Tourismus in Tansania

Ausverkauf einheimischer Kulturen


Hausarbeit, 2007

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Geschichte des Tourismus

3 Touristische Entwicklungsphasen

4 Auswirkungen des Tourismus
4.1 Ökonomische Folgen
4.2 Ökologische Folgen
4.3 Soziale Folgen

5 Fallbeispiele
5.1 Jambiani
5.2 Kiwengwa

6 Exkurs: Sextourismus

7 Lösungsansätze

8 Schlussbetrachtung

9 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Aus geographischer Perspektive wird der Tourismus „als eine lokale und regionale Häufung von Fremden mit einem jeweils vorübergehenden Aufenthalt (…), der die Summe von Wechselwirkungen zwischen den Fremden einerseits und der ortsansässigen Bevölkerung, dem Orte und der Landschaft andererseits zum Inhalt hat“ definiert (Rothfuß 2004: 51; zit. n. Resch 1977:15).

Im folgenden Beitrag soll der Tourismus in Tansania untersucht werden. Hierbei bietet die obige Definition den Ausgangspunkt, denn Tourismus darf nicht nur als Förderungsmaßnahme für Wirtschaftswachstum betrachtet werden, sondern vielmehr muss seine vielschichtige Einflussnahme auf die Lebensausrichtung aller Beteiligten wahrgenommen werden. Daher steht die Frage, welche Folgen und Auswirkungen der Tourismus auf die einheimische Bevölkerung des Tourismusortes hat, im Mittelpunkt meiner Betrachtung.

Das Wechselspiel zwischen Touristen und Einheimischen nimmt dabei eine zentrale Rolle ein, da dieses den Ansatz des touristischen Verhältnisses prägt. Weiterhin sollen Vor- und Nachteile dessen erörtert werden. Zudem steht in diesem Zusammenhang Tansanias Status als Entwicklungsland, denn dies stellt den Hintergrund der Tourismusentwicklung in Tansania und beeinflusst dessen Zukunft maßgeblich.

Zunächst werde ich einen Überblick über den geschichtlichen Hintergrund der Entstehung des Tourismus in Tansania geben, um die Grundlage zum Verständnis zu schaffen. Darauf folgt der Schwerpunkt in Form von ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen, die in ihrem Zusammenwirken das Leben der Einheimischen bestimmen und verändern. Dies wird an zwei Fallbeispielen verdeutlicht. Daran gliedert sich der Sextourismus als Exkurs, da viele Experten dem Massentourismus den Sex- und Prostitutionstourismus als unmittelbare Folge zuordnen (Aktionsgemeinschaft gegen internationale und rassistische Ausbeutung 1990: 19). Abschließend werden alternative Formen des Tourismus angesprochen, da diese als die einzigen verwirklichbaren und veränderungsbringenden Lösungen angesehen werden. So werden zum Beispiel der Ethnotourismus und der Ökotourismus genannt (Rothfuß 2004: 54ff).

Bei der Betrachtung des Tourismus in Tansania beschränke ich mich auf die Auseinandersetzung mit den lokalen Folgen, den Auswirkungen für die einheimische Bevölkerung, und vernachlässige aus Gründen des Umfangs dieser Arbeit touristische Einflüsse auf staatlicher und globaler Ebene. Weiterhin werde ich auf Grund der Undurchsichtigkeit der staatswirtschaftlichen Situation eine detaillierte wirtschaftliche Darstellung ausklammern und nur vorrangige und offensichtliche ökonomische Resultate in meine Betrachtung einbeziehen.

Wegen des direkten Bezuges zu betroffenen Gebieten und Menschen waren mir die Feldforschungsberichte von Untersuchungen in den Dörfern Jambiani und Kiwengwa auf Sansibar von Mabrouk (1993) und Gößling (2001) sehr hilfreich. Zudem boten dokumentierte Interviews mit Einheimischen die Möglichkeit Meinungen von Betroffenen kennen zu lernen, ohne dass die Interptation eines Forschers die Sachlage auf eine empirische Basis stellt. Gleichzeitig boten Rothfuß (2004) und Scherrer (1986 und 1988) einen fundierten Einblick in wissenschaftliche Erhebungen.

Auf Grund eigener Reisen in Kenia war der persönliche Bezug zum Tourismus in Afrika gegeben. Als Teilnehmerin eines workcamps waren mir die Probleme der Einheimischen nicht fremd, da ich diese aus Erzählungen von Gastfamilien im Ansatz kannte. Weiterhin konnte ich als „normale Touristin“ den Sextourismus aus Erzählungen von Mitreisenden und durch eigene Beobachtungen kennen lernen.

Jedoch bot mir die Literatur ein ausführlicheres und wissenschaftlicheres Verständnis meiner eigenen Erfahrungen und laienhaften Beobachtungen.

2 Geschichte des Tourismus

Die Entwicklung des Tourismus in Tansania lässt sich in vier Phasen der Entstehung einteilen.

Die erste Phase erstreckt sich von 1938 bis 1962 und ist vor allem durch die Art der Touristen geprägt. Durch Tansanias Stellung als britisches Mandatsgebiet reisten hauptsächlich Kolonialbeamte und Geschäftsreisende, die die Schwarzafrikaner als minderwertig und kulturlos abstuften und dadurch das Selbstbild der Einheimischen maßgeblich beeinflussten (Faoseke 2001: 122). Weiterhin dominierte im Tourismus der domestic tourism (Faoseke 2001: 18), der den lokalen Charakter der Reiseströme betont, was bedeutet, dass größtenteils Afrikaner – in besonderem Maße Südafrikaner – Tansania als Urlaubsland wählen.

Daran gliedert sich die zweite Phase beginnend 1962 bis zum Jahr 1969. Auf Grund der Fertigstellung des Flughafens in Dar es Salam und der Neugründung eines Nationalparks wird diese Periode als take-off – Phase bezeichnet. Zudem wurde 1965 das Kilimanjaro Hotel, das erste Luxushotel Tansanias, errichtet, welches noch heute zu den drei umsatzstärksten Hotels Tansanias zählt.

Hieran schließt sich die Boomphase von 1969 bis 1976, in der Großinvestitionen getätigt wurden. Jedoch entstand ab 1970 ein Konflikt zwischen den Befürwortern der Tourismusförderung und den Verfechtern des sozialistischen Regimes. Auf Grund der Tatsache jedoch, dass der Tourismus sich zum gleichen Zeitpunkt mit einem Investitionsanteil von über zehn Prozent zum Hauptwirtschaftszweig entwickelt hatte, unternahm der Staat trotz sozialistischen Politprogrammes erhebliche Investitionen und förderte dadurch den Bau von staatlichen Hotels.

Schließlich ist die vierte und letzte Phase, die im Jahr 1976 begann und bis heute andauert, durch Stagnation und Krisen gekennzeichnet, da bezüglich des Tourismus eine negative Handelsbilanz erreicht wurde: Die Ausgaben überschritten die Einnahmen. Allerdings bleibt das Hauptziel - das Erwirtschaften von ausländischen Devisen durch Tourismus – weiterhin erhalten (Scherrer 1988: 72ff).

3 Touristische Entwicklungsphasen

Die zuvor erläuterten Phasen beziehen sich auf die historische Einbettung des Tourismus in Tansania, während die folgenden Erläuterungen eine Allgemeingültigkeit beanspruchen und somit für jede touristische Entwicklung zutreffen.

Die Entdeckungsphase beinhaltet Individualreisende, die in abseits gelegene Gebiete reisen und dort, unter großer Rücksichtnahme auf die dortige Bevölkerung und Anpassung an die einheimischen Gegebenheiten, ihren Urlaub verbringen. Durch Fremdenverkehrswerbung und einem erhöhten Aufkommen an touristischer Bewegung ergibt sich die Beteiligungs- oder Involvement – Phase, welche Ansätze einer sich entwickelten Infrastruktur voraussetzt. Die weiterhin steigende Zahl an Touristen und das sich dadurch veränderte Bild der Landschaft deuten die Entwicklungsphase an. Infolgedessen besteht erhöhte Notwendigkeit an Arbeitskräften und dies führt zu einem Verlust an Traditionalität, was später genauer behandelt wird. Somit wird das betroffene Gebiet in den allgemeinen Tourismus integriert, was als Konsolidierungsphase beschrieben wird. Die Letzte, die Stagnationsphase, zeichnet sich durch viele Touristen – teils mehr als Einheimische – aus, wodurch wirtschaftliche, soziale und ökologische Probleme auftreten und zum erhöhten kulturellen Verlust führen. Auch dies wird im Nachfolgenden detaillierter thematisiert.

Doch wird erkennbar, dass die Entwicklung nicht mit der Stagnationsphase endet. Lediglich im lokalen Bereich bleibt die Stagnation erhalten. Auf regionaler, nationaler und globaler Ebene jedoch findet eine Verlagerung, ein Ausweichen, des Tourismus statt, sodass in anderen Gebieten die Entstehung bei Schritt eins beginnt. Folglich ist dies ein undurchdringbarer Prozess oder gar Kreislauf.

In diesem Kontext stellt die Entwicklungsphase den kritischen Moment dar, in dem der Tourismus an Dominanz gewinnt und die Auswirkungen für die Einheimischen enorm werden. An diesem Punkt setzt die anschließende Betrachtung an (Rothfuß 2004: 57ff).

4 Auswirkungen des Tourismus

Die Folgen des Tourismus sind unmittelbar mit den Erwartungen an diesen verknüpft. Gleichzeitig stehen die Effekte des Tourismus auf die Einheimischen in unmittelbarer Abhängigkeit zu den Gegebenheiten am Tourismuszielort wie Alter, Status und Herkunft der Bewohner (Vorlaufer 1996: 201).

Mit dem Aufkommen dieses neuen Wirtschaftszweiges ergaben sich vielfältige Hoffnungen. Der Tourismus galt unter anderem als Entwicklungsstrategie um dem Preisverfall entgegenzuwirken (Aktionsgemeinschaft gegen internationale und rassistische Ausbeutung 1990: 21). Die allgemeine Verbesserung der Finanzsituation durch das Erwirtschaften von ausländischen Devisen, das Anwerben touristischer Investoren und der damit verbundene Aufschwung der Bauindustrie und der Ausbau der Infrastruktur galten als goldene Ziele (Ouma 1970: 29).

Weiterhin war der Anreiz auf eine Verbesserung der humanen Situation Motivation den Tourismus zu unterstützen. Die Hoffnung auf gesicherte Arbeitsplätze, gerechte Einkommensverteilung und ausgeglichene regionale Entwicklung ließen die Bevölkerung den Tourismus positiv beurteilen (Faoseke 2001: 82).

Diese Hoffnungen kritisch zu hinterfragen und zu beurteilen ist das Ziel der nachstehenden Betrachtung.

4.1 Ökonomische Folgen

Die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation Tansanias war einer der ausschlaggebenden Gründe für eine positive Einstellung gegenüber dem Tourismus auf Seiten der Einheimischen. So standen die Verbesserung der Zahlungsbilanz, der Abbau der Auslandsverschuldung, der Ausbau der Infrastruktur, die Einkommenssteigerung und der Abbau räumlicher Disparitäten im Vordergrund (Rothfuß 2004: 55). Doch die Folgen mäßigen den Enthusiasmus.

Durch den Ausbau und die Förderung des Tourismus entstanden sogenannte MNU’s (multinationale Unternehmen), welche aus Fluggesellschaften, deren Vertraghotels, Reiseagenturen und Kreditgesellschaften bestehen. Sie nehmen eine zentrale Position in touristischen Entscheidungsprozessen ein, wodurch der Einfluss des Tourismuszielortes dementspchend schwindet. Auch durch die westliche Entscheidungsmacht und dem Bedarf an Importgütern wegen mangelnder Eigenproduktivität Tansanias besteht die Gefahr der europäischen Dependenz (Scherrer 1988: 133), somit weist der „Tourismus […] häufig ähnliche Ausprägungen wie der Kolonialismus“ auf (Rothfuß 2004: 54).

Die MNU’s beschränken ihr Angebot auf die sogenannten „4 S“: See, Sonne, Sand und Sex. Diese sollen das Attraktionspotenzial Tansanias steigern. Um ein anspchendes Preis-Leistungs-Verhältnis im Tourismus zu erzielen, werden niedrige Bezahlungen für unqualifizierte Arbeitskräfte gefördert. Dementspchend herrscht, auf Grund unregelmäßiger Arbeitszeiten und saisonaler Freisetzungen, große Arbeitsplatzunsicherheit (Aktionsgemeinschaft gegen internationale und rassistische Ausbeutung 1990: 2ff). Die mit dem Arbeitsplatzwechsel einhergehende erforderliche Umstellung von Subsistenzwirtschaft auf eine Geldwirtschaft bedurfte großer Assimilation und Adaption (Scherrer 1986: 20).

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Tourismus in Tansania
Untertitel
Ausverkauf einheimischer Kulturen
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  ( Institut für Ethnologie und Afrikastudien)
Veranstaltung
Regionalseminar Tansania
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V120905
ISBN (eBook)
9783640251605
ISBN (Buch)
9783656150800
Dateigröße
455 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tourismus, Tansania, Regionalseminar, Tansania
Arbeit zitieren
Julia Helmstädter (Autor:in), 2007, Tourismus in Tansania, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120905

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