Gesellschaftliche Asymmetrie in der Moderne und asymmetrisches Verhältnis zwischen Konsument und Produzent der Erlebnisgesellschaft

Merkmale und Gefahren


Hausarbeit, 2008

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Motivation der Arbeit

2. Die asymmetrische Gesellschaft nach Coleman
2.1. Merkmale asymmetrischer Beziehungsformen nach Coleman
2.2. Zur Konstellation zw. korporativem Akteur, natürlicher Person und Staat
2.3. Informationsungleichgewicht in Marktbeziehungen
2.4. Sozialpolitikforschung

3. Die Erlebnisgesellschaft nach Schulze
3.1. Die Beschaffenheit der Erlebnisgesellschaft
3.2. Alltagsästhetische Schemata und soziale Milieus
3.3. Resymmetrierung durch Kulturpolitik: Ziele und paradoxe Wirkungen
3.4. Die Publikumswirksamkeit von Kulturpolitik

4. Vergleichende Analyse der beiden Autoren

5. Ausblick: Möglichkeiten der Resymmetrierung

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung und Motivation der Arbeit

Die moderne Gesellschaft ist eine Organisationsgesellschaft, in der sich zum einen Indivi­duen, also natürliche Personen und zum anderen Institutionen, hier bezeichnet als korpora­tive Akteure, in einem ungleichgewichtigen Verhältnis zueinander befinden. Seit der Industrialisierung ist ein rasantes Anwachsen von Korporationen mit kommerziellem Inte­resse zu beobachten. Diese versuchen ihre ökonomischen Interessen trotz Schädigung der Um­welt und des Einzelnen durchzusetzen, so dass dem Staat die Aufgabe zuwuchs, das Un­gleichgewicht zwischen Individuum und den Korporationen auszugleichen. Der amerikani­sche Soziologe J.S. Coleman bezeichnete dieses Ungleichgewicht als Asymmetrie und beleuchtet es von mehreren Seiten, nämlich neben Asymmetrie zwischen natürlicher Per­son und korporativen Akteur auch diejenige zwischen korporativem Akteur/ natürlicher Per­son und dem Staat als Regulierer. Außerdem untersucht er die Asymmetrie innerhalb korpo­rativer Akteure, also die Hierarchiebeziehung zwischen Angestellten und Arbeitge­bern. Das asymmetrische Verhältnis von natürlichen Personen in der Rolle der Konsu­menten und korporativen Akteuren in der Rolle der Produzenten definiert er als Marktbezie­hung. An dieser Stelle knüpft der deutsche Soziologe Schulze an, denn er sieht in der modernen Gesellschaft eine Dominanz der innenorientierten Erlebnisrationalität. Der Ein­zelne sucht sein Glück mehr als je zuvor im Konsum von Erlebnisprodukten und erlebnisverspre­chenden Veranstaltungen. Durch die unterschiedlichen Beschaffenheiten von Erlebnisrationalität und ökonomischer Rationalität kommt eine Asymmetrie zuunguns­ten des Konsumenten zustande. Diese Beschaffenheit wird in dieser Hausarbeit ausgearbei­tet. Dazu werden rele- vante Fakten der beiden Werke Die asymmetrische Gesell­schaft von J.S.Coleman aus dem Jahr 1986 (Kapitel 2) und Die Erlebnisgesellschaft – Kultursoziolo­gie der Gegenwart von 1992 des Soziologen Gerhard Schulze (Kapitel 3) exzer­piert . In Kapitel 4 werden beide Theorien verglichen und in Zusammenhang gestellt. Das Kapitel 5 gibt unter Hinzunahme von Sekundärliteratur einen Ausblick auf mög­liche (kultur-)politische Handlungskompetenzen des Entgegenwirkens asymmetrischer Verhältnisse der Erlebnisgesellschaft.

2. Die asymmetrische Gesellschaft nach Coleman

2.1. Merkmale asymmetrischer Beziehungsformen nach Coleman

In dem Vorwort von Colemans Werk Die asymmetrische Gesell­schaft bezeichnet Andreas Flitner die Zunahme unpersönlicher Körperschaften und ihr wachsendes Übergewicht gegenüber den natürlichen Personen als gesellschaftliche Asymmetrie (Coleman, S.8). Zwar ist es gängige soziologische Sicht, dass Einzelpersonen selbst die grundlegenden Elemente eines sozialen Systems sind (Coleman, S.12), jedoch hat aus der Historie heraus neben der natürlichen Person ein neuer Bestandteil an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen, den Coleman als korporativen Akteur bezeichnet und welcher die Gesellschaftsstruktur fundamental änderte. Der korporative Akteur ist keine natürliche Person, sondern eine Körperschaft, welche im Rechtswesen fiktive Person genannt wird und gegenständlich nicht greifbar ist. Bis ins 13. Jahrhundert ging das europäische Recht nur von natürlichen Personen aus. Mit der Einführung der Stadtrechte wurde die Stadt jedoch wohl zum ersten korporativen Akteur. Auch die rechtliche Anerkennung der Kirche als rechtsfähige Person schaffte die Kirche als frühen Typus des korporativen Akteurs. Durch die Schaffung der Gesellschaftsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Jahr 1892, bei denen die einzelnen natürlichen Personen einer Korporation nur mit der Höhe ihrer ursprünglichen Investition, nicht aber mit ihrem Privatvermögen hafteten, schritt die Industrialisierung und somit die Zunahme von Korporationen rasch voran, so dass sich eine neue Sozialstruktur etablierte. Die neue Sozialstruktur ist bezeichnend für die Moderne, in der eine starke Segmentierung des Lebens in getrennte Sphären (Coleman, S.213), wie etwa Schule und Arbeit sowie Freizeitangebote vorherrscht .

Coleman definiert vier verschiedene Beziehungskonstellationen (s.Coleman, S.33). Die ursprüngli­che und erste Beziehungsform ist die Beziehung zwischen einer natürlichen Person und einer weiteren natürlichen, bezeichnet als Typ1-Beziehung. Mit dem Auftreten korporati­ver Akteure kam die Beziehung von natürlicher Person und korporativem Akteur bzw. vice-versa hinzu, also zwei andersartigen Akteuren (Typ 2a/2b-Beziehung) und letztlich gibt es die Be­ziehung zwischen zwei korporativen Akteuren (Typ3-Beziehung). Lediglich die Bezie- hungen des Typs 2 sind jedoch asymmetrisch, da die natürliche Person als Subjekt auf­tritt, während der korporative Akteur sowohl als Einzelperson, also Subjekt, als auch als korporativer Akteur, welcher durch eben diesen Beauftragten handelt, agiert.

Beispielsweise stehen sich an einem Bahnschalter zwar auf dem ersten Blick zwei Personen gegenüber, jedoch tritt nur der Kunde als natürliche Person bzw. Subjekt auf wogegen der Bahnangestellte als korporativer Akteur, also Objekt in Erscheinung tritt.

Coleman definiert drei verschiedene Unterformen asymmetrischer Typ2-Beziehungen. Zum ei­nen gibt es die Gemeinschaftsbeziehung wie etwa die Beziehungsverflechtung innerhalb der Gemeinde, Familie oder des Vereins. Für den späteren Vergleich von Schulzes Erlebnisgesell­schaft mit dem Asymmetrieverhältnis zwischen dem Konsument als natürliche Person und dem Produzent als korporativen Akteur ist jedoch die Marktbeziehung die Unter­form, auf die nachfolgend der Fokus gesetzt werden soll. Asymmetrische Beziehungen dieser Art bedeuten für den korporativen Akteur erhebliche Macht, da dieser den größten Teil der für die Interaktion mit der natürlichen Person wichtigen Informationen besitzt und kontrolliert und diese für seine Zwecke Strategien wie Markt- und Meinungsforschung, Werbung und Propa­ganda einsetzt. Des Weiteren existiert die Hierarchiebeziehung, in der sich die Arbeitnehmer in ihren jeweiligen innehabenden hierarchischen Positionen innerhalb des korporati­ven Akteurs bewegen. Personen, die als Arbeitnehmer im Interesse korporativer Akteure handeln, stehen in einem intrapersonalen Interessenkonflikt zwischen ihren eigenen Zie­len und denen des korporativen Akteurs (Coleman, S.42), so dass sie von Seiten des korporativen Akteurs überwacht und kontrolliert werden müssen und somit unter der Autori­tät des korporativen Akteurs stehen. Ein Angestellter wird jeweils von den Amtsträgern der nächsthöheren Ebene beaufsichtigt, so dass die Kontrolle letztlich vom korporativen Akteur aus­geht. Coleman sieht hier ein Ungleichgewicht in den Rechten zwischen den Akteuren i nnerhalb einer Korporation.

2.2. Zur Konstellation zw. korporativem Akteur, natürlicher Person und Staat

Warum scheint es oft so, das korporative Akteure wie etwa große Wirtschaftsunternehmen oder Gewerkschaften viel zu weitreichende Rechte besitzen, während natürliche Personen hilflos sind, wenn sie mit diesen korporativen Akteuren zu tun haben? (Coleman, S.71) In der neuen Sozialstruktur, so Coleman, stehen Personen in Beziehung zu den Korporationen als unpersönliche machtvolle Wesen bzw. die Mitarbeiter innerhalb dieser Korporationen arbeiten für Ziele, die nicht ihre eigenen sind (Coleman, S.53). Die Rechte von Arbeitern gegenüber Unternehmern müssen häufig vom dritten Akteur – dem Staat – reguliert werden. Coleman klärt anhand seiner Untersuchung der Rechtsentwicklung, wie die Rechte der Akteure in Wirklichkeit verteilt sind (S.53). Besitzen korporative Akteure generell mehr Rechte als natürliche Personen und wer der drei Akteure besitzt letztendlich die Souveränität?

Coleman entwarf zur Verdeutlichung der Verteilung der Rechte vier Strukturmo­delle: das göttliche Recht der Könige, die Genossenschaftstheorie, den Staatssozia­lismus und die pluralistische Demokratie (Coleman, S.72). Während beim göttlichen Recht der Könige die Souveränität beim König – Beispiel wäre hier der Absolutismus – liegt, entspringt die Souveränität in der vor allem im Mittelalter praktizierten Genossenschafts­theorie bei korporativen Akteuren wie der Zunft oder dem Dorf.. Beim Staatsozialismus liegt die gesamte Souveränität zwar ursprünglich beim Volk, dieses gibt jedoch ihre Souveränität vollständig an den Staat ab. Auf Deutschland trifft aktuell jedoch das Modell der pluralistischen Demokratie zu (s. Abbildung 1). Hier ist das Volk, also die natürliche Personen, souveräne Träger der Staatsgewalt. Ein Teil der Souveränität wird auf den Staat und ein weiterer Teil auf die korporativen Akteure, welche ja von natürlichen Personen gegründet werden, transferiert. Auch wenn der Staat die korporativen Akteure nun kontrolliert, ist seine Autorität geringer als bei den ersten beiden erwähnten Strukturmodellen. Ein großer Teil der Souveränität liegt weiterhin bei den natürlichen Personen und wird somit nur teilweise an den Staat verliehen, welcher die geliehene Autorität zu Kontrollzwecken korporativer Akteure verwendet. Der Staat greift beispielsweise durch marktregulierende Maßnahmen wie der Kontrolle von Monopolen. Dadurch, dass er dem korporativen Akteur gesetzgebende Maßnahmen wie z.B. soziale Leistungen, wie dem Recht des Arbeitnehmers auf Gesundheitsfürsorge auferlegt. Als pluralistische Demokratie wird es deswegen bezeichnet, da hier die Verteilung von Rechten auf die einzelnen Akteure nicht festgelegt, sondern von einer Transferierung eins geringen Anteils bis hin zur Verleihung eines sehr großen Teils der Rechte auf den Staat reicht. Da die Rechtsverteilung hier also nicht eindeutig festgelegt ist, lässt dieses Model viel Spielraum zur Auslegung des Rechtsbegriffes seitens Rechtstheoretiker, die, je nachdem wie mächtig sie den Staat sehen wollen (Coleman, S.75), verschiedene Rechtsauffassungen vertreten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Pluralistische Demokratie

Natürliche Personen, so beobachtet Coleman, geben erhebliche Anteile ihrer Souveränität jedoch oftmals ab, weil sie auf die Mechanismen repräsentativer Regierungssysteme vertrauen (Coleman, S.79). Diese unkontrollierten Souveränitätsanteile werden dann von der Regierung häufig missbraucht und für eigene Zwecke genutzt. Die übertragenen Rechte werden z.T. nicht für die Ziele der natürlichen Personen verwendet, sondern können das Ziel auch verfehlen oder ihm sogar schaden. Obwohl die ursprüngliche Souveränität als Besitz natürlicher Personen angesehen wird, wirkt sich also diese Entwicklung so aus, dass eine Struktur entsteht, in der die tatsächliche Souveränität in der Hand der zentralen staatlichen Autorität liegt (Coleman, S.80). Die Staatsmacht und -autorität wächst somit häufig überproportional bei dem Versuch der Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen korporativem Akteur und natürlicher Person, so dass korporative Akteure von ihm in ihren Rechten beschränkt werden und ihre Pflichten und Leistungen gegenüber ihren Mitarbeitern bzw. natürlichen Personen zunehmen. Einerseits nun vertritt der Staat also mithilfe der von den natürlichen Personen übertragenen Macht die Interessen gegenüber korporativen Akteuren und verringert somit das rechtliche Ungleichgewicht zwischen korporativem Akteur und natürlicher Person, andererseits jedoch wird somit die Macht des Staates ungleichmäßig vergrößert.

Die Autonomie, die der Staat dem korporativen Akteur – welcher ja aus natürlichen Personen besteht!- durch seine Autorität wegnimmt, wird nicht der natürlichen Person zugeteilt, sondern geht auf den Staat über. Dadurch wächst das Ungleichgewicht zwischen natürlichen Personen und dem Staat (Coleman, S.88). Durch den Wandel von lokalen zu nationalen Märkten ab den 20er Jahren geschah ein Wandel in der Interaktionsstruktur (Coleman, S.150). Dadurch, dass die natürliche Person bzw. Personengruppe nicht mehr länger nur in ihrem lokalen Rahmen oder auf private Beziehungen begrenzt war, sondern zunehmend von Waren und Dienstleistungen, die auf nationaler Ebene vermarktet wurden, abhängig wurden und Interaktion zwischen natürlicher Person und korporativem Akteur nur noch indirekt stattfand, brachte dies einen Wandel in der Verantwortungsstruktur mit sich. Die Bevölkerung stellte zunehmend Forderungen hinsichtlich neuer Gesetze und Kontrollen gegenüber dem korporativen Akteur, so dass die Verantwortung sich von der natürlichen Person auf den Staat verlagerte.

Coleman geht nun der Frage nach, welche Art staatlicher Eingriffe in die Beziehung zwischen Personen und korporativen Akteuren […] nicht den beschriebenen Nachteil hat, die Macht des Staates bzw. die Asymmetrie zu vergrößern (Coleman, S.87). Für Coleman sind Mitbestimmungsgesetze, durch die die Arbeitnehmer auf betriebliche Entscheidungen Einfluss nehmen können, eine Möglichkeit zum Ausgleich der Asymmetrie. Solche ein Mitbestimmungsgesetz muss zwar einmal vom Staat rechtlich festgelegt werden, ermöglicht aber der natürlichen Person die Verwirklichung ihrer Interessen ohne dass die Staatsmacht asymmetrisch wächst. Dass diese Art der Selbstbestimmung natürlicher Personen nicht immer angewandt wird, liegt laut Colemans Meinung darin, dass der Staat es vorzieht, Probleme selbst zu kontrollieren. Auch sieht Coleman es auf manchen Rechtsgebieten als schwierig an, natürliche Personen mitbestimmen zu lassen, denn nimmt man die Konstellation Lebensmittel-Unternehmen (korporativer Akteur) und Konsument (natürliche Person), so wäre ein Mitbestimmungsrecht kaum durchführbar. Der Konsument wäre aufgrund seiner Unspezialisiertheit und Überforderung und aufgrund der Fülle von Produkten kaum in der Lage, richtige Entscheidungen z.B. bezüglich des Herkunftsortes und adäquaten Anbauweise von Rohstoffen zu treffen und zum anderen hat er keine direkte Kontrolle über die richtige Durchführung.

Beispielweise würden Unternehmen aus ökonomischen Gründen giftige und gesundheitsgefährdende Abfälle bzw. luftverschmutzende Emissionen in die Natur entsorgen oder Nahrungsmittel mit krankmachenden Inhalts­stoffen versehen werden, würde der Staat nicht regulierend eingreifen. Die Motivation liegt bei korporativen Akteuren in der Ab­sicht wettbewerbsfähig bzw. lebensfähig zu bleiben. Die Struktur innerhalb korporativer Unternehmen ist zumeist hierarchisch bzw. bürokratisch, so dass das Handeln einzelner Perso­nen innerhalb eines korporativen Unternehmens von bürokratischem Antrieb(Coleman, S.99) herrührt. Aus Angst um den Verlust von Positionen erfüllen die Mitarbeiter die Anord­nungen ihrer Vorgesetzten und erzeugen durch fehlende Verantwortung Risiken (S.99). Das risikoerzeugende Handeln korporativer Akteure (Coleman, S.113) unterscheidet sich in vier Aspekten von dem Handeln natürlicher Personen. Zum einen hat das Handeln von Korporateuren viel weitreichendere Risiken und Auswirkungen als das Handeln von natürlichen Personen, denke man nur an Luftverschmutzung oder Medikamenten mit gefährlichen Inhaltsstoffen. Dadurch stellt sich die Frage nach einer angemessenen Verantwortung, die korporative Akteure in Bezug auf das weitreichende Handeln und dessen Konsequenzen übernehmen sollten. Zweitens bestehen korporative Akteure aus einer komplex aufgebauten hierarchischen Struktur von Einzelpersonen, bei denen die Entscheidungsträger in den oberen Hierarchieebenen sitzen. Der Angestellte oder Beamte der in der unteren Hierarchieebene Handlungen gegen den Kunden ausführt, bestreitet seine Verantwortlichkeit mit der Aussage, er befolge nur die Anweisungen (Coleman, S.114). Der Kunde kommt aber mit den Entscheidungsträgern selbst nicht in Kontakt, so dass Entscheidungsträger die Auswirkungen ihres Handelns aufgrund von Delegation an die unterste Person in der Hierarchie nicht unmittelbar erfahren. Die Korporation ist in dieser Hinsicht eine komplex aufgebaute Struktur aus natürlichen Personen (Coleman, S.114). Eine natürliche Person bekommt dagegen die Folgen ihres Handelns zumeist unmittelbar mit. Weiterhin unterscheidet sich das risikoerzeugende Handeln korporativer Akteure von dem natürlicher Person dadurch, dass das Handeln natürlicher Personen zum einen intern durch die Sozialisation und extern durch Sanktionen kontrolliert und gesteuert wird, der korporative Akteur aber nur durch Sanktionen kontrolliert und gesteuert wird. In der Sozialisation lernt das Individuum von früher Kindheit an Verhaltensnormen durch das Agieren mit anderen Individuen. Der korporative Akteur selbst durchläuft jedoch diesen Sozialisationsprozess oftmals nicht.

Wenn nun eine Handlung eines korporativen Akteurs einen oder mehrere natürliche Personen gefährdet, wer sollte dann Haftbar gemacht werden? Sollten es die Personen in den unteren Hierarchieebenen sein, die wie im Beispiel der Nationalsozialisten natürliche Personen durch ihr Handeln direkt schädigen oder sollten stattdessen bzw. außerdem die auftraggebenden Personen in den höheren Hierarchieebenen bestraft werden? Bei den Nürnberger Prozessen galt die Verteidigung, man sei nur den Befehlen von oben gefolgt, nicht als hinreichend und es wurden Personen aller Hierarchieebenen bestraft. Der schützende Schirm der hierarchischen Autorität bleibt in diesem Fall ohne Wirkung (Coleman, S.119). Wenn der Beauftragte aber nicht gegen das Recht - sondern „nur“ gegen die Moral - verstößt, so gilt immer das Prinzip des englischen Common law, welches besagt, dass der Auftraggeber, nicht aber der Beauftragte [also der Mitarbeiter] zur Verantwortung gezogen wird (Coleman, S.116). Da der Beauftragte nur auf Zuruf des Auftraggebers handelt und er somit nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, führt dies dazu, dass der Ausführende kaum mehr Verantwortungsgefühl besitzt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Gesellschaftliche Asymmetrie in der Moderne und asymmetrisches Verhältnis zwischen Konsument und Produzent der Erlebnisgesellschaft
Untertitel
Merkmale und Gefahren
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Soziologie)
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
19
Katalognummer
V121555
ISBN (eBook)
9783640263752
ISBN (Buch)
9783656825760
Dateigröße
596 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Merkmale, Gefahren, Asymmetrie, Moderne, Coleman), Fokus, Verhältnis, Konsument, Produzent, Erlebnisgesellschaft, Schulze)
Arbeit zitieren
Diplom-Informatikerin (FH) Sylvia Brink (Autor:in), 2008, Gesellschaftliche Asymmetrie in der Moderne und asymmetrisches Verhältnis zwischen Konsument und Produzent der Erlebnisgesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121555

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