Merkantilismus, Marktgesetze, Monetarismus und Co.

Geschichte der Wirtschaftspolitik von Adam Smith bis Ulf Hahne


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

43 Seiten


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Merkantilismus
2.1 Der Begriff Merkantilismus
2.2 Die regionalen Formen des Merkantilismus
2.2.1 Frankreich
2.2.2 England
2.2.3 Deutschland
2.3 Merkantilismus – der kleinste gemeinsame Nenner
2.4 Die Bedeutung des Merkantilismus für die Gegenwart: Der Neomerkantilismus
2.5 Kritik am Merkantilismus

3. „ Adam Smith: Der Wohlstand der Nationen: Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen“ und der Liberalismus
3.1 Einleitung
3.2 Grundlegende Thesen aus Adam Smith „ Wohlstand der Nationen“
3.3 Klassischer Liberalismus
3.4 Laissez – faire – Liberalismus (Manchester – Kapitalismus)
3.5 Neoliberalismus
3.6 Soziale Marktwirtschaft
3.7 Kritik am klassischen Liberalismus

4. Marktgesetzte
4.1 Markt
4.1.1 Der vollkommene Markt
4.1.2 Der unvollkommene Markt
4.1.3 Das Polypol
4.1.4 Das Monopol
4.1.5 Das Oligopol
4.2 Preisbildung
4.2.1 Preisbildung im vollkommenen Markt
4.2.2 Aufgaben des Gleichgewichtspreises und seine Bedeutung für den Standort
4.3 Varianten der Preisbildung
4.3.1 Unvollkommener Markt (Konsumgütermarkt)
4.3.2 Staatliche Eingriffe auf den Markt
4.3.3 Preisbildung beim Monopol

5. Die „ AllgemeineTheorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“ von John Maynard Keynes
5.1 Kritik an der klassischen Theorie
5.2. Die Keynessche Lehre
5.3 Das wirtschaftspolitische Programm JM Keynes
5.3.1 Globalsteuerung
5.3.2 Investitionssteuerung
5.4 Bedeutung der Keynesschen Lehre
5.5 Kritik an der keynesschen Lehre

6. Milton Friedman und der Monetarismus
6.1 Begriff des Monetarismus
6.2 Die Lehre des Monetarismus
6.3 Bedeutung des Monetarismus
6.4 Kritik am Monetarismus

7. Das Konzept der „ Endogenen Regionalpolitik“
7.1 Endogene Entwicklung
7.2 Bedeutung der Entwicklungspotentiale
7.3 Kritik an Hahne

8. Welche der Theorien ist nun die beste? Eine Zusammenschau
8.1 Wirtschaftspolitik
8.1.1 Angebotsorientierte Politik
8.1.2 Nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik
8.2 Welche Theorie ist nun die beste?
8.3 Das Konjunkturprogramm vom 17. März 2005
8.3.1 Angebotsorientierte Aspekte
8.3.2 Nachfrageorientierte Aspekte

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Wenn der Staat ankurbelt, ist der Erfolg oft nicht von Dauer:“ titelte die Augsburger Allgemeine in einem Bericht am Freitag, 4. März 2005. Obwohl im Artikel richtig dargelegt wurde, dass die bisher aufgelegten Konjunkturprogramme keine nachhaltige Wirkung entfalteten außer die Staatskasse zu belasten, ist angesichts 5,4 Millionen Arbeitsloser der Ruf nach Intervention des Staates aktueller denn je. Dabei muss die Frage gestellt werden, was unter guter Wirtschaftspolitik zu verstehen sei. Zwei grundlegende Konzepte konjunkturfördernder Wirtschaftspolitik werden im Artikel angesprochen: Die auf Ronald Reagan zurückgehende „ Angebotsorei ntierte Wirtschaftspolitik“ und die sich auf John Maynard Keynes stützende „ Nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik“ .Wie bereits angesprochen ist die im Artikel dargelegte Quintessenz, dass beide Konzepte oft keine nachhaltige Wirkung haben, aber oft lang anhaltend die Finanzen des Staates belasten.

Aber wie schon im Thema für diese Arbeit zugrunde gelegt, gibt es „ die“Wirtschaftspolitik ohnehin nicht. Allenfalls verschiedene Ideologien und Theorien, aus denen Konzepte abgeleitet werden: Vom Klassiker unter den Klassikern, Adam Smith „ Vom Wohlstand der Nationen“ über Keynes und der Theorie des Monetarismus von Milton Friedman bis hin zu Ulf Hahne, der die endogenen Potentiale einzelner Regionen zu wecken versucht. Daneben gibt es noch Begriffe und Gesetzmäßigkeiten die über jede Ideologie erhaben zu sein scheinen. So bezeichnet der Begriff „ Merkanitlismus“ keine bestimmte Wirtschafsform sondern eigentlich eine ganze Epoche des Wirtschaftens, nämlich die des Absolutismus’ .Unter dem Begriff sind nicht nur völlig unterschiedliche Konzepte zusammengefasst, sondern darüber hinaus auch noch sehr variantenreiche regionale Ausprägungen.

Die vorliegende Arbeit versucht, in chronologischer Abfolge ihrer Entstehung, die einzelnen Begriffe in ihren Einzelheiten zu erläutern und auf die Kritik, die an ihnen geübt wird, einzugehen. Daneben werde auch Weiterentwicklungen der einzelnen Konzepte erläutet, die unter anderem auch auf die Kritiker der Konzepte zurückgehen.

Der wesentliche Teil der Arbeit wird sein, die Konzepte miteinander zu vergleichen und ihre Vorund Nachteile gegeneinander abzuwägen. Aus aktuellem Anlass wird dann noch abschließend ein kurzer Blick auf das neuerdings vereinbarte Konjunkturprogramm geworfen

2. Merkantilismus

Erstmals erwähnt wurde der Begriff in Adam Smiths „ Wohlstand der Nationen“. Er bezeichnet eigentlich keine feste Wirtschaftsideologie oder –form, sondern ganz allgemein das Wirtschaften im Zeitalter des Absolutismus. Nachfolgende Betrachtungen über den Merkantilismus gehen überwiegend auf Eintragungen diverser einschlägiger Enzyklopädien zurück: Hier zu nennen wäre vor allem das fünfbändige Werk „ Gabler:Lexikon der Wirtschaftswissenschaften“ ,das überhaupt das Fundament der vorliegenden Arbeit ist. Weitere verwendete Wirtschaftslexika sind das „ Duden Wirtschaftslexikon“ und das „ Vahlens: großes Wirtschaftslexikon“ .Ergänzt werden die Angaben durch eine ältere Monographie (was ja beim Merkantilismus nicht von Belang ist, da es bei der Begriffsbestimmung bis heute kaum Abweichungen gibt) nämlich Blaich (1973).

Zunächst wird eine Definition des Merkantilismus vorgestellt, anschließend die zeitgenössischen Strömungen, die unter dem Begriff „ Merkanitlismus“ fallen, vorgestellt und anschließend ein Blick in die Gegenwart geworfen, nämlich die Bedeutung des Merkantilismus für die heutige Wirtschaftspolitik vorgestellt, vor allem aber der Begriff „ Neomerkantilismus“ erläutert.

2.1 Der Begriff Merkantilismus

Geprägt worden ist der Begriff durch Adam Smith, der in seinem Werk „ Der Wohlstand der Nationen“ darunter das bisherige, herkömmliche Wirtschaften zusammenfasste. Das macht deutlich, dass der „ Merkanitlismus“ keine Ideologie im eigentlichen Sinne ist, sondern eine ganze Wirtschaftsepoche kennzeichnet. Bei Blaich (1973) findet sich folgende Definition: „ Merkantilismus: das Wirtschaftsdenken und Wirtschaftsgebaren des absoluten Staates.“ Allerdings kritisiert er, dass der „ Merkanitlismus darüber hinaus in der wissenschaftlichen Literatur oft nicht gewürdigt wird.

In der verwendeten Literatur kommt einzig Blaich (1973) nach einem kritischen Vergleich verschiedener Definitionen zum folgerichtigen Schluss, dass der „ Terminus ‚Merkantilismus’ als eine Bezeichnung für eine Bestimmte Richtung der ‚ theoreist chen’ Wirtschaftspolitik zulässig“ sei. Tatsächlich lassen sich in den Eintragungen der oben genannten Enzyklopädien zahlreiche Schlagworte finden, die nach Meinung des Verfassers trotz der zahlreichen Protagonisten und regionalen Strömungen eine integrierende Wirkung entfalten können: Bei Gabler (2000) beispielsweise ist von den Konzepten des „ Interventionismus“ und des „ Dirigsimus“ die Rede als vereinigende Klammer um die vielen Strömungen des Merkantilismus. Unter „ Dirgi ismus“ versteht man dabei allgemein die Lenkung der Wirtschaft durch staatliche Eingriffe. Instrumente des Dirigismus seien vor allem Lohnund Preisstopp. Interventionismus bezeichnet ganz ähnlich aber allgemeiner staatliche Eingriffe in die Wirtschaft. Im Vahlens Wirtschaftslexikon (1994) ist zusätzlich davon die Rede, dass im Zeitalter des Merkantilismus vor allem der „ inländischen Erzeugung der Vorrang“ galt. Demnach soll der Außenhandel nur gefördert worden sein, um eine aktive Handelsbilanz (Exportüberschuss) zu erreichen, ansonsten sei über Schutzzölle ein sehr protektionistisches Wirtschaften betrieben worden. Darunter muss der Schutz der heimischen Wirtschaft vor ausländischer Konkurrenz verstanden werden. Allgemein kann man also sagen, dass unter „ Merkantilismus“ eine staatlich gelenkte Wirtschaftsform zu verstehen ist, die durch sehr strenge Regeln gekennzeichnet ist. In Deutschland schlug sich dies vor allem im Lehenswesen und in der Zünfteordnung nieder.

2.2 Die regionalen Formen des Merkantilismus

In der verwendeten Literatur zeigen sich einige Differenzen. So werden in den verwendeten Enzyklopädien einige Begriffe unter dem Begriff Merkantilismus zusammengefasst, die bei Blaich (1973) als „ Vorgängerformen des Merkantilismus“ noch als eigenständige Wirtschaftsformen aufgeführt werden (z.b. Colbertismus, Kameralismus und Bullionismus). Daher wird, mit Frankreich beginnend, das Gabler-Lexikon als Leitfaden für die Beschreibung regionaler Formen benutzt.

2.2.1 Frankreich

Kennzeichnend für den französischen Merkantilismus, dessen wichtigste Vertreter Sully und Jean Baptist Colbert waren, war „ voneiner intensiven Förderung der gewerblichen Wirtschaft unter starker Vernachlässigung der Landwirtschaft“ (Gabler (2000)) geprägt, Mittel und Zweck waren:

- Schaffung eines einheitlichen Zollund Devisenmarktes
- Straffe Zentralisierung der wirtschaftlichen Entscheidungskompetenzen
- Steuerform zur Sanierung der Staatsfinanzen (unter Ludwig XIV) (Steuererhöhung)
- Schaffung einer Gewerbe fördernden Infrastruktur und staatlicher Manufakturen
- Anwendung von Preistaxen und Produktionsvorschriften
- Ausfuhrverbot für Nahrungsmittelgüter (dadurch sollten die Preise und mit ihnen die Löhne sinken, was wiederum dem Gewerbe zugute kam)

Blaich (1973) widmet dem Colbertismus, den er „ dieFranzösische Abart des Merkantilismus“ nennt,ein eigenes Kapitel.

2.2.2 England

Nach dem Gabler Lexikon (2000) hat die englische Form des Merkantilismus seinen Namen vom Bullion, einem Goldbarren. Blaich (1973) fasst diese englische Form unter dem Begriff „ Monetairsmus“ zusammen, benennt aber den Bullionismus auch als eigene nicht nur in England vertretene Wirtschaftsform (als Vorläufer des Merkantilismus).

Kennzeichnend für die Englische Form des Merkantilismus sind nach Gabler Lexikon eine schwerpunktmäßige aktive Außenhandelsbilanz. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die durch „ Außenhandelsüberschüsse“ angewachsenen Edelmetallreserven gleichbedeutend mit nationalem Wohlstand sind. Das Mittel zum Zweck ist laut dem Gabler – Lexikon ein ausgeprägter Handelsprotektionismus, der sich in folgenden Maßnahmen zeigt:

- Beschränkung des Imports auf Rohprodukte
- Förderung des Exports auf Fertigwaren
- Exportverbote für Edelmetalle
- Devisenbeschaffung und Importzölle
- Transport aller imund exportierten Waren hat durch englischen Schiffe zu erfolgen (dadurch soll eine aktive Dienstleistungsbilanz erreicht werden)

Es liegt wohl in der Natur einer Monographie, dass Blaich (1973) den Merkantilismus in England sehr viel differenzierter sieht. Er trennt zunächst den Bullionismus als eigenständige Wirtschaftsform ab und benennt ihn zusammen mit dem Monetarismus des Thomas Gresham als Vorläuferformen des Merkantilismus. Blaich (1973) bezieht den Begriff „ Merkantilismus“ auf protektionistische Maßnahmen, die darauf abzielten, speziell die englische Textilindustrie aus ihrer Krise zu befreien in die sie 1624 hineingeraten war. Diese Maßnahmen unterscheiden sich von denen des Bullionismus nicht wesentlich.

Wichtige Vertreter des Englischen Merkantilismus sind außer Thomas Gresham außerdem Thomas Miles, Gerhard de Malynes (nach Blaich), außerdem noch Misselden und Hales (nach Gabler) und, nach dem Vahlen – Lexikon, Cromwall (der Gründer der englischen Republik).

Allein diese Liste zeigt die heterogene Vielfalt bei der „ Begriffsverwirrung“Merkantilismus.

2.2.3 Deutschland

Das Gabler Lexikon (2000) verbindet den Merkantilismus in Deutschland mit dem Begriff des Kameralismus. Auch hier zeigen sich Differenzen in der verwendeten Literatur. Blaich (1973) sieht den Kameralismus eher als eine premerkantilistische Wirtschaftsform. Während es nach dem Gabler – Lexikon (2000) tatsächlich einen homogenen deutschen Merkantilismus gibt, sieht Blaich verschiedene Strömungen in den verschiedenen Bundesstaaten des „ Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ .Als deren wichtigste Vertreter nennt Blaich (1973) explizit Preußen und die Habsburger Monarchie. Eine weitere Facette des deutschen Merkantilismus bringt die in dieser Arbeit verwendete Übersetzung von Adam Smiths „ Vom Wohlstand der Nationen“ .Horst Claus Recktenwald, der Übersetzter, verbindet in einer dem Werk vorangestellten „ Würdigung“ vor allem das Lehenswesen und die Zünfteordnung als Kennzeichen des Deutschen Merkantilismus. Um des Überblicks Willens ist es angebracht, sich auf die Eintragung im Gabler Lexikon (2000) zu beschränken und auf die anderen Definitionen nur am Rande einzugehen.

Wie bereits erwähnt ist nach dem Gabler – Lexikon die deutsche Art des Merkantilismus vor allem in Form des „ Kameralismus“ in Erscheinung getreten. Ziel sei die Mehrung des fürstlichen Schatzes („ Camera principi“ )und das Wiedererwachsen der nach dem 30-jährigen Krieg geschrumpften deutschen Bevölkerung. („ Peupelirung“ ). Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass der Reichtum von der Bevölkerungszahl und der Größe des Staatsschatzes abhängt. Weiter führt das Gabler – Lexikon aus, dass die praktische Wirtschaftspolitik dem des französischen Merkantilismus gleicht, mit dem Unterschied, dass auch verwaltungstechnische Verfahrensgrundsätze aufgestellt und systematisiert wurden, die eine nachhaltige Wirkung auf die deutsche Wirtschaftspolitik haben. Zu den Protagonisten des deutschen Kameralismus zählt das Gabler Lexikon Klock, v. Seckendorf, v. Sonnefels und insbesondere Justi. Das Vahlens Lexikon nennt ferner einen nicht näher präzisierten „ großenKurfürsten“ als Protagonisten in Deutschland.

Ähnlich wie beim englischen Merkantilismus widmet Blaich (1973) dem Kameralismus, als eine besondere Form des Merkantilismus, ein eigenes Kapitel. Überdies sieht er auch in Deutschland den Monetarismus als Vorform des Merkantilismus. Als Protagonisten letzterem sieht er z.B. Martin Luther, der den Reichtum eines Landes mit der Größe des Staatsschatzes assoziierte. Außerdem forderte Nikolaus Kopernikus in Preußen eine einheitliche Münze. In seinem Überblick über den Kameralismus wertet Blaich (1973) diesen sogar dem Merkantilismus übergeordnet. Der deutsche Merkantilismus sei also eine Unterform des Kameralismus (nicht umgekehrt wie es nach dem Gabler Lexikon den Anschein hat) der deutschen Kleinstaaten. Dabei bezieht sich Blaich (1973) auf Zielenziger. In seiner Betrachtung des Merkantilismus im „ Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“ stellt er zunächst die Träger der Wirtschaftspolitik im Reich vor. Es sind neben dem Kaiser und dem Reichstag vor allem die Territorialstaaten, die durch den Westfälischen Frieden an Souveränität gewonnnen haben. Danach stellt er die Politik des Reichstags und beispielhaft die Politik der Habsburgermonarchie und Brandenburgs (später Preußens) vor, letztere waren die beiden wichtigsten Bundesstaaten des Reiches. Neben der Feststellung, dass vor allem kleinere Staaten an einer reichseinheitlichen Wirtschaftspolitik interessiert waren und so Richtlinien des Reichstags als eine Art „ Rahmengesetzgebung“ in Landesrecht umsetzten, erfährt man vor allem etwas über die gemeinsame Protektionistische Politik der Deutschen Staaten gegenüber Frankreich (Importverbot), welche später durch eine Vielzahl von Importund Exportregeln abgelöst wurde. Die Peuplierung geschah insbesondere durch die Ansiedlung von Hugenotten. Damals hat es schon die ersten Wettbewerbsgesetzte gegeben: So mussten die Gasthäuser nach einem Reichs(tagsbe)schluss von 1671 ihre Preise öffentlich aushängen (vor der Tür und im Gastraum), den Gästen Rechnungen ausstellen und geeichte Gefäße verwenden, ein Gesetz dass bis heute seine Gültigkeit nicht verloren hat.

Nach Recktenwald (1974) war die Wirtschaftsordnung des Merkantilismus in Deutschland durch zwei wesentliche premerkantilistische Merkmale bestimmt. In der Würdigung zu seiner Übersetzung von Adam Smiths „ Wohlstand der Nationen“ benennt er vor allem die Zünfteordnung und das Lehenswesen als die bestimmenden Elemente des Wirtschaftens in Deutschland vor der Zeit der Aufklärung. Zu dieser Ansicht gelangt auch Böhler (1989) mit dem Unterschied, dass er diesen Aspekt auf ganz Europa ausdehnt. Das Lehenswesen bestimmte den Umgang mit Grund und Boden in ländlichen Gebieten. Dabei war der Herr eines reichsunmittelbaren Gebietes nicht einfach nur Staatsoberhaupt sondern sozusagen Grundbesitzer seines Gebietes. Dieses Gebiet hat er an untergeordnete Adelige und Klöster „verliehen“ , die es bis an die nächste Ebene weiter“verleihen“ konnte. Am Ende stand der einfache Bauer, der verpflichtet war seine Parzelle zu bewirtschaften. Ein System, dass mit dem heutigen parzellenscharfen Grundbuchrecht nur wenig gemein hatte.

Die „ Zünfteordnung“regelte hingegen die Handwerksund Gewerbewirtschaft (insbesondere in den Reichsstädten). Jede Zunft gab sich dabei ihre eigene Ordnung. Sie regelten das Niederlassungsrecht neuer Handwerker sowie das Verhältnis von Meistern und Gesellen. Viele Regeln sind in die heute noch gültige Handwerksordnung übernommen worden.

1.3 Merkantilismus – der kleinste gemeinsame Nenner

Der kleinste gemeinsame Nenner des Merkantilismus lässt sich wohl in einem einzigen Wort zusammenfassen: „ Proetktionismus“ .Den vorgestellten Strömungen gemein ist wohl, dass stets versucht wurde, Binnenwachstum zu erreichen, in dem man sich dem Ausland gegenüber abzuschotten versuchte. Dies geht, wie die Zünfteordnungen beweisen, bis in die kleinsten territorialen Einheiten. Diese Ordnungen waren schließlich dazu da, die Konkurrenz in den Städten zu beschneiden (durch Protektionismus bei der Niederlassung neuer Handwerker). Aber auch der von Blaich (1973) „ Monetarismus“ genannte Aspekt ist für diese Epoche prägend: Man glaubte, durch ein Anhäufen des Staatsschatzes den Reichtum des Landes zu erhöhen.

Eine dritte Gemeinsamkeit lässt sich in der gezielten Förderung bestimmter Wirtschaftsbereiche zu lasten anderer sowie in einer verordneten Lohnund Preispolitik zu sehen („ Interventionismus“ und „ Dirigsimus“ ).Auch das ist eigentlich eine Art „ Protektionismus“ , nur nicht nach außen sondern ins Innere des Staates.

1.4 Die Bedeutung des Merkantilismus für die Gegenwart: Der Neomerkantilismus

Laut Blaich (1973) wird der Begriff „ Neomerkantilismus“ für eine protektionistische Phase des Welthandels verwendet, als nach dem ersten Weltkrieg der Patriotismus in den Volkswirtschaften anwuchs. Blaich zitiert Predöhl, der im „ Neomerkantilismus jenen Gegenspieler der Freihandelslehre“ sieh,t der sich in „ kuzrfristigen politischen Maßnahmen wider der ökonomischen Vernunft“ erschöpfe. Weiter wird nach Blaich (1973) der Begriff „ Neomerkantilismus“ auf die Kolonialpolitik des 19. Jahrhunderts angewandt (wie schon zuvor die Kolonialpolitik als Bestandteil des „ alten“Merkantilismus gesehen wurde). Das Ziel der Neomerkantilisten sieht Blaich (1973) und die von ihm zitierten Autoren in Übereinstimmung mit dem Gabler Lexikon vor allem in der Schaffung eines autarken Wirtschaftssystem, vor allem die Faschisten in Europa versuchten dieses Ziel zu erreichen. Blaich (1973) zitiert außerdem Robinson, der die vorübergehende Einführung merkantilistische Methoden zur Beseitigung der „ engisl chen Krankheit“ (hohes Aushandelsbilanzdefizit, veraltete Industrie in den 60er Jahren) vorschlägt, zugleich aber merkantilistische Grundsätze im Handel als Politik gegen die Entwicklungsländer sieht. In Form von Kritik einiger afrikanischer Länder an den amerikanischen und europäischen Agrarsubventionen, die ihren Ländern keinen fairen Handel ermöglichten, ist letzterer von Robinson genannter Punkt bis heute aktuell geblieben. Aber auch Stimmen, vor allem im Gewerkschaftslager, werden wieder laut, die zum Beispiel hohe Einfuhrzölle für Produkte von Europäischen Firmen fordern, die ihre Produktion ins Ausland verlagert haben (DGB Grundsatzprogramm).

1.5 Kritik am Merkantilismus

Die Kritik am Merkantilismus bezieht sich vor allem darauf, dass es den Merkantilisten vor allem an der Einsicht mangele, dass „ derAußenhandel nur dann gedeihen könne, wenn er ein gegenseitiges Geben und Nehmen“ sei. Insofern wundert es nicht, dass der Begriff „ Neomerkantilismus“ vor allem mit totalitären Regimen verbunden ist. Daran entzündete sich auch die Kritik am Merkantilismus in der Aufklärung. Diese Kritik mündete in dem neben John Maynard Keynes „ TheGeneral Theory of Employment, Interest and Money“ berühmtesten Werkes der Wirtschaftstheorie: Adam Smith 1776 verfasstes „ AnInquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations“ .Dass es schon vom Titel grob geschätzt etwa 15 verschiedene Übersetzungsvarianten gibt, soll er auf deutsch in der Form hier wiedergegeben werden, wie ihn die wohl am meist aufgelegte Übersetzung von Hans Claus Recktenwald trägt:

3. „ Adam Smith: Der Wohlstand der Nationen: Eine Untersuchung seiner Natur und seiner Ursachen“ und der Liberalsi mus

3.1 Einleitung

Viel ist über das Werk von Adam Smith bereits geschrieben worden. Einige Zitate hat Recktenwald seiner Übersetzung vorangestellt (Unter anderem zitierte er bemerkenswerter Weise aus seiner eigenen Würdigung).

Sehr schön ist zum Beispiel der Satz von J.K. Calbraith [zitiert nach Smith (1776/1974)]: „ Wie das Kap i t al [von Karl Marx anmk. d. Verf.] und die Bibel erfreut sich der Wohlstand der Nationen der Auszeichnung, eines der drei Bücher zu sein, auf die sich die Menschen nach belieben berufen dürfen, ohne das Gefühl zu haben, sie sollten es gelesen haben.“ In diesem liegt auch eine grundsätzliche These für die Bedeutung des Werks verborgen: Jeder Nationalökonom beschäftigt sich schon im Studium mit Adam Smiths „ Wohlstand der Nationen“, es ist die theoretische Grundlage für die freie Marktwirtschaft. Die nachfolgende Vorstellung des Werkes orientiert sich dabei an Böhler (1989) (auch hier scheint es gerechtfertig, auf Literatur zurückzugreifen, die älter als fünf Jahre ist. Schließlich hat sich seit dem Tote Smith im Jahre 1790 an seinem Werk nichts Wesentliches mehr geändert) die durch die „ Würdigung“ Recktenwalds an einigen Stellen ergänzt wird. Der Aufsatz Recktenwalds ist allem Anschein nach allerdings zu einseitig positiv, als er als alleinige Quelle über den Wohlstand der Nationen taugen würde (schon das er seinen, der Übersetzung vorangestellten Aufsatz „Würdigung“ und nicht schlicht „ Einleitung“ nannte, spricht für sich). Dann werden auf die auf Smith zurückgehenden Strömungen des „ kalssischen Liberalismus“ , des „ Lisasez – faire – Liberalismus“ und vor allem des „ Neolibear lismus“ beleuchtet. Anschließend wird die Kritik an Adam Smith Opus und seine Bedeutung für die Gegenwart eingegangen.

3.2 Grundlegende Thesen aus Adam Smith„ Wohlstand der Nationen“

Anmerkung: Wenn Böhmer (1989) auch den Titel des Werkes mit „ Eine Untersuchung des Wesens sowie der Ursachen des Volkswohlstandes“ übersetzt (wie auch Wagenblaß (2001)), soll nachfolgend, auch bei direkten Zitaten, die Recktenwald – Version der Einfachheit halber beibehalten werden.

Ende der Leseprobe aus 43 Seiten

Details

Titel
Merkantilismus, Marktgesetze, Monetarismus und Co.
Untertitel
Geschichte der Wirtschaftspolitik von Adam Smith bis Ulf Hahne
Hochschule
Universität Augsburg  (Institut für Geographie)
Veranstaltung
Standortentwicklung
Autor
Jahr
2005
Seiten
43
Katalognummer
V122451
ISBN (eBook)
9783640278428
Dateigröße
821 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Merkantilismus, Marktgesetze, Monetarismus, Standortentwicklung
Arbeit zitieren
Michael Metzger (Autor:in), 2005, Merkantilismus, Marktgesetze, Monetarismus und Co., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122451

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