Die Schlacht von Cannae 216 v. Chr.


Hausarbeit, 2008

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Vorgeschichte

3. Aufstellung und Taktik

4. Verlauf

5. Ergebnisse

6. Folgen
6.1 Reaktionen in Rom
6.2. Marsch auf Rom
6.3 Situation in Italien

7. Schlussbetrachtung

8. Quellen- und Literaturverzeichnis
8.1 Monographien
8.2 Aufsätze
8.3 Internet

9. Anhang
a. Marsch nach Cannae
b. Lage von Cannae in der Ebene
c. Schlachtaufstellung
d. Verlauf der Schlacht
e. Zusammenfassung: Ursachen der römischen Niederlage

1. Einleitung

„Nichts ist der Diskussion würdiger, als wenn eine große Schlacht verloren gegangen ist, deren Verluste sich ins Unfassbare beziffern und die eine Dimension erreichen, daß sie die Existenz des Besiegten aufs Spiel setzen. So ähnlich erging es den Römern nach der Schlacht bei Cannae, 216 v. Chr., während des Zweiten Punischen Krieges, als Hannibal […] die Weltmacht in ihren Grundfesten erschütterte. Über kaum eine Schlacht der Antike ist mehr geschrieben und gerätselt worden wie über diese, und kaum ein anderes Thema hat seit damals das Denken der Strategen stärker beflügelt und Kriegsberichterstattern eine größere Anteilnahme entlockt als das der Kesselschlacht. Die Menschen damals, soweit sie sich als Römer oder deren Bundesgenossen sahen, begannen an sich selbst und ihrer militärischen Überlegenheit zu zweifeln. […] Was waren die Gründe gewesen, die dem Barbaren Hannibal solch überschwänglichen Erfolg verliehen, und wieso kam es trotz ihrer zahlenmäßigen Unterlegenheit zu einem so durchschlagenden Erfolg der Karthager, der Rom fast den Atem stocken und es am Ende, wie durch ein Wunder, doch noch den Sieg davontragen ließ?“[1]

Wie das Zitat bereits deutlich macht, stellte die Schlacht von Cannae 216 v. Chr. einen bedeutenden Einschnitt im 2. Punischen Krieg dar. Ihre Auswirkungen erreichten eine Dimension, die die römischen Bürger nur selten erlebt hatten. Besonders die Frage, weshalb der Marsch auf Rom ausblieb, machte mich neugierig. In dieser Hinsicht reizte mich dieses Thema, aufgrund seiner Einzigartigkeit und weit reichenden Folgen.

Die Arbeit hat das Anliegen, einen Überblick über die Geschehnisse der Schlacht zu geben. Dabei sollen auch militärtaktische Überlegungen, wie die Aufstellungen, Truppenbewegungen und Strategien berücksichtigt und vor allem die Folgen der Schlacht erörtert werden. Und welche Bedeutung hat die Schlacht für die neuzeitliche Geschichte?

Als Quellen dienten mir Polybios mit seiner „Geschichte“[2] und Livius mit seinem Werk „ab urbe condita“.[3] Für die Kartenausschnitte habe ich den Schlachtenatlas von Kromayer verwendet.[4]

2. Vorgeschichte

Hannibal war bis in das Jahr 216 v. Chr. sehr schnell nach Italien marschiert. Nach den Schlachten am Ticinus und an der Trebia 218 v. Chr., wo er die Römer bereits geschlagen hatte, fügte er ihnen im Frühjahr 217 v. Chr. mit der Schlacht am Trasimenischen See eine weitere katastrophale Niederlage zu. Damit hatte er sich den Weg nach Mittel- und Süditalien freigemacht.[5]

216 v. Chr. hatte sich der Stellungskampf in Gereonium verfestigt, wobei es zu wenigen belanglosen Gefechten kam.[6] Während dieser Zeit reduzierten sich Hannibals Vorräte immer mehr[7] und er entschloss sich, nach Süden zu ziehen,[8] um dort den Gegner möglichst schnell zu einer Schlacht zu zwingen:

„Hannibal hatte die feste Absicht, i. J. 216 im Kampf um Italien die militärische Entscheidung herbeizuführen. Um dieses Ziel zu erreichen, mußte er den Feind zur Aufgabe seiner defensiven Strategie zwingen. Er hatte eine Situation zu schaffen, in der die Consuln nicht mehr umhin konnten, sich ihm in einer Schlacht zu stellen. Für diesen Zweck schien ihm die Besetzung der Burg der kleinen apulischen Stadt Cannae ein geeignetes Mittel zu sein.“[9]

Cannae bot Hannibal zwei Vorteile. Die Burg diente den Römern als wichtiger Lagerraum für Getreide,[10] mit dessen Einnahme die Versorgung seiner Truppen sichergestellt war. Zum anderen lag Cannae in einer Ebene,[11] in der sich Hannibals starke Kavallerie bestens entfalten konnte.[12] Auf die Einnahme der Stadt folgte der Senatsbeschluss zur Schlacht von Seiten der Römer.[13] Den Oberbefehl über die römischen Truppen hatten Lucius Aemilius Paulus und Gaius Terentius Varro, die sich täglich abwechselten.[14] Auch viele ehemalige Konsuln, Quästoren, Senatoren und Militärtribune beteiligten sich am Feldzug.[15] Es lässt sich erkennen, welche Bedeutung die Römer dieser Schlacht beimaßen.

Nach einigen gegenseitigen Reizungen[16] unterbreitete Hannibal den Römern am 1. August das Angebot zur Schlacht.[17] Aber Paulus, der an diesem Tag den Oberbefehl hatte, nahm die Schlacht nicht an.[18] Es ist überliefert, dass Paulus – im Unterschied zu Varro – eine Schlacht in der Ebene von Cannae vermeiden wollte und es daher zu Uneinigkeiten zwischen den beiden Konsuln kam.[19] Nach der Ablehnung des Paulus schickte Hannibal seine numidischen Kavalleristen über den Fluss, um die Wasserholer des kleineren römischen Lagers anzugreifen.[20] Damit wollte er Varro, der als kriegslüstern galt, zum Kampf provozieren. Und am folgenden Tag, am 2. August, an dem Varro das Kommando innehatte, nahm er das Angebot zur Schlacht an. Die bedeutsamste Aufgabe der Konsuln war die psychische Einstimmung und Motivation der Soldaten auf die Schlacht.[21] Polybios überliefert hierzu eine Ansprache des Paulus:

„Denn erstens sind wir beide hier zugegen … nicht allein, sondern wir haben auch die Konsuln des Vorjahres zu bleiben vermocht, an diesem Kampf teilzunehmen. Ihr aber habt nicht nur die Bewaffnung, die Schlachtordnung, die Stärke des Feindes kennengelernt, sondern steht bereits das zweite Jahr fast Tag für Tag mit ihm im Kampf. Da also alle einzelnen Bedingungen … sich ins Gegenteil verkehrt haben, dürfen wir erwarten, daß auch der Ausgang des jetzigen Kampfes ein entgegengesetzter sein wird. Denn es wäre seltsam, oder vielmehr, es ist geradezu unmöglich, daß wir … unterliegen sollten. Deshalb, Leute, da alle Voraussetzungen für den Sieg erfüllt sind, ist nur eins nötig, euer Wille und eure Einsatzbereitschaft … dann werdet ihr in den Kampf gehen mit dem Bewußtsein, daß für das Vaterland jetzt nicht diese Legion allein, sondern alles auf dem Spiele steht. … Denn all seine Anstrengungen und seine Kräfte hat es in euch vereinigt, alle Hoffnungen auf Rettung hat es auf euch gesetzt. Täuscht es jetzt nicht ... sondern stattet dem Vaterland den Dank ab, den ihr ihm schuldet…“[22]

3. Aufstellung und Taktik

Varro ließ am[23] nächsten Morgen die Truppen aus beiden Lagern ausrücken und stellte sie auf dem rechten Ufer des Aufidus[24] mit der Front in Richtung Süden auf. Auf dem rechten Flügel postierte er die römische Reiterei, die unter dem Kommando von Paulus stand. Den linken Flügel nahmen die bundesgenössischen Kavalleristen ein, die dem Oberbefehl von Varro folgten. Im Zentrum formierte er das Fußvolk, „wobei er die Manipeln dichter stellte als sonst und in jeder einzelnen die Tiefe um ein Vielfaches größer machte als die Frontbreite.“[25] Hier war der Befehlshaber Gnaeus Servilius Geminus.[26] Vor dem ganzen Heer platzierte er die Leichtbewaffneten in erster Front.

Hannibals Aufstellung in Richtung Norden sah nun wie folgt aus: In vorderster Linie standen die Balearer und Lanzenträger, die den Römern taktisch klug die Einsicht auf das karthagische Zentrum verwehrten.[27] Auf dem linken Flügel befanden sich die iberischen und keltischen Kavalleristen, unter dem Kommando von Hasdrubal. Die rechte Flanke bildeten die numidischen Kavalleristen, die dem Befehl von Hanno gehorchten.[28] Im Zentrum formierte Hannibal iberische, keltische und libysche Infanteristen, wobei die letzteren jeweils rechts und links von der Mitte platziert waren. Über die Fußsoldaten hatten Hannibal und Mago die Leitung inne. Nachdem das Zentrum in einer Linie gruppiert war und die Leichtbewaffneten dem Gegner die Sicht versperrten, bildete der Kern, d.h. die Iberer und Kelten eine mondsichelförmige Krümmung, indem sie ein Stück vorrückten. Die Libyer blieben auf der Höhe der Reiterei stehen.

Was die Anzahl der Soldaten betrifft, schwanken die Angaben der Autoren. Einigkeit besteht jedoch in der numerischen Überlegenheit der karthagischen Kavallerie und der römischen Infanterie gegenüber dem Gegner. Und dies sollte auch die Strategie bestimmen. Polybios überliefert auf römischer Seite 80000 Infanteristen und 6000 Kavalleristen. Im karthagischen Heer kämpften 50000 Soldaten, davon 10000 Reiter und 40000 Fußsoldaten.

Aus der Aufstellung war auch die Strategie der Feldherren erkennbar. Zur Taktik der Römer schreibt Huß:

„Varro [verfolgte] den Plan … mit Hilfe der massiert aufgestellten Infanterie das Zentrum des karthagischen Heeres niederzuwalzen – standen hier doch 80000 römischen nur 40000 karthagische Infanteristen gegenüber!“[29]

Die Römer wollten also in der Mitte ihre numerische Überlegenheit ausnutzen. Die wichtigen und folgenschweren Gefechte vermuteten sie allerdings auf den Flanken, denn hier hatten die Konsuln des Jahres die Befehlsgewalt.[30] Hannibals Überlegungen, um dem entgegenzuwirken, sahen folgendermaßen aus: Die iberischen und keltischen Infanteristen, die durch die mondsichelförmige Krümmung gestaffelt nach vorn getreten waren, trafen auf die dominanten Fußsoldaten und sollten deren ersten Aufprall vermindern. Außerdem mussten sie weiteren Druck abwehren, indem sie nach und nach zurückgingen, bis auf die Höhe der libyschen Infanteristen.[31] Nachdem dieser Punkt erreicht war, hakten sich die Afrikaner ein und griffen die Römer von den Seiten an. Parallel zum Kampf im Zentrum verliefen die Gefechte der Reiterei. Hannibal erhoffte sich einen schnellen Sieg seiner Kavallerie, damit sie den Infanteristen zu Hilfe kommen konnte. Aber die Entscheidung über Sieg und Niederlage würde hauchdünn ausgehen:

„Der Sieg aber würde … davon abhängen, ob es den Infanteristen gelingen würde, den Durchbruch der feindlichen Walze so lange zu verhindern, bis die Kavalleristen auf den Flügeln gesiegt hätten und in der Lage wären, die römischen Infanteristen im Rücken anzugreifen.“[32]

Weil nach Meinung von Hannibal der Ausgang der Schlacht von den Kämpfen im Zentrum abhängig war, übernahm er hier selbst das Kommando über seine Truppen.[33]

Welche Taktik letztendlich Erfolg hatte und wie die Schlacht ausging, wird nun im Folgenden untersucht.

[...]


[1] Hiebl: Einige Beiträge zur Antike, http://www.manfredhiebl.de/Antike/cannae.htm, 04.03.2008.

[2] Polybios. Eingeleitet und übertragen von Hans Drexler (1961): Geschichte. Gesamtausgabe in zwei Bänden. Zürich.

[3] Livius, Titus. Übersetzt und herausgegeben von Ursula Blank – Sangmeister (2000): Ab urbe condita, liber XXII. Stuttgart.

[4] Kromayer, J./Veith, G. (1912): Antike Schlachtfelder, Bausteine einer antiken Kriegsgeschichte, Band 3: Italien und Afrika. Berlin.

[5] vgl. Bringmann, K., Punische Kriege, in: Cancik, H. (Hrsg.) (2001): Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Band 10. Stuttgart u.a., 590ff.

[6] vgl. Seibert, J. (1993): Hannibal. Darmstadt, S. 187.

[7] Liv. XXII 43, 2.

[8] siehe Karte 1, Anhang 9.a.

[9] Huß, W. (1985): Geschichte der Karthager (HdAW III,8). München, S. 327.

[10] Polyb. III 107.

[11] siehe Bild 1, Anhang 9.b.

[12] Liv. XXII 44, 4. Für die Vorteile vgl. auch Mommsen, T. (1976): Römische Geschichte, Band 2: Von der Einigung Italiens bis auf die Unterwerfung Karthagos und der griechischen Staaten. München, S. 127.

[13] Polyb. III 107.

[14] vgl. Huß (1985), 327f.

[15] Liv. XXII 49, 16 – 17. Bei der Aufzählung der Gefallenen wird deutlich, wie viele hochrangige Politiker Roms an der Schlacht teilgenommen hatten.

[16] In III 110 berichtet Polybios u.a. von einem Angriff Hannibals auf die anmarschierenden römischen Truppen.

[17] Vgl. Huß (1985), 328.

[18] Polyb. III 112.

[19] Polyb. III 110.

[20] Polyb. III 112 und Liv. XXII 45, 2.

[21] vgl. Seibert (1993): Hannibal, 188f.

[22] Polyb. III 109.

[23] Zur Aufstellung siehe Karte 2 und 3, Anhang 9.c. Für die Aufstellungen und Zahlen habe ich mich weitestgehend an Polyb. III 113-114 orientiert.

[24] Über rechtes oder linkes Flussufer als Ort der Schlacht gibt es zahlreiche Hypothesen. Kromayer stellt überzeugend dar, dass es sich bei dem rechten Ufer unterhalb von Cannae eindeutig um den Ort der Ereignisse handeln muss. Vgl. Kromayer/Veith (1912), S. 280ff.

[25] Polyb. III 113.

[26] Liv. XXII 45, 8. Polybios berichtet hingegen, dass neben Geminus auch Marcus Atilius Regulus ein Kommando über die Infanterie hatte. Laut Polybios sind beide in der Schlacht gefallen. Livius berichtet zwar von einer Beteiligung des Regulus am Feldzug nach Cannae, doch wegen seines hohen Alters wurde er nach Rom zurück geschickt (Liv. XXII 40, 6). Die Version des Livius ist richtig, denn Regulus hat nach der Schlacht noch gelebt und wurde 214 v. Chr. Zensor. Vgl. Deißmann – Merten, M., Regulus, in: Ziegler, K./Sontheimer, W. (Hrsg.) (1979): Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike. Band 4. München, 1369, 15-24.

[27] Vgl. Seibert (1993): Hannibal, 193.

[28] Auch über das Kommando auf dem linken karthagischen Flügel gibt es Uneinigkeit. Polybios benennt in III 114 Hanno als Befehlshaber, Livius XXII 46, 7 schreibt Maharbal. Vielleicht wurde der Name Maharbal nachträglich aufgrund der Legende (siehe 6.2.) übernommen.

[29] Huß (1985), 330.

[30] vgl. Seibert (1993): Hannibal, 192.

[31] vgl. ebd., 193.

[32] Huß (1985), 330f.

[33] vgl. Seibert (1993): Hannibal, 193.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Schlacht von Cannae 216 v. Chr.
Hochschule
Universität Leipzig  (Historisches Seminar, Lehrstuhl für Alte Geschichte)
Veranstaltung
Die Punischen Kriege
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
19
Katalognummer
V122565
ISBN (eBook)
9783640279074
Dateigröße
1364 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schlacht, Cannae, Punischen, Kriege
Arbeit zitieren
Juliane Schadeck (Autor:in), 2008, Die Schlacht von Cannae 216 v. Chr., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122565

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