Die männliche Herrschaft bei Pierre Bourdieu

Untersuchung der Texte „Die männliche Herrschaft“ und „Teilen und Herrschen“


Seminararbeit, 2004

23 Seiten


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

Begriffsbedeutung bei Bourdieu

Die Libido dominandi

Die Frau als Beherrschte

Der Beruf und die Frau

Schlussbemerkungen

Literaturverzeichnis:

Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Thema, in welcher Weise die männliche Herrschaft die Frau in der heutigen Gesellschaft beeinflusst. Schwerpunkt ist dabei die symbolische Herrschaft des Männlichen. Die männliche Herrschaft ist so tief in unserem Unterbewusstsein verankert, dass wir diese in der Regel im Ablauf des alltäglichen Lebens, aber auch in seinen Ausnahmen, nicht mehr wahrnehmen können. So kommt es, dass wir die Herrschaft nicht in Frage stellen, denn sie ist in unserem Leben derart allgegenwärtig, dass nicht ausreicht nur über das Problem nachzudenken, um jene ins Wanken zu bringen. Jeder Mensch, sogar die Forscher, sind in diesem Denken so verstrickt, dass sie über ihren eigenem Tellerrand nur sehr schwer hinaussehen können. Um diesem Problem auf den Grund zu gehen, hat sich Bourdieu entschieden, die Kabylen und deren Verhalten zu untersuchen. Unserer heutigen westlichen Gesellschaft sind Sie auf den ersten Blick sehr unähnlich, da sich bei Ihnen eine direktere, archaischere Form der männlichen Herrschaft zeigt. Doch gerade durch die Kontrastierung dieser Gesellschaft, die dem Betrachter erst so fremd erscheint, fällt es leichter den ungetrübten Blick für die eigene Gesellschaft zu schärfen, und doch die Eine oder Andere ungeahnte Parallele zu entdecken. So Lässt sich erkennen, wie präsent diese Strukturen in unserem Denken immernoch sind.[1]

Im Laufe dieser Hausarbeit wird die männliche Herrschaft im Einzelnen erläutert, in welchen Bereichen sie sich bemerkbar macht und wie sie sich im Habitus eingeprägt hat, am Beispiel der Frau in der heutigen Gesellschaft. Wie weitreichend sie im Leben der Frau bei ihren Beruf und den ihr zugewiesenen häuslichen Tätigkeiten ist.

Doch das reine Erkennen der Strukturen, heißt noch lange nicht, sie zu überwinden oder zu verändern. Dies wird auch im weiteren Verlauf der Hausarbeit erläutert werden.

Begriffsbedeutung bei Bourdieu

Die Begriffe Hexis und Habitus sind äquivalent. Der Unterschied zwischen den beiden Begriffen ist, dass Hexis aus dem Griechischen stammt und Habitus aus dem Lateinischen. Ihre Bedeutungen sind zumindest rein vom Wort her gleich und lauten „erworbene Haltung“ und „Gehabe“. Bourdieu verwendet die Begriffe in seiner Abhandlung „Die männliche Herrschaft“[2] mit unterschiedlichen Bedeutungen.

Habitus:

„Der Habitus ist eine strukturierte und strukturierende Struktur“

Der Habitusbegriff von Pierre Bourdieu hat als eines der Kernstücke seiner Theorie in den Sozialwissenschaften einen großen Einfluss zu verzeichnen. Den Begriff Habitus als solchen haben Norbert Elias[3] und Pierre Bourdieu eingeführt. Nach Elias ist der Habitus die Gewohnheit, des Denkens, Fühlens und Handelns. Bourdieu, der sich an Elias orientiert, definiert Habitus mit dem gesamten Auftreten einer Person, wie zum Beispiel, der Lebensstil, Sprache, Kleidung und Geschmack. Also lässt sich am Habitus Rang oder Status einer Person erkennen. Das heisst, es ist eine objektive Kategorisierung von Angehörigen in ihrer bestimmten sozialen Klasse innerhalb der vorhandenen gesellschaftlichen Struktur.

Ein weiteres Kennzeichnen von Habitus sind die wiederholten Erfahrungen, die im Körper als Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata vereinnahmt werden und aktiv präsent bleiben.

Bourdieu ist die Trennung der beiden Begriffe wichtig, denn der Habitus steht für die geistige Einstellung und Gewohnheiten, wie zum Beispiel Kunst- und Musikgeschmack.

Da Erfahrungen, die bei einer Interaktion gemacht werden, festgehalten werden, ermöglicht uns der Habitus, auf vergangene Dinge zurückzugreifen und diese auch wieder durch sogenannte Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata hervorzurufen. Denn diese Schemata bestimmen wie ein Akteur seine Umwelt tatsächlich wahrnimmt. Es fängt schon im Kindesalter an: indem man die Erwachsenen imitiert, werden die verschiedensten Handlungen im Körper vereinnahmt, wie zum Beispiel Sprache, Gestik und Körperhaltung. Dadurch wird ein unbewusstes Zurückgreifen auf vergangene Dinge geprägt. Der bisherige soziale Lebenslauf, d.h. in welchen Umfeld man aufgewachsen ist, der soziale Hintergrund oder auch die Inneneinrichtung eines Raumes, sind Prägungen des Habitus. Doch dieser kann sich durch permanente Formierungs- und Bildungsarbeit weiterentwickeln. Das bedeutet, man orientiert sich beim Lernen nicht an Modellen, sondern an Handlungen anderer Menschen, denn man übernimmt ein Muster mit dem Lernen, das für die Wiederholung parat bleibt. Und das Muster prägt sich durch mehrfache solche Wiederholung ein. Nach und nach wird es so habitualisiert. In der Habitualisierung wird eine Handlung zur Gewohnheit.

Man könnte meinen, dass der Habitus einen Menschen in seinen Handlungen und Entscheidungen determiniert, doch er weist uns nur Grenzen zu, die die Welt in Bereiche des Möglichen und des Unmöglichen aufteilen. Allerdings gibt er den Akteuren auch Wahlmöglichkeiten an die Hand, und kann als Orientierungshilfe dienen.

Zusätzlich erzeugt der Habitus vergesellschaftliche vergeschlechtliche Konstruktionen der Welt und Körper, d.h. vergangene Handlungen prägen unsere heutige Weltansicht und unser Denken über den eigenen Körper, oder die Körper anderer. Der Habitus setzt sich aus Dispositionen zusammen. Die Dispositionen kommen in je nach Bedarf ähnlichen Situationen zur Anwendung. In diesen Situationen

tendiert der Mensch zu einer bestimmten Handlungsweise. Mit einer bestimmten Disposition ist aber keine einzelne Situation verknüpft, und auch keine Disposition legt eine Handlungsweise exakt fest. Die Disposition ist vielmehr eine negative

Freiheit, eine Grenze, die Eröffnung einer Möglichkeit.[4] So schreibt Bourdieu auch, der Habitus sei ein System von Grenzen. Anders ausgedrückt: Der Habitus ermöglicht eine freie Tätigkeit, die durch de Grenzen der Bedingungen des Habitus selbst eingegrenzt ist.[5] Der Habitus tendiert zur Reproduktion, da die soziale Strukturen im Habitus eingeprägt sind, insbesondere wenn die Bedingungen zum Zeitpunkt der Anwendung noch mit den Entstehungsbedingungen identisch sind. Auf der Basis des Habitus ist Handeln weder spontan noch determiniert, sondern Ergebnis einer notwendigen Verbindung von Disposition und objektivem Ereignis.[6] Der Habitus ist nicht nur eine strukturierte Struktur, sondern auch eine strukturierende Struktur. Was bedeutet, der Habitus eines Individuums ist zum Einen das Produkt der sozialen Umwelt (und der Sozialisation), welches sich zum anderen aber auch selbst reproduziert.

Hexis:

Für das Verhalten des Körpers, für das physische Bewegen in der sozialen Umwelt, greift Bourdieu in seinen Werken auf diesen Begriff zurück.

Die Bedeutung von Hexis ist vom Wort her identisch mit der von Habitus, doch Bourdieu macht, wie schon erwähnt, in seinen Abhandlungen einen Unterschied. Der liegt darin begründet, dass er die Hexis der körperlichen Dimension zuteilt, wie zum Beispiel der Gestik und Körperhaltung einer Person oder sogar die Auswahl der Sportart. „Hexis“ bleibt bei Bourdieu dem äußerlich wahrnehmbaren Ensemble dauerhaft erworbener Körper Haltungen und Bewegungen vorbehalten.[7]

Im Habitus kann man dagegen eher den sozialen Rang eines Menschen erkennen oder ihn klassifizieren.

Die Libido dominandi

Wie an vorausgegangener Stelle schon erläutert, wird das Männliche unablässig indoktriniert, an den sogenannten "Spielen“ um Macht teilzunehmen.8 Diese Spiele drehen sich um die Ehre oder die Anhäufung von Macht und finden sich so beispielsweise in der Berufswelt in Karrierestrategien oder in höchster, aber auch brutalster Form, bei der Politik in Kriegen wieder. Dabei sind die Frauen aus diesem mythisch-rituellem System ausgeschlossen, und werden auf die Männer unterstützende Positionen verwiesen, ohne selbst an den Spielen teilnehmen zu dürfen. Die Spiele jedoch stellen sich selbst als harte Realität dar, und zeigen sich Jenen, die an ihnen teilnehmen dürfen, also den Männern, nur als ein Phänomen, dass für die Spielenden nahe an einen Sinn des Lebens heranreicht. Selbst wenn dieser nur konstruiert sein möge. Dadurch wird die Tatsache, männlich zu sein, zu einem Privileg, zu einer Eintrittskarte zu vermeintlich wirklich wichtigen Dingen im Leben, zu denen man als Frau keinen Zutritt erhält, auch wenn diese Einteilung an der Oberfläche mittlerweile zu bröckeln begonnen hat.

[...]


[1] Pierre Bourdieu im Gespräch, Teilen und herrschen S. 11 - 12.

21998 veröffentlichte Forschungsergebnisse über die Kabylen und ihre Herrschaftsverhältnisse

[3] Er wurde am 22. Juni 1897 in Breslau geboren und starb am 1. August 1990 in Amsterdam.

[4] Pierre Bourdieu, Entwurf eine Theorie der Praxis S. 166

5 Pierre Bourdieu, Sozialer Sinn - Kritik der theoretischen Vernunft S. 102

[6] Pierre Bourdieu, Entwurf eine Theorie der Praxis S. 182

[7] Gerhard Fröhlich, Habitus und Hexis - die Einverleibung der Praxisstrukturen bei Bourdieu S. 1

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die männliche Herrschaft bei Pierre Bourdieu
Untertitel
Untersuchung der Texte „Die männliche Herrschaft“ und „Teilen und Herrschen“
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Veranstaltung
Geschlechtersoziologie
Autor
Jahr
2004
Seiten
23
Katalognummer
V124262
ISBN (eBook)
9783640542208
ISBN (Buch)
9783640542109
Dateigröße
470 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Herrschaft, Pierre, Bourdieu, Untersuchung, Texte, Herrschaft“, Herrschen“
Arbeit zitieren
Peter Müller (Autor:in), 2004, Die männliche Herrschaft bei Pierre Bourdieu, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124262

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