Selbstverletzendes Verhalten


Hausarbeit, 2007

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was ist Selbstverletzendes Verhalten?

3. Unterschiedliche Merkmale bei Jungen und Mädchen

4. Formen und Häufigkeiten der Störung

5. Ursachen für Selbstverletzendes Verhalten

6. Therapiemöglichkeiten

7. Reflexion

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Diese Arbeit entstand im Rahmen meines Pädagogik-Studiums, als Hausarbeit im Hauptstudium für das Seminar „Störungen im Kindes- und Jugendalter“. Es galt, sich eines der vielfältig vorhandenen Störungsbilder für die Hausarbeit herauszusuchen. Da ich vorhabe, meine Diplomarbeit über das Thema „Verhaltensstörungen im Kindes- und Jugendalter“ zu schreiben, kam mir die Themenauswahl sehr entgegen, doch ich tat mich zunächst schwer damit, mich für einen Bereich zu entscheiden. ADS, Borderline und Selbstverletzendes Verhalten gehörten zu meinen favorisierten Themengebieten.

Letztendlich entscheid ich mich für das Thema Selbstverletzendes Verhalten aus verschiedenen Gründen: In meinem letzten Praktikum habe mit einem Mädchen gearbeitet habe, die diese Symptomatik aufwies. Weiterhin erfuhr ich erst kürzlich, dass die Tochter einer Bekannten an SVV leidet, was mein Interesse an diesem Thema zusätzlich schürte.

Für meine Zukunft nach dem Studium plane ich, zunächst einmal mit „schwererziehbaren“ Jugendlichen zu arbeiten und mich später mit einer Tiergestützten Therapie für Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen aufgrund von Missbrauch und Misshandlung selbständig zu machen. Ich denke, dass die Auseinandersetzung mit Selbstverletzendem Verhalten mir hierfür viele nützliche Einblicke gewährt, da ich bei meiner zukünftigen Arbeit wohl recht oft mit dieser Symptomatik konfrontiert werde.

2. Was ist Selbstverletzendes Verhalten?

In der Literatur findet sich bislang keine allgemein anerkannte Definition Selbstverletzenden Verhaltens, da dieses Thema nur selten einleitend behandelt wird. Im deutschen Sprachraum hat sich unter anderem der Terminus Autoaggression herausgebildet, der allerdings in sofern problematisch ist, dass er Aggressionen gegen das Selbst impliziert und somit einen sehr einseitigen Erklärungsversuch anbietet (Brezovsky, 1985, S. 1). Fakt ist, dass es vielerlei unterschiedliche Ursachen für Selbstverletzendes Verhalten geben kann, worauf ich in dem entsprechenden Kapitel näher eingehen werde. Weitere verbreitete Begriffe sind Selbstverletzendes Verhalten, Selbstschädigung und Automultatio. Im englischsprachigen Raum werden bevorzugt die Termini self-injunctious behavior, self-mutilation und self-destructive behavior verwendet, welche den deutschen Begrifflichkeiten entsprechen (Brezovsky, 1985, S. 1f). All diese Begrifflichkeiten beschreiben ein und dasselbe Verhalten, dass sich in sofortiger oder drohender Schmerz- und Gewalteinwirkung (physischer Schädigung) gegen den eigenen Körper äußert. Dieses Verhalten weist meist einen stereotypen Charakter auf (Brezovsky, 1985, S. 1ff).

Peter Brezovsky unterscheidet sechs unterschiedliche Formen Selbstverletzenden Verhaltens (Brezovsky, 1985, S. 1):

- Passagere Entwicklungsstörungen (nächtliches Kopfschleudern, Nägelbeißen etc.)
- Demonstrative Handlungen von Jugendlichen in Strafhaft (Schlucken von Fremdkörpern)
- Primitivreaktionen in Erregungszuständen (z.B. sich selbst schlagen oder mit dem Kopf auf Gegenstände schlagen) (Uni Tübingen, S.5)
- Zwanghafte Bewegungsstereotypen beim Verlauf endogener Psychosen (aus der Biographie des Patienten erklärbar, nicht durch die Umwelt verursacht)
- Autoaggressives Verhalten als Suizidäquivalenz
- Autoaggressives Verhalten bei geistig behinderten Kindern

Anna Kraatz nimmt die Kategorisierung etwas anders vor, indem sie die Formen nach der Art der Verletzung unterteilt. Sie unterscheidet zwischen (Kraatz, 2005, Abschn. 1.2):

- Äußerer Selbstverletzung:

- Hautverletzungen
- Ausreißen der Haare (Trichotillomanie)
- Schädigung durch Unfallneigung
- Störung des Wundheilungsprozesses
- Nägelkauen (Onychophagie)
- Beißen und Abbeißen der Nägelumgebenden Haut (Perionychophagie)
- Schläge, Beißen, Geißelung
- Gegenstände in den Körper bohren
- Verätzungen, Verbrennungen

- Innerer Selbstverletzung

- Essen von Haaren (Trichophagie)
- Einspritzen von Flüssigkeiten in den Körper
- Jegliche Arten von Suchterscheinungen
- Knochenbrüche, Quetschungen, Abbinden von Gliedmaßen
- Eindrücken des Augapfels
- Selbstverstümmelung
- Verstümmelung, Amputation, Kastration.

Sie Wissenschaft ist sich uneins darüber, ob der Suizid mit unter den Begriff der Autoaggression gefasst werden sollte oder nicht. (vgl. Brezovsky, 1985, S. 2f) Da in der Literatur häufiger auch der Suizid im Zusammenhang mit Selbstverletzendem Verhalten genannt wird, werde ich ihn in dieser Arbeit mit unter diesem Terminus fassen. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass es zwischen Autoaggression als Suizidäquivalenz und einer Suizidhandlung zu unterscheiden gilt, da ersterem das primäre Ziel der Selbstverletzung und letzterem das Ziel der Selbsttötung zugrunde liegt. Ebenso sollte eine Differenzierung der Begriffe Autoaggressivität und Autoaggression vorgenommen werden. Autoaggressivität beschreibt die Bereitschaft, sich selbst zu verletzen. Autoaggression hingegen bezeichnet die tatsächliche Handlung der Selbstschädigung (Brezovsky, 1985, S.1).

Auch wenn Selbstverletzendes Verhalten oftmals einen stereotypen Charakter aufweist, ist es dennoch nicht mit „reinen“ Stereotypien gleichzusetzen, da die Autoaggression zwar häufig stereotyp verläuft und auch Stereotypien zu Selbstverletzendem Verhalten führen können - beides ist jedoch nicht zwingend gegeben. Die Therapie unterscheidet sich in beiden Fällen kaum von einander und eine Unterscheidung kann nur anhand feststellbarer Folgen stattfinden, das heißt es wird geschaut, ob physikalische Schädigungen vorliegen, oder nicht (Brezovsky, 1985, S. 3).

Die beobachteten Selbstschädigungen im Rahmen autoaggressiven Verhaltens sind vielfältig und reichen von oberflächlichen Schnittverletzungen der Haut, vornehmlich im Oberschenkel- und Unterarmbereich, bis hin zu schweren Gefäßverletzungen. Zugefügt werden die Verletzungen hauptsächlich mit Rasierklingen, Messern oder ähnlich scharfen Gegenständen. Das umgangssprachlich als „Ritzen“ bezeichnete oberflächliche Verletzen der Haut kommt häufig, neben dem Auftreten bei Einzelpersonen, auch als kollektive Symptombildung in Gruppen, zum Beispiel auf Jugendlichenstationen, vor und wird im Rahmen psychotherapeutisch-psychosomatischer Kliniken behandelt (Sachsse, 1994, S.31). Patienten, die tiefe Schnittverletzungen bis zur Muskelfaszie (das den Muskel umgebende Bindegewebe) oder Gefäßverletzungen sowie andere schwerwiegende Verletzungen (Nervendurchtrennungen, Verbrennungen der Haut durch Zigaretten oder Feuerzeuge) aufweisen, werden bevorzugt einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung unterzogen (Sachsse, 1994, S.31). Die oben genannten Verletzungsarten zählen zu den häufiger beobachteten Symptomen, wobei es in den meisten Fällen bei oberflächlichen Verletzungen bleibt. Selten werden Verbrühungen, Verätzungen oder das Verschlucken scharfer Gegenstände beobachtet (Sachsse, 1994, S. 31f).

Selbstverletzende Verhaltensweisen treten laut Ulrich Sachsse nie isoliert auf, sondern immer im Kanon mit anderen Selbstschädigenden Verhaltensweisen und Symptomatiken. „Im psychiatrischen DSM-III-R (1989) gehören >>Selbstverstümmelnde Verhaltensweisen<< zum Kriterium 5 der Borderline-Persönlichkeitsstörung 301.83.“ (Sachsse, 1994, S. 32), da Autoaggression häufig im Zusammenhang mit dieser Störung auftritt. Umkehrschlüsse sind hier allerdings nicht zulässig, da eine Selbstschädigung nicht zwingend ein Indiz für eine Borderlinestörung darstellt.

Patienten, die Selbstverletzendes Verhalten aufweisen, haben oftmals bereits mehrere Suizidversuche hinter sich, die zum Teil intensivmedizinische Versorgung notwendig machten. Unterschieden wird zwischen einem Suizidversuch, einer parasuizidalen Handlung und dem Versuch, sich vorübergehend zu betäuben (narkotisieren). Die Betäubung wird häufig durch die Einnahme von Medikamenten in überdosierter Form bewirkt, was zu einer Intoxikation (Vergiftung) führt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Selbstverletzendes Verhalten
Hochschule
Universität Paderborn  (Kulturwissenschaften)
Veranstaltung
Störungen im Kindes- und Jugendalter
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V121388
ISBN (eBook)
9783640258178
ISBN (Buch)
9783640262892
Dateigröße
437 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
SVV, Borderline, Psychische Störungen, Autoaggression, Suizidalität, Selbstzerstörung
Arbeit zitieren
Anke Migula (Autor:in), 2007, Selbstverletzendes Verhalten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121388

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