Der Fürst als Notbischof - Luther und die Fürstenreformation


Hausarbeit, 2002

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Zum Begriff der „Fürstenreformation“
1.2 Vorgehensweise und Quellen

2 Der Reichstag zu Worms 1521
2.1 Geschichtlicher Hintergrund: Von den Ablassthesen 1517 bis zur Bannandrohungsbulle „Exsurge Domine“ 1520
2.2 Luthers Verhör und das „Wormser Edikt“

3 Der Reichstag zu Speyer 1526
3.1 Geschichtlicher Hintergrund: Die Veränderung der politisch-konfessionellen Landschaft im Reich zwischen 1524 und 1526
3.2 Der Reichstagsabschied als Kompromiß zwischen dem Kaiser und den luthernahen Reichsständen

4 Die Verstaatlichung der Reformation
4.1 Der Fürst als „Notbischof“
4.2 Die Kirchenvisitationen

5 Schlussbemerkungen

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die Reformation ist wohl eines der bedeutsamsten Ereignisse der deutschen Geschichte und auch der Weltgeschichte, da mit ihr die sogenannte „Neuzeit“ eingeleitet wird. Die vormals selbstverständliche Einheit der Christenheit wurde zerstört und, ausgehend von der damals engen Verzahnung von Kirche, Gesellschaft und Staat, bedeutete die Reformation tiefe kirchliche, soziale und politische Einschnitte (vgl. u. a. Blickle 2000).

1.1 Zum Begriff der „Fürstenreformation“

Mit dem Begriff der „Fürstenreformation“ wird gemeinhin die Phase der Reformation bezeichnet, in der sich die „geplante, politisch zu vertretende Entscheidung für oder gegen die Reformation durchzusetzen begann“ (Schorn-Schütte 2000, 72), im Gegensatz zur bäuerlichen und bürgerlichen Volks- oder Gemeindereformation bzw. Stadtreformation als spontane Bewegung (vgl. Mau 2000, 164; Schorn-Schütte 2000, 72), auf die im Rahmen dieser Arbeit aber nicht näher eingegangen werden soll.

Charakteristische Merkmale für die Fürstenreformation sind „die territoriale Festlegung des Bekenntnisses durch den Landesherrn und die hierarchisch-bürokratische Ausrichtung der Kirchenorganisation“ (Blickle 2000, 186). Im Zuge der Fürstenreformation kam es also zu einer territorialen Verfestigung der Reformation.

1.2 Vorgehensweise und Quellen

In der vorliegenden Hausarbeit soll nun zunächst – angefangen von Luthers Veröffentlichung der Ablassthesen 1517 über die Reichstage zu Worms 1521 und Speyer 1526 – auf die geschichtlichen Hintergründe bzw. geschichtliche Entwicklung der Fürstenreformation und die Rolle Luthers dabei eingegangen werden. Hierbei können aber nur die wichtigsten Ereignisse berücksichtigt werden, da eine umfassende Darstellung den Rahmen dieser Hausarbeit übersteigen würde. Die wichtigsten Quellen, die diesem Abschnitt zu Grunde liegen, sind zum einen ein Bericht über Luthers Auftreten vor dem Reichstag zu Worms (WA 7, 814-887) und ein Auszug aus dem „Wormser Edikt“ (Obermann 1988, WE, 62-65), zum anderen ein Auszug aus dem Reichstagsabschied von Speyer (Oberman 1988, RA, 138 f.).

In einem weiteren Teil wird dann auf die Verstaatlichung der Reformation, d. h. auf die Rolle des Fürsten als „Notbischof“ sowie auf die Kirchenvisitationen als Mittel zur territorialen Verfestigung der Reformation, eingegangen. Als Quellen wurden hierbei Luthers Programmschrift „An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung“ (WA 6, [381] 404-469), die Vorrede Luthers zu Philipp Melanchthons „Unterricht der Visitatoren an die Pfarrherrn im Kurfürstentum zu Sachsen“ (WA 26, 195-240), mehrere Briefe Luthers an den sächsischen Kurfürsten Johann den Beständigen (WAB 3, 594-596; WAB 3, 628 f.; WAB 4, 133-135), ein Brief des Kurfürsten an Luther (WAB 4, 136-138) sowie die von dem Kurfürsten an die Visitatoren herausgegebene „Instruction und befelch darauf die visitatores abgefertigt sein“ (Sehling 1902, 142-148).

Im Schlussteil soll dann noch ein kurzer Ausblick auf die weitere geschichtliche Entwicklung erfolgen.

Die in der Hausarbeit verarbeitete Primär- und Sekundärliteratur wird im anhängenden Literaturverzeichnis vollständig aufgelistet, wo auch die im laufenden Text verwendeten Kurztitel verzeichnet sind.

2 Der Reichstag zu Worms 1521

2.1 Geschichtlicher Hintergrund: Von den Ablassthesen 1517 bis zur Bannandrohungsbulle „Exsurge Domine“ 1520

Im Jahre 1517 hatte Luther seine Thesen zum Ablass veröffentlicht und die „causa Lutheri“ wurde dadurch zu einer Sache von politischer Bedeutung. Der auf die Ablassthesen folgende Ketzerprozess gegen Luther zog sich aus politischen Gründen, insbesondere der anstehenden Kaiserwahl[1], über mehr als zwei Jahre hinweg, ohne dass es zu wichtigen Ergebnissen kam (vgl. Blickle 2000, 187; Moeller 1999, 58 f.; Schorn-Schütte 2000, 32-34).

Nachdem 1519 – entgegen den Interessen Papst Leo X. – der spanische König Karl zum Kaiser gewählt worden war und Luther sich vehement scharf gegen das Papsttum ausgesprochen hatte, wurde der Ketzerprozess 1520 wieder aufgegriffen. Am 15. Juni dieses Jahres reagierte Papst Leo X. auf die Angriffe Luthers mit der Bannandrohungsbulle „Exsurge Domine“, in der 41 Sätze Luthers als ketzerisch verurteilt wurden, die Verbrennung seiner Bücher gefordert wurde sowie Luther und seine Anhänger aufgefordert wurden, innerhalb von 60 Tagen zu widerrufen (vgl. Schwarz 1998, 113 f.). Luther widersetzte sich und noch im gleichen Jahr verfasste er drei bedeutende Programmschriften, in denen er massiv Rom und den Papst angreift: „An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung“ (WA 6, [381] 404-469), „De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium“ (WA 6, [484] 497-573) und „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ (WA 7, [12] 20-38).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Die Wirkung dieser Bulle war vergleichsweise kläglich. Nur in Lüttich, Löwen, Köln und Mainz kam es zur Verbrennung lutherischer Schriften“ (Blickle 2000, 188). Luther selbst verbrannte – sozusagen als Antwort darauf – am 10. Dezember 1520, dem Tag an dem die Widerrufsfrist ablief, vor dem Elsertor in Wittenberg zusammen mit Philipp Melanchthon und seinen Studenten ein Exemplar der Bannandrohungsbulle, wichtige kirchliche Rechtsbücher sowie Schriften seiner Gegner (Abb. 1), so dass von diesem Zeitpunkt an eine Rückkehr zu Rom endgültig nicht mehr zu denken war (vgl. Blickle 2000, 188; Moeller 1999, 61; Schwarz 1998, 120 f.).

2.2 Luthers Verhör und das „Wormser Edikt“

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Über Luther (Abb. 2), der durch die Bulle „Decet Romanum Pontificem“ am 3. Januar 1521 endgültig zum Ketzer erklärt worden war, hätte nach dem damaligen Reichsrecht sofort die Reichsacht verhängt werden müssen. Da sich aber Kaiser Karl V. bei seiner Wahl 1519 einer Wahlkapitulation der Reichsfürsten unterworfen hatte, in der festgelegt war, „dass kein Reichsangehöriger ohne [vorhergehendes] Verhör und die Zustimmung der Stände in die Reichsacht erklärt werden dürfe“ (Blickle 2000, 188), gab er dem sächsischen Kurfürsten Friedrich dem Weisen die Zusage, Luther auf dem Wormser Reichstag zu verhören (vgl. Blickle 2000, 188 f.; Moeller 1999, 49 f.; Schorn-Schütte 2000, 36 f.; Schwarz 1998, 122 f.).

So kam es, dass der Reichstag sich neben den eigentlich angesetzten reichspolitischen Fragen auch mit der „causa Lutheri“ beschäftigte.

Am 17. April 1921 wurden Luther im Verhör vor dem „Kaiser und Reich“ (Schwarz 1998, 124) zusammen mit der Vorlage seiner Bücher zwei Fragen gestellt. Zum einen, ob er diese unter seinem Namen verbreiteten Schriften als die seinigen anerkenne, zum anderen, ob er bereit sei, diese zu widerrufen (vgl. WA 7, 828, 4-6). Die erste Frage bestätigte Luther sogleich, für die Beantwortung der zweiten erbat er sich einen Tag Bedenkzeit. Am 18. April äußerte sich Luther dann wie folgt vor dem Kaiser und dem Reichstag: „Weyl dann Eur hay. Mayt. und Gnaden ein schlechte [= schlichte] antwort begern, so will ich eyn unstössige und unpeyssige antwort geben disser massen: Es sey dann, das ich durch getzeugnuß der schrift uberwunden werd oder aber durch scheynlich ursachen (dann ich glaub wider dem Bapst nach den Concilien allein, weil es am tag ist, das diesselben zu mermaln geirrt und wider sich selbst geredt habenn) uberwunden werd [.] Ich bin uberwunden durch die schriften, so von mir gefurt, und gefangen im gewissen an dem Wort Gottes. Derhalben ich nichts mag noch will widerruffenn, Weil wider das gewissenn zu handeln beschwerlich, unheilsam und ferlich ist. Gott helff mir, Amen“ (WA 7, 876, 9 – 877, 6).

[...]


[1] Papst Leo X. war auf die gute Gesinnung des sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen, den Protektor Luthers angewiesen, um seine Interessen in der bevorstehenden Kaiserwahl verfolgen zu können (vgl. Blickle 2000, 187; Moeller 1999, 59; Schorn-Schütte 2000, 33).

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Der Fürst als Notbischof - Luther und die Fürstenreformation
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen  (Katholisch-Theologische Fakultät)
Veranstaltung
Grundkurs Kirchengeschichte
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
19
Katalognummer
V12260
ISBN (eBook)
9783638181884
ISBN (Buch)
9783640892587
Dateigröße
974 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fürst, Notbischof, Luther, Fürstenreformation, Grundkurs, Kirchengeschichte
Arbeit zitieren
Martina Schnetter (Autor:in), 2002, Der Fürst als Notbischof - Luther und die Fürstenreformation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12260

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