Rechnungen als Geschichtsquellen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

15 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Allgemeines
2.1 Definitionen
2.2 Zuordnung und Quellenkritik

3. Überlieferung

4. Aufbau, Typen und Entwicklung
4.1 Aufbau und Typen
4.2 Entwicklung
4.3 Beispiel Rechnungen Wolfgers von Passau

5. weitere Informationen
5.1 Abnahme und Kontrolle
5.2 Vorstufen und Anfertigungsprozess
5.3. Funktionen von Rechnungen
5.4. historische Bedeutung

6. Zusammenfassung

Bibliographie

1. Einleitung

In dieser Arbeit, welche aus einem Referat im Rahmen des Seminars Archivgeschichte und Verwaltungswissenschaft resultiert, soll es um die Quellengattung Rechnung gehen. Diese Art der Geschichtsquellen wurde in den vergangenen Jahren zunehmend genauer untersucht, dennoch liegt für Deutschland z. B. noch kein Überblick über die territorialen Rechnungen der deutschen Landesherrschaften vor.

Rechnungen verzeichnen die Einnahmen und Ausgaben einer Person, einer Institution o. ä., Ahasver von Brand ordnete sie der Quellenart „schriftliche Überreste“ zu. Sein Werk „Werkzeug des Historikers“ wurde für diese Arbeit genauso hinzugezogen wie das grundlegende und sehr umfassende Werk von Mark Mersiowsky. „Die Anfänge territorialer Rechnungslegung im deutschen Nordwesten“ ist die Hauptgrundlage der Hausarbeit, da die Fülle der bereits editierten Rechnungen und der allgemeinen bzw. speziellen Literatur aufgrund der doch noch recht dürftigen Forschungslage verhältnismäßig gering ausfällt.

Im Verlauf der Arbeit geht die Autorin näher auf die Geschichte, Überlieferung, Herkunft, Form und Erscheinung der Rechnung an sich ein, dabei wird auch festgestellt werden, dass die Rechnung eine sehr wichtige Quelle mit hohem Aussagewert darstellt. Da Rechnungen einen Einblick auf die Finanzen eines Staatswesens geben, bilden sie eine aussagekräftige Quellengruppe für die Verwaltungs-, Wirtschaftsund Handelsgeschichte.

Die Forschung ist sich einig, dass die territoriale Rechnungslegungslegung ca. ab 1450 in Erscheinung tritt. Die Überlieferung und die Entwicklung von Rechnungen nach diesem Zeitpunkt, aber auch vor 1440, werden daher genauso Thema dieses Aufsatzes sein.

Die Funktionen von Rechnungen und ihre historische Bedeutung, aber auch die Abnahme und Kontrolle, sind ebenfalls Punkte dieser Arbeit, die in einer Zusammenfassung mündet.

2. Allgemeines

2.1 Definitionen

Um über Rechnungen schreiben und nachdenken zu können ist es zunächst nötig, eine Definition dieser Quellengattung zu finden. Neben Rechnungen wird in der Forschung auch von Rechnungsbüchern und Rechenbüchern gesprochen. Das Lexikon des Mittelalters [Sp. 508] definiert nur Rechnungsbücher. Diese seien „Bücher, in welche Abrechnungen über einen gewissen Zeitraum eingetragen wurden, die meist ähnlich wiederkehrende Vorgänge betrafen.“ Bei Janssen, der von Territorialrechnungen spricht, sind dies „jene Rechnungen, die im Rahmen der territorialen Verwaltungsorganisation und als schriftlicher Niederschlag territorialer Verwaltungstätigkeit entstanden sind“[1] Mersiowsky selbst definiert Rechnungen so: es seien „schriftlich fixierte Aufstellungen von Einnahmen und/oder Ausgaben, die aus dem der Abrechnung zugrunde liegenden Verhältnis zwischen Rechnungsleger und Rechnungsempfänger resultieren, zum Zwecke der Rechenschaft.“ [Mersiowsky, S. 39] Rechnungen erfassen also den Ist-Zustand der Einnahmen, denn sie enthalten die Einnahmen und Ausgaben, die tatsächlich geleistet wurden.[2]

2.2 Zuordnung und Quellenkritik

Wie oben bereits erwähnt, werden Rechnungen den schriftlichen Überresten zugeordnet, innerhalb dieser Gruppe zählen sie zu den Akten. Die meisten Rechnungen haben typischer Weise einen seriellen Charakter, sie zeichnen sich also durch eine kontinuierliche Führung und eine sich wiederholende Struktur der Einträge aus.[3] Zu Rechnungen gehörten oft auch Nebenrechnungen, Quittungen und anderen Aufzeichnungen, sie dienten der Hauptrechnung als Belege.

Mit der Herausbildung der Landesherrschaft und der Durchsetzung des Amtgedankens entstand vermutlich im 12. Jahrhundert die territoriale Rechnungslegung in den deutschen Territorien. Durch die zunehmende Rolle des Geldes sahen sich die Herrschaften gezwungen, sich ihrer Ressourcen zu versichern. Die Rechnung war im 14. Jh. ein bewährtes Herrschaftsinstrument, mit dem die Kontrolle der Amtsträger und damit die Nutzung der eigenen Ressourcen möglich waren. Erst ca. ab der 1. Hälfte des 15. Jh. wandelte sie sich zur Verwaltungsroutine. Die Rechnungslegung hängt folglich eng mit dem Finanzsektor eines Staatswesens zusammen. Die territoriale Rechnungslegung bedeutete auch aufgrund ihrer Schriftlichkeit einen immensen Fortschritt im Bezug auf die Rechenschaftsleistung und –kontrolle sowie auf die territoriale Verwaltungsorganisation. [Mersiowsky, S. 13]. Rechnungen wurden von Herrschaften, Städten, Kirchen und Klöstern geführt. Die territoriale Verwaltung und die territorialen Rechnungen hängen folglich ebenfalls untrennbar zusammen. [Mersiowsky, S. 345] Um Rechnungen und Rechnungsbücher korrekt auswerten zu können, ist es nötig, die Art und Form ihrer Anlage und Organisation zu kennen. Da sie oft nicht den Gesamthaushalt, sondern nur den Teil der Mittel widerspiegeln, für die der Rechnungsleger verantwortlich ist, sind durch die teils schlechte Überlieferung große Informationslücken entstanden, die nur durch andere Quellenarten geschlossen werden können (z. B. durch Urbare). Auch muss bei der Auswertung mit Manipulation und Unterschlagung gerechnet werden, wodurch eventuell nicht die realen Gegebenheiten reflektiert werden, dafür aber ein Einblick in die Sozialgeschichte möglich ist.

Auch heute noch wird der Begriff „jemanden zur Rechnung ziehen“ verwendet. Dies bedeutete, dass jemand vor einer zuständigen Stelle Rechenschaft über die Verwaltung bestimmter Besitzungen ablegen musste. Diese Stelle war in der Regel der Eigentümer der Güter und Rechte bzw. sein Stellvertreter. Daher war die Rechnungslegung immer dann wahrscheinlich, wenn ein Eigentümer seinen Besitz nicht selbst verwaltete, sondern dafür jemanden angestellt hatte. Nach vollzogener Rechnungslegung hatten die Rechnungen und Belege jedoch keine Funktion mehr und wurden meist vernichtet. Daraus resultiert vor allem die geringe Überlieferungszahl – dazu jedoch im Kapitel 3.1 mehr.

3. Überlieferung

In Deutschland gab es bis 1400 nur wenige überlieferte Rechnungen, zudem sind die Nachweise und Editionen über diese weit verstreut. Ein Überblick soll an dieser Stelle dennoch kurz gegeben werden:

Zu den ältesten überlieferten Rechnungen zählen die englischen Pipe Rolls, die ab 1155 erhalten sind. Aus dem 12. Jahrhundert sind sonst fast nur lose Einzelabrechnungen überliefert. Im 13. Jahrhundert setzt vereinzelt die Überlieferung päpstlicher, städtischer, grundherrschaftlich-territorialer und gewerblich-kaufmännischer Rechnungen und Rechnungsbücher ein. Die ältesten bisher bekannten Zeugnisse territorialer Rechnungslegung im Reich nördlich der Alpen sind die Rechnungen über den Hofhalt Wolfgers von Passau von 1203/04. Diese Rechnungen wurden in der Forschung bisher als Reiserechnungen betrachtet. Mersiowsky jedoch ist der Meinung, dass diese als normale Rechnungen zu bezeichnen sind, da zu jener Zeit alle Herrscher Reisende waren.

In der ersten Hälfte des 14. Jh. wird die Zahl der Territorien mit erhaltenen Überlieferungen größer, die Zahl der Rechnungen steigt an. Außerdem werden nun nicht nur isolierte Einzelrechnungen überliefert, sondern zunehmend auch zusammenhängende Dokumente. Die wettinischen Lande sind etwas reicher mit überliefertem Material gesegnet, hier stammt das älteste Zeugnis von Markgraf Friedrich II von Meißen, von welchem eine Hofrechnung von 1330 erhalten blieb. Auch in der zweiten Hälfte des 14. Jh. steigt die Zahl der Überlieferungen weiter an, in einigen Regionen bricht sie jedoch abrupt wieder ab. Bis weit über die Schwelle des 15. Jh. ist die Erhaltung der Rechnungen also nur bruchstückhaft, sodass es aus dieser Zeit kaum geschlossene Serien gibt. Angesichts der wenigen Überlieferungen von Rechnungen vor 1400 stellt sich Mersiowsky die Frage, ob die territoriale Rechnungslegung und das Einsetzen der Überlieferungen sich decken. Allerdings kommt er zu dem Resultat, dass dies sehr unwahrscheinlich ist, da auch vor dem Aufkommen der Einnahmeund Ausgaberegister Urkunden über Abrechnungen gefunden wurden. Möglicherweise bestand das Rechnungswesen in damaliger Zeit aus einer Kombination von oralen und symbolischen Prozeduren, bis die schriftliche Rechnungslegung entstand. Zusammengefasst lässt sich hierzu also sagen, dass die territoriale Rechnungslegung bereits vor dem Einsetzen der ältesten Rechnung bestand. Erst aus dem 15. Jahrhundert bleiben Rechnungen in vielen deutschen Territorien erhalten, die Schriftlichkeit und auch die Rechnungslegung haben sich verbreitet. Die Forschung ist sich einig, dass in dieser Zeit die Rechnungslegung in den deutschen Territorien eingeführt worden ist.

Wie kam es jedoch überhaupt dazu, dass Rechnungen erstellt wurden? Im frühen und hohen Mittelalter wurden geschäftliche Angelegenheiten zumeist mündlich geregelt, hin und wieder wurde eine Abmachung jedoch auch in einer Urkunde festgehalten. Seit dem 12. Jahrhundert änderten sich diese Rahmenbedingungen grundlegend durch die Gründung von Städten an vielen Orten. Zu diesem Zeitpunkt setzte sich die Geldwirtschaft durch, plötzlich musste sich ein einzelner Mensch viele Dinge auf einmal merken. Um nichts zu vergessen und somit auch keinen Verlust zu erleiden, griff man immer häufiger zum Mittel der Schrift.

Ein Grund für die lückenhafte Überlieferung könnte der sein, dass Rechnungen nach vollzogener Rechnungslegung ihre Funktion im Geschäftsgang der Kanzleien verlieren und daher seltener überliefert werden.

[...]


[1] Janssen, Wilhelm: Die kurkölnischen Territorialrechnungen des Mittelalters, S. 97), zitiert nach Mersiowsky, S. 11/12

[2] Im Gegensatz dazu: Abgabenregister, welche die Abgaben enthalten, auf die Anspruch erhoben wird (Soll- Zustand).

[3] Vgl. http://www.adfontes.unizh.ch/2770.php

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Rechnungen als Geschichtsquellen
Hochschule
Universität Leipzig  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Verwaltungs- und Archivgeschichte
Note
2
Autor
Jahr
2007
Seiten
15
Katalognummer
V121935
ISBN (eBook)
9783640267194
Dateigröße
363 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rechnungen, historische Quellen, Geschichtsquellen
Arbeit zitieren
Nicole Heintke (Autor:in), 2007, Rechnungen als Geschichtsquellen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121935

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