Notwendigkeit und Instrumente der Competitive Intelligence in Abgrenzung zur Wirtschaftsspionage


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

30 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Notwendigkeit von Competitive Intelligence

2 Competitive Intelligence: Bedeutung und Herkunft
2.1 Die vier Entwicklungsphasen
2.2 Der CI-Zyklus
2.2.1 Schritt 1: Planung und Management
2.2.2 Schritt 2: Sammeln von Informationen
2.2.3 Schritt 3: Analyse der Daten
2.2.4 Schritt 4: Weiterleiten der Informationen

3 Instrumente und Analyseverfahren der Competitive Intelligence
3.1 SWOT-Analyse
3.2 Szenariotechnik
3.3 Business Wargaming
3.3.1 Vorgehensweise
3.3.2 Analyseziele
3.3.3 Nutzen

4 Implementierung von Competitive Intelligence
4.1 Vorgehensweise bei der Implementierung
4.1.1 Intelligence-Bedarfsanalyse (KIT)
4.1.2 Das CI-Audit
4.1.3 Ausarbeitung des CIC-Soll-Zustandes
4.1.4 Definition, Umsetzung und Kontrolle notwendiger Maßnahmen

5 Wirtschaftsspionage
5.1 Definition und Herkunft
5.2 Wirtschaftsspionage in der Praxis
5.3 Counter Intelligence

6 Schlussbetrachtung

7 Literaturverzeichnis

1 Notwendigkeit von Competitive Intelligence

„Wissen und Informationen sind zu einem eigenen Produktionsfaktor und unabdingbar für eine erfolgreiche Strategieinnovation geworden.“ (Peske 2003)

Für Wirtschaftsunternehmen hat sich die Situation am Markt in den letzten 20 Jahren grundlegend geändert. Sie sehen sich einem erstarkten internationalen Wettbewerb ausgesetzt, der eine steigende Innovationsgeschwindigkeit zur Folge hat. Früher entwickelten, produzierten und vertrieben Unternehmen ihre Erzeugnisse am heimischen (= nationalen) Markt. Durch Export von Produkten konnten zwar auch Märkte außerhalb des Heimatmarktes bedient werden, doch lag der Fokus auf dem direkten Umfeld des Unternehmens. Die Konkurrenz war somit eher im eigenen Land vorzufinden und damit überschaubar.

Inzwischen ist aus dem nationalen ein globaler Markt geworden. Unternehmen sind nicht mehr lokal an einem Standort vertreten, sondern haben durch den Aufbau von Niederlassungen an verschiedenen Standorten ein Unternehmensnetzwerk aufgebaut. Vor allem die Produktion wurde von vielen Firmen ins Ausland verlagert, weil dort aufgrund von geringeren Löhnen kostengünstigerer fabriziert werden kann.

Ein Beispiel für diese Entwicklung ist der Sportartikelhersteller Adidas. Dieses ursprünglich auf dem deutschen Markt agierende Unternehmen ist inzwischen weltweit vertreten und steht somit in Konkurrenz zu anderen Herstellern wie z. B. der amerikanischen Marke Nike. Adidas verlagerte seine Produktion von Deutschland komplett in Billiglohnländer. Von dort aus werden die Produkte in die ganze Welt transportiert.

Die Globalisierung des Wirtschaftsmarktes hat mehrere Folgen. Durch eine Senkung der Markteintrittsbarrieren ist es für Unternehmen einfacher, sich auf neuen Märkten anzusiedeln und damit neue Marktpotenziale zu erschließen. Diese an sich positive Entwicklung hat jedoch den Nachteil, dass immer mehr Unternehmen an einem existierenden Markt vertreten sind. Dadurch steigt der Konkurrenzdruck. Durch die Möglichkeit weltweit produzieren und vertreiben zu können, ist der Standort für ein Unternehmen nicht mehr so relevant wie früher. Vorteile durch eine strategisch günstige Standortwahl sind deshalb (fast) nicht mehr vorhanden.

Wenn die bisher als strategischer Vorteil geltenden Faktoren nicht mehr oder nicht mehr im bekannten Ausmaß relevant sind, wie kann sich dann ein Unternehmen einen strategischen Vorteil gegenüber seiner Konkurrenz verschaffen? Und wie soll es einem Unternehmen gelingen, sich auf die immer schnellere und unvorhersehbarere Entwicklung der globalisierten Märkte einzustellen?

Wie bereits in dem einleitenden Zitat dargestellt, gelten inzwischen das Wissen und die Informationen, die ein Unternehmen besitzt, als wichtiger Produktionsfaktor. Durch das in einem Unternehmen vorhandene Know-how und die über den Markt, die Konkurrenz und die Kunden gesammelten Informationen ist es leichter möglich, die Anforderungen des Marktes zu erkennen und auf zukünftige Entwicklungen des Marktes vorbereitet zu sein. Das Erfassen und Anwenden von Informationen kann deshalb auch als Überlebensstrategie für Unternehmen formuliert werden (Lux, Peske 2002).

Wie wichtig das Wissen für ein Unternehmen ist, zeigt sich erneut in dem bereits erwähnten Beispiel der Firma Adidas. Während die Produktion ins kostengünstige Ausland verlagert wurde, blieb der Hauptsitz der Firma in Deutschland bestehen. Hier wird das gesamte Wissen des Unternehmens gebündelt und zur Formulierung von Strategien und Entwicklung innovativer Produkte genutzt. Die Firmenzentrale kann somit auch als „Sitz des Wissens“ bezeichnet werden.

Ein Negativbeispiel beschreibt der Autor Benjamin Gilad in seinem Buch „Early Warning“. Er zeigt anhand der Entwicklung der Firma Polaroid, wie ein Unternehmen durch Nichtbeachtung der Signale des Marktes seine Existenz gefährden kann. Polaroid besaß ein Monopol im Bereich der Sofortbildfotografie. Die einzige Alternative dazu waren lange Zeit nur konventionelle Kleinbildkameras, die jedoch den Nachteil der relativ langen Filmentwicklung hatten. Polaroid ignorierte mehrere Warnsignale des Marktes: Die schnellere Filmentwicklung ab den 1970er Jahren („One-Hour-Photo“), der Preissturz der Kleinbildkameras in den 1980er Jahren und schließlich der Durchbruch der Digitalfotografie Ende der 1990er Jahre. Besonders die letztgenannte Entwicklung führte zu dazu, dass Polaroid keinen Marktvorteil mehr besaß. Man konnte sich Fotos sofort anschauen, es wurde nicht einmal mehr ein Film benötigt. Zudem begannen Hersteller von Kleinbildfilmen (z. B. Agfa, Fuji) selbst Digitalkameras auf den Markt zu bringen, wodurch sich der Konkurrenzdruck zusätzlich erhöhte. Polaroid reagierte auf die Wandlung des Marktes zu spät und unangemessen. Eine neue günstige Sofortbildkamera „I-Zone“ und Polaroids eigene Digitalkameras (deren Technik teuer von der Konkurrenz eingekauft werden musste und damit nicht profitabel waren) flopten aufgrund schlechter Qualität. Damit war der Bankrott des Unternehmens vorprogrammiert.

Gilad stellt die These auf, dass das Unternehmen auch heutzutage noch profitabel geführt werden könnte, wenn Polaroid die Signale des Marktes wahrgenommen und zur Entwicklung innovativer Produkte genutzt hätte. Hier zeigt sich erneut die Wichtigkeit der Informationssammlung und Auswertung.

Bereits 1980 formulierte der US-amerikanische Wirtschaftsforscher Michael Porter, dass eine erfolgreiche Wettbewerbsstrategie und Unternehmensführung nur durch Kenntnis und Verstehen der Konkurrenz als auch der sich verändernden Umwelt möglich sei (Lux, Peske 2002). Der von Porter beschriebene Prozess, das Sammeln und Anwenden von Informationen in einem Unternehmen, wird als Competitive Intelligence (CI) bezeichnet. Ins Deutsche kann dieser Terminus mit Wettbewerbswissen übersetzt werden.

Bevor im nächsten Abschnitt dieser Arbeit die Implementierung der CI in ein Unternehmen und ihre wichtigsten Instrumente erläutert werden, soll an dieser Stelle noch ein besonderes Augenmerk auf die Beschaffung und Analyse der Informationen gerichtet werden. Denn wie bereits o. a. sind Informationen ein wichtiges Unternehmensgut und der Schlüssel zu einer erfolgreichen Strategieentwicklung. Trotz gestiegener Ausgaben in diesem Bereich in den letzten Jahren ist der Nutzen meist eingeschränkt, da zu oft fehlerhafte Methoden angewandt werden (Egan 2001).

Bei der Beschaffung stellt sich die Frage, wie ein Unternehmen an relevante Informationen gelangen kann. Zunächst kann hier zwischen interner und externer Informationsbeschaffung unterschieden werden. In einem Unternehmensnetzwerk stammen z. B. 65 % aus dem eigenen Netzwerk, 35 % werden extern beschafft (Lux, Peske 2002). Die externe Informationsbeschaffung kann auf zwei Weisen erfolgen: legal und die illegal. Während die legale Gewinnung von Informationen dem CI-Prozess zuzuordnen ist, wird ihre illegale Beschaffung als Wirtschaftsspionage bezeichnet. Eine ausführliche Darstellung der Wirtschaftsspionage und die Abgrenzung zur CI sollen im fünften Abschnitt dieser Arbeit erfolgen.

Bei der Analyse der gewonnenen Informationen kommt es zu einem Problem, das Informationsdilemma genannt wird (Lux, Peske 2002). Dieser Umstand beschreibt, dass einem Unternehmen zu viele Daten über den Markt und die Konkurrenz vorliegen. Deshalb ist es schwer, aus der Masse der Informationen die relevanten Hinweise herauszufiltern und in Wissen zu transformieren. Denn erst dann sind sie für die Formulierung von Strategien nützlich.

Eine andere Sicht auf die Informationsgewinnung und -auswahl gibt Michael L. Neugarten in seinem Aufsatz „Foresight – Are we looking in the right direction?“. Seiner Meinung nach ist nicht die Fülle der Informationen als Problem anzusehen, sondern dass viele wichtige Signale bei der Informationsbeschaffung übersehen werden. Dabei handelt es sich vor allem um schwache oder nicht vorhandene Hinweise. Wenn diese erkannt werden können, besitzt das Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Konkurrenten, die diese Informationen nicht bemerkt haben.

Um Informationen auf diese Weise gewinnen und analysieren zu können, ist es wichtig, von gewohnten Schemata der Suche abzuweichen. Viele Unternehmen konzentrieren sich zu sehr auf das eigene Unternehmen oder bestimmte Konkurrenten. Die Folgen sind Betriebsblindheit und ein Tunnelblick, der zu keinen neuen Erkenntnissen führen kann. Erst die Einnahme von anderen Blickwinkeln erlaubt es, sich gegenüber der Konkurrenz einen Vorteil zu erarbeiten.

2 Competitive Intelligence: Bedeutung und Herkunft

„The more information in the economy, the more competitive is the economy.“ (Porter 1980)

In diesem Fazit bzw. Zitat liegt keinesfalls die Entdeckung der Competitive Intelligence (CI) begründet. Ursprünglich stammt der Begriff der Intelligence aus dem militärischen Bereich und wurde dort mit Feind- bzw. Frühaufklärung übersetzt. Der eigene Vorteil, seinen Gegner im Krieg überraschen zu können, war ohne das vorherige Sammeln von Informationen über seinen Kontrahenten nicht möglich.

Und genau so verhält es sich mit Unternehmen in der Wirtschaft. Ohne die geeigneten Informationen über Märkte, Wettbewerber, Technologien etc. – kurz: das Unternehmen selbst und sein Umfeld – sind die Überlebenschancen eher gering. Somit muss man sich am Wettbewerb orientieren, um sich selbst eine geeignete Ausgangsposition schaffen zu können. Competitive Intelligence bezeichnet also die wettbewerbsorientierte Ausrichtung einer Tätigkeit (Michaeli 2006), wobei Intelligence in diesem Zusammenhang auch als das notwendige Wissen über Markt und Wettbewerb erachtet wird, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Competitive Intelligence wurde ein fester Bestandteil der Marktforschung in den 1970er Jahren, da immer mehr Branchen sich zu dieser Zeit – natürlich nicht so stark wie heutzutage – permanenten dynamischen Veränderungsprozessen gegenüber sahen. Des Weiteren sind z. T. Überschneidungen zwischen CI und Marktforschung zu erkennen. So beschäftigt sich die Marktforschung auch mit der Analyse von Kundenbedürfnissen, wobei die CI-Analyse natürlich weiterreichend verwendet wird. Competitive Intelligence setzt meistens dort an, wo die „klassische“ Marktforschung endet (Michaeli 2006).

Damals sprach Porter noch von der so genannten „Competitor Intelligence“, was sich als Begriff der Konkurrentenanalyse übersetzen lässt. In der heutigen Zeit ist dieser Begriff allerdings weiterentwickelt worden und die Analyse der Wettbewerber ist nur noch ein Bestandteil der allgemeinen Vorgehensweise. Somit umfasst der Begriff der Competitive Intelligence heute:

- Konkurrenzanalyse bzw. -forschung
- Wettbewerbsanalyse bzw. -forschung
- Wettbewerberanalyse bzw. -forschung
- Frühaufklärung

(Michaeli 2006)

Dieser „umstrittene Ansatz“ (Peske 2003) hat sich mittlerweile trotz anhaltender Kritik etabliert, woran auch die Society of Competitive Intelligence Professionals (SCIP) aufgrund ihrer Publikationen und ihres wissenschaftlichen Diskussionsforums einen großen Anteil hat. Folglich kann seit der Gründung der SCIP im Jahr 1985 CI als eigener Bereich bzw. eigene Abteilung in Unternehmen bezeichnet werden. Die US-amerikanische Intelligence-Bewegung wurde stark von vorherigen Mitarbeitern der amerikanischen Intelligence-Dienste (CIA, NSA etc.) geprägt (Michaeli 2006). Teilweise darunter zu leiden hatten die jeweiligen CI-Terminologien. Denn die nachrichtendienstlichen bzw. aus dem Krieg stammenden Bezeichnungen lassen sich nicht ohne weiteres in wirtschaftliche Begriffe umwandeln wie z. B. der Einsatz bestimmter Abkürzungen. Laut der SCIP wird Competitive Intelligence als modernes, prozessorientiertes und legales Informations- und Frühwarnsystem bezeichnet, welches für nahezu alle Unternehmensentscheidungen und die strategische Planung unverzichtbar ist. Da es hierbei um essentielle Entscheidungen geht, kann man die Gruppen, die am meisten Nutzen von CI haben, eingrenzen:

- Geschäftsführung bzw. Topmanagement
- Abteilungsleiter (F&E, Marketing, Unternehmensentwicklung etc.)
- Produkt – und Projektmanager, Key Account Manager

(Michaeli 2006)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Unternehmensbereiche und ihre benötigten CI-Information (Michaeli 2006)

CI kann man nicht als die optimale Lösung aller Probleme bezeichnen. Doch sie liefert eine Art Leitfaden bzw. Richtlinie, durch die auch gewisse Kontrollaspekte berücksichtigt werden. Mittels CI kann ein entscheidender Vorsprung an Informationen gegenüber seinen Konkurrenten generiert werden, der u. U. die Existenz sichern kann. Das Risiko von Entscheidungen unter Unsicherheit in einer sich schnell verändernden Umwelt wird gemindert (Peske 2003). Dementsprechend hängt es nicht nur davon ab, welche spezifischen Informationen sich aus der Gesamtheit herausfiltern lassen, sondern auch davon wie der jeweilige Manager bzw. Abteilungsleiter mit diesen neu gewonnen Informationen umgeht.

[...]

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Notwendigkeit und Instrumente der Competitive Intelligence in Abgrenzung zur Wirtschaftsspionage
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg
Veranstaltung
Strategische Frühaufklärung
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
30
Katalognummer
V121381
ISBN (eBook)
9783640258123
ISBN (Buch)
9783640259717
Dateigröße
999 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Notwendigkeit, Instrumente, Competitive, Intelligence, Abgrenzung, Wirtschaftsspionage, Strategische, Frühaufklärung
Arbeit zitieren
Moritz Alexander Claassen (Autor:in), 2007, Notwendigkeit und Instrumente der Competitive Intelligence in Abgrenzung zur Wirtschaftsspionage , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121381

Kommentare

  • Gast am 27.7.2011

    Hallo Herr Krogmeier, besten Dank für Ihre Antwort. Ich habe Herrn Claasen um Zusendung der fehlenden Quelle gebeten. Sofort nach Erhalt werden wir die Datei korrigieren - ich setze mich dann mit Ihnen in Verbindung. Beste Grüße, A. Bärmann (GRIN Verlag)

  • Markus Krogmeier am 26.7.2011

    Auf Seite 7 wird Porter wörtlich zitiert. Leider kann ich keine Angabe dazu finden.

  • Gast am 25.7.2011

    Welche Quellen vermissen Sie denn? Beste Grüße, A. Bärmann (GRIN Verlag GmbH)

  • Markus Krogmeier am 25.7.2011

    Das Literaturverzeichnis scheint unvollständig!

Blick ins Buch
Titel: Notwendigkeit und Instrumente der  Competitive Intelligence in Abgrenzung zur Wirtschaftsspionage



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