Venture Capital und Risikomanagement in Deutschland

Vertragliche und alternative Mechanismen


Studienarbeit, 2009

71 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Venture Capital und Risiko

III. Risikoanalyse des Venture Capital-Finanzierungsverhältnisses
1. Exogene Risiken
2. Endogene Risiken

IV. Risikomanagement durch Vertragsgestaltung
1. Vorvertragliches Risikomanagement
a. Signaling
b. Screening
c. Self Selection
2. Der Beteiligungsvertrag
a. Verhältnis des Beteiligungsvertrag zu gesetzlichen Regelungen und zur Satzung der Gesellschaft
b. Staging
c. Monitoring
d. Garantien
e. Geschäftsführungsersetzungsrecht
f. Wettbewerbsverbote
g. Exitvereinbarungen

V. Alternatives Risikomanagement
1. Risikomanagement durch vertrauensbildende Maßnahmen
2. Risikomanagement durch Intermediäre
a. Management und Vergütung
b. Portfoliodiversifikation

VI. Schlussbemerkung

Anhang

Vorbemerkung

Die Studienarbeit Venture Capital und Risikomanagement in Deutschland - Vertragliche und alternative Mechanismen ist durch das Seminar „Brennpunkte im Kapitalmarktrecht“ von Dr. Dirk A. Zetzsche, LL.M. (Toronto), Institut für Unternehmensrecht Düsseldorf und RA Dr. Timo Holzborn, Heisse Kursawe Eversheds im Wintersemester 2007/2008 an der Juristischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hervorgegangen. Die Seminararbeit und der mündliche Vortrag wurden mit 13 Punkten bewertet. Die vorliegende Studienarbeit geht über den Umfang der Seminararbeit hinaus. Ein Beitrag zur Venture Capital-Finanzierung, sowohl Grundlagen als auch Aspekte des Risikomanagements und Controllings, ebenso aufbauend auf der vorbenannten Seminararbeit, wurde veröffentlicht in der 2. Ausgabe 2008 des Freiburg Law Students Journal (Freilaw) und ist abrufbar unter http://www.freilaw.de/journal/de/ausgabe_8/8_Eckner_Grundlagen_VC.html. Insbesondere im Rahmen der Einleitung dieser Studienarbeit sei ergänzend auf den vorbenannten Beitrag verwiesen.

I. Einleitung

Nach einer[1] Rezession in den Jahren 2002 und 2003 zeigen sich die Beteiligungsgesellschaften in Deutschland zum Jahr 2006 wieder erholt.[2] In der diesseitigen Frühphasenfinanzierung mit Venture Capital lag das prozentuale Investitionsvolumen vorbenannter Beteiligungsgesellschaften bei 20,4 %.[3] Darunter sind jedoch nur 1,2 % in der seed -Finanzierung zu verzeichnen, d.h. in der Phase, in der das Innovationsvorhaben ausreift und umgesetzt wird.[4] Häufig liegt diese im Vergleich zur Expansionsfinanzierung oder zu Buy-Outs äußerst geringe Investitionsfreudigkeit an der Charakteristik einer Venture Capital-Beteiligung. Dies wird vor allem deutlich an den Risiken zu Beginn einer Finanzierung mit Venture Capital. Es fragt sich somit allgemein, ob für die Venture Capital-Finanzierung ein Risikomanagement existiert, das die vorbenannten Tendenzen des Investitionsvolumens auch in der seed -Phase zukünftig attraktiver aussehen lässt.

Zunächst werden daher, nach einer Charakterisierung von Venture Capital (II.), die der Finanzierung immanenten Risiken skizziert (III.). Daraufhin wird eine Auswahl von Vertragsgestaltungsmöglichkeiten unter risiko- und anreizpolitischen Maßstäben analysiert (IV.). Schließlich sind alternative Risikomanagementansätze bei der Venture Capital-Finanzierung aufzuzeigen (V.), um sodann die weiteren Entwicklungen des deutschen Venture Capital-Marktes in einem Ausblick zusammenzufassen (VI.).

II. Venture Capital und Risiko

Obwohl nur ein geringer Prozentsatz des Finanzierungsvolumens auf Venture Capital zurückgeht, wird deren allgemeine volkswirtschaftliche Bedeutung besonders hervorgehoben. Venture Capital leistet einen bedeutenden Beitrag zum Outsourcing von Forschung und Entwicklung aus dem öffentlichen Sektor und finanziert damit neue Produkte und Technologien.[5] Neben der hervorzuhebenden Hightech- und Innovationsfinanzierung leistet Venture Capital zugleich einen volkswirtschaftlichen Beitrag, indem es das Wachstum des Mittelstands finanziert und voranbringt.[6] Damit gehen gleichwohl höhere Beschäftigungszahlen einher, wie das o.g. Beispiel aus den U.S.A. zeigt. Der Beschäftigungsmotor verdeutlicht sich ferner in Anbetracht statistischer Zahlen. Eine Studie des U.S. General Accounting Office aus dem Jahr 1982 ergab, dass 72 neugegründete Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von U.S. $ in der Zeit von 1970 bis 1979 ca. 130.000 Arbeitsplätze geschaffen hat, wobei die in dieser Zeit insgesamt 1332 Venture Capital Unternehmen eine noch wesentlich höhere Dunkelziffer vermuten lassen.[7] Die Gründungsfinanzierung mit Venture Capital und deren in Deutschland vorzufindenden regionalen Besonderheiten hat letztlich auch die Verbesserung infrastruktureller Gegebenheiten zur Folge.[8] Lediglich dieser Ausschnitt der Bedeutung von Venture Capital-Finanzierungen zeigt nunmehr, dass die indifferente Aussage „Heuschrecken-Investoren“ den Kern des Beteiligungskapitals nicht treffen, zumindest nicht die der Venture Capital-Beteiligung.

Venture Capital ist weder gesetzlich definiert noch existiert in den Wirtschaftswissenschaften eine allgemeingültige Definition.[9] Den rechts- sowie wirtschaftswissenschaftlichen Disziplinen ist jedoch gemein, dass Venture Capital allgemein als Wagnis- bzw. Risikokapital bezeichnet wird.[10] Entgegen allgemeiner Synonyme ist es jedoch zielführender, Venture Capital als einen Finanzierungsprozess zu verstehen.[11]

Venture Capital bezeichnet danach eine zeitlich begrenzte Beteiligung am haftenden Kapital eines Unternehmens, die von einer Beratung und Betreuung durch den Venture Capital-Geber oder Dritte begleitet wird.[12]

Die Begriffsdefinition wird weiter konkretisiert, indem Venture Capital zu ähnlichen, andersartigen und ergänzenden Finanzierungsinstrumenten abgegrenzt wird. Im Rahmen des Beitrags soll diese Abgrenzung an einer typischen Bankenfinanzierung und einer ergänzenden Finanzierung durch Mezzanine erfolgen.

Die Unternehmensfinanzierung durch Kreditinstitute ist vereinfacht dadurch gekennzeichnet, dass sich der Kreditnehmer für die Kapitalbereitstellung zu einer Zahlung von Zinsen und im Fälligkeitsdatum des Kredites zu einer Rückzahlung des geschuldeten Kapitals verpflichtet.[13] Darüber hinaus wird das Kreditinstitut gegenüber dem Liquiditätsbedarf der Kreditnehmer bei Vertragsschluss die Stellung von Sicherheiten verlangen.[14] Eine Gruppe junger Naturwissenschaftler, die möglicherweise nach dem Abschluss der universitären Ausbildung eine Unternehmensgründung anvisiert, wird zur Stellung derartiger Kreditsicherheiten zumeist nicht in der Lage sein. Ist darüber hinaus das Ziel der betreffenden Gruppe, eine biotechnologische oder medizinische Innovation herzustellen und zu vertreiben, werden die Banken aufgrund des hohen Finanzierungsrisikos keine Kredite vergeben.[15] Venture Capital Geber, die nicht den bankenrechtlichen Richtlinien und Gesetzen (Stichwort „Basel II“[16]) unterliegen, sind an eine etwaige Stellung von Sicherheiten, Zinszahlungen und sonstigen Auflagen nicht gebunden und verlangen diese üblicherweise auch nicht. In jedem Falle bietet sich eine Finanzierung von jungen, technologieorientierten Unternehmen über Kreditinstitute mangels positiver Kreditwürdigkeitsprüfungen somit nicht an.[17]

Wie sich gezeigt hat, scheidet die Finanzierung von jungen Innovationsvorhaben durch Kreditinstitute in der Regel aus. Ist darüber hinaus die Beschaffung von Eigenkapital nicht möglich oder reichen die beschafften Mittel für das unternehmerische Vorhaben nicht aus, können mezzanine Finanzierungsinstrumente für den start-up der Idee herangezogen werden. Auch für den Begriff mezzanine ermangelt es einer allgemeingültigen Definition.[18] Mezzanine beschreibt jedenfalls nicht eine spezielle Rechtskonstruktion, sondern vielmehr einen Sammelbegriff für Kapitalbereitstellungsformen, wie z.B. stille Beteiligungen, Nachrangkapital, Genussrechte und Wandelschuldverschreibungen.[19] Die Besonderheit von Mezzanine-Kapital ist dessen Zwitterstellung, d.h. dass es sowohl eigen- als auch fremdkapitalähnlichen Charakter aufweist. Dementsprechend unterscheidet man zwischen Equity Mezzanine (darunter zählen z.B. stille Beteiligungen und Genussrechte) sowie Debt Mezzanine (z.B. Nachrang- oder partiarisches Darlehen). Der Vorteil von Mezzanine-Kapital gegenüber einer reinen Fremdfinanzierung über Banken ist die flexible (bilanzielle und steuerliche[20]) Gestaltungsmöglichkeit, die je nach Lebensphase der Unternehmung variiert werden kann.[21] Die mezzanine Finanzierung ist daher besonders geeignet zur Ergänzung einer Venture Capital-Beteiligung und somit zur Senkung des Liquiditätsbedarfs der wachstumsorientierten Unternehmensgründer.

Bevor weitergehend die Finanzierungsstrukturen und -phasen erörtert werden, bietet sich ein Blick auf die möglichen Beteiligten einer Venture Capital-Finanzierung an.

Der Entrepreneur ist die Zielgruppe eines Venture Capital Investments. Es handelt sich dabei in der Regel um junge, dynamische, wachstums- und technologieorientierte Unternehmen, vornehmlich des Mittelstands.[22] Entgegen dieser Zielgruppe, die zumeist nur eine Geschäftsidee und einen Businessplan vorweisen kann[23], ist ein typischer Venture Capital Nehmer hingegen auch ein bereits etabliertes Unternehmen, das durch die Kapitalbereitstellung z.B. neue Geschäftsfelder erschließen will.[24]

Der typische Venture Capital Geber sind sog. Venture Capital Fonds bzw. Gesellschaften. Hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingung können sich diese Unternehmen in der Kapitalanlagegesellschaft unter dem KAGG[25], in der Unternehmensbeteiligungsgesellschaft unter dem UBGG oder in sonstigen Rechtsformen, insb. der GmbH & Co. KG organisieren.[26] Welche Rechtsform gewählt wird, ist letztlich abhängig von der Zielsetzung der einzelnen Anteilseigner.[27]

Häufig wird der Begriff Inkubator mit Transferstellen an Universitäten, privaten Gründerzentren und Forschungseinrichtungen gleichgesetzt, verglichen oder definiert. Diese Einrichtungen offerieren einem potentiellen Unternehmensgründer jedoch nur punktuelle Hilfe und Unterstützung beim start-up, was der eigentliche Zielsetzung und Bedeutung des Inkubators jedoch nur teilweise entspricht. Eine Präzisierung ist mit Blick auf die Definition der National Business Incubation Association (NBIA) daher angebracht. Danach ist ein Inkubator

„a business support process that accelerates the successful development of start-up and fledgling companies by providing entrepreneurs with an array of targeted resources and services, […] developed or orchestrated by incubator management and offered both in the business incubator and through its network of contacts. A business incubator’s main goal is to produce successful firms that will leave the program financially viable and freestanding.“[28]

Nunmehr lässt sich feststellen, dass ein Inkubator als Dienstleistungsprovider und Coach[29] ein ganzheitliches Konzept verfolgt, dass sich primär auf den Zugang von Kontakten, die Vermittlung von gründungsspezifischem Know-how und einer intensiven Beratung bezieht und erst in zweiter Linie auf eine finanzielle Unterstützung. Gleichwohl besteht der direkte Zusammenhang zu Unternehmen und Universitäten in der Weise, als dass der Inkubator ungenutzte Innovationen und Entwicklungen aus ihnen für den Markt nutzbar macht. Die Vorteile des Inkubators bestehen daher insbesondere in der Ganzheitlichkeit der Programme.

So prangten die Schlagzeilen

„Kein Bedarf an Engeln“

und

„Hightech-Gründer verzichten […], weil sie keine Lust auf unerbetene Ratschläge haben“

in dem Financial Times Deutschland Magazin Enable[30] und eine Studie des Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim (ZEW)[31] unterstrich die allgemeine Skepsis gegenüber privaten Venture Capital Gebern. Doch was sind Business Angels und welche Bedeutung haben sie bei der Finanzierung von jungen Unternehmen wirklich?

Als Business Angels bezeichnet man private Investoren, die insbesondere in der Vorgründungsphase den Gründern nicht nur Eigenkapital, sondern aufgrund deren unternehmerischen Erfahrungen auch Betreuungs- und Beratungsleistungen zur Verfügung stellen.[32]

Die private Kapitalbereitstellung und die damit einhergehenden Leistungen werden zumeist als informelles Venture Capital bezeichnet[33]. Von dem im Zeitraum von 2001 bis 2005 ergangenen High-Tech-Gründungen wurden 3.700 über private Investoren, mithin Business Angels finanziert, was für deren allgemeine Bedeutung spricht.[34] Hervorzuheben ist, dass Business Angels (z.B. Family Offices) den Gründern in der Regel an ihrem Kontaktnetzwerk profitieren lassen. Summa summarum liegen die Vorteile einer Venture Capital-Finanzierung über Business Angels vor allem in der Bereitstellung von Kapital in der seed und start-up Phase eines Unternehmens und letztlich in der Beratungsleistung und Kontaktbereitstellung. Die obigen Schlagzeilen lassen jedoch bereits vermuten, dass die Gefahren einer Finanzierung über Business Angels in der unternehmerischen Selbstverwirklichung liegen. Durch die umfangreichen Leistungen der Business Angels verlangen diese nicht zuletzt auch umfangreichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen, wie z.B. gesteigerte Kontroll- und Informationsrechte. Freilich wird dies für Jungunternehmer abschreckend empfunden, wenn tendenziell die Gefahr besteht, dass sich die eignen Ideen, Entwicklungen und Entscheidungen von vornherein nur schwerlich realisieren lassen. Wie unter Teil III dieses Beitrags noch zu zeigen sein wird, bestehen jedoch auch bei der Beteiligung eines Venture Capital Fonds oder bei der Bereitstellung von Corporate Venture Capital gleich gelagerte Probleme. Die golden rule „He who has the gold makes the rules“[35] kann bei der Finanzierung über Business Angels jedoch noch am deutlichsten konstatiert werden.

Public Venture Capital Gesellschaften gehören in Deutschland zu einer beachtlichen Quelle der Gründungsfinanzierung. Dabei handelt es sich zumeist um (halb)staatliche Förderinstitutionen, die zu Förderzwecken auf regionaler Ebene und Bundesebene Gründer finanzieren.[36] Diese öffentlichen Investoren stellen unter unterschiedlichen Voraussetzungen, staatliche Fördergelder und Zuschüsse in Eigenkapital, eigenkapitalähnlichen Beteiligungen oder Fremdkapital bereit, die je nach ausgeschriebenem Programm in verschiedenen Lebensphasen des Unternehmens in Anspruch genommen werden können.[37] Solche Finanzierungsquellen sollten bei der Unternehmensgründung jedoch nie als fester Kapitalbestandteil eingeplant, sondern immer on top kalkuliert werden.[38] Dies liegt daran, dass sich die Bedingungen für die einzelnen Programme der Länder, des Bundes und der EU ständig ändern, zeitlich befristet sind oder gar eingestellt werden. Public Venture Capital kann jedoch durchaus eine ratsame und lohnenswerte Finanzierungsergänzung darstellen.

Hingegen ist Corporate Venture Capital durch das von industriellen Investoren bereitgestellte Kapital charakterisiert.[39] Industrielle Investoren sichern sich über Corporate Venture Capital als strategischer Partner den Zugang zu technologischen Innovationen (window on technology).[40] Diese Beteiligungsform ist jedoch seit 2000 tendenziell abnehmend und verliert zuweilen an Einfluss auf dem Venture Capital Markt.[41]

Die Finanzierung mit Venture Capital richtet sich in der Regel auf junge Innovationsvorhaben in der Frühphasenfinanzierung (early stage)[42], wobei auch later stage -Investments in Betracht kommen.[43] Die early stage-Phase kann wiederum in die Subphasen seed und start-up differenziert werden. Dabei handelt es sich um Investitionen in die Vorbereitungen und Vorplanungen des Unternehmens (seed) und die Gründungsfinanzierung (start up).[44] Der Leistungsempfänger ist zumeist ein risikoreiches und innovatives Technologieunternehmen.[45] Weitergehend sind denkbare Finanzierungsvorhaben sog. Ausgründungen (spin-offs) aus Industrie (corporate spin-off) und Universität (university spin-off).[46] In Anbetracht dieser Zielgruppe und der risikoreichen Frühphasenfinanzierung sind Banken aufgrund der hohen Anforderungen einer Kreditwürdigkeitsprüfung mit einhergehender Bereitstellung von Kreditsicherheiten keine geeigneten Finanzierungsquellen.[47] Deshalb trifft man bei der Venture Capital-Finanzierung auf besondere Kapitalgeber, die insoweit auf die Finanzierung der vorgenannten Innovationsvorhaben spezialisiert und ausgerichtet sind. Neben Beteiligungs-, Kapitalanlage- und sonstigen, frei typisierten Gesellschaften[48] trifft man in Deutschland zunehmend auf Business Angels. Dabei handelt es sich um Privatinvestoren, die insbesondere in der Vorgründungsphase neben Eigenkapital auch ihre unternehmerischen Kenntnisse und Kontaktnetzwerke zur Verfügung stellen.[49] Schließlich stammt ein nicht unbedeutender Teil der Gründungsfinanzierung aus öffentlichen Förderprogrammen (public venture capital) und von industriellen Investoren (corporate venture capital).[50] Gemein ist allen Kapitalgebern, dass sie die risikobehafteten Innovationsvorhaben finanzieren und dabei in der Regel keine Sicherheiten von den Entrepreneurs erhalten. Aus diesem Grund erfordert die Gründungsfinanzierung mit Venture Capital eine den vorbenannten Kreditsicherheiten gleichwertige Absicherung der Investoren. Welche Möglichkeiten sich diesbezüglich eröffnen, sei im Folgenden aufgezeigt.

Schließlich stellt sich die Frage, von welchem Risikobegriff das Venture Capital-Beteiligungsverhältnis ausgeht. Grundsätzlich kann Risiko im Sinne eines Finanzierungsvorhabens als Gefahr definiert werden, dass eine finanz-wirtschaftliche Kennzahl von einem wirtschaftlich prognostizierten Zukunftswert negativ abweicht und damit der aus der Finanzierung erwartete Rückfluss ausbleibt.[51] Der Venture Capital-Geber trägt bei der Finanzierung somit das Risiko, dass das Innovationsvorhaben ausfällt und sich die der Bewertung zugrunde liegenden diskontierten Zukunftswerte nicht realisieren. Welche Einzelimplikation des Risikos bestehen, die sich in einer Venture Capital-Beteiligung realisieren können, sollen im Rahmen einer Risikoanalyse aufgezeigt werden.

III. Risikoanalyse des Venture Capital-Finanzierungsverhältnisses

Die Analyse der ökonomischen Aspekte von Finanzierungsverträgen und damit auch des Venture Capital-Beteiligungsvertrags ist von nicht nur unerheblicher Bedeutung. Erst die Risikoerkennung und damit die eingehende Beurteilung der bei einer Gründungsfinanzierung mit Venture Capital bestehenden Probleme lassen Rückschlüsse auf optimale Vertragsbestandteile und alternative Lösungsmethoden zu.[52] Damit stellt sich die Frage, welche Problematiken einer Venture Capital-Finanzierung anhaften.

Bei einer Finanzierung mit Wagniskapital lassen sich aus finanzierungs-theoretischer Sicht zwei Risikobereiche herausstellen. Dahingehend unterscheidet man zwischen exogenen und endogenen Risiken.[53] Darunter stellen Informationsasymmetrien und Verhaltensunsicherheiten die wichtigsten Einzelimplikationen bei der endogenen Risikoanalyse dar, die in verschiedenen Ausprägungen in sämtlichen Risikobereichen sowie vor- und nachvertraglich auftreten können.[54]

[...]


[1] Vgl. auch Eckner, „Grundlagen der Venture Capital Finanzierung“, Freilaw 2/2008, abrufbar unter http://www.freilaw.de/journal/de/ausgabe_8/8_Eckner_Grundlagen_VC.html.

[2] BVK e.V., BVK-Studie Fundraising 2006/2007, S. 1, abrufbar unter http://www.bvk-ev.de/media/file/106.BVK_Fundraisingstudie_2006.pdf.

[3] BVK e.V., BVK-Jahresstatistik 2007, S. 7, abrufbar unter http://www.bvk-ev.de/media/file/163.BVK_Jahresstatistik_2007_final_210208.pdf.

[4] BVK e.V., BVK-Jahresstatistik 2007, S. 7; dies., BVK-Teilstatistik 2006 Early Stage -Venture Capital 2006, S. 1, abrufbar unter http://www.bvk-ev.de/media/file/168.BVK_Teilstatistik_Early_Stage2007_310308.pdf; zu beachten ist, dass das seed -Finanzierungsvolumen von 2005 bis 2006 um 24,6 Mio. € angestiegen ist und offenbar auch weiter steigt, dazu BVK e.V., BVK-Teilstatistik 2006 Early Stage -Venture Capital 2006, S. 2, 8.

[5] Vgl. BVK e.V. Studie „Zur Rolle von Private Equity und Venture Capital in der Wirtschaft“, S. 17; PWC Deutsche Revision Studie „Venture Capital“ (2006), S. 8.

[6] Achleitner/Geidner/Klöckner, FB 2006, S. 140 (143); BVK e.V. Studie „Zur Rolle von Private Equity und Venture Capital in der Wirtschaft“, S. 28 f.

[7] Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, A Rdnr. 15.

[8] BVK e.V. Studie „Zur Rolle von Private Equity und Venture Capital in der Wirtschaft“, S. 29 f.; PWC Deutsche Revision Studie „Venture Capital“ (2006), S. 11 f.

[9] Vgl. Gerke/Steiner, Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens, 2. Aufl. 1995, S. 1884; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 87; Bemühungen um eine gesetzliche Definition finden sich jedoch im Regierungsentwurf zum MoRaKG (Wagniskapitalbeteiligungsgesetz) vom 07. 09. 2007, BT-Drs. 16/6311, BT-Drs. 16/6648, beschlossen am 18. 08. 2008, BGBl. 2008, Teil 1 Nr. 36, S. 1672; BMF, Eckpunktepapier Förderung von Wagniskapital, 09. 05. 2007, S. 3, abrufbar unter http://rsw.beck.de/rsw/upload/Beck_Aktuell/eckpunktepapier-bmf.pdf.

[10] Betsch/Groh/Schmidt, Gründungs- und Wachstumsfinanzierung innovativer Unternehmen, 2000, S. 14 f.; Nathusius, Grundlagen der Gründungsfinanzierung, 2001, S. 53; Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, Teil A Rdnr. 1 f.; a.A. Leopold, DStR 1999, S. 470; vgl. auch OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, S. 1520.

[11] Vgl. Betsch/Groh/Schmidt, Gründungs- und Wachstumsfinanzierung innovativer Unternehmen, 2000, S. 14; Dorn, Stadler, Beteiligungsfinanzierung, 1997, S. 53; Mishkin/Eakins, Financial Markets and Institutions, 5th Ed. 2005, S. 606; i.E. auch BayObLG MittBayNot 2002, S. 304 (305), Anm. Gerber.

[12] Vgl. Bartlett, Fundamentals of Venture Capital, 1999, S. 5; Gompers/Lerner, The Venture Capital Cycle, 2nd Ed. 2004, S. 7; Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 93.

[13] K. P. Berger, Münch. Komm. BGB, 5. Aufl. 2008, § 488 Rdnr. 25 ff.; Lwowski/Wunderlich , BankR-Hdb., 3. Aufl. 2007, § 76 Rdnr. 1 ff.

[14] Vgl. bspw. für die vertragliche Vereinbarung von Kreditsicherheiten, Lwowski/Wunderlich , BankR-Hdb., 3. Aufl. 2007, § 76 Rdnr. 179 unter „3. Auszahlungsvoraussetzungen“.

[15] So auch Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, A Rdnr. 2 f.; Triantis, University of Chicago Law Review 2001, S. 305 (314).

[16] Vgl. Fischer, BankR-Hdb., 3. Aufl. 2007, § 129 Rdnr. 46 ff.; Mishkin/Eakins , Financial Markets and Institutions, 5. Aufl. 2006, S. 518 f.; Kümpel , Bank- und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl. 2004, Rdnr. 19.82 ff.

[17] So im Ergebnis auch Kußmaul, DStR 2000, S. 1155 (1156 f.).

[18] Schrell/Kirchner, BKR 2003, S. 13 ff.

[19] Sagasser/Schlösser, Hdb. KapitalanlageR, 3. Aufl. 2007, § 26 Rdnr. 474 (die von „hybriden Finanzierungsinstrumenten“ sprechen); Schrell/Kirchner, BKR 2003, S. 14; Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, F Rdnr. 140 ff.; Leopold/Reichling, DStR 2004, S. 1360 (1361).

[20] Dazu vertiefend Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, F Rdnr. 146; Breuninger/Prinz, DStR 2006, S. 1345 ff.; zu mezzaniner Nachrang-Darlehen Bock, DStR 2005, S. 1067 ff.

[21] Leopold/Reichling, DStR 2004, S. 1360 (1361).

[22] Welpe/Dowling, Börner/Grichnik, Entrepreneurial Finance, 2005, S. 278. Betsch/Groh/Schmidt, Gründungs- und Wachstumsfinanzierung innovativer Unternehmen, 2000, S. 29, 34 f.; Leopold, DStR 1999, S. 470 (470).

[23] Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 78.

[24] Insoweit kommen jedoch eher Private Equity-Beteiligungen in Betracht (s.o.).

[25] Die Kapitalanlagegesellschaft spielt nach einhelliger Meinung auf dem Venture Capital Markt jedoch nur eine untergeordnete Rolle, vgl. insoweit nur Ziegert, Der Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 80.

[26] Instruktiver Überblick bei Pfeifer, BB 1999, S. 1665 (1666); Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, B Rdnr. 15 f., 48, 57.

[27] Ausführlich Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, B Rdnr. 1 ff.; Rudolph/Haagen, Die Auswirkungen institutioneller Rahmenbedingungen auf die Venture Capital-Finanzierung in Deutschland, Munich Business Research Working Paper 8/2004, S. 8 ff.; Schefczyk, Erfolgsstrategien deutscher Venture Capital-Gesellschaften, 2. Aufl. 2000, S. 57 ff.; Betsch/Groh/Schmidt, Gründungs- und Wachstumsfinanzierung innovativer Unternehmen, 2000, S. 39 ff.; Pfeifer, BB 1999, S. 1665 (1666).

[28] Vgl. http://www.nbia.org/resource_center/what_is/index.php.

[29] Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, S. 192 Rdnr. 10.

[30] Auch online abrufbar unter http://enable.ftd.de/kein-bedarf-an-engeln/.

[31] Abrufbar unter ftp://ftp.zew.de/pub/zew-docs/gutachten/businessangel-endbericht.pdf.

[32] Dazu ausführlich Brette/Jaugey/Rost, Business Angels, S. 101 ff.

[33] Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, S. 7 Rdnr. 8.

[34] Vgl. ZEW Studie „High-Tech-Gründungen und Business Angels“, S. 51 ff.

[35] Bartlett, Fundamentals of Venture Capital, 1999, S. 91.

[36] Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, A Rdnr. 10.

[37] Kußmaul/Richter, DStR 2000, S. 1195 (1199 ff.); Schefczyk, Erfolgsstrat. dt. VC-Gesellsch., 2. Aufl. 2000, S. 77; zur Effektivität öffentlicher Förderprogramme, Entrepreneurship und Venture Capital Finanzierungen sehr anschaulich Lerner, The Economic Journal 2002, S. F73.

[38] Zu Recht der Praxistipp in Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, D Rdnr. 264.

[39] Lorenz/Seeliger, FB 2000, S. 658 (658); Ziegert,Venture Capital-Beteiligungsvertrag, 2005, S. 76 f.

[40] Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, A Rdnr. 11; Dushnitsky/Lenox, Journal of Business Venturing 2006, S. 753 (761).

[41] Dushnitsky/Lenox, Journal of Business Venturing 2006, S. 753 (770); BVK e.V. Teilstatistik Venture Capital 2006, S. 2 f., abrufbar unter http://www.bvk-ev.de/media/file/115.BVK_Teilstatistik_VC2006_220307.pdf.

[42] Sagasser/Schlösser, Hdb. Kapitalanlagerecht, 3. Aufl. 2007, § 26 Rdnr. 358 f.; Breuer/Schweizer, Gabler Lexikon Corporate Finance, 2003, S. 402; Jesch, Private-Equity-Beteiligungen, 2004, S. 80, 83.

[43] Betsch/Groh/Schmidt, Gründungs- und Wachstumsfinanzierung innovativer Unternehmen, 2000, S. 25; Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, Teil A Rdnr. 13.

[44] Gompers/Lerner, The Venture Capital Cycle, 2nd Ed. 2004, S. 183 f.; Schefczyk, Finanzieren mit Venture Capital, 2000, S. 22 f.; Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, Teil A Rdnr. 14.

[45] Gompers/Lerner, The Venture Capital Cycle, 2nd Ed. 2004, S. 178; Triantis, U. Chi. L. Rev. 2001, S. 311.

[46] Bei universitären „Ausgründungen“ handelt es sich zumeist um Neugründungen; vgl. Wagner, NJW 2003, S. 3082; Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, Teil E Rdnr. 62, 66.

[47] Kußmaul, DStR 2000, S. 1156 f.; Triantis, U. Chi. L. Rev. 2001, S. 314; Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, Teil A Rdnr. 2 f.

[48] Allen/Gale, Comparing Financial Systems, 2001, S. 321; Mishkin/Eakins, Financial Markets and Institutions, 5th Ed. 2005, S. 606; Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, Teil B Rdnr. 1 ff, 18 ff.

[49] So jüngst FTD Enable Magazin vom 18. 02. 2008, abrufbar unter http://enable.ftd.de/kein-bedarf-an-engeln; Brettel/Jaugey/Rost, Business Angels, 2000, S. 101.

[50] Betsch/Groh/Schmidt, Gründungs- und Wachstumsfinanzierung innovativer Unternehmen, 2000, S. 143; Nathusius, Grundlagen der Gründungsfinanzierung, 2001, S. 65; Weitnauer, Hdb. Venture Capital, 3. Aufl. 2007, Teil D Rdnr. 195.

[51] Bigus, Entrepreneurial Finance, 2005, S. 347; Klein/Coffee, Business Organization and Finance, 10th Ed. 2007, S. 243; Markowitz, J. Fin. 1952, S. 89.

[52] So auch Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 9 f.; Houben/Nippel, Entrepreneurial Finance, 2005, S. 334.

[53] Antonczyk/Brettel/Breuer, Venture Capital Financing in Germany, S. 11, abrufbar unter http://ssrn.com/abstract=938074; Rudolph/Haagen, FS Wilhelm, 2006, S. 333; Heitzer, FB 2006, S. 514 f.; Bigus, Entrepreneurial Finance, 2005, S. 349 Fn. 8.

[54] Bigus, Entrepreneurial Finance, 2005, S. 355.

Ende der Leseprobe aus 71 Seiten

Details

Titel
Venture Capital und Risikomanagement in Deutschland
Untertitel
Vertragliche und alternative Mechanismen
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Autor
Jahr
2009
Seiten
71
Katalognummer
V122495
ISBN (eBook)
9783640278640
ISBN (Buch)
9783640282746
Dateigröße
1274 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Nebst umfangreichen Literaturverzeichnis enthält das Arbeitspapier im Anhang einen Überblick aus der mündlichen Präsentation. Die überarbeitete und aktualisierte Studienarbeit ist aus einer Seminararbeit zum Seminar „Brennpunkte im Kapitalmarktrecht“ von Dr. XXX, LL.M. (Toronto), Institut für Unternehmensrecht Düsseldorf und RA Dr. XXX, Heisse Kursawe Eversheds im Wintersemester 2007/2008 an der Juristischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hervorgegangen.
Schlagworte
Venture Capital, Risikomanagement, Deutschland, CAPM, GCAPM, Beteiligungsvertrag, Vertrauen, Intermediäre, Vorstandsvergütung, Informationsasymmetrie, stop-or-go, hidden action, consumption on the job, start-up, Unternehmensgründung, hidden information, corporate venture capital, public venture capital, spin-off, university spin-off, business angels, mezzanine, Finanzierung, Vulture Capitalist, Geierfonds, Wagniskapital, Risikokapital, exogenes Risiko, endogenes Risiko, signaling, screening, monitoring, self-selection, Exit, Gesellschaftssatzung, Nebenvereinbarung, Geschäftsführungsersetzungsrecht, Portfoliodiversifikation, Entrepreneur, Gründungsfinanzierung, start-up counselling, VC-Beteiligung, GmbH-Gründung, Governance-Mechanismus, Finanzierungsphasen, early-stage, later-stage, mid-stage, Kontrollrechte, Überwachungsrechte, Besuchsrechte
Arbeit zitieren
David Eckner (Autor:in), 2009, Venture Capital und Risikomanagement in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122495

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Titel: Venture Capital und Risikomanagement in Deutschland



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