Der Zusammenhang von Lebensstil und Sozialstruktur


Hausarbeit, 2006

23 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis: Lebensstil und Sozialstruktur

1. Einleitung

2. Lebensstil und verwandte Begriffe

3. Konsum

4. Sozialstruktur

5. Theoretische Konzepte über den Zusammenhang von Lebensstil und8 Sozialstruktur
5.1. Strukturalismus
5.1.1. Grundannahmen des Strukturalismus
5.1.2. Theoretische Konzepte
5.2. Pluralismus
5.3. Autonomer Lebensstil

6. Resümee

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Lebensstilforschung erlebte in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts einen wahren Boom. Obwohl die Idee des Lebensstils schon auf die soziologischen Klassiker zurückgeführt werden kann, beschäftigte sich die Nachkriegssoziologie hauptsächlich mit Klassen und Schichten. Im Laufe der Zeit stellte sich die einseitige Fokussierung auf objektive Sozialstrukturmerkmale, vornehmlich den Beruf, als Sackgasse heraus. Der allgemeine Wertewandel insbesondere nach den 68ern führte zu neuen Lebensformen, die sich mit den herkömmlichen soziologischen Kategorien nicht mehr erklären ließen. Wesentlich geeigneter erwiesen sich neu entwickelte Lebensstilkonzepte die Pluralisierung bzw. Individualisierung der Gesellschaft zu beschreiben. Sehr umstritten ist unter Soziologen der Einfluss von objektiven Lagemerkmalen insbesondere der Art der Erwerbstätigkeit auf den Lebensstil. Diese Arbeit möchte die wichtigsten theoretischen Ansätze zu dieser Problematik beschreiben und analysieren. Es sollen in den folgenden Abschnitten die Begriffe Lebensstil, Konsum und Sozialstruktur näher erläutert werden, um dann im fünften Kapitel den Zusammenhang von Lebensstil und Sozialstruktur insbesondere der sozialen Lage zu analysieren.

2. Lebensstil und verwandte Begriffe

Der Begriff des Lebensstils ist sehr vielschichtig und komplex. Folglich gibt es eine große Anzahl unterschiedlicher Definitionen in der einschlägigen Literatur, welche die verschiedenen theoretischen Ansätze erkennen lassen. Während Zapf in seiner Definition des Lebensstils „als relativ stabiles Muster der Organisation des Alltags im Rahmen gegebener Lebenslage, verfügbarer Ressourcen und getroffener Lebensplanung.“ (Zapf u. a. 1987, zitiert nach Spellerberg 1996:59 ) die objektive Komponente betont, ist in Michailows Definition „ Lebensstil fassen wir als eigenständige neue soziale Integrationsform, die stark mit persönlichen Identitätsbezügen verschränkt ist“ (1996: 88) von materiellen Grundlagen nicht die Rede. Eine allgemein anerkannte Definition, weil sehr weit gefasst, bietet Hartmut Lüdtke (2000: 118), der den Lebensstil als „regelmäßige Verhaltensmuster, in denen strukturelle Lagen ebenso wie Habitualisierungen, soziale Affinitäten und Präferenzen zum Ausdruck kommen.“ festlegt. Es lassen sich drei Funktionen ausmachen: (ebenda: 118)

Sicherung von Verhaltensroutine im Alltag

Ein Beispiel hierfür wäre der normale Tagesablauf einer Person, die morgens duscht und nicht abends, die zum Frühstück Kaffee trinkt und nicht Tee.

Förderung der persönlichen Identität

Ein Beispiel hierfür wäre Walter Momper der ehemalige regierende Bürgermeister von Berlin, der niemals ohne roten Schal gesehen wurde. Dieser rote Schal wurde zum Markenzeichen für ihn, seine „persönliche Note“.

Symbolisierung sozialer Ähnlichkeit bzw. Distinktion von anderen Ein Manager spielt Golf, um auf der einen Seite von den Mitgliedern des Golfclubs als ein Mitglied der Oberschicht anerkannt zu werden und um sich auf der anderen Seite vom „Fussballproleten“ aus der Unterschicht zu abzugrenzen.

Nun stellt sich die Frage wie man solch ein weit gefasstes Konzept soziologisch messen kann. Eine Messung ist noch komplizierter als bei eindimensionalen sozialstrukturellen Merkmalen wie z.B. Alter, Geschlecht oder Einkommen. Zwar bilden diese objektiven Merkmale einen Teil eines wissenschaftlich generierten Lebensstils

(Lebensstiltypologie), jedoch werden auch „manifest“ subjektive Merkmale (Gewohnheiten, Verhaltensweisen, Mode etc. ) und „latent“ subjektive Merkmale (Werte, Einstellungen) operationalisiert (Hradil 1992: 44). Die Ergebnisse werden mit Hilfe der Clusteranalyse verarbeitet und daraus Lebensstilgruppierungen geformt, also Gruppen, mit möglichst ähnlichen Merkmalen, die sich möglichst stark von denen anderer Gruppen unterscheiden.1

Der Lebensstil lässt sich sowohl an Individuen als auch an Kollektiven (z. B. Familien, Haushalte), die als „Träger“ bezeichnet werden, ermitteln. Bei Haushalten wird von der Annahme ausgegangen, dass Menschen, die einen Haushalt zusammen führen ähnliche Lebensstile besitzen. (Spellerberg 1996: 61) Dieser Gedanke scheint durchaus plausibel, wenn man bedenkt, dass ein Haushalt aus Flower-Power Mädchen und Bankkaufmann wohl sehr selten anzutreffen sein wird. Sollten die Lebensstile innerhalb eines Trägers dennoch relativ unterschiedlich sein, so wirkt derjenige Partner „stilprägend“, der ein größeres kulturelles2 Kapital besitzt (Hradil 1996:23). Empirisch wurden je nach Untersuchung zwischen 5 und 15 verschiedene Lebensstilgruppierungen festgestellt während neuere Studien nur noch 9-12 Lebensstile bzw. Milieus unterscheiden (Hradil 1996: 17). Das Lebensstilkonzept wird hauptsächlich in zwei Forschungsfeldern angewandt. Zum einen in der Konsumforschung, auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden kann und in der Ungleichheitsforschung (Wiswede 2000: 50) deren theoretische Ansätze im fünften Kapitel näher ausgeführt werden sollen. Als drittes Forschungsfeld könnte man die Freizeitforschung (Hradil 1992: 39) bezeichnen, die jedoch auch als Teil der Ungleichheitsforschung angesehen werden kann.

Im Zusammenhang mit Lebensstilen tauchen in der Literatur verwandte Begriffe auf, die an dieser Stelle vom Begriff des Lebensstils abgegrenzt werden sollen. Während sich ein Lebensstil vornehmlich über „gemeinsame Verhaltensweisen von Menschen“ denen „häufig eine Art der expressiven Zurschaustellung und „Stilisierung“ [..] eigen“ ist (Hradil 1996: 16) definiert, wird ein soziales Milieu als Gruppe „Gleichgesinnter mit ähnlichen Konstellationen von Werthaltungen und Einstellungen“ charakterisiert.

Diese Einstellungen und Werte werden durch die individuelle Wahrnehmung, Interpretation, Nutzung von Umwelten (sowohl in sozialer als auch geographischer Hinsicht) geprägt (Hradil 1992:31). Ein Beispiel hierfür wäre das Arbeitermilieu. Da sie in der Regel schwere und eintönige körperliche Arbeit in einer meist sehr hässlichen Umgebung verrichten müssen, ist ihnen die Zeit außerhalb der Arbeitsstätte sehr wertvoll. Weiterhin ist Sparsamkeit im Arbeitermilieu sehr stark verbreitet, da die Entlohnung meist sehr gering ist. Folglich bilden sich gewisse Lebensweisen heraus, die diesen Werten entsprechen. Eine Angleichung findet durch die Kommunikation untereinander statt. Die Begriffe Lebensstil und Milieu sind zwar nicht deckungsgleich, jedoch sind gewisse Überschneidungen festzustellen. Eine genauere Abgrenzung ist zum Begriff Subkultur möglich. Eine Subkultur ist „ein guppentypisches Syndrom von Werten und Normen, das sich von dominierenden Kulturen deutlich, oft konflikthaft unterscheidet.“ (Hradil 1992: 11). Eine Gruppe von Graffiti Sprayern setzt sich über die geltende Norm des Eigentumsrechts hinweg indem sie Wände oder Züge mit Farbe besprüht, da andere Werte z. B. der auf freie Entfaltung der Persönlichkeit oder Mut Vorrang haben. Folglich entsteht hier ein Konflikt zur „Hauptkultur“ also der Gesellschaft, die das Besprühen von Gegenständen mit Sanktionen ahndet. Auch aufgrund dieser Konflikthaftigkeit ist eine Subkultur geschlossener als ein Milieu. Die Geschlossenheit sinkt von der Subkultur über das Milieu bis zum Lebensstil (Hradil 1996:16)

Lebensstil, Lebensform, Milieu und Subkultur lassen sich unter dem Begriff der Lebensweise zusammenfassen, da mit all diesen Begriffen „sozio-kulturelle Syndrome“ beschrieben werden (Hradil 1992: 11 und 29)

[...]


1 Zur genauen methodischen Vorgehensweise siehe Spellerberg (1996: 74ff)

2 Zum Konzept des „Kulturellen Kapitals“ siehe Bourdieu (1983: 185ff)

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Der Zusammenhang von Lebensstil und Sozialstruktur
Hochschule
Universität zu Köln  (Lehrstuhl für Empirische Sozial- und Wirtschaftsforschung)
Veranstaltung
Hauptseminar Soziologie des Geldes
Note
2,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V120701
ISBN (eBook)
9783640249190
ISBN (Buch)
9783640249428
Dateigröße
482 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Sozialwissenschaften, Kulturwissenschaften, Lebensstil, Konsum, Sozialstruktur, Strukturalismus, Bourdieu
Schlagworte
Soziologie, Lebensstil, Kulturwissenschaft, Sozialstruktur, Bourdieu
Arbeit zitieren
Clemens Wörner (Autor:in), 2006, Der Zusammenhang von Lebensstil und Sozialstruktur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120701

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