Geschlechterdifferenzen in der Aggression und im aggressiven Verhalten


Seminararbeit, 2003

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Grundlegende Definitionen
1.1: Aggression
1.2: Gewalt

2. Ausdrucksformen von Aggression

3. Aggressionstheorien
3. 1: Psychoanalyse
3. 2: Individualpsychologischer Erklärungsansatz
3. 3: Ethologie
3. 4: Soziobiologie
3. 5: Frustrations- Aggressions- Hypothese
3. 6: sozial-kognitive Lerntheorie

4. Tatsächliches Aggressionsverhalten
1: bei Männern
2: bei Frauen

5. Sozialisation des Aggressionsverhaltens

6. Fazit

Einleitung

Grundsätzlich wird sowohl von Männern als auch von Frauen teils vehement die These vertreten, dass Männer von Natur aus das aggressivere und gewalttätigere Geschlecht sind, da diese Disposition bereits in den Genen verankert sei.

Die Kriminalstatistik gibt diesen Menschen größtenteils recht, da der überwiegende Teil der Gewaltverbrechen von Männern begangen wird.

Doch ist es wirklich möglich, von diesen Fakten aus auf eine höhere Aggressivität von Männern zu schließen, oder besteht vielleicht die Möglichkeit, dass nur das Ausleben der Aggression zwischen Männern und Frauen differiert und sich dieses in extrem unterschiedlichen Verhaltensweisen manifestiert?

Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit der Fragestellung, ob Männer gewalttätiger sind und generell ein höheres Aggressionspotential als Frauen besitzen, oder ob Frauen ihre Aggressionen nur nicht so spontan und unmittelbar ausdrücken.

Dabei werde ich einen besonderen Schwerpunkt auf die Frage legen, wodurch diese Unterschiede determiniert werden bzw. warum Männer häufiger Gewalt als Frauen anwenden.

In Abschnitt eins werde ich zunächst eine Definition der Grundlegenden Begriffe Gewalt und Aggression vornehmen.

In Abschnitt zwei soll eine differenzierte Betrachtung der unterschiedlichen Ausdrucksformen von Aggression und Gewalt bei Mann und Frau erfolgen.

Dem schließt sich der dritte Teil an, in dem die verschiedenen Theorien kritisch betrachtet und verglichen werden.

Abschnitt vier beschäftigt sich mit dem tatsächlichen Aggressionsverhalten beider Geschlechter.

Schließlich werden in Abschnitt fünf die unterschiedlichen Sozialisationsbedingungen im Hinblick auf aggressives Verhalten bei Männern und Frauen untersucht.

Am Ende erfolgt ein Resümee der gewonnenen Erkenntnisse und eine Diskussion der einzelnen Aspekte im Hinblick auf das Erkenntnisinteresse.

1. Grundlegende Definitionen

1. 1. Aggression

Eine einheitliche Definition von Aggression zu finden erweist sich als schwierig, da es verschiedene Ansätze gibt wie eng oder weit der Aggressionsbegriff gefaßt werden muß.

Die Yale-Gruppe mit Dollard, Doob, Miller, Mowrer und Sears (1939, 1971) definierte Aggression: „als eine Verhaltenssequenz deren Zielreaktion die Verletzung einer Person ist, gegen die sie gerichtet ist“.

Diese Definition wurde noch erweitert und konkretisiert: „Aggression besteht in einem gegen einen Organismus oder ein Organismussurrogat gerichtetem Austeilen schädigender Reize: sie kann offen ( körperlich, verbal ) oder verdeckt ( phantasiert ), Positiv ( von Kultur gebilligt), oder negativ ( mißbilligt ) sein ( Selg 1982, S.352 ).

Wichtig ist anzumerken, daß der Begriff „Gerichtetheit“ ein zufälliges Schädigen ausschließt, und gleichzeitig dafür sorgt, eine Schädigungsabsicht aus der Definition fernzuhalten, da den einzelnen Personen meist schwer nachweisbar ist, ob absichtlich geschädigt wurde oder nicht ( weil sie es teilweise selber nicht wissen ).

Außerdem ist der Unterschied zwischen positiver und negativer Aggression gesondert festzuhalten, da Aggression unter Umständen auch sinnvoll sein kann, man denke nur an die eigene Durchsetzungsfähigkeit, Zivilcourage oder die Sicherung der staatlichen Integrität.

Erich Fromm bezeichnet diese Formen als bösartige Aggression ( Destruktiv ) und gutartige Aggression ( reaktiv und Verteidigung ) (Fromm 1974).

1. 2. Gewalt

Will man den Gewaltbegriff bestimmen, so erscheint zunächst eine Unterscheidung zwischen personaler und struktureller Gewalt sinnvoll wie sie von Johann Galtung in den Siebziger Jahren entwickelt wurde: „Der Typ von Gewalt bei der es einen Akteur gibt, bezeichnen wir als personale oder direkte Gewalt, die Gewalt ohne Akteur als strukturelle oder indirekte Gewalt. ( Galtung 1975 ).

Nach Galtung liegt Gewalt dann vor: „ wenn Menschen so beeinflußt werden, dass ihre aktuelle somatische und geistige Verwirklichung geringer ist als ihre potentielle Verwirklichung.

Hans-Peter Nolting stellt 1997 dar, wie Aggression und Gewalt miteinander verknüpft werden können. Er sieht strukturelle Gewalt als nicht aggressiv an, allerdings kann sie es werden, wenn ein Akteur hinzukommt, welcher die strukturelle Gewalt ausführt. Somit wird die strukturelle zu personaler Gewalt.

2. Ausdrucksformen von Aggression

Aggression kann sich in sehr vielen verschiedenen Verhaltensweisen ausdrücken.

Da viele Begriffe in der Literatur nicht einheitlich verwendet werden, muß eine Aufstellung und Definition der verschiedenen Begriffe vorgenommen werden.

Die erste grundlegende Differenzierung in direkte und indirekte Aggression wurde 1961 von Buss vorgenommen. Teilweise wird diese von anderen Autoren gleichgesetzt mit der Unterscheidung zwischen physischer und verbaler Aggression, dem ich mich aber nicht anschließen möchte, da auch verbale Attacken direkte Aggressionen sind und z. B. bei extremer Lautstärke sogar physisch schädigen können.

Vielmehr soll indirekte Aggression im Gegensatz zu direkter Aggression, welche unmittelbar gegen das Opfer gerichtet ist, verstanden werden als Aggressionsäußerungen in Abwesenheit des Opfers ( üble Nachrede ) bzw. Anstiftung anderer oder Ausnutzen der sozialen Strukturen, welche es dem Opfer teilweise unmöglich machen den Aggressor zu bestimmen.

Eine Sonderform ist die verschobene Aggression, bei der anstelle des Opfers Surrogate gewählt werden.

Wird ein Objekt körperlich verletzt, spricht man von physischer Aggression, sind die Attacken eher symbolischer Natur, wird die Aggression als psychisch bezeichnet.

Beide Formen zählen zu den offenen Aggressionen, d.h. beobachtbares Verhalten; verdeckte Aggressionen sind als Phantasieaggressionen zu bezeichnen, sie spielen sich im Geiste ab.

Von Seymour Feshbach ( 1964 ) und Ernst Fürntratt ( 1974 ) werden drei Aggressionsformen postuliert: die feindselige ( hostile ), die instrumentelle und expressive, wobei die feindselige die Schädigung des Opfers in den Vordergrund stellt .

Bei der instrumentellen Aggression wird eine Zielabsicht verfolgt, die nichts mit der eigentlichen Aggression zu tun hat, eine Schädigung des Opfers aber billigend in Kauf nimmt.

Expressive Aggressionen dienen dazu, sich von Spannungen zu befreien und sind meistens affektbedingt.

Pro-soziale Aggressionen sind von der Gesellschaft tolerierte und werden oft von jungen Mädchen eingesetzt, um kulturelle Werte und Normen durchzusetzen.

Auch das Weglassen bestimmter Tätigkeiten kann als Aggression bezeichnet werden, z. B. nicht antworten, nicht mehr miteinander reden oder Kontaktabbruch.

Aggressionen können spontan ( ohne Außenreize ) oder reaktiv ( mit Außenreizen ) auftreten und unter Umständen können Befehle starke Aggressionen auslösen (Aggression auf Befehl).

Eine spezielle Form ist die delegierte Aggression, bei der andere Personen z.T. unbewußt mit dem Ausleben der Aggressionen “beauftragt“ werden.

Außerdem kann eine Unterscheidung zwischen provozierten und nicht provozierten Aggressionen vorgenommen werden, wobei diese jener der spontanen und reaktiven sehr ähnlich ist.

Der gewöhnliche Fall der Fremdaggression kann durch Selbstaggression abgelöst werden, wobei eine Verschiebung der Aggression auf die betreffende Person selbst zu beobachten ist.

Eine Aufteilung der Akteure in Individuen, Gruppen und Institutionen erscheint angebracht, da diese sehr unterschiedlich agieren.

3. Aggressionstheorien

3. 1. Psychoanalyse

Die Psychoanalyse wurde von Siegmund Freud begründet.

Seine Denkweise erfuhr mehrere Wandlungen, welche an dieser Stelle nicht dargestellt werden können, da seine Theorien sehr komplex sind.

Am Ende der Freudschen Entwicklung steht sein drittes Triebmodell, in dem er annimmt, dass der Mensch eine angeborene Neigung zum Bösen, zur Aggression, Destruktion und somit zur Grausamkeit habe, welche durch einen Grundtrieb ausgelöst wird.

Seiner Ansicht nach besitzt der Mensch zwei Grundtriebe, den Lebenstrieb ( Eros ) und den Todestrieb ( Thanatos ).

Damit sein eigenes Leben nicht zerstört wird, ist der Mensch gezwungen, diesen Todestrieb nach außen zu leiten und der Trieb wird somit zur Aggression.

Freuds Denkweise erscheint in diesem Zusammenhang sehr pessimistisch denn: „es sieht so aus als müßten wir anderes und andere zerstören um uns nicht selbst zu zerstören“ ( Freud 1940, 15, S.112 ).

Nur die Kultur hindert den Menschen daran seine Aggressionen auszuleben, denn sonst wäre eine Gesellschaft unmöglich.

Allerdings ist sie auf Grund dessen auch ständig vom Zerfall bedroht.

Doch er sagt auch, dass eine Kontrolle durch die Erziehung bewirkt werden kann und zwischenmenschliche Bindungen die Aggression mindern können, es kommt dann jedoch nur zu einer Verschiebung des Todestriebes.

Die Existenz eines Todestriebes ist nach wie vor stark umstritten und schwer nachzuweisen. Außerdem hat Aggression zu vielfältige Ausdrucksarten, als das sie auf einen Trieb reduziert werden kann.

Interessant ist aber festzuhalten, dass Freud meint, der Todestrieb sei vor allem ein männliches Phänomen und die Frau sei von Natur aus das friedlichere Geschlecht.

3. 2. Individualpsychologischer Erklärungsansatz

Bereits 1908 entwickelte Alfred Adler den individualpsychologischen Erklärungsansatz für Aggression, welcher in engen Zusammenhang zur Psychoanalyse steht.

Nach Adler entwickelt jeder Mensch aufgrund erlebter oder tatsächlicher Organminderwertigkeit oder Unterlegenheit ein Minderwertigkeitsgefühl, welches er durch Macht- und Geltungsstreben versucht zu kompensieren.

So entwickelt Adler das Konzept eines Aggressionstriebes ähnlich dem Todestrieb bei Freud, allerdings ist nach Adler der Wille zur Macht die Antriebsquelle der Aggression.

[...]

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Geschlechterdifferenzen in der Aggression und im aggressiven Verhalten
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Zentraleinrichtung für Frauen und Geschlechterforschung)
Veranstaltung
Sozialisation – Aggression und Gewalt – Geschlecht
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
16
Katalognummer
V12400
ISBN (eBook)
9783638182904
ISBN (Buch)
9783638801706
Dateigröße
382 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Geschlechterdifferenzen, Aggression, Verhalten, Sozialisation, Aggression, Gewalt, Geschlecht
Arbeit zitieren
Dipl. Soziologe Christian Prange (Autor:in), 2003, Geschlechterdifferenzen in der Aggression und im aggressiven Verhalten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12400

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