Männerbilder in Franziska zu Reventlows "Von Paul zu Pedro"


Hausarbeit, 2008

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2.Franziska Gräfin zu Reventlow
2.1 Husum/Lübeck
2.2 Schwabing/ Ascona

3.„Von Paul zu Pedro“ oder „Amouresken“
3.1 Zusammenfassung
3.2 Männerbilder
3.2.1 Paul
3.2.2 Der Retter
3.2.3 Der fremde Herr
3.3 Die Themen Liebe und Erotik

4. Autobiographische Parallelen zwischen Reventlow und der Ich-Erzählerin

5. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„[...]bei mir steht und fällt alles mit dem Erotischen[...].“[1]

Mit diesem Zitat der Autorin selbst könnte man wohl, wenn auch nur sehr grob, das Leben der Franziska zu Reventlow betiteln. Dabei war es nie die Absicht von Reventlow einmal Schriftstellerin zu sein. Im Gegenteil, für Reventlow ist die Frau „nicht zur Arbeit, nicht für die schweren Dinge der Welt geschaffen[...]- ein Luxusobjekt in des Wortes schönster Bedeutung“[2]. Jedoch hat sie als Schriftstellerin gearbeitet und bestritt einen Teil ihres erfahrungsreichen Lebens mit dieser Tätigkeit.

Immer wieder meisterte sie den Spagat zwischen alleinerziehender Mutter und Bohèmienne ohne ihren persönlichen Freiheitsdrang oder die Bedürfnisse ihres Sohnes außer Acht zu lassen. Umso verwunderlicher erscheint daher die Tatsache, dass sich die Literaturwissenschaft erst seit den 80er-Jahren mit dieser schillernden Figur der Münchener Bohème der Jahrhundertwende beschäftigt.[3]

Die vorliegende Arbeit untersucht eines ihrer späteren Werke, „Von Paul zu Pedro“. Immer wieder stößt man in der Sekundärliteratur auf verblüffende Parallelen zwischen dem Leben der Reventlow und ihren Charakteren. Daher soll diese Untersuchung versuchen zu ergründen, in wiefern der Roman „Von Paul zu Pedro“ autobiografische Züge enthält.

Hierzu soll zunächst das Leben der Reventlow anhand der wichtigsten Stationen und Personen schlaglichtartig dargestellt werden.

Danach folgt eine Vorstellung des Romans unter Berückichtigung der elementarsten Aspekte und Figuren. Besondere Bedeutung haben hierbei die verschiedenen Männertypen, die die Ich-Erzählerin im Roman skizziert und die Relation in denen sie zu diesen Figuren steht. Hierbei muss im Vorfeld angemerkt werden, dass die Sekundärliteratur in Hinblick auf die Analyse des Reventlow'schen Werkes sehr wenig Material bietet, weshalb ich in diesem Abschnitt gezwungen bin, überwiegend Hypothesen zu formulieren.

In einem dritten Schritt soll eine Synthese der Ergebnisse aus den vorrangegangenen Kapiteln erfolgen, in der herausgearbeitet wird, in wiefern der Roman letztendlich als autobiografisch gewertet werden kann.

2. Franziska Gräfin zu Reventlow

Die Reventlow wurde am 18.Mai 1871 im Schloss zu Husum als Tochter von Ludwig Christian Detlev F. Graf zu Reventlow und seiner Frau Emilie Julia Anna Luise zu Reventlow geb. Reichsgräfin zu Rantzau geboren. „Ihr Lebensweg führte Franziska zu Reventlow vom Norden des Deutschen Reiches in den Süden.“[4] Schon früh kam sie mit geistigen und literarischen Größen ihrer Zeit in Kontakt. „In Husum lernte sie Theodor Storm kennen[...][und lebte] als Jugendliche [...]wie Heinrich und Thomas Mann und [...] Erich Mühsam in Lübeck.“[5] Hier trat sie in den Ibsenclub ein, dessen Namensgeber Henrik Ibsen für Franziska einen wichtigen literarischen Einfluss darstellte.

In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts zog Reventlow nach München, dem damaligen künstlerischen Zentrum des Deutschen Reiches und war dort fester und zentraler Bestandteil der Schwabinger Bohèmekultur. Hier unterhielt sie wichtige Kontakte zu der Gruppe der Kosmiker und wurde durch ihre freizügige und doch aristokratisch geprägte Lebensweise zu einem Sinnbild für deren Neudefinition des antiken Hetärenbegriffes.

Ab 1910 lebte sie mit ihrem unehelichen Sohn Rolf in Ascona, „dem Ort, an dem man versuchte, die in jener Zeit entwickelten Utopien von einer naturverbundenen Lebensweise umzusetzen.“[6] Freiheit, Ungebundenheit und freie Entfaltung der Sexualität beider Geschlechter gehörten zeitlebens zu Reventlows Lebensgefühl und das drückt sich auch in ihrem schmalen literarischen Werk aus. Neben den „Amouresken“, die von einem reichen Erfahrungsschatz in Bezug auf Männer und Liebesbeziehungen schließen lassen, kritisiert sie in „Herrn Dames Aufzeichnungen“ den Kreis der Kosmiker um Ludwig Klages und nimmt in „Der Geldkomplex“ ihre eigene finanzielle Misere zum Anlass, die damals populäre Psychoanalyse in ihre Schranken zu verweisen.

Insgesamt kann man sagen, dass „sie zu den Frauen [gehörte], die durch ihre Vorbildwirkung mit zu einer Entwicklung beigetragen haben, die unsere heutige soziale Welt entscheidend prägt.“[7]

2.1 Husum/Lübeck

Die Kindheit und Jugend von Fanny Liane Wilhelmine Sophie Adrienne Auguste Comtesse zu Reventlow[8] war geprägt von Konflikten mit ihrem Elternhaus und dem ständigen Drang nach Freiheit als ein Resultat daraus. Franziskas Vater, preußischer Landrat, stand seiner jüngeren Tochter sehr reserviert gegenüber, wesentlich wichtiger jedoch für die Ausformung des Charakters war die schwierige Beziehung zur Mutter.[9]

Franziska beschreibt in ihren Texten, von denen „Ellen Ollestjerne“ als ihre Autobiografie der ersten 30 Jahre gilt, die Mutter als „kalte, lieblose, abweisende Frau [...], die aus ihrer Tochter den zeitgenössischen standesgemäßen Vorstellungen entsprechend eine 'Tochter aus gutem Hause' machen wollte.“[10] Als die Mutter durch den Tod des ältesten Sohnes sehr mitgenommen ist, wird die Erziehungsaufgabe zunächst wechselnden Gouvernanten übertragen. Nachdem die Eltern 1885 zu einer längeren Reise aufbrechen, erkrankt die aktuelle Gouvernante, was für Franziska und ihren jüngeren Brüder Karl, zu dem sie ein sehr enges Verhältnis hat, eine lange Zeit der Freiheit bedeutet. Diese Zeit nutzen die beiden Geschwister ausgiebig, um in Husum und Umgebung bummeln zu gehen. Als die Eltern nach ihrer Heimkehr von diesen Aktivitäten erfahren, beschließen sie Franziska ins Freiadelige Magdalenenstift, ein Mädchenpensionat für Töchter aus Adelsfamilien, zu geben, da sie darin die letzte Möglichkeit sehen „ihr rebellisches und aufrührerisches Wesen zu bändigen.“[11] Doch entgegen ihren Hoffnungen läuft Franziska immer weiter gegen ihr vorgesetzte Autoritäten an. So schreibt sie bereits als junge Erwachsene:

Ich will und muss einmal frei werden; es liegt nun einmal in meiner Natur, dieses maßlose Streben, Sehnen nach Freiheit. Die kleinste Fessel, die andere gar nicht als solche ansehen, drückt mich unerträglich, unaushaltbar und ich muß gegen alle Fesseln, alle Schranken ankämpfen, anrennen.[12]

Nach mehreren eklatanten verstößen gegen die Hausordnung des Pensionats, wird Franziska der Schule verwiesen und kehrt zu ihrer Familie auf das Husumer Schloss zurück. Jedoch nimmt sie aus dieser Zeit wichtige Fähigkeiten mit, die ihren späteren Lebensweg deutlich vereinfachen sollen. Neben dem Erlernen der französischen und englischen Sprache, gehörten Unterricht im Schönschreiben, Zeichnen und Malen, sowie in Musik, Gesang und Tanz zu ihren Fächern.[13]

Nach ihrem Rauswurf und der Rückkehr nach Husum, weicht sie immer wieder zu verschiedenen Verwandten aufs Land aus, um den Repressalien der Mutter zu entgehen und findet schließlich in ihrer Tante Fanny Gräfin zu Rantzau eine Unterstützerin ihrer künstlerischen Neigungen. Durch sie wird Franziska mit der Malerei vertraut und bekommt ersten Unterricht hierin. Nach Reventlows Rückkkehr beschließt die Familie nach Lübeck umzuziehen, da der Vater pensionsbedingt das Schloss in Husum räumen muss, da dieses zur damaligen Zeit preußisches Staatseigentum war.

In Lübeck lernt sie zusammen mit ihrem Bruder Karl den Ibsenclub kennen, indem die Werke des norwegischen Schriftstellers Henrik Ibsen rezipiert wurden. Bereits in Husum war Franziska in Kontakt mit dem Autor gekommen, in Lübeck jedoch kann sie sich nun mit Anderen über sein Werk austauschen. An ihren Jugendfreund Emanuel Fehling schreibt sie einmal:

„Ich verdanke Ibsen sehr viel, seine Ideen und seine Menschen sind begeisternd und man hat so das Gefühl, als ob er einem klar sagt, was man unklar gefühlt hat.“[14]

Fehling stellt für Franziska den ersten innigen Freund dar, was sich in einem regen Briefkontakt wiederspiegelt. Für diesen Kontakt gilt jedoch die höchste Geheimhaltungsstufe, da die Eltern weder von ihrer Mitgliedschaft im Ibsenclub, noch von Fehling erfahren dürfen. Fehling beschreibt Reventlow ihre innersten Wünsche und wie sie versuchen will diese zu verwirklichen. Franziskas sehnlichster Wunsch ist es Malerin zu werden, jedoch hätte sie die Einwilligung zu einem Studium an einer Kunsthochschule nie bekommen. Daher versucht sie sich anderweitig selbstständig zu machen und plant ein Lehrerinnenseminar zu besuchen, da das zu dieser Zeit die einzige Möglichkeit für bürgerliche Frauen darstellte, einen höheren Beruf zu erlernen.[15] Ausgehend von ihren Kenntnissen in Französisch, Englisch, Deutscher Sprache und Deutscher Literatur, setzt sie ihren Willen durch und wird 1892 Lehrerin, wird diesen Beruf jedoch nie wirklich ausüben.

Nachdem sie den Kontakt zu Fehling beenden muss, lernt sie Karl Schorer kennen, doch ihre Eltern erfahren von dem Skandal und schicken ihre Tochter in ein Pfarrhaus in Adelby bei Flensburg, wo Franziska „Moral und Haushalt lernen soll[...].“[16] Als sie dort durch ihren Bruder vermittelt bekommt, dass sie in beruflicher Hinsicht nicht länger auf ihre Eltern bauen kann, entschließt sie sich aus dem Pfarrhaus zu einer Freundin aus dem Ibsenclub nach Wandsbek zu flüchten. Hier lernt sie den Gerichtsassessor Walter Lübke kennen, der ihr von nun an zur Seite steht und ihr Trost spendet. Walter Lübke wird Franziskas zweiter Verlobter, nach Karl Schorer. Jedoch verbringt sie mit Lübke auch nicht wirklich viel Zeit in trauter Zweisamkeit, denn 1893 packt sie die Koffer und zieht in die deutsche Kunstmetropole München, um Malerin zu werden.[17]

[...]


[1] Reventlow, Franziska zu: Briefe.1890-1917. München 1975. S.343

[2] Reventlow, Franziska zu: Sämtliche Werke, Briefe und Tagebücher. Bd. 5. Oldenburg 2004. S.217f.

[3] Vgl. Reschenberg-Rouzdar, Joke: Franziska Gräfin zu Reventlow. Partizipationschancen und -grenzen einer Frauenliteratur in der Schwabinger Bohème der Jahrhundertwende. Klagenfurt 1994 (Literatur und Soziologie, 10). S.3

[4] Egbringhoff, Ulla: Franziska zu Reventlow. Reinbek bei Hamburg 2000. S.7.

[5] Ebd.

[6] Ebd.

[7] Kubitschek, Brigitta: Ein Frauenleben im Umbruch. In: Franziska zu Reventlow: Sämtliche Werke, Briefe und Tagebücher. Oldenburg 2004. S. 548.

[8] Franziskas vollständiger und geburtsurkundlicher Name

[9] Vgl. Egbringhoff, Ulla: Franziska zu Reventlow. Reinbek bei Hamburg 2000. S. 15

[10] Ebd.

[11] Ebd. S.20

[12] Reventlow, F.: Briefe. S.154.

[13] Vgl. Egbringhoff, U.: Franziska zu Reventlow. S. 20.

[14] Reventlow, F. : Briefe. S.20

[15] Vgl. Reschenberg-Rouzdar, J.: Franziska Gräfin zu Reventlow. S.6

[16] Egbringhoff, U.: Franziska zu Reventlow. S.38

[17] Vgl. ebd. S.42

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Männerbilder in Franziska zu Reventlows "Von Paul zu Pedro"
Hochschule
Universität zu Köln  (Institut für deutsche Sprache und Literatur II)
Veranstaltung
Frau und Literatur. Zum Geschlechterdiskurs um 1900.
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
18
Katalognummer
V122125
ISBN (eBook)
9783640268962
ISBN (Buch)
9783640268184
Dateigröße
478 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Eine hervorragende, systematisch stringente Arbeit, die eine genaue Lektüre zeigt.
Schlagworte
Männerbilder, Franziska, Reventlows, Paul, Pedro, Frau, Literatur, Geschlechterdiskurs
Arbeit zitieren
Lars Hippenstiel (Autor:in), 2008, Männerbilder in Franziska zu Reventlows "Von Paul zu Pedro", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122125

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