Textlinguistik in der Förderung von der schulischen Textproduktion


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

22 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die historische Entwicklung der schulischen Textproduktion
2.1. Der gebundene Aufsatz
2.2. Der freie Aufsatz
2.3. Der stilbildende Aufsatz (der sprachgestaltende und sprachschaffende Aufsatz)
2.4. Der kommunikative Aufsatz
2.5. Das kreative Schreiben

3. Textlinguistik

4. Text
4.1. Textbegriff nach Brinker (2005)
4.1.1. Sprachsystematisch orientierte Textlinguistik und kommunikationsorientierte Textlinguistik
4.2. Textbegriff nach der Prototypentheorie
4.1.2. Prototypenkonzept nach Sandig (2000)
4.3. Textbegriff nach Nussbaumer (1993)
4.4. Text, Fazit

5. Kriterien der Textualität
5.1. Kohärenzkonzept
5.2. Kohäsion und Kohärenz
5.3. Thema
5.4. Textfunktion
5.5. Kriterien der Textualität, Fazit

6. Textlinguistik im Aufsatzunterricht
6.1. Schreibkonferenzen

7. Schlussfolgerungen

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der vorliegenden Ausarbeitung wird der Versuch unternommen, der Frage nachzugehen, mit welchen didaktischen Ansätzen aus dem Bereich der Textlinguistik sich die Textkompetenz von Schülern fördern lässt. Da sich die Textlinguistik mit den verschiedenen Aspekten der Textproduktion und –Rezeption beschäftigt, können die Befunde aus dieser linguistischen Disziplin didaktisch in der Förderung von schulischen Textkompetenzen eingesetzt werden.

Zuerst wird ein Überblick über die Entwicklung des schulischen Schreibens gegeben. Die verschiedenen Ansätze aus der Geschichte der Aufsatzerziehung werden im Hinblick auf ihre Mängel und Potentiale besprochen. Dann werden die textlinguistischen Grundbegriffe der (Text, Kriterien der Textualität wie Kohäsion, Kohärenz, Thema und Textfunktion) erläutert und es wird überlegt, wie die Ergebnisse aus der Textlinguistik in den Unterricht integriert sein sollten.

2. Die historische Entwicklung der schulischen Textproduktion

Die Entwicklung der Aufsatzdidaktik und somit auch der Aufsatzformen der letzten 200 Jahre war von unterschiedlichen Vorstellungen des schulischen Schreibprozesses geprägt. Nach Merz-Grötsch (2000) lassen sich folgende Schwerpunkte der Schreibdidaktik herausarbeiten: Produktfokussierung, Schülerorientierung, Adressatenfokussierung und die Orientierung am Schreibprozess. (Merz-Grötsch, 2000, S.188)

Fix (2000) gliedert die Geschichte des deutschen Schulaufsatzes in vier Phasen, in denen nacheinander der gebundene, der freie, der stilbildende und der kommunikative Aufsatz den Schreibunterricht bestimmten. (Fix 2000, S. 7 ff.).

2.1 Der gebundene Aufsatz

Im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts war der gebundene Aufsatz das Instrument der Aufsatzerziehung. Er war an starke Regeln geknüpft und beschränkte sich auf die reine Reproduktion von Musteraufsätzen. Es handelte sich um eine bloße Nachahmung „vorbildlicher“ Texte und es wurde von den Schülern die Reproduktion von Textsorten sowie stilistischer und syntaktischer Muster verlangt:„Gebunden war er thematisch, inhaltlich, formal, sprachlich usw. Es gab nichts, aber auch gar nichts, was vom Schüler hätte kommen können.“ (Schuster 1997, S. 7)

Der gebundene Aufsatz hatte zudem festgelegte Textsorten. Zu diesen Textsorten gehörten Berichte, Erzählungen, Erörterungen und Beschreibungen. Von den späteren didaktischen Ansätzen wurde das Reproduzieren von fertigen Texten im Rahmen des gebundenen Aufsatzes als „Dressurleistung“ empfunden. (vgl. Schuster 1997, S. 7)

Obwohl der gebundene Aufsatz so stark beurteilt wird, bemerkt Jasmin Merz-Grötsch, dass bestimmte Aspekte dieser Aufsatzdidaktik – z.B. das Abschreiben zum Einprägen schriftsprachlicher Strukturen oder die Reproduktion eingeübter Textsorten immer noch im heutigen Schreibunterricht präsent sind. (Merz-Grötsch 2000, S. 194)

2.2. Der freie Aufsatz

Beeinflusst von der Reformpädagogik und der Kunsterziehungsbewegung entwickelte sich in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts der freie Aufsatz bzw. das freie Schreiben als das Gegenkonzept zur gebundenen Aufsatzform. Das Kind wurde erstmals als ein Individuum und eine eigenständige Person wahrgenommen. Der Aufsatzunterricht sollte sich an dem schreibenden Schüler orientieren. Der Schüler wurde als ein kleiner Künstler und seine Aufsätze als kleine Kunstwerke angesehen. (vgl. Schuster, 1997, S. 8) Im Mittelpunkt dieser Didaktik stand das innere Erleben, die Persönlichkeitsbildung und die kreative Ideenfindung der Kinder, was im Aufsatz zum Ausdruck kommen sollte. (vgl. Schuster, 1997, S. 10) Die Kinder wurden zum Schreiben mit Hilfe ihrer Phantasie angeregt. (vgl. Merz-Grötsch 2000, S. 212) Im idealen Fall sollten sowohl der Zeitpunkt und Ort der Textproduktion als auch die verwendeten Textsorten und Schreibthemen frei gewählt werden. (vgl. Merz-Grötsch 2000, S. 211 ff., auch vgl. Schuster 1997, S. 11 ) Die Schüler hatten sogar eine orthographische Freiheit beim Schreiben, da die Rechtschreibung nicht bewertet wurde. (vgl. Schuster 1997, S. 11)

Die Freiheit im Aufsatzunterricht und das neue Verständnis der kindlichen Persönlichkeit hat sowohl Schüler als auch Lehrer überfordert und ist in Schulen auf heftige Kritik gestoßen. (vgl. Merz-Grötsch 2000, S. 213) Man kritisierte die Freiheit des freien Schreibens, weil in dieser Aufsatzdidaktik sich Schwierigkeiten für die Benotung des Aufsatzes herausbildeten. Es wurde auch behauptet, dass die Ausbildung sprachlicher Kompetenzen beim freien Schreiben nicht gefördert wurde. (vgl. Merz-Grötsch 2000, S. 196). Die Kritik an der Konzeption des freien Schreibens bezog sich auch auf die Beliebigkeit von Inhalte und Formen. Es war nicht mehr überschaubar, welche Lernziele die Schülerinnen und Schüler durch das freie Schreiben erreichen sollten.

2.3. Der stilbildende Aufsatz (der sprachgestaltende und sprachschaffende Aufsatz)

Als Kritik am freien Aufsatzunterricht ist der stilbildende Aufsatzunterricht zu verstehen. Der stilbildende Aufsatz wird in zwei weitere Richtungen unterteilt: Der sprachschaffende Aufsatz und der sprachgestaltende Aufsatz. Die beiden Aufsätze sind einander sehr ähnlich und werden in der Literatur gemeinsam behandelt. (vgl. Schuster 1997, S. 11) Der stilbildende Aufsatz zielte auf ein lernorientiertes Schreiben ab, d.h., dass ganz bestimmte Stil- und Darstellungsformen eingeübt wurden. Der sprachgestaltende Aufsatz legt den Fokus auf die bestimmten Stilformen (z.B. Erlebniserzählung, Bericht über Sachen und Vorgänge und Bildbeschreibung), die die Schüler einüben sollten. (vgl. Schuster 1997, S. 11) Vor allem sollte das logische Argumentieren nach festen Argumentationsschemata eingeübt werden.

Der Schüler sollte von der subjektbezogenen Erzählung (Schilderung und Betrachtung) über die objektbezogenen Formen (Bericht, Beschreibung) zum Erörtern gelangen. Die Progression des Schreibens wurde entwicklungspsychologisch mit der natürlichen Sprachentwicklung des Kindes begründet (vgl. Merz-Grötsch 2000, S. 197 f.). Diese These jedoch wurde bald kritisiert und der stillbildende Aufsatz wurde als eine Verschmelzung aus freiem und gebundenem Aufsatz betrachtet. (vgl. Merz-Grötsch 2000, S. 198).

2.4. Der kommunikative Aufsatz

Die im stilbildenden Aufsatzunterricht verwendeten Schreibformen sind die in dem Alltag der Erwachsenen nicht vorhanden. Auch der fehlende Adressatenbezug des Schreibens war der Ausgangspunkt der Kritik dieses Aufsatzunterrichts. (vgl. Schuster 1997, S. 17)

Im Rahmen der kommunikativen Wende in der Linguistik gelangte in den 70er Jahren die Adressatenorientierung in den Vordergrund des didaktischen Interesses. (vgl. Schuster 1997, S. 17) Beim Schreiben wurde nicht mehr nur auf den normgerechten Ausdruck, sondern insbesondere auf die „kommunikative Angemessenheit für die Schreibsituation, den Kommunikationspartner (Adressaten) und die Schreibintention“ Wert gelegt. (Fix 2000, S. 9) Der Adressatenbezug, die Schreibintention und die Bedingungen der Situation gehören somit zum Schreibprozess und konstituieren ihn. (vgl. Schuster 1997, S. 18)

In der kommunikativen Aufsatzdidaktik wurde sogar der Begriff „Aufsatz“ mit den Begriffen „Textproduktion“ und „Texte verfassen“ ersetzt. Das Schreiben, welches in eine Kommunikationssituation eingebettet ist, ist lernziel- und textsortenorientiert. Bei dem Konzept des kommunikativen Schreibunterrichts ist es wichtig, zu betonen, dass aus der Situation heraus Schreibhinweise erarbeitet werden:

„Der Schüler soll aus konkretem Anlass und mit genau fixiertem Ziel lernen, schriftlich zu loben und zu tadeln, zu werben, zu beschwören, anzuklagen und zu verteidigen (...) Begeisterung, Abscheu, Empörung (...) Mitleid und Liebe nicht nur zum Ausdruck zu bringen, sondern im anderen zu erwecken.“ (vgl. Schuster 1997, S. 18)

Obwohl die kommunikative Didaktik der 70er Jahre auf ein zentrales Defizit, nämlich auf den fehlenden Adressatenbezug des Schreibens im Aufsatzunterricht aufmerksam machte (Fix 2000, S. 9), hat sich die kommunikativen, adressatenorientierten Textproduktion in der Praxis nicht durchgesetzt. Es wurde behauptet, dass der kommunikative Aufsatz zu instrumentell, zu zwecksorientiert geordnet ist. Diese Kritik ist aus dem heutigen Standpunkt jedoch nicht mehr überzeugend. Der Textsortenzirkel von Lehmann bezieht nicht nur die appellative Funktion der schriftlichen Kommunikation in sein Schema ein und beweist, dass die schriftliche Kommunikation auch andere Funktionen hat. (vgl. Schuster 1997, S. 22)

2.5. Das kreative Schreiben

Das kreative Schreiben entspringt ähnlich wie das freie Schreiben aus der Unzufriedenheit mit dem herkömmlichen Aufsatzunterricht und steht in Opposition zur kommunikationsorientierten Aufsatzdidaktik. (vgl. Schuster 1997, S. 25) Es wurde behauptet, dass der am Adressat orientierte Aufsatzunterricht die Motivation der Schüler nicht beibehalten kann. (vgl. Merz-Grötsch 2000, S. 217)

Der Unterschied zwischen freiem und kreativem Schreiben besteht insbesondere darin, dass bei der letzteren Methode die Phantasie und Imagination der Schreiber durch Impulse wie Bildvorlagen, Gegenstände, Phantasiereisen, Musik oder auch Gerüche gezielt angeregt wird. (vgl. Merz-Grötsch 2000, S. 220) Kreatives Schreiben fördert den persönlichen Ausdruck, die Entfaltung der Phantasie sowie das Einbringen der ganzen Person. Das kreative Schreiben soll den Kindern dabei helfen, ihre Kreativität zu fördern und sie zum Schreiben zu motivieren. Es wird deutlich, dass diese moderne Aufsatzdidaktik ein Schreiben zum Selbstausdruck, zur Selbsterfahrung und zur künstlerischen Wirklichkeitsverarbeitung ist. (vgl. Schuster 1997, S. 27)

[...]

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Details

Titel
Textlinguistik in der Förderung von der schulischen Textproduktion
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Von der Aufsatzdidaktik zu einer modernen Schreibdidaktik
Note
2
Autor
Jahr
2007
Seiten
22
Katalognummer
V121336
ISBN (eBook)
9783640255528
Dateigröße
493 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Textlinguistik, Förderung, Textproduktion, Aufsatzdidaktik, Schreibdidaktik
Arbeit zitieren
Malgorzata Swietlik (Autor:in), 2007, Textlinguistik in der Förderung von der schulischen Textproduktion , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121336

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