Aggression bei Heranwachsenden


Hausarbeit, 2008

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Entstehung von Aggression bei Heranwachsenden unter Berücksichtigung von Risiko- und Schutzfaktoren

3. Entstehung von Aggression bei Heranwachsenden unter Berücksichtigung der Entwicklungsforschung nach Dornes

4. Entstehung von Aggression unter Berücksichtigung von Bourdieus Konzeptionen ungleicher sozialer Chancen und die möglichen Folgen

5. Schlussbetrachtung

6. Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einleitung

Aggression und Gewalt bei Jugendlichen sind in Medien, Politik und Gesellschaft zu einem lebhaft diskutierten Thema geworden. Der Mord an einer Lehrerin in Meißen im November 1999 und der Amoklauf des Schülers Robert Steinhäuser am Erfurter Gutenberg-Gymnasium im April 2002 mit 17 Toten erschütterten die Öffentlichkeit ebenso wie die Vorkommnisse in der Münchener U-Bahn im Dezember 2007, wo zwei Jugendliche einen Rentner lebensgefährlich verletzten.

Aber warum werden Kinder kriminell und vor allem wie entstehen und entwickeln sich Aggressionen? Diesen Fragen soll in der folgenden Arbeit über Aggression bei Heranwachsenden nachgegangen werden. Dabei beschäftige ich mich vor allem mit den Ergebnissen der Entwicklungsforschung zur Entstehung und Entwicklung von Aggression nach Dornes[1]. Es ist meines Erachtens von größter Bedeutung zu wissen, wie sich Aggressionen entwickeln, wie und in welchem Alter sie entstehen und durch welche Faktoren dies beeinflusst wird. Denn nur wenn diese Aspekte bekannt sind, kann Aggression und die daraus resultierende Gewalt sinnvoll bekämpft werden. Um diese Fragen zu klären, fließen in meine Betrachtung auch die Erkenntnisse der Bindungsforschung zu Risiko- und Schutzfaktoren[2] und Bourdieus Konzeptionen ungleicher sozialer Chancen und ihren möglichen Folgen[3] in meine Arbeit ein.

2. Entstehung von Aggression bei Heranwachsenden unter Berück-sichtigung von Risiko- und Schutzfaktoren

Im folgenden Kapitel möchte ich mich mit Risiko- und Schutzfaktoren beschäftigen und damit, welche Auswirkungen sie auf die Entstehung von Aggression haben können. Unter Risikofaktoren werden solche Bedingungen oder Einflussfaktoren zusammengefasst, die das Auftreten oder die Entwicklung positiver und sozial erwünschter Verhaltensweisen senken oder mit erhöhter Wahrscheinlichkeit negative Konsequenzen nach sich ziehen. Schutzfaktoren sind Faktoren, die den Einfluss von Risikobedingungen mindern.

Spitz und Bowlby untersuchten, ob und in welchem Umfang sich schwere Entbehrungen, z.B. dauerhafter Verlust der Hauptbezugsperson, auf die weitere Entwicklung von Kindern auswirken und ob und unter welchen Bedingungen die Auswirkungen reversibel sind. (Dornes 2000: S. 101)

Die Studie ergab, dass die Folgen der dauerhaften Trennung des Kindes von seiner Bezugsperson hauptsächlich von der Qualität der Ersatzumgebung abhängen. Das heißt also, dass Kinder, die ihre Hauptbezugsperson verlieren, dennoch die Möglichkeit haben, sich im kognitiven und sozial-emotionalen Bereich relativ normal zu entfalten. Dies ist aber nur möglich, wenn die Qualität der Ersatzbetreuung gut ist. Ist eine adäquate Ersatzpflege nicht gegeben, tragen diese extrem ungünstigen Lebensbedingungen mit dem vorangegangenen Verlust der Bezugsperson zu schweren Entwicklungsschäden bei, die zur späteren Entstehung von Aggression beitragen können. Aber auch innerhalb der Familie, bei Vorhandensein einer Bezugsperson, kann es zu Vernachlässigung und Deprivation kommen. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Mutter oder eine andere Bezugsperson das Kind ständig emotional abweisend behandelt oder es durch längere Trennung Mangel an Nestwärme verspürt. Möglicherweise ist die gesamte häusliche Atmosphäre durch einen oder mehrere so genannte Risikofaktoren wie z.B. chronische Disharmonie durch Streit der Eltern oder Geschwister, Armut, begrenzte Wohnsituation, negative Grundstimmung durch psychische Erkrankungen der Eltern etc. erheblich belastet.

Welche wichtigen Auswirkungen das Umfeld auf die Entwicklung von Kindern hat, zeigen auch die Studien des Berliner[4] und Mannheimer Projektes[5]. Sie betonen die Bedeutung einer verlässlichen Bezugsperson als wichtigen Schutzfaktor gegen spätere Erkrankungen. Qualitativ hochwertige Beziehungen verringern also die Wahrscheinlichkeit einer späteren Erkrankung.

In den prospektiven Longitudinalstudien des Hawaii-Projekts[6] geht Emmy Werner von drei ausschlaggebenden Faktoren aus, in deren Struktur und Beschaffenheit sich die Resilienten von den Nichtresilienten unterscheiden. Dies sind persönliche Eigenarten, Beziehungsfaktoren und extrafamiliäre Ressourcen. Resilienz bezeichnet die Fähigkeit eines Kindes, sich trotz ungünstiger Lebensumstände positiv zu entwickeln. Resiliente Kinder zeigen z.B. ein positives Selbstwertgefühl, Selbstwirksamkeitsüberzeugung und positives Sozialverhalten. Die Studie des Hawaii-Projekts zeigt, dass die Mehrheit der lern- und verhaltensauffälligen Kinder aus einer Hochrisikogruppe stammte, aber auch, dass diejenigen aus dieser Gruppe, die in starkem Maße zumindest auf eine positive Beziehungserfahrung in der Kindheit zurückgreifen konnten, keine Schwierigkeiten zeigten. Als Risiken gelten: perinatale Komplikation, elterliche Psychopathologie, familiäre Instabilität und chronische Armut. (Dornes 2000: S. 115)

Es muss jedoch die gesamte individuelle Lebensgeschichte betrachtet werden, da sowohl „vergangene als auch gegenwärtige Lebensumstände eine wesentliche Rolle für die gegenwärtige Gesundheit spielen“. (Dornes 2000: S. 116) Das neuseeländische Projekt, eine prospektive Longitudinalstudie aus Neuseeland[7], zeigt, „dass es familiäre Bedingungen sind, die ein Großteil der Effekte ausmachen“. (Dornes 2000: S. 120)

Alle Studien haben gezeigt, wie wichtig gerade in den ersten Lebensjahren eine feste, zuverlässige Bindungsperson für die weitere Entwicklung ist. Dabei muss die Bezugsperson nicht automatisch die Mutter sein, viel wichtiger sind die Qualität der Bindung und das soziale Umfeld, denn sie verringern die Möglichkeit der Entstehung von Verhaltensstörungen und damit letztendlich auch von Aggression.

[...]


[1] Dornes, Martin: Die frühe Kindheit; Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1997

[2] Dornes, Martin: Die emotionale Welt des Kindes; Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2000

[3] Baumgart, Franzjörg: Theorien der Sozialisation; Klinkhardt, Bad Heilbrunn/Obb. 1997

[4] Lieberz, K.: Was schützt vor Neurose? Ergebnisse einer Vergleichsuntersuchung an hochrisikobelasteten Neurotikern und Gesunden; Zeitschrift für psychosomatische Medizin und Psychoanalyse 34, 1988. In: Dornes, Martin: Die emotionale Welt des Kindes; Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2000 / Lieberz, K.: Familienumwelt und Neurose; Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen 1990. In: Dornes, Martin: Die emotionale Welt des Kindes; Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2000

[5] Schepank, H. : Psychogene Erkrankungen der Stadtbevölkerung. Eine epidemiologisch-tiefenpsychologische Feldstudie in Manheim, Berlin u.a.; Springer 1987. In: Dornes, Martin: Die emotionale Welt des Kindes; Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2000 / Tress, W.: Forschung zu psychogenen Erkrankungen zwischen klinisch hermeneutischer und gesetzeswissenschaftlicher Empirie: Sozialempirische Marker als Vermittler; Psychotherapie und medizinische Psychologie 38, 1988. In: Dornes, Martin: Die emotionale Welt des Kindes; Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2000/ Reister, G.: Schutz vor psychogener Erkrankung; Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen 1995. In: Dornes, Martin: Die emotionale Welt des Kindes; Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2000

[6] Werner, E.: High-risk Children in young Adulthood: A longitudinal Study from Birth to 32 Years; American Journal of Orthopsychatry 59, 1989. In: Dornes, Martin: Die emotionale Welt des Kindes; Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2000 / Werner, E.: Protective Factors and individual Resilience; 1990. In: Dornes, Martin: Die emotionale Welt des Kindes; Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2000 / Werner, E. und R. Smith; Overcoming the Odds. High-risk Children from Birth to Adulthood; Cornell Univ. Press, Ithaca und London 1992. In: Dornes, Martin: Die emotionale Welt des Kindes; Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2000

[7] Fergusson, D., J. Horwood und M. Lynskey: The Childhood of multiple Problem Adolescents: A 15-year longitudinal Study; Journal of Child Psychology and Psychatry 35, 1994. In: Dornes, Martin: Die emotionale Welt des Kindes; Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2000

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Aggression bei Heranwachsenden
Hochschule
Universität Hamburg  (Fachbereich Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Seminar: „Entwicklung und Sozialisation“
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
14
Katalognummer
V122761
ISBN (eBook)
9783640276837
ISBN (Buch)
9783640277674
Dateigröße
424 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aggression, Heranwachsenden, Seminar, Sozialisation“
Arbeit zitieren
Eva Reis Focke (Autor:in), 2008, Aggression bei Heranwachsenden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122761

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