Kreuzzüge und Judenpogrome


Seminararbeit, 2007

25 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. EINLEITUNG: DIE KREUZZÜGE – MOTIVE UND KREUZZUGSGEDANKE

2. DIE JUDEN EUROPAS IM MITTELALTER
2.1. Jüdische Gemeinden
2.2. Feindseligkeiten gegen Juden

3. DER 1. KREUZZUG
3.1. Die Judenpogrome von 1096
3.2. Motive für die Pogrome

4. DER 2. KREUZZUG
4.1. Übergriffe gegen Juden im Rahmen des 2. Kreuzzuges

5. DER 3. KREUZZUG
5.1. Pogrome in England

6. POGROME IN FRANKREICH

7. POGROME NACH 1190

8. SCHLUSSBEMERKUNG UND AUSBLICK

9. QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS

1. Einleitung: Die Kreuzzüge – Motive und Kreuzzugsgedanke

Im Mittelalter kam es über die Jahrhunderte hinweg immer wieder zu Kreuzzugsbewegungen. Diese Fahrten bewegten – nicht zuletzt aufgrund der für die Kreuzzüge „werbenden“ Wanderprediger und ihrer Kreuzzugspredigten - breite Massen unterschiedlicher Herkunft und Stände1 und einte sie im Streben nach der Erfüllung ihrer als heilig empfundenen Mission.

Ausgelöst wurden die Kreuzzüge durch einen Aufruf des Papstes, der hier seiner Rolle als direkter Vermittler göttlichen Willens gerecht wurde, die Kreuzfahrer brachen also auf direktes Geheiß Gottes auf.

Dieses Verständnis vom Kreuzzug als heiliger Krieg bildet gleichsam die Grundlage für eine Handlung, die in direktem Gegensatz zur christlichen Friedenslehre zu stehen scheint.

Die Basis für die kirchliche Rechtfertigung der Kreuzzüge findet sich bereits in Augustinus’ Lehre vom gerechten Krieg, „bellum iustum“, der zufolge vier Kriterien maßgeblich das Vorliegen eines heiligen Krieges kennzeichnen. 1. müsse der Krieg durch eine legitime Autorität erklärt werden – dieses Kriterium findet seine Erfüllung zweifelsohne in seinem Ursprung im Willen Gottes. 2. müsse ein gerechtfertigter Kriegsgrund vorliegen. Dies erfüllt sich in der Motivation der Kreuzfahrer, welche in der „Rückeroberung chr[istlichen] Besitzes“2, vor allem der Befreiung des Heiligen Landes, der Verteidigung des Christentums gegen Glaubensfeinde3 und der Verbreitung der christlichen Lehre liegt.

Als dritten Grund führt Augustinus an, es dürfe keine andere Lösungsmöglichkeit als die des Krieges geben und 4. sagt er, dass die Kriegsführung in gerechter Form vollzogen werden müsse.

Gleichwohl die Ideologie der Kreuzzüge – der so genannte Kreuzzugsgedanke - verschiedenen Motiven ebenso religiöser wie auch sozialer und politischer Natur entsprang, stand die intentio, der innere Beweggrund für die Kreuznahme, d. h. das Selbstverständnis der Kreuzfahrer als Werkzeuge Gottes, unterwegs um das Christentum zu verteidigen, im Vordergrund. Dies zeigt sich besonders darin, dass Papst Urban II. deutlich hervorhob, dass der Ablass nur dem verheißen sei, der einzig aus seiner Ergebenheit zu Gott heraus das Kreuz nahm4. So lässt sich das „Handeln [des Kreuzzugs] unmittelbar als Element des Heilsgeschehens definieren. Aus dem gerechten Krieg wurde hierdurch vollends ein Krieg für Gott, ein heiliger Krieg.“5

Es wird somit deutlich, dass die Kreuzzüge keinesfalls negativ und als sündig, sondern vielmehr als eine Heil bringende Handlung, ein Akt der Buße verstanden wurden, durch welche die Kreuzfahrer sich von ihren Sünden zu reinigen vermochten6. Nicht nur hierin finden sich klare Parallelen zum damaligen Pilgerwesen: Das Aufsuchen heiliger Stätten erfüllte in beiden Fällen den Zweck, innere Reinigung und Befreiung von begangenen Sünden zu erlangen. Noch deutlicher wird die Verwandtschaft zwischen Kreuzzug und Pilgerfahrt in rechtlicher Hinsicht mit Blick auf die Ähnlichkeit der Gelübde, welche man zu Beginn der Fahrt und Besiegelung der Handlung ablegte, sowie die Privilegien, die Teilnehmern beider Fahrten zustanden7. Und auch die Tatsache, dass man keine terminologische Unterscheidung traf und sowohl Pilger und auch Kreuzfahrer als „peregrini“8 bezeichnete, spricht eine deutliche Sprache.

Ein Aspekt, der den Kreuzzügen anzuhaften scheint ist das Problem der Judenpogrome – von Kreuzfahrern entlang ihrer Routen verübte Angriffe auf jüdische Gemeinden - die allzu häufig zahlreiche Todesopfer forderten.

Auf die Beweggründe und das Ausmaß dieser Übergriffe werden wir in den folgenden Abschnitten anhand der Beispiele der ersten drei Kreuzzüge und verschiedener Angriffe ab dem 12. Jahrhundert eingehen, wobei wir auch einen Blick auf die allgemeine Situation der jüdischen Gemeinden richten und ihr Verhältnis zur (überwiegend christlichen) Gesellschaft beleuchten werden.

2. Die Juden Europas im Mittelalter

2.1. Jüdische Gemeinden

Die Anfänge jüdischen Lebens in Europa liegen im 9.-10. Jahrhundert. Zu dieser Zeit zogen erstmals jüdische Einwanderer aus Italien und Süd- und Mittelfrankreich in den nordwestlichen und mittleren Teil Europas. Hintergrund hierfür waren die „wirtschaftlichen Chancen“9, welche das expandierende Karolingerreich Kaufleuten bot, die internationalen Handel betrieben. Tauchten jüdische Händler anfangs nur sporadisch auf, beispielsweise am Aachener Kaiserhof (797, 802, 828), so bildeten sich ab dem10. Jahrhundert jüdische Kaufmannskolonien und Gemeinden. Die wichtigste der jüdischen Gemeinden war die Gemeinde in Mainz, die um 920 erstmals erwähnt wurde. Daneben entstanden wichtige Gemeinden in Regensburg, Köln, Worms, Trier und Speyer.10 Zahlenmäßig hat es sich hierbei geradezu um eine „Winzigkeit“11 gehandelt: am Ausgang des 10. Jahrhunderts dürfte es sich bei den jüdischen Gemeinden um etwa 4.000 – 5.000 Personen gehandelt haben.12

Die jüdischen Gemeinden „lehnten sich wirtschaftlich, sozial, rechtlich und topographisch an die weltlichen und geistlichen Herrschaftsträger“13 an. Zwar gab es möglicherweise in Südfrankreich eine ansatzweise Integration in die feudale Ordnung, jedoch fand die Ansiedlung jüdischer Gemeinden von Anfang an im städtischen Raum statt.14

Im 11. Jahrhundert vollzog sich ein Wandel in der Handelstätigkeit der europäischen Juden. Waren sie anfangs als Warenlieferanten auf den internationalen Handel an den Fürstenhöfen spezialisiert, wurden sie zunehmend zu städtischen Kaufleuten, die bedingt durch den Handel mit einer breiteren Bevölkerungsschicht in Kontakt traten. Handelten sie im 9. und zu Beginn des 10. Jahrhunderts hauptsächlich mit Pelzen, Seide, orientalischen Gewürzen und Medikamenten, so erweiterte sich die Palette ihrer Waren im 11.

Jahrhundert um Rohmaterialien, Artikel des täglichen Lebens, Nahrungsmittel, Edelmetalle, Wein, Getreide, gefärbte Häute, Wolle, fertige Kleider und Kleidungsstücke. Dabei spielten der Handel mit Edelmetallen und der Geldwechsel eine besondere Rolle.15

Neben weiten Handelsreisen nach Übersee (vermutlich Anrainerregionen des Mittelmeerraumes) werden Reisen zu Messen erwähnt, die auf eine rasche Entwicklung der Geschäftstechniken schließen lassen. Jüdische Händler unterhielten Agenten an fernen Orten und stärkten mit Partnerschaften die innerjüdische Solidarität. Darüber hinaus lassen die Institution der Maarufia16 und die Aufnahme von Geldern zu Handelszwecken bei Nicht-Juden auf eine zunehmende wirtschaftliche Verflechtung der Juden mit ihrer Umwelt schließen.17

Als Kunden jüdischer Kaufleute tauchen Bischöfe und Priester, reiche Damen bis hin zur Königin von Ungarn, Magnaten und Grafen auf, also die Oberschichten. Das einfache Volk wird lediglich in Gestalt von Fuhrleuten oder Handwerkern erwähnt, deren Dienste jüdische Kaufleute in Anspruch nahmen, unter den Kunden taucht es keinesfalls auf. Einige hebräische Quellen bemerken die engen wirtschaftlichen Beziehungen, die jüdische Kaufleute mit Prälaten, Adligen und Mitgliedern der städtischen Führungsschichten pflegten.18

Neben dem Handel gab es noch zahlreiche weitere Lebenserwerbe für Juden. So wird von einem Backofen im Besitz eines Juden berichtet, der seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Backwaren bestritt. Daneben werden jüdische Goldschmiede erwähnt, auch der Transport und Verkauf von Wein wird als Lebenserwerb erwähnt.19 Große Teile der jüdischen Bevölkerung bestritten ihren Lebensunterhalt mit erzieherischen und kultischen Diensten innerhalb der jüdischen Gemeinden.20

[...]


1 Vgl. Jaspert, Niklas: Die Kreuzzüge, Darmstadt 2003, S. 32. Im Folgenden zitiert als Jaspert, Kreuzzüge.

2 Riley-Smith, J.: Art. Kreuzzüge, in: LexMA Bd. 5, München 1991, Sp. 1508. Im Folgenden zitiert als Riley-Smith, Kreuzzüge.

3 Riley-Smith, Kreuzzüge, Sp. 1508.

4 Jaspert,Kreuzzüge, S.14f.

5 Jaspert, Kreuzzüge, S. 26.

6 Jaspert, Kreuzzüge, S. 29.

7 Riley-Smith, Kreuzzüge, Sp. 1509.

8 Jaspert, Kreuzzüge, S. 21.

9 Toch, Michael: Die Juden im mittelalterlichen Reich, München 1998, S. 5. Im Folgenden zitiert als Toch, Juden im Reich

10 Toch, Juden im Reich, S. 5.

11 Toch, Juden im Reich, S. 6.

12 Toch, Juden im Reich, S. 6.

13 Toch, Juden im Reich, S. 6.

14 Toch, Juden im Reich, S. 6.

15 Toch, Juden im Reich, S. 6.

16 Maarufia: von der örtlichen Gemeinde anerkannte Monopolstellung eines jüdischen Kaufmannes bei seinem potenten nicht-jüdischen Kunden, (Toch, Juden im Reich, S.7.)

17 Toch, Juden im Reich, S. 7.

18 Toch: Wirtschaft und Verfolgung. Die Bedeutung der Ökonomie für die Kreuzzugspogrome des 11. und 12. Jahrhunderts, in: Haverkamp, Alfred (Hg.): Juden und Christen zur Zeit der Kreuzzüge, Sigmaringen 1999, S. 262. Im Folgenden zitiert als Toch, Wirtschaft.

19 Toch, Wirtschaft, S. 260.

20 Toch, Juden im Reich, S. 7.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Kreuzzüge und Judenpogrome
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Historisches Institut)
Veranstaltung
Seminar
Note
1,5
Autor
Jahr
2007
Seiten
25
Katalognummer
V124378
ISBN (eBook)
9783640294671
ISBN (Buch)
9783640294879
Dateigröße
512 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Judentum, Kreuzfahrer, Pogrome, Jüdische Gemeinden, Friedrich II.
Arbeit zitieren
Andrea Fiedler-Boldt (Autor:in), 2007, Kreuzzüge und Judenpogrome, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124378

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