Das Art Ensemble of Chicago


Studienarbeit, 2007

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einstimmung

2. „Ancient to the Future“ – das Art Ensemble of Chicago
2.1 Von der AACM in Chicago bis zu “Tribute to Lester” – die Geschichte des AEC
2.2 Die Mitglieder des AEC
2.2.1 Lester Bowie
2.2.2 Malachi Favors
2.2.3 Joseph Jarman
2.2.4 Roscoe Mitchell
2.2.5 Famoudou Don Moye
2.2.6 Jaribu Shahid (Gast)
2.2.7 Corey Wilkes (Gast)
2.3 „Great Black Music“ – Idee und Anspruch des Ensembles
2.4 Die Musik des AEC – Improvisation, Freejazz und Avantgarde

3. Ausklang

Literaturverzeichnis

1. Einstimmung

„Unsere Musik ist eine Synthese aller Musikformen des Universums – der ganzen schwarzen Musik genau wie von Elementen der europäischen“[1] meinte der Saxophonist Joseph Jarman in einem Interview einmal über die Musik des Art Ensembles of Chicago (AEC).

Und er beschreibt damit eines der herausragendsten Merkmale des Ensembles. Denn nie seit seiner Gründung war es gewillt, sich auf einen festen Musik-Stil festzulegen, stattdessen vereinte es Tradition mit Experimentellem und schuf Gesamtkunstwerke von faszinierender musikalischer Dichte.

Man kann die Musik und die Kunst des AEC nur schwer einstufen und man sollte es wohl auch gar nicht erst versuchen. Der Jazzmusiker Max Roach meinte einmal, die ganze Geschichte des Jazz habe nichts mit Kategorien zu tun. Es sei vielmehr eine Geschichte großer Individuen mit starken persönlichen Stilen.[2] Das AEC vereinigt in sich etliche starke und individuelle musikalische Persönlichkeiten, es hat Grenzen gesprengt, Begriffe wie ‚Raum’, ‚Zeit’ und ‚Klang’ im Jazz neu definiert. Und es hatte immer den Anspruch, über die reine musikalische Idee hinaus zu gehen und etwas zu vermitteln, das von gesellschaftlicher Tragweite sein kann. „Alles ist bei uns gegründet auf der Kreativität des Individuums, auf der Freiheit zur Selbstverwirklichung. (…). Unsere Musik kann das Leben des Hörers zum Guten wenden“, so Lester Bowie, der Frontman des Ensembles.[3]

Jazz ist eine Musik, die immer im Prozess des Enstehens ist, sie ist ständig fließend und gegenwärtig. Zentralstes Element ist dabei die Freiheit des individuellen Ausdrucks, im Ensemble des kreativen Miteinanders.

Diese Arbeit möchte sich dem Jazz als musikalischem Ort der Freiheit und des Augenblicks annähern und mit dem AEC ein Ensemble in den Mittelpunkt stellen, das in vielerlei Hinsicht einzigartig ist und mit einer Mischung aus Klangexperimenten, gewagter Improvisation, provokanter Inszenierung und dichter musikalischer Sparsamkeit im Jazz neue Wege beschritten hat.

2. „Ancient to the Future” - das Art Ensemble of Chicago

Im Chicago der späten 60er Jahre hat die Geschichte des AEC begonnen, in den folgenden Jahrzehnten führte sein Weg über Europa und es bildete sich eine feste Mitglieder-Formation heraus, die mit Alben wie „Nice Guys“ oder „Urban Bushmen“ internationalen Ruhm erlangte. „Ancient to the Future“ lautet bis heute das Motto des Ensembles – der Blick ist nach vorne gerichtet.

In den folgenden Teilen dieser Arbeit wird kurz die Geschichte des AEC nachgezeichnet werden, es sollen die einzelnen Mitglieder vorgestellt werden und schließlich sollen die Musik und der Anspruch des Ensembles im Mittelpunkt stehen.

2.1 Von der AACM in Chicago bis zu „Tribute to Lester“ – die Geschichte des AEC

Das Chicago der 60er Jahre ist eine pulsierende Metropole voll Musik. Vor diesem Hintergrund wird im Jahr 1955 eine Organisation gegründet, die es sich zum Ziel setzt, all jene schwarzen Musiker, die ihre Musik entwickeln wollen, zu unterstützen: Die „Association for the Advancement of Creative Musicians“ (AACM). Sie will mehr Aufführungsmöglichkeiten für Free-Künstler schaffen, das Image von Jazzmusikern in der Öffentlichkeit verbessern und besonders junge Musiker fördern[4]. Eines der größten Anliegen der Non-profit-Organisation ist es dabei, traditionelle afrikanische Elemente in den modernen Klangkontext zu integrieren[5]. Etliche Musiker in Chicago treten der AACM bei und verschreiben sich damit symbolisch der Verbindung von afrikanischer Tradition und Freejazz.

In dieser Szene treffen die späteren Mitglieder des AEC aufeinander – alle bis auf Don Moye sind sie in dieser Zeit in Chicago am Beginn ihrer Karriere und spielen in den verschiedensten Ensembles. 1968 schließlich gründet der Saxophonist Roscoe Mitchell das AEC, das ursprünglich als Quartett formiert ist. Neben Roscoe Mitchell werden die Gründungsmitglieder Lester Bowie (Trompete), Malachi Favors (Bass) und Joseph Jarman (Saxophon). Schon nach kurzer Zeit gilt das AEC in Chicago als regionales Phänomen – Steve Lake spricht in einem Artikel von den frühen Aufnahmen des AEC als „interdisziplinäre Offenbarungen“[6]. Und genau das ist die Musik des AEC – sie vermischt die Disziplinen und vereint Musik, Tanz, Pantomime und Wort auf außergewöhnliche Weise zu einer Art „ritualisierten Theater eklektizistischer Prägung“[7]. Die Musiker treten dabei häufig in afrikanischer Kleidung auf und jeder von ihnen ist ein Multiinstrumentalist, der neben seinem Hauptinstrument unzählige andere beherrscht. Nicht selten befinden sich auf der Bühne insgesamt über 100 Instrumente[8]. Auffällig ist in der Anfangszeit des Ensembles das Fehlen eines Schlagwerks im Instrumentarium des AEC. Zwar werden etliche Percussioninstrumente verwendet, dennoch führt die eher ungewöhnliche Formation aus zwei Saxophonen, Trompete und Bass zu einem ganz eigenen Klang, der in großer Experimentierfreudigkeit durch Hupen, Rasseln, Sirenen und anderes erweitert wird.

1969 geht das Ensemble nach Europa und die folgenden drei Jahre, die es dort verbringt, werden zu den prägendsten für das AEC. Das hat mehrere Gründe: Das Ensemble erweitert sich 1969 um den Schlagzeuger Famoudou Don Moye und wird damit zum Quintett. Mit Don Moye stößt eine starke Musikerpersönlichkeit zu der Gruppe und der Klang wird erstmals durch ein eigenständiges Schlagwerk ergänzt. Neben der Erweiterung der Gruppe spielt vor allem eine Stadt eine große Rolle während des längeren Europa-Aufenthalt des Ensembles: Paris. Hier treffen die Musiker mit der zeitgenössischen europäischen Jazzszene zusammen und entwickeln in dem dort entstehenden musikalischen Dialog ihre eigene Musik weiter fort. Das AEC wird zu einer der führenden Combos der improvisierenden Szene der 70er[9], es folgen spektakuläre Festival-Auftritte in Newport, Montreux und Berlin, 1971 nimmt das Ensemble in Baden-Baden am Free-Jazz-Treffen teil. Zwischen den Tourneen nimmt das AEC vor allem in Paris etliche Platten auf und beweist in dieser Zeit eine ungemeine Arbeitsintensivität. 1971 kehrt das Quintett in die Staaten zurück – der so prägenden europäischen Freejazz-Szene bleibt es dennoch treu und wird in den folgenden Jahren einmal jährlich auf Europa-Tournee gehen. Wieder zurück in den USA begeistert und fasziniert das AEC mittlerweile als eine der führenden Gruppen des Freejazz und der Avantgarde. Vier Alben entstehen in den späten 70ern und frühen 80ern, die heute als Klassiker gelten: „Nice Guys“ (1978), „Full Force“ (1980), „Urban Bushmen“ (1980) und „The Third Decade“ (1984) sind Meilensteine in der musikalischen Entwicklung des Ensembles und sie beweisen die Bedeutung, die das Ensemble mittlerweile im Jazz erlangt hat. „Es ist eine leidenschaftliche Reise durch die Mythen der ‚Great Black Music’ und andere Klänge dieser Welt – von den folkloristischen Wurzeln bis zu den avancierten Verästelungen des Free Thing und der neuen Musik“[10] schreibt ein Kritiker über das Album „Urban Bushmen“ (1980) und wieder wird deutlich, wie treu das Ensemble einerseits seinen Wurzeln geblieben ist und wie es sich doch andererseits völlig geöffnet hat für alles Neue.

[...]


[1] Kunzler, 2002, 47

[2] Kunzler, 2002, 6

[3] Kunzler, 2002, 48

[4] Wölfler, 1993, 11

[5] Dombrowski, 2005, 16

[6] Lake, 2004, 1

[7] Kunzler, 2002, 47

[8] Kunzler, 2002, 48

[9] Dombrowski, 2005, 16

[10] Huesmann, 2007

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Das Art Ensemble of Chicago
Hochschule
Universität Salzburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
13
Katalognummer
V121297
ISBN (eBook)
9783640257959
ISBN (Buch)
9783640259588
Dateigröße
407 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ensemble, Chicago
Arbeit zitieren
BA Dorothea Feuchtgruber (Autor:in), 2007, Das Art Ensemble of Chicago, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/121297

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