Die gegenwärtige Fiskalpolitik der deutschen Bundesregierung


Hausarbeit, 2008

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Fiskalpolitik – Ursprung und Ausgestaltung.
2.1 Keynesianismus – Entstehung der Fiskalpolitik.
2.2. Ausgestaltung der Fiskalpolitik.
2.3 Instrumente der Fiskalpolitik.
2.3.2 Fiskalpolitik auf dem Einnahmesektor
2.3.3 Fiskalpolitik auf dem Ausgabensektor
2.4 Subventionen als Instrument der Fiskalpolitik – Beschreibung und Bewertung.

3. Die gegenwärtige Fiskalpolitik der deutschen Bundesregierung am Beispiel des Vorziehens der Steuerreform

Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Liest man derzeit den Wirtschaftsteil aktueller Tageszeitungen und Nachrichtenmagazine, kann man folgendes Fazit ziehen: Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem anhaltend kräftigen Aufschwung. Dies geht auch aus dem aktuellen, von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen, Frühjahrsgutachten hervor. Demnach wird das reale Bruttoinlandprodukt (BIP)1, nach einer Wachstumsrate in Höhe von 2,7 Prozent im letzten Jahr, auch in diesem Jahr mit einem Veränderungswert von 2,4 Prozent weiter steigen.2 Gestützt wird der Aufschwung vor allem durch die Erhöhung der privaten Konsumausgaben. Auf Grund des Konjunkturaufschwungs rechnen die führenden Ökonomen für 2007 zudem mit einer Senkung der Arbeitslosigkeit um 1,5 Prozentpunkte auf 3,767 Millionen Arbeitslose.3 Dadurch bedingte Mehreinnahmen, insbesondere im Lohn und Umsatzsteuersektor, führen nach Berechnungen des Institutes für Weltwirtschaft zu Mehreinnahmen an Steuern in Höhe von 20 Milliarden Euro.4 Für Politiker und Wirtschaftsexperten stellt sich die Frage, welcher Zweck mit den zusätzlich zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln erfüllt werden soll. Der Regierung stehen dazu verschiedene so genannte fiskalpolitische Instrumente zur Verfügung. Eine Möglichkeit wäre, die Steuermehreinnahmen zurückzulegen und im Falle einer erneuten Rezessionsphase Unternehmen mit Subventionen finanziell zu unterstützen und somit zu versuchen, der negativen Konjunkturentwicklung entgegenzuwirken. Im Folgenden wird dargelegt, was unter Fiskalpolitik zu verstehen ist. Außerdem werden Subventionen als Instrument der Finanz- und Fiskalpolitik bewertet und beschrieben. Zum Abschluss wird verdeutlicht, welchen Stellenwert Subventionen in der derzeitigen Wirtschafspolitik einnehmen und ob dafür die Mehreinnahmen des Staates für Subventionsleistungen in Frage kommen.

In dieser Arbeit wird gezeigt, dass der empirisch gemessene Multiplikatoreffekt von Fiskalpolitik für Deutschland zwar statistisch signifikant, aber nur von geringer Größe ist. So führt z. B. eine Erhöhung der Staatsausgaben um einen Euro innerhalb des ersten Jahres zu einem positiven Effekt von 1,37 Euro auf das Bruttoinlandsprodukt, eine Steuererhöhung zu einem negativen Effekt von -0,62 Euro. Mittelfristig geht der positive Effekt der Staatsausgabenerhöhung gegen null, während sich der negative Effekt der Steuererhöhungen weiter auf -1,63 Euro verstärkt. Diese vergleichsweise geringen Effekte sind vor allem auf die Reaktionen der Politikinstrumente untereinander zurückzuführen. Gegenfinanzierungsmaßnahmen und schnelle Rücknahmen von Politikmaßnahmen tragen wesentlich zu dem geringen Multiplikatoreffekt bei. Es wird auch gezeigt, dass der Keynesianische Staatsausgabenmultiplikator bei 2,44, der Steuereinnahmenmultiplikator bei -1,78 liegt, wenn man diese politökonomischen Reaktionsmuster ausblendet. Die Analyse basiert auf einem strukturellen VAR (vektorautoregressiven) Modell. Die konjunkturellen Effekte werden am Beispiel der im Dezember 2003 beschlossenen Steuerreform auf das Bruttoinlandsprodukt in den folgenden Jahren untersucht.

2. Fiskalpolitik – Ursprung und Ausgestaltung

Der Staat versucht die Wirtschaftsordnung und die wirtschaftlichen Abläufe und Strukturen des Landes mit verschiedenen Maßnahmen zu beeinflussen und zu gestalten. Zusammenfassen lassen sich diese Maßnahmen als Wirtschaftspolitik. Die Wirtschaftspolitik lässt wiederum in zahlreiche Politikbereiche unterteilen, die sich teilweise überschneiden.5 Die Fiskalpolitik ist ein Teilbereich, der im Folgenden hinsichtlich der geschichtlichen Entwicklung und Ausgestaltung erläutert wird.

2.1 Keynesianismus – Entstehung der Fiskalpolitik

Die Fiskalpolitik hat ihren Ursprung in den Wirtschaftstheorien des britischen Nationalökonomen John Maynard Keynes. Lange Zeit seines Schaffens gingen führende ökonomische Theorien davon aus, dass die Wirtschaft, geregelt durch Angebot und Nachfrage, automatisch zu Vollbeschäftigung tendiere. Jede Phase der Arbeitslosigkeit sei zeitlich begrenzt und werde bald durch die Wirkung der Marktkräfte, insbesondere durch die Flexibilität der Löhne, beseitigt.6 Unter dem Eindruck der Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren, entstand 1936 Keynes‘ Werk „The General Theory of Employment, Interest and Money“, indem er im Gegensatz zu klassischen Wirtschaftstheorien davon ausgeht, dass die genannten Selbstheilungskräfte der Wirtschaft nicht funktionieren könnten. Nur der Staat könne durch Eingriffe in das Wirtschaftsgeschehen, insbesondere durch Nachfragesteuerung, die Arbeitslosigkeit beseitigen.7

Die Keynes'sche Wirtschaftspolitik wurde in Großbritannien in den vierziger Jahren in die Tat umgesetzt und bis Ende der siebziger Jahre fortgeführt. Auch in den meisten anderen Industrienationen bediente man sich den Keynes'sche Wirtschaftsgrundsätzen. In Deutschland wurden finanzpolitische Maßnahmen in den 1960er und 1970er-Jahren nach Keynes‘ Theorien umgesetzt. Die rechtliche Grundlage für die an den Lehren des Keynesianismus orientierte Fiskalpolitik bildet das 1967 in Kraft getretene Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG). Der bedeutsamste Teil dieses Gesetzes, der auch heute noch ein Hauptbestandteil der deutschen Wirtschaftspolitik darstellt, findet sich in §1 des StWG. Dieser formuliert die als magisches Viereck bezeichnete Zielsetzung der Wirtschaftspolitik. Demnach haben Bund und Länder bei wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes zu beachten. Dazu gehören insbesondere die Stabilität des Preisniveaus, ein hoher Beschäftigungsgrad, ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht und ein angemessenes Wirtschaftswachstum.8

In den siebziger und achtziger Jahren setzte sich in Wirtschaftskreisen mehr und mehr der auf den amerikanischen Volkswirtschaftler Milton Friedmann zurückgehende Monetarismus als Lehrmeinung gegen den Keynesianismus durch. Die Monetaristen vertreten die Auffassung, dass der Wirtschaftsablauf nicht durch staatliche Eingriffe in das Wirtschaftsgeschehen beeinflusst werden soll, sondern mittels Regulierung der Geldmenge durch die Zentralbanken. Die Fiskalpolitik nach Keynes hat in der heutigen Politik weitestgehend an Bedeutung verloren.9

Gemäß der Keynesianischen Theorie ist der Staat in der Lage, den konjunkturellen Verlauf durch finanzpolitische Maßnahmen zu beeinflussen. Hierbei ist zwischen direkten Nachfrageeffekten zu unterscheiden. Die Ausgaben des Staates für Güter und Dienstleistungen führen zu einer direkten Wirkung auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und damit auf das Bruttoinlandsprodukt. Steuern und Transfers hingegen wirken nur indirekt

- über ihren Einfluss auf den privaten Konsum. Somit gibt es nur bei den Staatsausgaben einen direkten Effekt. Beide Maßnahmen haben aber eine Multiplikatorwirkung. Falls es zu einer Erhöhung des Bruttoinlandsproduktes kommt, wird die hierdurch induzierte Ausweitung des privaten Konsums zu einer weiteren Nachfrageerhöhung und einer abermaligen Produktionserhöhung führen. Aus diesem Grund prognostiziert die Keynesianische Theorie eine Wirkung der Fiskalpolitik, die den Wert 1 übersteigt.

Theoretisch lassen sich die Multiplikatoren errechnen, wenn man die marginale Konsumquote c kennt. Nimmt man beispielsweise für c=0,8 an, dann ergibt sich für den Staatsausgabenmultiplikator 1/1-cein Wert von 5. Der Steuermultiplikator lautet -c/c−1 und wäre in diesem Beispiel -4. Daran erkennt man, dass der indirekte Effekt einer Veränderung der Steuereinnahmen kleiner sein muss als der direkte über eine Veränderung der Staatsausgaben.

Aus mehreren Gründen ist ein Multiplikator von dieser Größenordnung allerdings unplausibel:

- Ein steigendes Einkommen wird auch eine größere Nachfrage implizieren, was bei konstanter realer Geldmenge zu Zinssteigerung führen wird. Solcher Effekt ist in einer Währungsunion geringer als in einer geschlossenen Wirtschaft10
- Privater Konsum wird von staatlichem Konsum verdrängt. Stellt der Staat z. B. Güter zur Verfügung, die der private Sektor als nützlich erachtet und ohne Staatsaktivität selbst nachfragt, dann führt expansive Fiskalpolitik zu einem direkten Crowding-Out des privaten Konsums Expansive Politik kann dazu führen, dass Individuen bei einer Kreditfinanzierten Erhöhung der Staatsausgaben Erwartungen über Steuererhöhungen in der Zukunft bilden und den Konsum in der Gegenwart verringern. Die Reduktion des privaten Konsums dient dazu, die zusätzlichen Steuern in der Zukunft zu begleichen. In diesem Fall ist Fiskalpolitik unwirksam, da der Rückgang des privaten Konsums genau den zusätzlichen Staatsausgaben entspricht. Ein Effekt auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage bleibt damit aus.
- Keynesianische (nachfragebedingte) Unterbeschäftigung stellt nur einen Teil des Arbeitslosenproblems in Deutschland dar. Liegen zum Beispiel ausschließlich angebotsseitige Ursachen für Arbeitslosigkeit (zu hohe Arbeitskosten) vor, so könnte man mit Nachfragepolitik das Problem nicht beheben. Eine zusätzliche Nachfrage des Staates führt in diesem Fall ausschließlich zu Preissteigerungen, ohne dass die Firmen neue Arbeitsplätze bereitstellen. Die Unternehmen sehen sich keinem Absatzproblem konfrontiert, sondern zu hohen Arbeitskosten. Folglich verpufft die Nachfragepolitik vollständig.11

2.2. Ausgestaltung der Fiskalpolitik

Bei der wirtschaftspolitischen Einordnung der Fiskalpolitik lassen sich Überschneidungen mit der Finanz- und Konjunkturpolitik finden. Ziel der Fiskalpolitik ist es insbesondere, mit finanzpolitischen Maßnahmen die Konjunkturentwicklung und das Wachstum zu beeinflussen. Dabei sollen gesamtwirtschaftliche Fehlentwicklungen, insbesondere konjunkturbedingte Wirtschaftskrisen mit hohen Arbeitslosenzahlen, aber auch Überhitzungen der Konjunktur korrigiert werden. Durch Beeinflussung der Nachfrage wird versucht, Konjunkturzyklen zu glätten.

Mit fiskalpolitischen Maßnahmen wird gezielt in wirtschaftliche Abläufe eingegriffen, um volkswirtschaftliche Gesamtgrößen, wie z. B. Konsum und Investitionen, zu lenken. Die Fiskalpolitik wird deshalb auch als Ablaufpolitik und Politik der Globalsteuerung bezeichnet.12 Die Umsetzung fiskalpolitischer Ziele kann einerseits durch automatische Stabilisatoren, andererseits durch diskretionäre Fiskalpolitik erfolgen. Bei der diskretionären Fiskalpolitik reagiert der Staat fallweise auf bestimmte wirtschaftliche Gegebenheiten. Falls sich ein konjunktureller Ab- bzw. Aufschwung anbahnen sollte, entscheidet der Staat nach Ermessen über entsprechende Eingriffe zur Glättung der Konjunkturschwankungen.13 Durch automatische Stabilisatoren kann der Staat mit Hilfe bestimmter Ausgestaltungen seines Einnahme-Ausgabesystems bewirken, dass sich die Entwicklung der staatlichen Nachfrage entgegengesetzt der privaten Nachfrage verändert und sich die Nachfrage entsprechend staatlicher Vorstellungen automatisch festigt. So sind z. B. bei der progressiven Einkommenssteuer die Steuererträge wegen des einkommensabhängigen Steuertarifs indirekt von Schwankungen des Inlandsprodukts abhängig. Dementsprechend steigen die Steuerzahlungen im Aufschwung auf Grund des höheren Einkommens überproportional, bzw. sinken im Abschwung überproportional. Bei konstant bleibenden Staatsausgaben ist der Nettoanteil des Einkommens der Privaten auf Grund der höheren Steuerlast in guten wirtschaftlichen Zeiten niedriger als in wirtschaftlichen Krisen.14

[...]


1 reales Bruttoinlandsprodukt = Wert aller Güter und Dienstleistungen, die preisbereinigt und abzüglich der Vorleistungen, von In- und Ausländern innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft in einem Jahr erwirtschaftet werden, vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Das Lexikon der Wirtschaft, Bonn 2004, S.13

2 Vgl. o. V., Institute fordern Senkung der Einkommenssteuer, Spiegel Online, 19.04.2007

3 Vgl. o. V., Privater Konsum heizt Wachstum an, Focus Money Online, 19.04.2007

4 Vgl. o. V., Staat kassiert noch mehr Steuern, Welt Online, 25.04.2007

5 Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Das Lexikon der Wirtschaft ,„Wirtschaftspolitik“, 2004,S.157

6 ebd., „Laissez-faire“, „Liberalismus“, S.29,30

7 ebd., „Keynesianismus“, S.109

8 Vgl. Baßeler u.a., Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaft, 2006, S.430,431

9 Vgl. Microsoft [Hrsg.], Monetarismus,Microsoft Encarta Enzyklopädie [DVD], 2006

10 Vgl. Clausen, V. und Wohltmann, H.-W., Geldpolitik, Fiskalpolitik und ausländische Zinsschocks in einer asymmetrischen Währungsunion,Kredit und Kapital, Heft 2, 2001, S.149-177

11 Vgl. Sinn, H.-W., Schlingerkurs: Lohnpolitik und Investitionsförderung in den neuen Bundesländern“, 1995, S.23-60

12 Vgl. Baßeler u. a., Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaft, 2006, S.431

13 Vgl. Behrens, Makroökonomie Wirtschaftspolitik, 2000, S.401

14 Vgl. Baßeler u.a., Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaft, 2006, S.430

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die gegenwärtige Fiskalpolitik der deutschen Bundesregierung
Hochschule
Universität Osnabrück  (Fachhochschule)
Veranstaltung
Angewandte Makroökonomie
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
18
Katalognummer
V120843
ISBN (eBook)
9783640250189
ISBN (Buch)
9783640250028
Dateigröße
776 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fiskalpolitik, Bundesregierung, Angewandte, Makroökonomie
Arbeit zitieren
Iryna Shakhray (Autor:in), 2008, Die gegenwärtige Fiskalpolitik der deutschen Bundesregierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120843

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die gegenwärtige Fiskalpolitik der deutschen Bundesregierung



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden