Aggressives Verhalten von Schülern als Auslöser für eine Umschulung in ein Förderzentrum

Lernbehinderung und/ oder Verhaltensauffälligkeit?


Magisterarbeit, 2008

53 Seiten, Note: 3


Leseprobe


Inhalt

1 Ansatz und Ziel dieser Arbeit
1.1 Definition des Begriffes „Verhaltenstörung aus der Perspektive der Pädagogik“..
1.1.1 Ursachen für Defizite in der sozialen und emotionalen Entwicklung
1.2 Aggressivität von Kindern im Schulalltag
1.3 Begriff der „Lernbehinderung“

2 Schulische Anforderungen, eine Hürde für das verhaltensauffällige Kind
2.1 „Problemkinder“ – eine pädagogische Herausforderung
2.2 Einfluss der Klasse
2.3 Lernbehinderung und Defizite in der sozialen und emotionalen Entwicklung

3 Analyse von Fallbeispielen
3.1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede von auffälligem Verhalten in der Schule
3.2 Auftretenshäufigkeit bestimmter Verhaltensweisen.
3.3 Fördermaßnahmen und erzielte Veränderungen.
3.4 Gründe für die erfolgte Umschulung

4 Wenn Lernen wieder Spaß machen soll
4.1 Besonderheiten im Umgang mit dem verhaltensauffälligen Schüler in unserer Einrichtung
4.2 Förderschwerpunkt „soziale und emotionale Entwicklung“
4.3 Unterricht als emotionaler, sozialer und kognitiver Prozess
4.3.1 Weg der kleinen Schritte
4.4 Funktion des Lehrers als zuverlässiger Partner
4.5 Unterstützung der Eltern beim Aufbau einer positiven Beziehung zum Kind
4.6 Zusammenarbeit mit anderen Erziehungsträgern

5 Zusammenfassung.

Literaturverzeichnis

Anhang

1. Ansatz und Ziel dieser Arbeit

In den letzten Schuljahren nahm der Anteil von Kindern mit Defiziten in der sozialen und emotionalen Entwicklung beständig zu. Diese Schüler beschulte man so lange, wie es irgend möglich war integrativ. Dabei fällt auf, dass besonders schwierige Schüler als „lernbehindert“ in unsere Einrichtung umgeschult werden. Nicht immer verblieb das betreffende Kind in einer Klasse mit dem Bildungsgang der Lernförderung. Durch die Umschulung veränderten sich die Lernbedingungen für den Schüler nachdrücklich. Damit gelang es ihm, seine Leistungen zu verbessern und eine Probebeschulung in einer Regelschulklasse wurde veranlasst.

Für mich stellt sich somit die Frage, ob eine Umschulung in den Lernförderbereich hätte vermieden werden können, wenn eine sonderpädagogische Förderung rechtzeitig erfolgt wäre. Diese Thematik möchte ich zum Gegenstand meiner Abschlussarbeit machen.

Es geht hier darum, dass schlechte Leistungen in Verbindung mit einem auffälligem Sozialverhalten nicht automatisch eine Lernbehinderung bedeuten.

Da ich an unserem Förderzentrum den Schulteil „Klostermühle“ leite, lese ich die Akten der neuen Schüler stets durch. Beim Durcharbeiten der Schülerakten fällt auf, dass die Schüler oft regelrecht eine „Karriere“ durchliefen, an deren Ende eine Umschulung unvermeidbar bleibt.

Zu Beginn meiner Ausführungen möchte ich mich mit den Begriffen „Verhaltensstörung“ und „Lernbehinderung“ aus der Perspektive der Pädagogik auseinandersetzen. Diese Begriffe zeigen in der Literatur Unterschiede auf. Die Sichtweise des Autors erfolgt von seinem jeweiligen wissenschaftlichen Standpunkt aus. Verhaltensstörung kann von der Person aus betrachtet werden oder aus dem Blickwinkel der Gesellschaft. Von Bedeutung in dieser Diskussion ist auch, dass nicht jeder Lehrer gleiche Vorstellungen darüber hat, ab wann ein Schüler ein auffälliges Verhalten zeigt. Die Klassifizierung von auffälligem Verhalten ist ein Phänomen, das von der subjektiven Wahrnehmung des Pädagogen und seiner Einstellung zum Kind geprägt wird.

Im zweiten Abschnitt meiner Arbeit möchte ich die bisher gewonnenen Erkenntnisse der Sonderpädagogik als Ausgangspunkt nutzen und die schulische Situation der verhaltensauffälligen Kinder kurz aufzeigen. Defizite in der sozialen und emotionalen Entwicklung entstehen durch die Wechselbeziehung zwischen dem Kind und seinem Umfeld. Die Ursachen hierfür sind mannigfaltig. Da schulisches Lernen überwiegend im Klassenverband stattfindet, betrachte ich es als notwendig, auch diesen Aspekt mit einzubeziehen.

Meine Ausgangsfrage, ob eine Umschulung nicht vermeidbar gewesen wäre, soll die Analyse von Fallbespielen im dritten Abschnitt darlegen. An Hand einiger Schülerakten werden Daten hinsichtlich der Art und der Häufigkeit des Auftretens von Verhaltensauffälligkeiten, die erfolgten Fördermaßnahmen und deren Erfolge ausgewertet. Ein wichtiger Aspekt ist dabei, ob sich dadurch eine positive Veränderung des Lern- und Leistungsverhalten abzeichnete.

Die Begleitung des Schülers durch den mobilen sonderpädagogischen Dienst zeigt manchmal nicht den gewünschten Erfolg. Es kommen meist mehrere Bedingungen zusammen, die zu einer Umschulung als Ausweg aus der bestehenden Situation führen. Die Umschulung in ein Förderzentrum stellt nicht nur für das Kind eine wichtige Veränderung dar. Viele Familien verweigern so lange, wie möglich die notwendige Umschulung.

Dieser Einschnitt in das Leben des Kindes bedeutet aber auch eine Chance des „Neuanfangs“. Im vorletzten Abschnitt geht es mir vor allem darum aufzuzeigen, dass so neue Möglichkeiten entstehen, Veränderungen im Kind hervorzurufen.

Die Problemstellung zu Beginn soll damit nicht zwangsläufig zugunsten der Förderschule bejaht werden. Ich denke in diesem Abschnitt eher aufzuzeigen, dass Veränderungen im Verhalten des Kindes auch zu diesem Zeitpunkt ein Ergebnis gezielter Förderung sind.

Der Unterricht enthält neben dem Vermitteln von Kenntnissen noch eine Vielzahl anderer Möglichkeiten des Lernens. Im Klassenverband zu lernen bedeutet auch den Erwerb von sozialen Fähigkeiten, die ein miteinander ermöglichen. Neues Verhalten erwirbt und festigt der Schüler meist nur in einem langen und mühevollen Prozess.

Um die Thematik abzurunden halte ich es für sinnvoll, die Funktion und Stellung der Bezugspersonen aufzuzeigen. Alle, an der Erziehung Beteiligten, müssen sich ihrer speziellen Funktion in diesem Veränderungsprozess bewusst werden.

1.1 Definition des Begriffs „Verhaltensstörung“ aus der Perspektive der Pädagogik

Kinder und Jugendliche, die im Schulalltag durch ihr Verhalten besonders auffallen, werden als „verhaltensgestört“ bezeichnet. Diese Bezeichnung steht jedoch für ein großes Spektrum an Auffälligkeiten. Damit treffen die Lehrer kaum Aussagen über die Ursachen des Verhaltens, sondern beschreiben meist nur die Erscheinungsformen.

In der wissenschaftlichen Literatur finden sich unterschiedliche Erklärungsansätze und Definitionen des Begriffs „Verhaltensstörung“. Goetze und Neukäter verstehen darunter, „die Art des Umgangs eines Menschen mit anderen, mit sich selbst und mit Sachen, die von der erwarteten Handlungsweise negativ abweicht „(1989, S.69).

Für Speck besteht eine Verhaltenstörung dann, wenn durch das Verhalten des Kindes der Unterricht erschwert oder das Erreichen des Stundenzieles gefährdet oder unmöglich wird. Verhaltensstörungen stellen sich in der pädagogischen Situation als Interaktions-, Kommunikations- und Kooperationsstörungen dar.

Beeinträchtigungen des Verhaltens und Erlebens verweisen auf Fehler in der Entwicklung des Kindes hin, die sich in den Beziehungen zu anderen Menschen ausdrücken. Kinder mit Verhaltensstörung sind nur wenig in der Lage, ihre Aktivität zu steuern, sich mit veränderten Situationen zu arrangieren, mit Erfolg oder Misserfolg umzugehen.

Havers bezeichnet dieses Verhalten als „schulische Erziehungsschwierigkeiten“ (1978, vgl. S. 16). Das erziehungsschwierige Verhalten wird durch den Verstoß gegen schulische Normen und Regeln sichtbar. Er ordnet diese Regelübertretungen nach fünf Kategorien:

- den schulischen Arbeitsanforderungen,
- dem Bereich der Interaktion mit Gleichaltrigen,
- dem Bereich der Interaktion mit Lehr- und Schulpersonal,
- den Normen von Schulklasse und Schule,
- den residualen Verhaltensabweichungen (vgl. Havers, 1978).

Havers versteht unter Erziehungsschwierigkeiten die Regelübertretung eines Schülers, die von einem schulischen Erzieher wahrgenommen und als störend und unangemessen beurteilt wird (1978, S. 21). Er schließt dabei Regelverstöße, die auf mangelnder Intelligenz und andere Formen der Behinderung aus. Für Havers gilt ein Schüler erst dann als erziehungsschwierig oder verhaltensgestört, wenn die Erziehungsschwierigkeiten manifest auftreten und somit über das normale und tolerierbare Maß hinausgeht.

Myschker unterteilt menschliches Verhalten in adaptive und maladaptive Modi. Für ihn beeinträchtigt das maladaptive Verhalten die Entwicklung des Kindes und es bedarf einer pädagogischen und therapeutischen Hilfe zur Überwindung der Verhaltensstörung (vgl. Myschker, 2005).

Allen Erklärungen gemein zeigt sich, dass es immer um ein Verhalten geht, dass den Unterrichtsprozess erheblich stört und die Lern - und Arbeitshaltung des verhaltensauffälligen Schülers negativ beeinflusst. Ebenso spielt der Pädagoge auch eine wichtige Rolle in der Bewertung des gezeigten Verhaltens als „Verhaltensstörung“. Es ist daher von Bedeutung, dass nicht jedes abweichende Verhalten als solches bezeichnet wird.

Eine „Verhaltensstörung“ besteht fast immer über einen längeren Zeitraum und beeinträchtigt die Aktivitäten innerhalb der Gruppe oder Klasse negativ.

Der Begriff „Verhaltensstörung“ hat sich in der Sonderpädagogik durchgesetzt. Im Hinblick auf die Schule wird es als Störung in der emotionalen und sozialen Entwicklung bezeichnet. Mit der Feststellung des Förderbedarfes im emotionalen und sozialen Bereich kann sonderpädagogische Förderung erteilt werden.

1.1.1 Ursachen für Defizite in der sozialen und emotionalen Entwicklung

Wenn es auch immer mehr Kinder mit Störungen im Verhalten gibt, so sind die Ursachen hierfür sehr vielseitig. Myschker unterteilt die Störung des Sozialverhaltens in zwei Gruppen. In der ersten Gruppe lag der Beginn der Verhaltensaufälligkeit vor dem 10. Lebensjahr und in der zweiten Gruppe traten diese erst nach dem 10. Lebensjahr auf mit Beginn der Adoleszenz (vgl. Myschker, 2005).

Es gibt eine Reihe von Erklärungsansätzen für die Entstehung und Ursachen von Verhaltensstörungen. In meiner Arbeit möchte ich mich auf den pädagogischen Aspekt beziehen.

Verhalten bezieht sich immer auf einen Kontext und schließt die subjektive Wahrnehmung der Situation ein. Da nicht alle Menschen über die gleichen Problemlösungsstrategien und Wissensstand verfügen, reagieren die Menschen (im vorliegenden Fall - Kinder) auch unterschiedlich auf die verschiedenen Anforderungssituationen. Verhaltensstörungen können damit das Ergebnis des Interaktions- und Kommunikationsprozesses sein.

Das spätere Verhalten des Kindes wird entscheidend durch das Erziehungsverhalten der Eltern beeinflusst.

Beim inegalen Erziehungsstil gelingt es dem Kind nur schwer, überdauernde Einstellungen zu finden und es kann sich nicht auf Erwartungen einstellen. Auf die ständig wechselnden Erziehungspraktiken der Eltern reagiert es mit einem Verhalten, dass von Unsicherheit, mit Angst, Nervosität, übermäßigen angepasst sein gekennzeichnet ist. Eltern, die ihr Kind zurückweisen, erschweren diesem, das Urvertrauen zu entwickeln. Es lernt nicht, die nähere Umwelt als Modell für die Übernahme sozialer adäquater Normen zu akzeptieren. Die betroffenen Kinder neigen zu Verlassenheits- und Minderwertigkeitsgefühlen. Die Möglichkeit des Auftretens von berechenden, aggressiven- grausamen, unsozialen und kriminellen Verhaltensweisen besteht bei diesen Kindern. Demgegenüber steht das andere Extrem der Liebesüberflutung. Sie besteht aus verschiedenen Varianten: dem herrschsüchtigen- verzärtelnden Erziehungsverhalten und nachsichtig- verzärtelnden Erziehung. Während ersteres Verhalten der Eltern die Kinder zur Unselbstständigkeit erzieht, ruft das andere Egoismus und eine unrealistische Selbsteinschätzung hervor. Folgen eines autoritären und herrschsüchtigen Erziehungsstils können aggressive Verhaltensweisen bei den Kindern hervorrufen. Die Kinder neigen hier zu einer destruktiv- oppositionellen oder zu einer ängstlichen- resignativen Haltung. Im Gespräch mit den Eltern zeigt sich gelegentlich, dass die Kinder ihnen gegenüber sehr dominant auftreten. Die Eltern ordnen sich den Wünschen der Kinder unter. Die Schüler reagieren darauf mit irrealen Ansprüchen, Herrschsucht und einer geringen Frustrationstoleranz.

Eine strenge Erziehung in Verbindung mit negativer Bewertung der Leistungen des Kindes behindert nicht nur die soziale Entwicklung des Kindes, sondern beeinflusst die schulischen Leistungen ebenfalls negativ. Die elterliche Unterstützung benötigt das Kind, um Schwierigkeiten in seiner Entwicklung bewältigen zu können. Es hat so das Gefühl, als Person von seinen Eltern akzeptiert zu werden und kann sich auf dessen Hilfe verlassen.

Untersuchungen zeigten auf, dass das Erziehungsverhalten der Eltern stark von der Zugehörigkeit zu den sozialen Schichten abhängig ist. Entsprechend der Untersuchungsergebnisse fiel auf, dass Eltern der Unterschicht öfters zu einem strengen, dirigistischen Erziehungsverhalten in Verbindung mit einem niedrigen Unterstützungsverhalten neigen, als Eltern der Mittel- und Oberschicht. Mütter und Väter der oberen gesellschaftlichen Schichten unterstützen wesentlich häufiger ihre Kinder in der Entwicklung und sind an dessen schulischen Leistungen stärker interessiert.

Abschließend möchte ich noch auf die Problematik der Kindesmisshandlung und Vernachlässigung eingehen. Misshandlung kann in verschiedenen Formen und Stärkegraden auftreten. Kinder leiden unter seelischer und körperlicher Misshandlung und zeigen entsprechend des Alters verschiedene Symptome der Entwicklungsbeeinträchtigung. Der Umgang mit den betroffenen Schülern gestaltet sich meist schwierig, da sie in ihrem Verhalten von extrem auffällig bis hin zu völliger Zurückgezogenheit neigen.

In unserer Gesellschaft berichten die Medien immer fassungslos von zu Tode gequälten Kindern jeden Alters. Die aufgedeckten Fälle sind aber nur die Spitze des Eisberges. Aus Erfahrung weis ich, dass es recht schwierig ist, etwas dagegen zu unternehmen und das die Bearbeitungsvorgänge innerhalb des Jugendamtes durch Vorschriften eher behindert als angetrieben werden.

Es gibt immer wieder Kinder, die unter Vernachlässigung leiden. Kennzeichen hierfür ist die Verwahrlosung, die von mangelnder Pflege, unzureichender Bedürfnisbefriedigung und mangelnder Erziehung geprägt ist.

Verhaltensauffälligkeiten entstehen einerseits auf der Grundlage falscher oder fehlender Erziehungspraktiken der Eltern und anderseits können die schulischen Anforderungen diese hervorrufen oder bestehende verstärken. Im Unterricht bevorzugen noch zu viele Lehrer den Frontalunterricht und bestreiten die Stunde damit meist als ein „Alleinunterhalter“. In zu kleinen Klassenräumen und bei großer Klassenstärke fällt es schwer, neuen Methoden den Vorrang zu gewähren. Da die verhaltensauffälligen Schüler zunehmen, greifen viele Lehrer, die mit der Situation überfordert sind, auf „altbewährten Methoden“ zurück. Gerade auffällige Schüler benötigen aber einen differenzierten Unterricht, Kleingruppenarbeit, Unterstützung und Akzeptanz. Der Lehrer muss hier auch ein Stück weit Sozialarbeit leisten. Zu hohe Anforderungen zeigen ebenso wie Unterforderungssituationen eine Verstärkung negativer Verhaltensweisen. Gerade aggressive Schüler neigen in solchen Konstellationen zu ausuferndem Verhalten.

Da ich in meiner Abschlussarbeit den Schwerpunkt auf aggressives Verhalten gelegt habe, möchte ich im nächsten Abschnitt gesondert auf diese Form der Verhaltensstörung eingehen (vgl. Myschker 2005).

1.2 Aggressivität von Kindern im Schulalltag

Der Begriff des aggressiven Verhaltens wird für eine Menge recht unterschiedliche Verhaltensweisen gebraucht. Verhaltensweisen, die sich in Qualität und Häufigkeit des Auftretens unterscheiden. Die meisten Definitionsansätze gehen von Handlungen aus, die auf Verhaltenskategorien, Handlungsintentionen, entstandenem Schaden und anschließendem sozialem Urteil basieren. Ein wichtiger Bestandteil aller Definitionen ist, dass das auf ihn einwirkende Verhalten des Anderen vom Opfer als physische oder psychische Verletzung empfunden wird.

Aggressionen basieren auf der Grundlage von Einstellungen, Emotionen und unangepassten Verhaltensweisen.

Jüngere Studien unterscheiden hierbei, wie Verletzung oder Schädigung des Anderen erfolgte.

Dabei umfasst offen aggressives Verhalten all jene Formen von aggressiven Handlungen, die andere Personen durch körperliche Übergriffe wie „schlagen, hauen, treten und schubsen“ oder unter verbaler Androhung solcher Attacken wie „schreien, brüllen, drohen“ schädigen oder verletzen (vgl. Crick, Casas & Mosher, 1997).

In den Untersuchungen zeigte sich, dass Jungen signifikant öfters aggressiv reagierten als Mädchen. Mädchen bevorzugen meist eine verdeckte Form der Aggression (relational). Sie neigen eher zu einem Verhalten, dass das Opfer verunglimpft und sozial isoliert.

In Förderschulen setzen sich die Klassen zum überwiegenden Teil aus Jungen zusammen. Die Anzahl von Schülerinnen bleibt deutlich hinter der der Schüler zurück. In den letzten Jahren nahm die Anzahl der verhaltensgestörten Schüler (auch der Schülerinnen) stetig zu.

Um aggressives Verhalten gezielt positiv verändern zu können, besteht die Notwendigkeit, sich über dessen Entstehung Gedanken zu machen. Da menschliches Verhalten sehr vielschichtig ist, können negative Einflüsse auch auffälliges Verhalten hervorrufen. Es gibt verschiedene psychologische Theorien zur Erklärung der Entstehung von aggressivem Verhalten. Ich möchte mich hier auf zwei Theorien beschränken.

Die Aggressions- Frustrations- Theorie geht davon aus, dass Aggression das Ergebnis von Frustrationserlebnissen ist. Frustration entsteht dann, wenn das Erreichen eines Zieles nicht möglich ist oder der Weg dorthin blockiert wird. Je belastender die frustrierende Situation ist, desto eher besteht die Möglichkeit einer aggressiven Reaktion. Nicht jede vorangegangene Frustration löst jedoch Aggressionen aus. Entscheidend sind die individuellen Wahrnehmungen, eigene Handlungskompetenzen und mögliche drohende Bestrafungen.

Demgegenüber beschreibt Bandura (2002), dass Aggression wie andere Verhaltensweisen erlernt werden können. Er spricht hier vom „Lernen durch Imitation“.

Belohnung, Bestrafung sowie soziale Werte und Normen haben einen Einfluss auf den Erwerb von Verhaltensweisen. Das Wohnumfeld, die sozioökonomische Situation von Kindern kann ebenfalls negativ auf das Kind einwirken. Entsprechend dem „Informationsverarbeitungsmodell“ von Dodge und Petit (2003) erwerben Kinder im Laufe ihrer Entwicklung durch die Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt soziales Wissen. Diese Schemata sind die Grundlage für zukünftiges Handeln. Wichtig in diesem Lernprozess ist, inwieweit aggressives Verhalten als Lösungsform betrachtet wird.

Soziale Werte und Normen erwirbt das Kind erst durch die Auseinandersetzung mit der Umwelt. Folglich sind kognitive Wertvorstellungen zuerst nicht gefestigt. Erst im Entwicklungsverlauf stabilisieren sie sich.

1.3 Begriff der Lernbehinderung

Der Begriff „Lernbehinderung“ wird seit etwa 1960 benutzt. Wenn der Begriff in seine Komponenten zerlegt wird, entsteht „im Lernen behindert sein“. Diese Aussage trifft eine Wertung der Fähigkeit eines Menschen, Wissen aufzunehmen, zu verarbeiten, zu verknüpfen usw. Sie sagt jedoch wenig über die Ursachen noch über die vielfältigen Formen einer Lernbehinderung aus.

Eine Lernbehinderung muss nicht alle Bereiche der Person umfassen. Sie kann auf einzelne Bereiche beschränkt sein oder unterschiedlich stark ausgeprägt. Eine Lernbehinderung kennzeichnet sich in einer umfangreichen, länger andauernden und schwerwiegenden Beeinträchtigung des Wissenserwerbes. Sie tritt in Verbindung mit schulischen Anforderungen in Erscheinung.

Mit dem Begriff sind pädagogische Bemühungen der Förderung von Kindern mit Lernbehinderung verbunden. Der Schwerpunkt der Förderung besteht in der Normalisierung und Rehabilitierung des Lernbehinderten, um ihm eine berufliche Ausbildung zu ermöglichen.

In Verbindung mit einer Lernbehinderung kommt es gehäuft zu Auffälligkeiten im sozialen Verhalten.

2 Schulische Anforderungen, eine Hürde für das verhaltensgestörte Kind

Schulgesetz und Schulordnung stellen die Rahmenbedingungen, die den organisatorischen Ablauf des Unterrichtsalltages festlegen. Die Gesetze, Regeln und Verordnungen beziehen sich auf die Anforderungen an Leistungen und Verhalten der Schüler.

Verstöße gegen diese Vorgaben können durch Schulstrafen geahndet werden. In jeder Schule haben sich dazu noch bestimmte Normen etabliert und beinhalten Verhaltenserwartungen an den Schüler. Im Bereich der bestehenden Normen liegt es im Ermessensspielraum des Lehrers, welches Verhalten er sanktioniert oder nicht. Der Lehrer bestimmt z. B. weitgehend selbst, wann er einen Verweis erteilt. So besteht die Möglichkeit, dass Lehrer unterschiedlich auf körperliche und verbale Aggressionen eines Schülers reagieren. Der Handlungsspielraum reicht hier vom Ignorieren bis zum strengen Verweis und hängt von der Bewertung der Situation durch den Lehrer ab. Solche unterschiedlichen Reaktionen bestehen ebenfalls im Hinblick auf die Einhaltung anderer schulischer Gesetze, Regeln oder Normen.

Damit wird der Schulalltag für einen verhaltensauffälligen Schüler schwer berechenbar, da die gezeigten Verhaltensmuster von dem einzelnen Lehrer unterschiedlich bewertet und geahndet werden.

Verhaltensauffällige Schüler erleben Leistungs- und Anforderungssituationen öfters als andere Schüler als stark belastend. Sie versuchen mangelnde Fähigkeiten und schulisches Wissen durch ihr Verhalten zu kompensieren oder um jeden Preis Aufmerksamkeit zu erhalten. Es scheint dem Schüler dabei gleich zu sein, ob die Reaktion positiv oder negativ ausfällt. Für den Pädagogen besteht die Schwierigkeit darin, dieses Verhalten durch geeignete Interventionen zu unterbrechen oder zu stoppen. Der Umgang mit verhaltensgestörten Kindern erfordert vom Lehrer viel pädagogisches Geschick und fachliches Wissen über den Umgang mit Verhaltensstörungen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 53 Seiten

Details

Titel
Aggressives Verhalten von Schülern als Auslöser für eine Umschulung in ein Förderzentrum
Untertitel
Lernbehinderung und/ oder Verhaltensauffälligkeit?
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Fernuni Hagen)
Note
3
Autor
Jahr
2008
Seiten
53
Katalognummer
V122437
ISBN (eBook)
9783640276677
ISBN (Buch)
9783668145214
Dateigröße
523 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit war vom Aufbau in Ordnung. Da ich aber wenig Zeit hatte, kam die Diskussion der Thematik zu kurz. Dies wurde auch vom Dozenten bemängelt. Ansonsten hätte ich laut dessen Aussage eine 2 erreicht.
Schlagworte
Lernbehinderung, Verhaltensauffälligkeit
Arbeit zitieren
Magistra Artium Adelheid Venter (Autor:in), 2008, Aggressives Verhalten von Schülern als Auslöser für eine Umschulung in ein Förderzentrum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122437

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