streitig machen sollte. Diese profanierten die Kathedrale, woraufhin Abraha

seinen Kriegszug geplant haben soll. vgl. Busse: S. 15.

[12] Bartnicki, Andrzej und Mantel-Niećko, Joanna: Geschichte Äthiopiens: Von den Anfängen bis zur

Gegenwart in 2 Teilen, Teil 1, Berlin 1978, S.10.

[13] Shahīd, Irfan: Islam and Oriens Christianus: Makka 610-622 AD, in: Grypeou, Emmanouela u. A.

(Hsg.): The Encounter of Eastern Christianity with Early Islam. The History of Christian-Muslim

Relations, Bd. 5, Leiden/Boston 2006, S. 14.

[14] Ders.: S. 14.

[15] Schirrmacher: S. 8.

[16] Krämer: S. 15/16.

[17] vgl. Schimmel: S. 9.

[18] vgl. Dermenghem, Émile: Mohammed, 8. Auflage, Hamburg 1999, S. 10.

[19] vgl. Busse: S. 15.

[20] Nach Serauky besteht die altarabische Tradition darin, wichtige, meist politische Ereignisse als

zeitliche Markierungsdaten zu gebrauchen. vgl. Serauky, Eberhard: Geschichte des Islam,

Entstehung, Entwicklung und Wirkung von den Anfängen bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts,

Tübingen 2003, S. 39.

[21] Serauky: S. 39.

[22] vgl. Busse: S. 16.

[23] Buhl, F. und Welch, A.T.: Muḥammad, S. 3. https://emedien.sub.uni- hamburg.de/han/ Encyclopae

diaofIslamOnlinesubscriber/uid=3403/entry?entry=islam_COM- 0780#islam_id16267863

(21.09.2008).

[24] Serauky: S. 40.

[25] Busse: S. 16.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Ursachen des Wandels der christlich-islamischen Beziehungen zu Lebzeiten des Propheten Mohammed
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für Missions-, Ökumene- und Religionswissenschaft)
Veranstaltung
Geschichte der christlich-islamischen Beziehungen
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
22
Katalognummer
V124539
ISBN (eBook)
9783640297597
ISBN (Buch)
9783640302956
Dateigröße
500 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ursachen, Beziehungen, Lebzeiten, Propheten, Mohammed, Geschichte, Wandel, Christentum, Christen, christlich, Religion, Islam
Arbeit zitieren
Katharina Fülle (Autor:in), 2008, Ursachen des Wandels der christlich-islamischen Beziehungen zu Lebzeiten des Propheten Mohammed, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124539

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