Das Rollenspiel

Unter besonderer Berücksichtigung des Rollenspiels als erlebnisaktivierende Methode


Hausarbeit, 2007

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Erlebnisaktivierende Methoden

3. Ziele und Unterscheidungen von Rollenspielen

4. Das Rollenspiel als komplexe Intervention

5. Instrumente des Rollenspiels

6. Diagnostisches Rollenspiel

7. Das Sozialtherapeutische Rollenspiel
7.1 Einführung
7.2 Ziele des sozialtherapeutischen Rollenspieles
7.3 Unterscheidung
7.4 Das Sozialtherapeutische Rollenspiel im Rahmen der Arbeitsformen der professionellen Sozialen Arbeit
7.5 Das Sozialtherapeutische Rollenspiel im Rahmen der Familienbehandlung
7.6 Die Veränderung der sozialen Wahrnehmung, der Einstellung und der Kommunikation
7.6.1 Die Veränderung der sozialen Wahrnehmung
7.6.2 Die Änderung von Einstellungen
7.6.3 Möglichkeiten zur Kommunikationsverbesserung

8. Das Psychodrama

9. Fazit

10. Literatur

1. Einleitung

Für kaum jemanden ist das Spielen von Rollen völlig neu. Jeder hat in der Kindheit Familie, oder seine Helden nach gespielt und darin seinen Allmachtsfantasien freien Lauf gelassen.

Im Spiel wird die Wirklichkeit simuliert ohne Ernsthaftigkeit oder nachteilige Konsequenzen fürchten zu müssen.

Im Rahmen der Beratung verbirgt sich das Geschützte und Sichere.

Das Rollenspiel versteckt sich in vielen pädagogischen und therapeutischen Ansätzen und in zahllosen Formen und Varianten, dass es schwer wäre auf alle näher einzugehen.

Hinter allen Rollenspielformen liegt als erstes das spontane Spiel der Kinder, als zweites der Erlebnischarakter des Rollenspiels. Indem ein Mensch mit seiner Rolle im Spiel eine fremde, neue und aufregende Rolle annimmt und diese in dem geschützten Rahmen der Gruppe spielt, macht er neue Erlebnisse und Erfahrungen.

Warum soll ein Rollenspiel ein Erlebnis sein und Menschen als eine Form der Behandlung helfen, Probleme zu lösen? Diese und auch die Frage: „In wie weit das Rollenspiel anwendbar ist?“, möchte ich versuchen zu klären.

Mit dieser Arbeit werde ich einen Einblick in die Vielfalt des Rollenspiels als, erlebnisaktivierende Methode, geben und zeige die Ziele des Rollenspiels in der Beratung. Des Weiteren stelle ich die Instrumente des Rollenspiels in beraterischen und pädagogischen Kontexten vor.

Im nächsten Abschnitt gehe ich genauer auf das sozialtherapeutische Rollenspiel ein, mit dessen Abgrenzungen, aber auch Einbindungen in die Soziale Arbeit und in die Familienbehandlung.

Zum Abschluss stelle ich das Psychodrama vor sowie die Einbindung des Rollenspiel in diesem Kontext als auch dessen Ziele und Einbindungen.

Im ersten Abschnitt erkläre ich, was erlebnisaktivierende Methoden sind und wie diese mit dem Rollenspiel zusammenhängen. Ich beginne die Wichtigkeit des Rollenspiels herauszustellen, wobei ich dieses im Laufe der Arbeit noch fortsetzen werde.

2. Erlebnisaktivierende Methoden

Bevor ich die erlebnisaktivierenden Methoden erläutere, möchte ich auf die Explorationsphase eingehen, um zu erklären was im Vorfeld einer Beratung beachtet werden muss.

Die Explorationsphase ist ein wichtiges Element für den gesamten Verlauf einer Anliegenbearbeitung, bzw. -beratung. Die Explorationsphase unterteilt sich in vier Schritte:

- Erkundung der äußeren Ausgangslage,
- Erkundung der inneren Ausgangslage,
- Anliegen- und Auftragsklärung,
- Differentialdiagnose.

Die Differentialdiagnose beinhaltet die Differenzierung der Problemlage, d.h. ob sie im strukturellen, im zwischenmenschlichen oder im Innermenschlichen Bereich liegt (vgl. Benien 2002, S. 24-50).

Dementsprechend werden auch die erlebnisaktivierenden Methoden eingeteilt. Im strukturellen Bereich sind erlebnisaktivierende Methoden Organisationsentwicklungs-maßnahmen, im zwischenmenschlichen Bereich Rollenspiele, Spontaneitäts- oder Flexibilitätstrainings. Im innermenschlichen Bereich sind es Rollenspieltechniken, die der Analyse dienen (vgl. ebd., S. 54ff.).

Das Rollenspiel ist immer nur wirksam wenn es erlebnis- und handlungsorientiert ist, denn nur in diesem Bereich ist Lernen für einen Veränderungsprozess möglich[1]. Dennoch ist die Reflexion der Handlung genauso wichtig, so dass ein Verarbeitungsprozess von Gruppenproblemen und individuellen Beiträgen möglich ist (vgl. Stein 1998, S. 4).

Der Ursprung des Rollenspiels entwickelte sich aus dem Psychodrama von J.L. Moreno. Er eröffnete der Psychotherapie völlig neue Wege durch seinen Leitsatz „Handeln ist heilender als Reden“. Aber auch für Pädagogen und Lehrer bietet das Rollenspiel ein vielfältig einsetzbares pädagogisches Instrument. Durch den Reichtum an technischen Möglichkeiten und seine ausgesprochene Vielfältigkeit bekommt das Rollenspiel in Trainings und in Beratungen eine besondere Bedeutung. Das Rollenspiel braucht sich nicht auf bestimmte psychologische oder pädagogische Theorien festlegen, sondern kann verschiedene Ansätze vereinen. Aufgrund der Erlebnisintensität und der plastischen Anschaulichkeit kann es viele Ziele verfolgen sowie den Klienten tiefe, emotionale Einsichten und neue Verhaltensweisen eröffnen (vgl. Benien 2002, S. 59).

Daraus kann geschlossen werden, dass ein Rollenspiel immer eine Form von Erlebnis ist, bzw. es stellt eine Art Drama dar, welches dann wieder zum Erlebnis für den Einzelnen oder für die Gruppe wird.

3. Ziele und Unterscheidungen von Rollenspielen

Die allgemeine Zielsetzung, die alle Formen gemeinsam haben, ist die Förderung und Verbesserung sozialer Kompetenzen, wie zum Beispiel Selbstbestimmtheit, Ausdauer, Konflikt- und Entscheidungsfähigkeit. Weitere Ziele sind die Verbesserung von Empathie, Sprach- und Kommunikationsstrukturen, Kooperationsfähigkeit und die Öffnung des Menschen nach Außen, sowie die Überwindung von Ängsten. Die Wahrnehmung von sich und von anderen soll sensibilisiert wie auch verbessert werden.

Allgemein lässt sich sagen, dass die sozialen und kommunikativen Kompetenzen gefördert werden sollen. Beim Rollenverhalten ist es vor allem die soziale Kompetenz, mit der Rollen flexibel gestaltbar sind. Die kommunikative Kompetenz ermöglicht die mimische und sprachliche Fähigkeit zum Umgang mit Lebenssituationen (vgl. Broich 1999, S. 45; Schaub/Zenke 2004, S. 325).

Wenn der Indikationsbereich von Rollenspielen festgelegt werden soll, muss zu Beginn das Rollenspiel in seinen vielen Formen und Anwendungen kurz betrachtet werden. Das Rollenspiel unterteilt sich in:

- das diagnostische Rollenspiel,
- das spontane Rollenspiel,
- das pädagogische Rollenspiel,
- das therapeutische Rollenspiel (vgl. Broich 1999 S. 23f.; Benien 2002).

Das therapeutische Rollenspiel bietet auch viele weitere Formen:

- das Psychodrama mit dem Ziel der Analyse und dem Umgehenlernen und Behebung der Beeinträchtigungen sowie
- das Soziodrama mit dem Ziel der Analyse und der Behebung der Beeinträchtigungen in der Familien- und Sozialtherapie.
In der weiteren Unterscheidung kann das Rollenspiel verschiedene Spieltypen charakterisieren. Broich (1999, S. 25-33) differenziert zwischen den Folgenden:
- das Rollenspiel als Interaktionsspiel
- das Rollenspiel als Spieltraining
- das Rollenspiel als Planspiel
- das Rollenspiel als Sprachspiel
- das Rollenspiel als gruppendynamisches Spiel
- das Rollenspiel als Normenspiel
- das Rollenspiel als Interessenspiel
- das Rollenspiel als antizipiertes Spiel
- das Rollenspiel als wiederholendes Spiel
- das Rollenspiel als Psychodrama oder als soziales Spiel
- das Rollenspiel als Körperspiel
- das Rollenspiel als Tanz- und Musikspiel
- das Rollenspiel als mediales Spiel
- das Rollenspiel Konfliktspiel oder als Entscheidungsspiel
- das Rollenspiel als Utopiespiel
- das Rollenspiel als Politspiel

Aufgrund dieser Vielzahl von Differenzierungen ist auch die quantitative Einsetzbarkeit leicht vorstellbar, welche sich auch als komplexe Intervention darstellt und im nächsten Kapitel beschrieben werden soll.

4. Das Rollenspiel als komplexe Intervention

Die wichtigsten Elemente im Rollenspiel sind die Imagination und die Identifikation.

Bei der Imagination wird eine Person gebeten sich zu entspannen, um sich einem intensiveren Erlebnisniveau zu überlassen. Der Klient wird aufgefordert sich etwas vorzustellen, wie zum Beispiel sein Haus. Aufgrund der Entspanntheit entsteht bei ihm eine sehr farbenfrohe und plastische Vorstellung. Es bildet sich ein dreidimensionales Objekt, in dem der Klient herum gehen kann. Wenn sich jemand seiner Imagination vollständig überlassen kann, dann vermag er sich in seinem vorgestellten Bild vollkommen frei zu bewegen und auch mit Personen in diesem Haus zu kommunizieren (vgl. Benien 2002, S. 57).

Die Identifikation beim Rollenspiel ist eine andere Verdichtungsstufe, auf einer anderen qualitativen Ebene. Es gibt unerschöpflich viele Möglichkeiten, weil wir uns mit allem und jedem identifizieren können. Benien (2002, S. 58) sagt: “In der Imagination stellen wir uns etwas vor, in der Identifikation werden wir es.“ Die Imagination kann somit als Vorstufe dienen, um sich zu erinnern. Die Identifikation kann dann als Vorschau in die Zukunft hilfreich sein, um Problemlösungen zu finden (vgl. ebd. 2002, S. 58).

5. Instrumente des Rollenspiels

Beim Rollenspiel gibt es sechs konstituierende Elemente und Instrumente, diese sind:

- der Rollenspielleiter
- die Bühne
- der Protagonist
- der Mitspieler
- die Gruppe
- die Rollenspieltechniken

Der Rollenspielleiter ist als Regisseur für das Zustandekommen, den Verlauf, den Abschluss des Rollenspiels, für den Realitätsbezug, die Zeit und die Struktur verantwortlich. Der Rollenspielleiter muss gleichzeitig den Protagonisten und sein Thema, den Antagonisten und die anderen Mitspieler beobachten. Aber synchron auch die Gruppe, den Einsatz der angemessenen Techniken zur richtigen Zeit, den Rahmen und sich selbst im Blickfeld behalten, damit das Rollenspiel optimal verlaufen kann (vgl. Benien 2002, S. 71/ Schaub/ Zenke 2004, S. 458f.).

Die Bühne ist ein frei definierter, repressions- und vorurteilsfreier Raum. Sie ist Schauplatz des Lebens und kann zur Erweiterung des Rollenspiels dienen.

Der Protagonist ist der Hauptdarsteller des Rollenspieles, um dessen Anliegen es sich handelt. Das Rollenspiel wird vom Protagonisten inhaltlich geprägt. Das Rollenspielgeschehen bemächtigt die gesamte Persönlichkeit des Protagonisten, sein Handeln, sein Denken und Fühlen. Er wird auf der Bühne Autor und Schauspieler in einer Person.[2]

Die Mitspieler werden vom Protagonisten ausgewählt, um Rollen aus seinem Lebensumfeld einzunehmen. Die Mitspieler können auch die Rolle von Gefühlen, nicht reale Personen[3] oder toten Objekten ausfüllen. Sie helfen dem Protagonisten, verschiedene Anteile seines Ichs auszuspielen. Die Mitspieler haben vor allem drei Aufgaben. Zum Ersten stellen sie Bezugspersonen dar und werden so zu Trägern von Übertragungen und Projektionen. Zum Zweiten spielen sie für den Protagonisten und müssen somit auf die Anweisungen von ihm, wie auch auf die des Leiters achten. Zum Dritten stehen sie mit dem Protagonisten in zwischenmenschlichen Beziehungen und können ihm nach dem Rollenspiel ein differenziertes Rollenfeedback geben (vgl. Benien 2002, S. 67).

Die Gruppe hat beim Rollenspiel eine besondere Bedeutung. Sie gilt als Quelle für neue Ideen und Verhaltensweisen, emotionale Unterstützung, unterschiedliche Wahrnehmungen und Rückmeldungen (vgl. ebd., S. 68ff.).

„Die Rollenspieltechniken sind Interventionsinstrumente, die der Rollenspielleiter kreativ zur Strukturierung einer Situation und zur Förderung des Rollenspielprozesses einsetzen kann, wobei weniger die Technik den Prozess bestimmen sollte, sondern vielmehr der Rollenspielprozess die Auswahl der Technik.“ (ebd., S. 71)

Beispiele für die Anwendungen von Rollenspieltechniken sind das Doppeln, Spontaneitätstraining sowie der Rollentausch für beispielsweise Wahrnehmungs-änderungen, emotionale Prozesse oder als leichte Einführung in größere folgende Aktionen (vgl. ebd., S. 59-144).

6. Diagnostisches Rollenspiel

Für alle Rollenspiele gilt immer und grundsätzlich das Gegenwartsprinzip. Die Mitspieler und vor allem der Protagonist bewegen sich immer in der Zeit des Hier und Jetzt, selbst wenn es sich um das Nachspielen eines Vorfalls aus der Vergangenheit, oder um eine Zukunftsprojektion handelt. Weil die Vergangenheit immer Vergangenheit bleibt und wir sie nicht zur Gegenwart machen können, wird Vergangenes einfach so dargestellt, wie der Protagonist diese aus der Hier und Jetzt Situation sieht. Es handelt sich um ein Ereignis, an dass sich der Protagonist erinnern kann, weil es ihn belastet. Dabei geht es immer um die subjektive Wahrnehmung des Protagonisten. Es ist möglich, dass ein Teilnehmer in seiner Wahrnehmung den Eindruck hat, sein Chef würde ihn ständig schikanieren und tyrannisieren. Wenn die Gruppe und der Leiter ihn nun aber kennen lernen würden, stelle sich dieser Chef vielleicht überraschenderweise als schüchterner und zurückhaltender Mensch heraus. Für und im Rollenspiel ist das aber von keiner Bedeutung, denn im Rollenspiel geht es darum, wie der Protagonist sich, seine Umwelt und seine Vergangenheit gerade jetzt, in dieser Situation, wahrnimmt. Genauso ist die Zukunft eine ungewisse Projektion auf das, was noch kommen mag. Später im Verlauf des Rollenspiels kann der Leiter aber auch auf die anderen Gruppenteilnehmer eingehen und ihre Wahrnehmung thematisieren (vgl. Benien 2002, S. 145f.).

„Das diagnostische Rollenspiel kommt dann zum Einsatz, wenn Protagonist und Leiter in die Vergangenheit schauen, zum Beispiel wenn der Leiter den Eindruck hat, dass er zur Beziehungs- oder Kommunikationsdiagnose eine bestimmte Situation konkret und deutlich vor Augen haben muss.“ (ebd., S.145)

Der Protagonist kann mit dem Hilfs-Ich die Rolle, die Szene und vor allem sein Problem vorstellen und noch wichtiger, er kann sie ausspielen. Indem das Problem und das Thema nicht nur verbalisiert, sondern auch ausgespielt werden, wird eine diagnostische Sicht ermöglicht, die weit über das gesprochene Wort hinausgeht. Dieses Nachspielen dient aber nicht nur als diagnostisches Instrument für den Leiter und die Gruppe, sondern verhilft dem Protagonisten, schon während des Spielens, zu eigenen Einblicken. Nach dem möglichst realitätsnahen Spielen kritischer Schlüsselszenen, ergibt sich häufig viel Material für die Nachbesprechung und Diskussion. Der Gruppe wird Raum für Feedback gegeben und oft entsteht noch weiterer Klärungsbedarf, aufgrund des vorher gegangenen Spielens (vgl. ebd., S. 146f.).

[...]


[1] Der Erlebnis- und Handlungsbereich ist die Grundlage für das Lernen in der gesamten Erlebnispädagogik, denn nur das Lernen durch eigenes Handeln kann nachhaltig sein und dient als Hilfe zur um Veränderungen im Denken des Klienten anzuregen.

[2] Der Protagonist wird in den verschiedenen Formen des Rollenspiels oft anders benannt, z.B. als Klient, Patient oder Hauptakteur. Ich habe diese unterschiedliche Formulierung bei der Vorstellung von einigen Formen so übernommen.

[3] Wie zum Beispiel Gott oder Fantasiemenschen

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Das Rollenspiel
Untertitel
Unter besonderer Berücksichtigung des Rollenspiels als erlebnisaktivierende Methode
Hochschule
Philipps-Universität Marburg
Veranstaltung
systemische Familienberatung
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
22
Katalognummer
V123402
ISBN (eBook)
9783640285402
ISBN (Buch)
9783640285983
Dateigröße
505 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rollenspiel, Familienberatung
Arbeit zitieren
Marian Stüdemann (Autor:in), 2007, Das Rollenspiel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123402

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