Natürliche, gesellschaftliche, spontane und künstliche Elemente der Geldordnung, die geldwirtschaftliche Anarchie


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

21 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriff und Definition von Geldordnung
2.1 Natürliche Elemente der Geldordnung
2.2 Historische Betrachtung der natürlichen Geldordnung
2.3 Wesenszüge der natürlichen Geldordnung

3. Anarchische Elemente der Geldordnung
3.1 Historische Betrachtung der anarchischen Geldordnung
3.2 Wesenszüge der anarchischen Geldordnung

4. Gesellschaftsvertragliche Elemente der Geldordnung
4.1 Historische Betrachtung der gesellschaftsvertraglichen Geldordnung
4.2 Wesenszüge der gesellschaftsvertaglichen Geldordnung

5. Spontane Elemente der Geldordnung
5.1 Historische Betrachtung der spontanen Geldordnung
5.2 Wesenszüge der spontanen Geldordnung

6. Künstliche Elemente der Geldordnung
6.1 Historische Betrachtung der künstlichen Geldordnung
6.2 Wesenszüge der künstlichen Geldordnung

7. Bedeutung der verschiedenen Elemente aus heutiger Sicht

8. Ein Geldordnungsdiagramm Eingliederung der Geldordnungen anhand ihrer Elemente

9. Fazit und Zusammenfassung

10. Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Das Geld gilt als einer der Grundstoffe,

mit denen die Menschheit die Architektur der Zivilisation errichtet."

Lewis Lapham

Die Entstehung des Geldes ist untrennbar mit der Entwicklungsgeschichte von Volkswirtschaften verbunden. Die Geldordnung hat einen bedeutenden Einfluss auf die Stabilität und das Wachstum jener. Die Bedürfnisse der Gesellschaft ändern sich im Zeitablauf und die Geldordnung passt sich jenen an. Es gibt diverse Elemente, die im Zeitablauf die Geldordnung dominieren und das Ziel dieser Hausarbeit ist es, die natürlichen, gesellschaftsvertraglichen, spontanen, künstlichen und anarchischen Elemente darzustellen. Um mit der Bearbeitung zu beginnen, muss die Definition der Geldordnung geklärt werden und ob jene eher durch künstliche oder durch natürliche Elemente dominiert sein sollte. Des weiteren soll auf die Rolle des Staates in der Geldordnung eingegangen und die Frage beantwortet werden, ob eine Geldordnung nur stabil ist, wenn sie von unabhängigen Notenbanken gelenkt wird bzw. wie eine Geldordnung aussieht, wenn sie von privaten Kreditinstituten geführt wird. Zuletzt wird in dieser Arbeit versucht zu klären, in wie weit eine größtmögliche Stabilität des volkswirtschaftlichen Wettbewerbs mit Hilfe jener Elemente gewährleistet werden kann. Beginnend mit der Definition des Begriffs "Geldordnung" sowie der einzelnen Bestandteile "Geld“ und "Ordnung“ werden folgend die genannten Elemente vorgestellt, wobei dabei besonders auf die Historie eingegangen wird, da sich die einzelnen Eigenarten und Ideen der jeweiligen Elemente aus jener sowohl schlussfolgern,als auch erklären lassen. Bei jenem Vorgehen erhält man gleichzeitig eine Übersicht über die Entstehung der Elemente im Zeitablauf. Schließlich möchte ich auf die heutige Relevanz der Elemente eingehen und versuchen, diese in einem Modell zusammenzufügen, um daraus eine Empfehlung für eine stabilere Geldordnung abzuleiten.

2 Begriff und Definition von Geldordnung

Um den Begriff der Geldordnung zu erläutern, muss zunächst auf die Definition von Geld eingegangen werden: Grundsätzlich kann man sagen, dass alles was im Rahmen des nationalen Zahlungsverkehrs einer Volkswirtschaft zur Bezahlung von Gütern und Dienstleistungen akzeptiert wird unter dem Begriff Geld zusammengefasst werden kann.[1] Geld dient somit als Zwischentauschmittel. Der Unterschied zu anderen Tauschmitteln liegt darin, dass durch den Tausch nicht unmittelbar der Bedarf des Tauschpartners befriedigt, sondern ihm ermöglicht wird, mittels Geld jenen Bedarf zu decken. Bei dem direkten Tausch (Tausch eines Gutes gegen ein anderes) treten verschiedene Schwierigkeiten, wie z.B. das Finden eines Tauschpartners, die Teilbarkeit von Gütern, Transportprobleme, Verderblichkeit etc. auf.[2] Geld besitzt neben einer Tausch- und Zahlungsmittelfunktion eine Wertaufbewahrungs- (da es haltbar und knapp ist) und eine Recheneinheitsfunktion. Ein allgemein anerkannter Wertmesser schafft bei der Heterogenität der auf den Märkten getauschten Objekte einen Vergleichsmaßstab und erleichtert den Wirtschaftsverkehr innerhalb einer Volkswirtschaft. So müssen Güter und Dienstleistungen nicht mehr in relativen Preisen-, sondern können in absoluten Preisen angegeben werden.[3] Geld vereinfacht alle Arten der Akkumulation, mobilisiert Reserven, ermöglicht erstaunliche Transformationen über Zeiten und Räume hinweg. Ohne jenes ist eine komplexe arbeitsteilige Wirtschaft nicht vorstellbar.[4]

Der zweite Bestandteil von Geldordnung ist der Begriff "Ordnung". Walter Eucken sieht in dem heutigen Ordnungsbegriff eine Sache, die zur Erfassung aller wirtschaftlichen Prozesse zu einem speziellen Zeitpunkt dient. Er sagt, dass der Mensch nicht nur wissen will, wie jene konkrete Ordnung aussieht, sondern dass der Mensch auch immer nach einer besseren Ordnung strebt.[5] Angel Rugina empfindet gerade das Registrieren jener Ordnung für die Wissenschaft als besonders elementar. Seiner Meinung nach fällt es schwer, etwas Nützliches und Sinnreiches über die Tätigkeiten innerhalb einer Volkswirtschaft, über die Individuen, über den Güterstrom und die Kombination dieser Faktoren zu sagen, wenn die (Wirtschafts-) Ordnung nicht klar erkannt wird.[6] Geldordnungen spiegeln die strukturelle Betrachtung des Verhältnisses zwischen Wirtschaft und Staat in einer Gesellschaft wider und dienen der Erhebung der Geldwirklichkeit im Rahmen eines volkswirtschaftlichen Raumes.[7] Abhängig von Wirtschaftsraum und Staatsform können verschiedene Komponenten von Geldordnungen nebeneinander bestehen. Eine dezentral strukturierte Wirtschaftsordnung ist auf eine Koordination der Wirtschaftssubjekte angewiesen, während bei einer zentral organisierten Wirtschaftsordnung Geld eine eher untergeordnete Rolle spielt, da die Steuerung von wirtschaftlichen Prozessen nicht über die am Markt geltenden Preise, sondern durch staatliche Stellen erfolgt. Letztere führen ihre wirtschaftlichen Aktivitäten über den Preismechanismus durch. Die Geldordnung hat hier die große Aufgabe, die Existenz eines funktionierenden Preismechanismus sicherzustellen sowie für eine gut organisierte wettbewerbliche Wirtschaft zu sorgen.[8] In der Historie gibt es mehrere Elemente, von denen in dieser Arbeit die fünf Bedeutendsten einzeln dargestellt werden. Man findet sie in jedem volkswirtschaftlichen Raum, sie bedingen sich teilweise und funktionieren oft nur im Zusammenspiel.

3 Natürliche Elemente der Geldordnung

3.1 Historische Betrachtung der natürlichen Geldordnung

Bereits vor der Antike werden Güter und Gegenstände (z.B. Kühe, Korn, Pelze) als Tausch- und Rechenmittel verwendet, welche allgemein eine hohe Wertschätzung genießen. Die Wertannahmen für diese kostbaren Güter basieren auf humanistischem sowie soziokulturellem Denken und werden durch die Mitwirkung der Inputfaktoren Natur, Arbeit und Kapital maßgeblich mitbestimmt.[9] Durch zum Teil bereits genannte Vorteile (z.B. Teilbarkeit, Gleichartigkeit, stoffliche Homogenität, geringe Münzanzahl für hohe Werte, etc.) setzt sich das Münzgeld sehr schnell gegen das Naturalgeld durch.[10] Das metallistische Wertsystem, welches begründet, dass der Stoffwert der Münze dem Wert des Geldes entspricht, dominiert bis zur Auflösung des Goldstandards im 20. Jahrhundert.[11] Auch wenn es in der Antike eine vorwiegend natürliche Geldordnung gibt, werden jene durch künstliche Elemente angereichert, indem bspw. Münzen geprägt werden, um eine Funktionstüchtigkeit der natürlichen Geldordnung in der Praxis sicherzustellen. Dieser Ansatz bildet die Basis für die Konventionstheorie, die bei Platon und Aristoteles ihren Ursprung findet. Platon sieht Geld als ein „verabredetes Zeichen für den Tausch“, bzw. als ein „Symbol oder Zeichen“ an.[12] Aristoteles beobachtet, dass das Geld durch die Übereinkunft der Menschen entstanden sei, nicht durch die Natur, sondern durch das Gesetz.[13] Er spricht weiterhin von der quantitativen Vergleichbarkeit der Leistungen und hebt den staatlichen Einfluss auf den Wert des Geldes hervor.[14] Wenn man die Konventionstheorie auf Heute beziehen würde, läge der Ursprung und somit der Kaufwert des Geldes in der staatlichen Autorität.[15]

3.2 Wesenszüge der natürlichen Geldordnung

Voraussetzung für eine natürliche Geldordnung ist im Wesentlichen die Wertvorstellung für Gold und Silber sowie das Vertrauen in die Wertstabilität jener Metalle. „Menschen müssen mit der monetären Recheneinheit irgendeine reale Vorstellung verbinden können, was das Geld "wert ist". Was heute als Geld akzeptiert wird, muss auch Akzeptanz in der Zukunft haben.“[16]

Natürliche Geldordnungen funktionierten in der Praxis nur, wie bereits oben angedeutet, durch Anreicherung mit künstlichen, vom Staat beeinflussten Elementen (z.B. Schutz vor Betrug oder Täuschung im Handelsverkehr). Auch sollte ein hoheitliches Monopol auf die Schaffung und Ausgabe von Geld verordnet werden, damit nicht jede Person selbständig Geld prägen kann. Dies, sowie die Wertaufbewahrung und den Tausch von in- und ausländischer Währungen, übernahmen die Vorläufer der heutigen Noten- und Geschäftsbanken.[17]

4 Anarchische Elemente der Geldordnung

4.1 Historische Betrachtung der anarchischen Geldordnung

Der Begriff Anarchie[18] bezeichnet einen Zustand der fehlenden gesellschaftlichen Ordnung. Sie stellt das Pendant zur staatlichen Ordnung dar.

Besonders seit dem Mittelalter gibt es immer wieder Phasen mit einem anarchischen Geldwesen. Vor allem zu Kriegszeiten heben verschiedene Staaten für die Finanzierung ihrer Feldzüge ihre Ausgaben immens an, was zu einer geringeren Geldwertstabilität und somit zu einer hohen Inflationsrate führt. Bei dem anarchischen Geldwesen fehlt es an einer beständigen, inländischen Währung. Sie besitzt keine oder wenige künstliche Elemente und der Staat besitzt keine Möglichkeit der Einflussnahme. In Folge einer instabilen inländischen Währung kommt es zu Naturaltausch sowie zur Verwendung ausländischer Währungen. Oft wird dabei auf Edelmetalle wie Gold und Silber zurückgegriffen, was wiederum eine Rückentwicklung auf natürliche Elemente darstellt. Ein anderer Auslöser für eine Inflation ist im 18. und 19. Jahrhundert die massive Einführung von Papiergeld in diversen europäischen Ländern, was ebenso einen Grundstein für ein anarchisches Geldwesen darstellt. In Frankreich kommt es bspw. durch John Law 1717-1719 zu einer ersten Papiergeldinflation und das Geldsystem bricht 1719 „nach exzessiven Aktienspekulationen in weiten Teilen der Englischen Gesellschaft...zusammen.“[19] Dem „Greshamshen Gesetz“ entsprechend kommt es zu einer Verdrängung des "guten Geldes" durch das "schlechte Geld".[20] In diesem Fall wird die "gute" Gold- und Silberwährung durch das "schlechte" Papiergeld (mandats) dominiert. Voraussetzung für die Gültigkeit des Greshamshen Gesetzes ist jedoch das Vorhandensein von festen Wechselkursen zwischen den einzelnen Geldarten (Doppelwährung).[21] Eine ähnliche Ablösung der Silbermünzen findet bspw. in Österreich (1790-1811) und in Schweden (1740-1763) statt.[22] Umgekehrt kann es aber auch im Rahmen des Anti- Greshamshen Gesetzes zu einer Ablösung des schlechten Papiergeldes durch das gute Geld in Form von Gold und Silber kommen. Dieses Mal sind jedoch flexible Wechselkurse als Voraussetzung für die Gültigkeit des Anti-Greshamshen Gesetzes notwendig. Zu solch einer Ablösung des Papiergeldes kommt es bspw. am Ende der französischen Revolution gegen 1789-1797.[23] Anarchische Elemente einer Geldordnung sind auch in der Banking Schule zu erkennen, die eine stabile Geldpolitik durch eine Monopolisierung der Banknotenemission durch die Bank of England erreichen will, welche ca. um 1800 entsteht und sich im 19. Jh. im ideologischen Wettstreit mit der Currency Theorie (vgl. gesellschaftsvertragliche Elemente der Geldordnung) befindet.[24] Für Thomas Tooke (1774-1858), der Hauptverfechter der Banking Schule, üben nicht nur Münzen (Banknoten und Geld im engeren Sinn) Geldfunktion aus und beeinflussen somit das Preisniveau, sondern auch Geldsurrogate (z. B. Handelswechsel, Kredite); daher müssen auch diese in die für das Preisniveau maßgeblichen monetären Größen einbezogen werden.[25] Die Banking Schule verfolgt, im Gegensatz zur Currency Theorie, eine Geldpolitik, in der die jeweilige Regierung nur eingeschränkte Interventionsmöglichkeiten besitzt. In seinen Ausführungen geht Tooke zudem davon aus, dass das Geldsystem elastisch ist und dass abhängig von der gegebenen konjunkturellen, wirtschaftlichen Situation, immer genügend liquide Mittel, aufgrund des Sicherheitsbedürfnisses der Notenbanken, zur Verfügung

[...]


[1] Vgl. Jarchow , Hans-Joachim, Theorie, 2003, S.1

[2] Vgl. Mussen, Gerhard, Geldwesens, 2006, S.17

[3] Vgl. Bofinger et. al., 1996, S.460 ff.

[4] Vgl. Weimer, Wolfram, Geschichte, S.6 f.

[5] Vgl. Eucken, W., Grundsätze, 1990, S.372 f.

[6] Vgl. Rugina, Angel, Geldtypen, 1949, S.162.

[7] Vgl. Rugina, Angel, Geldtypen, 1949, S.163 ff.

[8] Vgl. Terres, Paul, Logik, 1999, S.1 f.

[9] Vgl. Rugina, Angel, Geldtypen, 1949, S.55f.

[10] Vgl. Rugina, Angel, Geldtypen, 1949, S.62.f.

[11] Vgl. Mussel, Gerhard, Geldwesen, 2006, S. 20f.

[12] Vgl. Miller, Constantin, Geschichte, 1925, S.7.

[13] Vgl. Rolfes, Eugen, Nikomachische, 1985, S.113.

[14] Vgl. Rolfes, Eugen, Nikomachische, 1985, S.113.

[15] Vgl. Terres, Paul, Logik, 1999, S.20.

[16] Duwendag, Ketterer, Kösters, Pohl, Simmert, Geldtheorie Europa, 1999, S.304

[17] Vgl. Anderegg, Ralph, Grundzüge, 2007, S.261

[18] Aus dem Griechischen:anarchía=ohne Herrschaft/ Führung

[19] Weimar, Wolfram, Geschichte, 1992, S.119

[20] Vgl. Mussel, Grundlagen, 2006, S.21

[21] Vgl. Bernholz, Peter, Bedeutung, 2005, S.137.

[22] Vgl. Bernholz, Peter, Bedeutung, 2005, S.137.

[23] Vgl. Bernholz, Peter, Bedeutung,, 2005, S.135ff.

[24] Vgl. Claasen, Emil-Maria, Grundlagen, 1980, S.16ff.

[25] Vgl. Tooke, Thomas, Geschichte, 1858, S.10ff.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Natürliche, gesellschaftliche, spontane und künstliche Elemente der Geldordnung, die geldwirtschaftliche Anarchie
Hochschule
Universität zu Köln
Veranstaltung
Hauptseminar VWL
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
21
Katalognummer
V122517
ISBN (eBook)
9783640278770
ISBN (Buch)
9783640282791
Dateigröße
556 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Natürliche, Spontane, Anarchische, Gesellschaftsvertragliche, Geldordnung, Elemente, VWL
Arbeit zitieren
Sarah Kirchen (Autor:in), 2008, Natürliche, gesellschaftliche, spontane und künstliche Elemente der Geldordnung, die geldwirtschaftliche Anarchie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122517

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