Der internationale Terrorismus. Politische Folgen für die zivilisierte Welt und Erklärungsansätze für die Motivation der Terroristen

Am Beispiel der Terroranschläge vom 11. September


Hausarbeit, 2002

18 Seiten, Note: 13 Punkte (15-Punkte-System)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Terrorismus
2.1. Eckpunkte zur Entwicklung des Terrorismus
2.2 Verbreitung des Terrorismus
2.3. Arten der Gewaltanwendung

3. Der 11. September 2001
3.1. Die Anschläge: Krieg oder Straftat?
3.2. Islamischer Fundamentalismus
3.3 Das Terrornetzwerk Al Qaida und Osama bin Laden
3.3.1. Die Al Qaida
3.3.2. Osama bin Laden

4. Gegenmaßnahmen im Allgemeinen
4.1 Täter und Zeichen
4.2. Gegenmaßnahmen im Einzelnen
4.2.1. Rasterfahndung
4.2.2. Das erste und zweite Anti-Terror-Paket

5. Schlussbemerkung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Terrorismus gilt als „Sammelbegriff für unterschiedl. Formen der polit. motivierten Gewaltanwendung v. a. durch revolutionäre oder extremist. Gruppen und Einzelpersonen“.[1] Er wird auch bezeichnet als „... politische Strategie von Gruppen bzw. Einzelpersonen, die nicht an der Macht sind und den Umsturz der bestehenden Ordnung anstreben“.[2]

Bezogen auf die terroristischen Anschläge auf New York und Washington vom 11. September 2001 wird es schwierig, eine passende Umschreibung für die Ereignisse dort zu finden. Einfach zu sagen, es handelte sich um terroristische Anschläge, klingt in diesem Zusammenhang unpassend und unvollständig, da sich vorher nichts vergleichbares ereignet hatte und daher alles so unwirklich erschien, was die Nachrichten an diesem Tag und danach berichteten.

War es Terror, also „... die Methode, durch psychische Gewaltanwendung bis hin zur physischen Vernichtung systematisch Schrecken zu erzeugen, um Machtansprüche in der eigenen Gruppe oder gegenüber anderen Gruppen durchzusetzen“[3], oder war es die Guerilla, also „... der Kampf irregulärer Verbände gegen eine feindliche Armee bzw. Besatzungsmacht oder gegen die eigene Regierung“[4] ?

Des Weiteren ist zu klären, ob man die o. g. Anschläge als Kriegserklärung gegen die westliche zivilisierte Welt betrachten kann, um gleichermaßen mit kriegerischen Mitteln zu reagieren, oder ob eine strafrechtliche Verfolgung der Drahtzieher möglich bzw. hier anzuwenden ist. Eines ist aber unbestritten: Eine ähnliche Vorgehensweise mit diesen umfangreichen internationalen Folgen ist bisher beispiellos. Wie stellte sich der Terrorismus „früher“ dar? Was hat sich im Vergleich zu RAF-Zeiten geändert? Welche Motivationen der Attentäter spielten damals eine Rolle, welche heute? Nie wurden diese Fragen so häufig gestellt, als unmittelbar nach den verheerenden Anschlägen in den USA.

Die renommierten Rundfunk- und Presseanstalten stützten sich in ihren Dokumentationen immer wieder auf die Begriffe „Terrorkrieg“ oder „Kriegserklärung an die westliche Welt“. Als Drahtzieher war sofort Osama bin Laden im Gespräch, der ja bekanntlich den USA schon vor längerer Zeit den Heiligen Krieg erklärt hatte. Also mussten die Attentäter, die laut FBI-Ermittlungen die Flugzeuge selbst geflogen haben müssen, nach allgemeiner Meinung der Experten „Gotteskrieger“ gewesen sein, die ihrerseits ihre Handlung gemäß des Koran ausführten, um in das Paradies zu gelangen.

Was sich aber wirklich hinter den Begrifflichkeiten rund um den Terrorismus verbirgt, soll am Beispiel der Terroranschläge von New York und Washington vom 11. September 2001 in dieser Ausarbeitung dargestellt werden.

2. Der Terrorismus

2.1. Eckpunkte zur Entwicklung des Terrorismus

Terrorismus ist keineswegs ein Phänomen der modernen Zeit. Auch schon lange vor den Zeiten der RAF war Terrorismus für Einzelpersonen oder kleine Gruppen ein moderates Mittel, der bestehenden Regierung oder einem anderen machthabenden Regime in Form von Anschlägen die Zähne zu zeigen.

Es gibt terroristische Vorläufer schon im 1. Jahrhundert n. Chr., als sich jüdische Zeloten und Sicarii gegen die römische Vorherrschaft in Palästina auflehnten.[5] Jedoch sollen die Ausführungen nicht so weit in die Vergangenheit reichen.

Im 19. Jahrhundert ging es für die Menschheit unaufhaltsam vorwärts. Die Technik entwickelte sich rasant weiter, die Industrialisierung war kaum aufzuhalten. Die daraus resultierenden „... politischen Brüche, zusammen mit den tiefgreifenden wirtschaftlichen und sozialen Umwälzungen im Gefolge der Industrialisierung, erzeugten ein geistiges Klima allgemeiner Verunsicherung, in dem radikale politische Projekte und Strategien einen exzellenten Nährboden fanden“.[6]

Der Mensch wurde zunehmend kontrolliert, reformiert und bevormundet. Der Staatsapparat wurde im Zeichen der Volkssouveränität ein Gefüge, welches bezeichnet werden kann als ein von Menschen für Menschen ersonnenes Konstrukt, in dessen Namen Macht und Zwang über die Menschen ausgeübt wurde: was lag dann näher, als dieselben Mittel (Macht und Zwangsgewalt) auch gegen die Regierung zu richten, um eine bessere politische Ordnung herbeizuführen?[7] Wie wurde dabei vorgegangen?

Nachdem es sich meist um Einzeltäter handelte, die mit Messern bewaffnet auf den personifizierten Tyrannen losgingen und ihn erstachen, kam es in der terroristischen Praxis zu einer Art Evolutionssprung. Dieser betraf die Täter- und Opferseite, aber auch den Anschlag selbst. Es wurde zunehmend der Übergang vom Einzeltäter zur Verschwörergruppe und -organisation absehbar. Der Dolch als Tatwaffe wurde durch die Erfindung des Dynamits (durch Alfred Nobel) zunehmend von der Bombe verdrängt.[8]

Eine neue Form des Terrorismus war geboren. Der oder die Täter mussten sich nicht mehr offenbaren, eine Entpersonifizierung fand statt.

Ohne Ausschweife soll nun die national wohl bekanntesten Gruppierung Betrachtung finden: der Roten Armee Fraktion (RAF):

„Seit Beginn der siebziger Jahre strebte eine kleine Gruppe die Überwindung des Systems durch Begehung schwerster Straftaten an. Die Terroristen der ersten Generation, darunter Meinhof, Ensslin und Baader, haben sich auf ein „Naturrecht auf Widerstand“ berufen, das Minderheiten erlaubt, „außergesetzliche Mittel anzuwenden, sobald die gesetzlichen sich als unzulänglich herausgestellt haben“, da Gesetz und Ordnung überall „immer Gesetz und Ordnung derjenigen“ sind, „welche die etablierte Hierarchie schützen“.[9] Es folgten Bombenanschläge, Entführungen, Überfälle und Ermordungen. Die RAF lieferte sich knapp 28 Jahre lang einen Kampf mit dem Staat und deren Oberhäupter.

Hier lohnt sich der Vergleich zu den Attentaten des 11. September 2001. Diese Anschläge „... rücken das Gefühl der weltweiten Bedrohung durch ein schwer fassbares, weitgehend unberechenbares Phänomen deutlich in das Bewusstsein vieler Menschen. Der Terrorismus islamischer Ausprägung unterscheidet sich gravierend von dem ... bekannten Terrorismus der ... RAF, der uns jetzt angesichts der verheerenden Auswirkungen und der hohen Zahl der Opfer der jüngsten Terroranschläge vergleichsweise „harmloser“ erscheint...“[10]

2.2 Verbreitung des Terrorismus

Die bereits angesprochene fortschreitende Industrialisierung führte dazu, dass sich auch die Medien zu einem erstaunlichen Publikationsorgan entwickelten. Einfach ausgedrückt bedeutet dies, dass jeder ab einem gewissen Zeitpunkt in der Lage war, in der allmorgendlichen Zeitung das Neueste aus der Welt und der näheren Umgebung zu erfahren. Heutzutage ist es im Zeitalter des Handys und des Internets an nahezu jedem Ort der Welt möglich, innerhalb kürzester Zeit das Neueste zu erfahren.

Es gilt zunächst zu klären, welche Bedeutung der terroristische Anschlag für die Täter hat.

Kann man hier von einer Art Kommunikationsprozess sprechen, in dem der Terrorist der Bevölkerung oder dem Staatsapparat etwas mitteilen möchte? Kann man hier von symbolischer Gewalt sprechen?

„Wenn es stimmt, dass terroristische Gewalt primär symbolische Gewalt ist, man sie also als Zeichen, als Botschaft verstehen muss, dann sind die Medien mehr als nur ein Mittel zum terroristischen Zweck. Sie sind vielmehr integraler Bestandteil des terroristischen Kalküls.“ Die Terroristen begriffen rasch, als sich die Massenpresse Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte, „... dass man mit Hilfe der städtischen Massenblätter, deren Auflagen in die Hunderttausende gehen, eine weit größere Menschenzahl erreichen konnte als durch traditionelle Agitationsmethoden wie eine öffentliche Ansprache oder eine Demonstration.“[11]

Generell ist festzuhalten, dass es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, wie die Terroristen die Aufmerksamkeit der Massenmedien für sich gewinnen können. Der naheliegendste Weg ist nicht unbedingt der, mit einer entführten Passagiermaschine in das World-Trade-Center zu fliegen. Hier kommt es rein auf die Negativqualität der fraglichen Ereignisse an, dafür zu sorgen, dass die Medienresonanz gewährleistet ist, wie häufig z.B. die Anrufe der Täter bei der Redaktion eines Massenblattes auflaufen, mit denen sie den Anschlag für sich reklamieren.[12]

Salopp formuliert verhält es sich bezogen auf die Anschläge in den USA so, dass die Attentäter die beste Möglichkeit für sich nutzten, die Anschläge zu veröffentlichen. In New York standen Kameras bereit, die das Schauspiel von der ersten Minute an zeigten und immer wieder in den Nachrichten sendeten. Während die Tat Attas, der das erste Flugzeug in einen der Türme lenkte, eher zufällig von einem Hobbyfilmer aufgenommen wurde, hatte der zweite Pilot Al Shehhi alle Augen auf sich gerichtet.

Wenn man die schlimmen Folgen in New York außer acht lässt und jeden beliebigen Terrorakt beleuchtet, so kann festgehalten werden, dass die Bedeutung der terroristischen Aktion hauptsächlich darin besteht, „... dass die Nachricht davon durch Zeitungen, Radio und Fernsehen geht und ein möglichst großes Publikum erreicht. Da Terror sensationell wirkt, können die Terroristen immer auf eine Publizität rechnen, die in keinem Verhältnis zu der eigentlichen Wichtigkeit ihrer Aktion steht.“[13]

Deshalb verfolgen andere auch die Ansicht, der Terrorakt gleiche einer Theateraufführung:

„Moderner Terrorismus kann mit den Produktionsbedingungen einer Theateraufführung verglichen werden. Terroristen bereiten das Skript vor, wählen die Mitwirkenden aus, entwerfen die Bühnenausstattung, die Requisiten, das Rollenspiel und planen minutiös die Inszenierung auf der Bühne.“[14]

2.3. Arten der Gewaltanwendung

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, ist es an sich schwierig, die Art eines Gewaltaktes mit einer passenden Überschrift zu versehen. Vor Allem am Beispiel der Anschläge des 11. September 2001 wird dies schwierig. Die Begriffe Terror und Terrorismus sind immer mit feindlichem und damit negativem Beigeschmack versehen. Revolutionäre, Freiheitskämpfer oder z. B. Stadtguilleros haben dagegen eher eine freundliche Bedeutung.[15]

Henner Hess definiert den Begriff Terrorismus als ein fünfstufiges Modell:

„Terrorismus ist erstens eine Reihe von vorsätzlichen Akten direkter physischer Gewalt, die zweitens punktuell und unvorhersehbar sind, drittens aber systematisch mit der Absicht psychischer Wirkung auf weit mehr Personen als nur die unmittelbar getroffenen Opfer viertens im Rahmen einer Gruppe mit bestimmten politischen Zielen durchgeführt werden und fünftens den Gegner zu einer Reaktion provozieren sollen, die jene politische Ziele, die man direkt nicht erreichen kann, indirekt fördert“.[16] Die Anschläge in den USA wurden schnell als Terror-Krieg bezeichnet, selbst von Staatsoberhäuptern verschiedener Länder.

Hier ist aber zu klären, ob der Terrorismus mit Krieg oder einer anderen Gewaltform so einfach gleichzusetzen ist.

In der Politik wird von einer Doppelfunktion der Staatsgewalt ausgegangen. Nach außen schützt sich der Staat selbst, notfalls durch Krieg. Nach innen wird die Sicherheit und Ordnung durch Strafverfolgung u. ä. aufrechterhalten. Kann Terrorismus mit einem dieser beiden Begriffe gleichgesetzt werden? Ist der Terroranschlag eine Kriegserklärung oder eine Straftat? Ist Terrorismus eine dritte eigenständige Komponente, durch deren Begehung die politischen Machtverhältnisse eines Staates in Frage gestellt werden?[17]

Diese Fragen wird sich der jeweilige Staat selbst beantworten müssen, der entscheidet, ob er mit Hilfe des Strafrechts den Terroristen sanktioniert, oder mit Hilfe militärischer Mittel Gegenmaßnahmen gegen das entsprechende Land ergreift. Viel wichtiger ist es, eine Unterscheidung zu treffen zwischen Terrorismus einerseits und Terror andererseits:

Im deutschen Sprachgebrauch empfiehlt es sich, den Terrorismus als eine bestimmte Form des Angriffs gegen den Staat und die staatliche Ordnung vom Terror als staatlicher Schreckensherrschaft abzugrenzen.[18]

„Die Abgrenzung zwischen Terrorismus und Guerillakampf ist... nicht weniger wichtig als jene zwischen Terror und Terrorismus... Beide Begriffe bezeichnen irreguläre Kampfmethoden, die im Übrigen nicht selten kombiniert zum Zug kommen: Terroristische Anschläge können den Auftakt zu einem Guerillafeldzug bilden oder dessen Ausklang. (...) Guerillakampf ist eine militärische Strategie; hier geht es um die Belästigung, allmähliche Einkreisung und letztlich die Vernichtung des Feindes.“[19], wie es die RAF zielstrebig verfolgte.

Nun wird schnell klar, wenn man die o. g. Argumente verinnerlicht, dass der Begriff Terrorismus zu den Anschlägen in New York und Washington am besten passt. Dennoch sollte geklärt werden, ob die Reaktion mit Krieg durch die USA, wie er nun erfolgte, die passende Reaktion auf die Anschläge war. Hätte vielleicht eine strafrechtliche Sanktionierung der Tat besser gepasst? War dieser Anschlag denn im Endeffekt als Kriegserklärung der Al Qaida an die USA zu verstehen oder handelte es sich um eine strafbare Handlung?

[...]


[1] Begriff „Terrorismus“ in: Meyers enzyklopädisches Lexikon, 1978

[2] Begriff „Terrorismus“ in: URL: http://www20.wissen.de, [Stand: 08.04.2002]

[3] Begriff „Terror“ in: Lexikon zur Soziologie, 1995: 674

[4] Begriff „Guerilla“ in: URL: http://www20.wissen.de, [Stand:12.07.2002]

[5] Waldmann, S. 40

[6] a.a.O., S. 42

[7] a.a.O., S. 42/43

[8] vgl.: Waldmann, S. 49

[9] Klink, M. in: „Die neue Polizei“, S. 9

[10] ebd.

[11] Waldmann, S. 57

[12] a.a.O., S. 59

[13] vgl.: Laqueur in „Meyers Enzyklopädisches Lexikon“, S. 343 ff.

[14] Weimann/Winn, S. 52 hier Hinweis: Krim Journal s. 90!!!

[15] Hess in: „Krim. Journal“, S. 84

[16] a.a.O., S. 84/85

[17] vgl.: Waldmann, S. 14

[18] a.a.O., S. 15

[19] ebd.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Der internationale Terrorismus. Politische Folgen für die zivilisierte Welt und Erklärungsansätze für die Motivation der Terroristen
Untertitel
Am Beispiel der Terroranschläge vom 11. September
Hochschule
Niedersächsische Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege Hildesheim  (Fakultät Polizei)
Note
13 Punkte (15-Punkte-System)
Autor
Jahr
2002
Seiten
18
Katalognummer
V12333
ISBN (eBook)
9783638182430
ISBN (Buch)
9783638686822
Dateigröße
536 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
24
Arbeit zitieren
Alexander Fuhl (Autor:in), 2002, Der internationale Terrorismus. Politische Folgen für die zivilisierte Welt und Erklärungsansätze für die Motivation der Terroristen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12333

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