Die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen (PMSU) in Theorie und Praxis

Eine Fallstudie


Hausarbeit, 2008

32 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Private Militärund Sicherheitsunternehmen (PMSU)
2.1 Der globale Aufstieg privater Militärund Sicherheitsunternehmen
2.2 Gegenstandsbestimmung ‚PMSU’

3. Rechtliche Rahmenbedingungen für PMSU in Deutschland

4. Das Verhältnis zwischen Bundeswehr und PMSU
4.1 Vorgaben für Zusammenarbeit von Bundeswehr und PMSU
4.2 Umsetzung: Zusammenarbeit von Bundeswehr und PMSU im Innern
4.3 Fallbeispiele: Zusammenarbeit von Bundeswehr und PMSU im Ausland
4.4 Analyse

5. Schlussfolgerungen

6. Anhang

7. Literatur

1. Einleitung

„Söldner und Hilfstruppen sind unnütz und gefährlich, und eine Herrschaft, die sich auf

Söldner stützt, wird nie dauerhaft und sicher sein.“

Niccolò Machiavelli – Der Fürst (1532)

Seitdem ‚Executive Outcomes’ in Afrika oder ‚Blackwater’ im Irak für Schlagzeilen sorgten, ist das Phänomen der privaten Militärund Sicherheitsdienstleister (PMSU) einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Trotz der medialen Beachtung scheint es wenig verlässliches Wissen über die Branche zu geben und die Berichte und Nachrichten kreisen immer um dieselben Anekdoten. Das Bild der PMSU ist hierzulande vor allem durch negative Nachrichten aus den Krisengebieten der Welt geprägt. Kaum jemand weiß darüber Bescheid, dass es auch hier in Deutschland international agierende Unternehmen gibt, die mit Sicherheitsund Militärdienstleistungen weltweit Geld verdienen. Noch unbekannter ist allerdings die Tatsache, dass nicht nur die Streitkräfte der USA und Großbritanniens auf PMSU zurückgreifen, sondern auch die Bundeswehr in einigen Bereichen auf deren Dienstleistungen angewiesen ist.

Die vorliegende Arbeit widmet sich dem Thema der Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und PMSU. Hierbei ist vor allem das Engagement im Rahmen von militärischen Auslandseinsätzen von Interesse. Trotz des anhaltenden Transformationsprozesses der Bundeswehr, in dem verstärkt private Wirtschaftsunternehmen mit dieser in Kooperation treten, gibt es strikte Vorgaben zum Umgang der Bundeswehr mit PMSU im Ausland. Aus diesem Grund stellt sich die Frage, ob Fälle bekannt sind, in denen die Bundeswehr gegen eigene Vorgaben verstoßen hat und im Ausland mit PMSU zusammenarbeitet bzw. das in der Vergangenheit getan hat? Falls es solche Fälle gibt, ist es von besonderem Interesse, welche Motivation hinter diesem Vorgehen steht und welche Schlussfolgerungen daraus gezogen werden können.

Um diese Fragestellung beantworten zu können, ist es wichtig, sich mit dem Themenkomplex der PMSU vertraut zu machen. In einem ersten Schritt wird daher ihr globaler Aufstieg erläutert, bevor eine Gegenstandsbestimmung vorgenommen wird. Letzteres ist notwendig, da es in der Wissenschaft konkurrierende Auffassungen und Begriffverständnisse von PMSU gibt.

Das dritte Kapitel führt in das Fallbeispiel Deutschland ein, indem die rechtlichen Rahmenbedingungen deutscher PMSU beleuchtet werden. Dabei werden sowohl nationale, als auch internationale Rechtsnormen und Vorschriften erörtert.

Der Themenkomplex ‚Bundeswehr und PMSU’ beginnt im vierten Teil der Arbeit mit einer Darstellung der rechtlichen und internen Vorgaben zur Zusammenarbeit zwischen Streitkräften und privaten Unternehmen in Deutschland, bevor im Anschluss die bereits bestehenden Kooperationen betrachtet werden. Nach der Darstellung von sechs Fällen, in denen die Bundeswehr möglicherweise entgegen ihren Vorschriften mit PMSU zusammengearbeitet hat, folgt in Kapitel 4.4 eine Analyse, die Erklärungen und Motivationen für diese Tatsache erörtert. Bei der Auswahl der Fälle war ich darauf angewiesen, dass in der Vergangenheit mögliche Verstöße überhaupt von den Medien aufgedeckt wurden. Entgegen der Vermutung, dass es sehr schwer sein würde, Informationen über die Zusammenarbeit der Bundeswehr mit PMSU zu finden, gelang es mir, sechs Fälle zu dokumentieren, in denen mögliche Verstöße stattgefunden haben könnten. Interessant war zu sehen, dass von vielen Autoren die möglichen Verstöße nicht als solche thematisiert wurden.

Den Abschluss der Arbeit bilden eine Einschätzung der aktuellen Lage und ein Ausblick auf die weitere Entwicklung der Privatisierungsbestrebungen innerhalb der Bundeswehr. Die Arbeit spricht sich dafür aus, den fortdauernden Transformationsprozess der Bundeswehr kritisch zu begleiten und sowohl nationale, als auch internationale Regulierungsbemühungen im Bereich der PMSU zu forcieren.

2. Private Militärund Sicherheitsunternehmen (PMSU)

Je nach Autor und Lesart reichen erste Formen des Söldnertums bis zu den Anfängen der Menschheit, mindestens aber bis ins Mittelalter zurück (Lanning 2005, Singer 2008). Nachdem 1989 mit dem ‚Internationalen Übereinkommen gegen die Anwerbung, den Einsatz, die Finanzierung und die Ausbildung von Söldnern’, der so genannten ‚Söldnerkonvention’ der Vereinten Nationen, das Söldnertum offiziell geächtet wurde (UNO 1989), lassen sich heute streng genommen keine Söldnerorganisationen mehr ausmachen. Die Unternehmen, die heute oftmals populistisch als solche bezeichnet werden, verstehen sich vielmehr als Dienstleister, die mit den Söldnern von damals nicht mehr viel gemeinsam haben. Und tatsächlich hat sich nicht nur die Organisationsform von herumziehenden Truppenverbänden wie beispielsweise den italienischen Condottieri (Lanning 2005: 42-52) zu international agierenden Großkonzernen weiterentwickelt, sondern auch die breite Angebotspalette der modernen PMSU. Zwar ist das Phänomen der PMSU nicht neu, seit einigen Jahren ist allerdings eine Wandlung in diesem Bereich zu beobachten. Was diesen Wandel beeinflusst, wird im folgenden Kapitel anhand diverser Faktoren verdeutlicht, bevor im Anschluss eine Klassifikation der gegenwärtigen PMSU-Landschaft vorgenommen wird (↑2.2).

2.1 Der globale Aufstieg privater Militärund Sicherheitsunternehmen

Um die globale Erfolgsgeschichte der weltweit agierenden und operierenden PMSU zu verstehen, müssen sowohl die geopolitische, als auch die wirtschaftliche und strategische Entwicklung der letzten Jahrzehnte in Betracht gezogen werden. Der Aufstieg und Erfolg der PMSU weltweit lässt sich nur durch das Zusammenspiel verschiedener wichtiger Faktoren erklären.1

a) politisch: Das Ende des Ost-West-Gegensatzes

Mit dem Ende des Ost-West-Gegensatzes und dem Zerfall der Sowjetunion zu Beginn der 1990er Jahre entschieden sich zahlreiche Staaten der Welt dafür ihre regulären Streitkräfte zu reduzieren. Die neu entstandene globale Machtkonstellation stärkte den Glauben an eine friedlichere Zukunft jenseits der nuklearen Abschreckung der letzten Jahrzehnte. Durch die anschließende Transformation vieler Streitkräfteverbände wurde weltweit eine große Anzahl an Soldaten entlassen und somit meist arbeitslos. Allein die Vereinigten Staaten von Amerika reduzierten das Personal ihrer Streitkräfte in der Zeit von 1990 bis 1995 um eine halbe Million. Hinzu kamen noch mehr als eine Million Soldaten, die in der ehemaligen Sowjetunion und der neuen Russischen Föderation im gleichen Zeitraum demobilisiert wurde.

Der darauf folgende geopolitische Umbruch führte dazu, dass vor allem auf dem afrikanischen Kontinent, aber auch in Asien und anderen Teilen der Welt die ehemaligen Supermächte Militärhilfen in großem Umfang reduzierten und somit für zahlreiche Staaten ihre jeweiligen Armeen zu teuer wurden. Anders als in vielen Industriestaaten wurden die Streitkräfte dabei ohne Unterstützung beim Übergang in zivile Berufe entlassen. Im Südafrika der frühen 1990er Jahre wurden nach dem Ende der Apartheid sogar ganze Truppenverbände auf einmal aufgelöst2.

Diese Entwicklung führte dazu, dass weltweit eine große Zahl an Menschen von Arbeitsund Erwerbslosigkeit betroffen war, die ihr Leben lang nur für den Kampf ausgebildet wurden. Das plötzliche Überangebot an kampferprobten Ex-Soldaten allein kann jedoch nicht als Erklärung dafür dienen, dass seit den frühen 1990er Jahren die Anzahl von PMSU und deren Einsatz stetig zunimmt.

b) wirtschaftlich: Der weltweite Trend zum ‚schlanken Staat’

Die in den 1970er Jahren von den USA ausgehende und in vielen weiteren Staaten einsetzende Entwicklung des Neoliberalismus hin zum schlanken Staat begünstigte die Privatisierung zahlreicher Staatsaufgaben (Eick 2006: 31). Darunter fielen beispielsweise Bereiche wie etwa das Bahn-, Postoder Telekommunikationswesen. Die britische Premierministerin Margaret Thatcher wurde nicht zuletzt durch einen strikten Kurs der (Re- )Privatisierung staatlicher Aufgaben bekannt und steht heute mit ihrem Namen synonym für angebotsorientierte Wirtschaftspolitik in Großbritannien, den so genannten „Thatcherismus“ (Andersen 2004: 22). Diesen Entwicklungen lag vor allem die Auffassung zu Grunde, dass nicht genuin staatliche Aufgaben kostengünstiger durch Akteure der freien Wirtschaft wahrgenommen werden könnten. Nach dem Zerfall der Sowjetunion verstärkte sich dieser Trend, da nach Auffassung vieler westlicher Staaten der Sieg des Kapitalismus über den „real existierenden Sozialismus“ ein Zeichen der Überlegenheit des marktwirtschaftlichen Systems war.

Die Strategie der Budgetkonsolidierung vieler Regierungen bestand dabei in der Ausklammerung kostenintensiver Haushaltsposten. Zu diesem Zweck wurden neue Vorgehensweisen und Kooperationen mit der Wirtschaft ausgelotet und in der Folge ehemalige Bereiche staatlicher Kontrolle entweder ganz oder teilweise privatisiert. Es wird vor allem zwischen folgenden Kooperationsformen unterschieden3:

- Betriebswirtschaftliche Optimierung
- Privatisierung
- Public-Private-Partnership (PPP)
- Outsourcing

c) strategisch: Veränderte militärische Herausforderungen

Teil der oben genannten Transformation zahlreicher Streitkräfte war ab Mitte der 1990er Jahre neben der quantitativen Umstrukturierung durch Verringerung der Truppenstärke auch eine qualitative Neuausrichtung.

Vor allem in den USA und anderen NATO-Mitgliedsstaaten wuchs das Bedürfnis nach einer Umstrukturierung von der einfachen Landesverteidigung zur schnellen globalen Verlegefähigkeit4. In diesem Zusammenhang weist Wulf darauf hin, dass „[d]as neoliberale Konzept, den Staat zu verschlanken und seine Aufgaben zu beschneiden und zu privatisieren, [...] nicht vor den Kasernentoren Halt [macht].“ (Wulf 2006: 10). Dabei werden Tä- tigkeiten, die nicht zu den militärischen Kernkompetenzen der Streitkräfte und des Staates zählen, an private Dienstleister ausgelagert. Welche Aufgaben nicht in diese Kategorie der Kernkompetenzen gehören, wird allerdings im Einzelfall und je nach Staat unterschiedlich bewertet. Durch diese Strategie werden derzeit verschiedene NATO- Streitkräfteverbände personell und strategisch umstrukturiert. Laut Perlo-Freeman und Sköns bedeutet dieses Vorgehen jedoch auch einen signifikanten Verlust an wichtigem Wissen und Expertise für die sich transformierenden Streitkräfte (Perlo-Freeman/ Sköns 2008: 3). In der Bundesrepublik setzte dieser Trend mit den neuen Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR) 2003 ein und wurde durch das 2006 erschienene Weißbuch des Bundesministeriums der Verteidigung weiter ausformuliert (BMVg 2006a). Wulf bezeichnet diesen Trend in Anlehnung an Mandel als „Privatisierung von oben“ (Wulf 2005: 17)5. Dieser Form der Privatisierung steht die so genannte „Privatisierung von unten“ entgegen (Wulf 2005: 17), die Mandel folgendermaßen beschreibt: „When individuals or loosely organized societal groups [...] decide for themselves to provide their own security or offer security services to others, that is a bottom-up form of privatized security.“ (Mandel 2001: 138). In der Debatte um die so genannten „neuen Kriege“ wird dieser Prozess auch als „changing nature of armed conflict“ (Perlo-Freeman/ Sköns 2008: 3) bezeichnet. In vielen Fällen besteht jedoch die Schwierigkeit, die beiden genannten Formen der Privatisierung voneinander zu trennen, da sie aufeinander angewiesen sind bzw. sich gegenseitig bedingen können. So kann der verstärkte Einsatz von PMSU im so genannten ‚Kampf gegen den Terror’ als Privatisierung von oben bezeichnet werden, mit der gegen die Gefahr von international agierenden Terrororganisationen und –netzwerken (‚Privatisierung von unten’) vorgegangen wird (Wulf 2005).

Nachdem in diesem Teil ein kurzer Überblick über die Entwicklung und den Aufstieg privater Anbieter von Sicherheit verschafft wurde, wird im folgenden Kapitel eine Gegenstandsbestimmung vorgenommen. Durch den Versuch einer Kategorisierung soll die Un- übersichtlichkeit im Feld der PMSU gelichtet und eine Differenzierung der in Frage kommenden Akteure möglich werden.

2.2 Gegenstandsbestimmung ‚PMSU’

Das globale Feld der PMSU ist alles andere als übersichtlich. Abgesehen von den Definitionen zu „Zivilisten“, „Soldaten“, „Nicht-/Kombattanten“ und „Söldnern“, wie sie sich beispielsweise in den Genfer Konventionen und der UN-Söldnerkonvention von 1989 finden, gibt es kein allgemein akzeptiertes oder gängiges Verständnis von PMSU. So ist auch die hier verwendete Bezeichnung PMSU nur eine unter vielen und bedarf, des besseren Verständnisses der Arbeit wegen, einer genauen Bestimmung6. Um zu verdeutlichen, welche Auffassung dem hier verwendeten Begriff zu Grunde liegt, wird in diesem Abschnitt ein kurzer Überblick über die verschiedenen Klassifikationen und Definitionen in der Literatur gegeben.

Vergleicht man unterschiedliche Ansätze zur Klassifizierung von PMSU, so fällt erneut die Unübersichtlichkeit des Feldes auf. Abhängig davon, ob man ein enges oder weites Verständnis von Anbietern privater Sicherheit zu Grunde legt, lässt sich eine Vielzahl von Akteuren in diesem Bereich zusammenfassen. Diese Vielzahl kann von transnationalen (Rüstungs-)Konzernen über national oder regional arbeitende Firmen bis hin zu Akteuren des organisierten Verbrechens oder Rebellengruppen allerlei Akteure beinhalten, je nachdem aus welcher Perspektive man sie betrachtet oder welches Verständnis von Sicherheit die Grundlage bildet.

Während dem hier verwendeten Begriff der PMSU ein weites Verständnis von privater Sicherheit zu Grunde liegt, weist von Boemcken darauf hin, dass: „Eine Unterscheidung zwischen der Privatisierung bzw. Kommerzialisierung der Sicherheit von ‚unten’ und ‚oben’ [...] ein nützlicher Ansatz [ist], um die vornehmlich auf die Bedürfnisse staatlicher Klienten ausgerichteten Sicherheitsund Militärfirmen von einfachen Wachund Schließ- diensten abzugrenzen.“ (von Boemcken 2008: 56). Auch wenn ich die Unterscheidung zwischen Privatisierung von unten und oben hier nicht ablehne, so scheint mir die Trennung zwischen Sicherheitsund Militärfirmen einerseits und ‚einfachen’ Wachund Schließdiensten andererseits nicht angebracht. Beide Arten von Anbietern privater Sicherheitsdienstleistungen sind Teil des oben genannten weltweiten Privatisierungstrends. Zudem bedient sich beispielsweise die Bundeswehr sowohl der Dienste privater Wachund Schließdienste als auch solcher der privaten Militärfirmen. Hinzu kommt, dass beiden Kategorien in vielen Ländern, unter anderem auch in Deutschland, dieselbe rechtliche Stellung eingeräumt wird (↑3.). Deshalb erscheint es angebracht, in der vorliegenden Arbeit sowohl private Sicherheitsund Militärfirmen als auch Wachund Schließdienste unter dem Begriff der PMSU zusammenzufassen.

Wulf stellt in seiner Taxonomie sechs Typen „privater Firmen und nicht-staatlicher Truppen“ (Wulf 2005: 56-59) auf, die hier als PMSU bezeichnet werden können. Neben (a) privaten Sicherheitsfirmen, (b) Rüstungsfirmen, (c) Servicefirmen und (d) privaten Militärfirmen finden auch (e) nicht staatliche Gruppen, wie etwa Rebellenorganisationen oder Gruppen der Organisierten Kriminalität und (f) Söldner Eingang in diese Aufstellung. Zwar handelt es sich bei vielen Akteuren der Kategorie (e) nicht um Unternehmen im eigentlichen Sinne, trotzdem gehen auch von ihnen Privatisierungstendenzen von unten aus und sie agieren als Anbieter von Sicherheitsdienstleistungen für deren Nachfrage von oben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Kategorien Privater Militärund Sicherheitsunternehmen (nach Wulf 2005)

Im Gegensatz zu Wulf beschränkt sich Mandel in der Beschreibung privater Sicherheit auf zwei Unterscheidungsmerkmale. Das erste Kriterium unterteilt nach der Art der erbrachten Dienstleistung. Mandel unterscheidet dabei zwischen Unternehmen, die „Privatized Direct Combat Support [PDCS] [or] Privatized Military Advice [PMA]“ (Mandel 2001: 137) zur Verfügung stellen (Art der Dienstleistung). Die Unternehmen der ersten Gruppe (PDCS) sind solche, die an der Front Truppen oder Waffen zur Verfügung stellen und selbst in die Kampfhandlungen eingreifen. Diese Unternehmen können bei Wulf den Gruppen (d) und (f), mit Einschränkung auch der Gruppe (e) zugeordnet werden, wenngleich Mandel in seiner Analyse Rebellen und Warlords nicht berücksichtigt. Unternehmen der Gruppe zwei (PMA) entsprechen den Gruppen (c) und (d), da sie Serviceleistungen zur Verfügung stellen, wie etwa Ausbildung, Training oder taktische Beratung der kämpfenden Truppe. Das zweite Merkmal Mandels ist der Zweck der jeweiligen Leistung. „Privatized Defensive Security Services [PDSS]“ (Mandel 2001: 137) sind danach Leistungen, die defensiv und zur Sicherung eines Status Quo geleistet werden, wohingegen „Privatized Offensive Security Services [POSS]“ (Mandel 2001: 137) offensiv und zum Umsturz etablierter und legitimer Regierungen eingesetzt werden.

Singer spricht sich jedoch gegen eine solche Unterteilung in offensive und defensive Dienstleistungen aus, da diese nicht eindeutig vorgenommen werden könne. Die defensiven Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Status Quo einer Konfliktpartei können leichtals offensive Maßnahmen von der gegnerischen Konfliktpartei aufgefasst werden, was die objektive Einordnung eines Akteurs unmöglich macht (Singer 2008: 90-91). Singer schlägt eine Klassifizierung privater Militärfirmen (PMF) vor, die sich an der Nähe der Akteure zum Kampfgeschehen orientiert. Diese „’Tip of the Spear’ Typology“ (Singer 2008: 93) unterscheidet dabei zwischen drei Arten von PMF: „Military Provider Firms [MPF], Military Consultant Firms [MCF], and Military Support Firms [MSF]“ (Singer 2008: 91). Bei diesem Vorgehen werden die oben genannten Akteure der Gruppen (a) und (e) jedoch nicht berücksichtigt. Singer konzentriert sich allein auf die Typologisierung militärischer Dienstleistungen. Die ’Tip of the Spear’-Typologie berücksichtige allerdings die spezifischen Unterschiede, welche sich für jede der Organisationsformen ergeben. Demnach weisen MPF als Teil der operativen „Speerspitze“ an der Front und Teil des Kampfgeschehens andere Organisationsmerkmale und Arbeitsweisen auf als etwa MCF, welche sich um die Schulung und Ausbildung kümmern, oder MSF, deren Hauptaufgabe in der Logistik und Unterstützung der Speerspitze liegt. Diese Klassifizierung löst nach Singer das Dilemma auf, welches sich aus der Typologie bei Mandel ergibt (Singer 2008: 91). An Singer anschließend beziehen sich auch von Boemcken und Kümmel allein auf die Anbieter militärischer Sicherheit, führen aber weitere Unterscheidungen ein. Kümmel ergänzt die Einteilung Singers um die „Security Provider Firms [SPF]“ (Kümmel 2004: 5), welche militärischen Objektschutz in Krisengebieten übernehmen. Von Boemcken identifiziert „fünf idealtypische Arbeitsbereiche des privaten Militärgewerbes: bewaffnete operative Gefechtsunterstützung [...] militärische Sicherheit [...] unbewaffnete operative Gefechtsunterstützung [...] militärische Beratung und Ausbildung [und] militärische Unterstützung“ (von Boemcken 2008: 58). Diese Einteilung ist stark an der ‘Tip of the Spear’-Typologie orientiert und bezieht sich ausschließlich auf die „Privatized Military Industry [PMI]“ (Singer 2008: 88).

[...]


1 Zum besseren Verständnis der Thematik wird in diesem Abschnitt ein kurzer Überblick über die Entwicklung der letzten Jahre gegeben. Für eine detaillierte Darstellung vgl. (Singer, 2008) und (Wulf, 2005).

2 Die mittlerweile nicht mehr unter diesem Namen operierende Firma „Executive Outcomes“ rekrutierte ihr Personal fasi08: 102).

3 Eine ausführlichere Darstellung wird später am Beispiel der Bundeswehr erfolgen (? 4.2).

4 Vgl. Ex-Verteidigungsminister Peter Struck: „Das Engagement im Rahmen der internationalen Konfliktverhü- tung und Krisenbewältigung und im Kampf gegen den internationalen Terrorismus ist an die erste Stelle des Aufgabenspektrums der Bundeswehr gerückt. [...] die Anforderungen an das multinationale Zusammenwirken unserer Streitkräfte mit denen von Verbündeten und Partnern sind weiter gestiegen. [...] Unsere Sicherheit wird auch an anderer Stelle dieser Erde verteidigt. [...] Verteidigung lässt sich geografisch nicht mehr begrenzen.“ (BMVg, 2003: 2 & 12).

5 Vgl. (Mandel 2001: 136-138).

6 Während Wulf von „privaten Militärund Sicherheits-Unternehmen“ (Wulf 2005: 11) spricht, werden diese bei Feichtinger et al. als „Private Sicherheitsund Militärfirmen“ (Feichtinger et al. 2008) bezeichnet. Auch im Englischen gibt es keine eindeutige Bezeichnung bzw. Verwendung nur eines Begriffes. Singer prägt den Begriff der „Privatized Military Firms or PMFs“ (Singer 2008: 8), während bei SIPRI die Abkürzung „PMC/PSC (Private Military Companies/Private Security Companies)“ Verwendung findet (Holmqvist 2005). Diese Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollzähligkeit, sondern soll vielmehr verdeutlichen, dass schon die reine Bezeichnung des Gegenstandes nicht abschließend geklärt ist.

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen (PMSU) in Theorie und Praxis
Untertitel
Eine Fallstudie
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Zentrum für Konfliktforschung)
Veranstaltung
Seminar
Note
1,5
Autor
Jahr
2008
Seiten
32
Katalognummer
V120618
ISBN (eBook)
9783640248995
ISBN (Buch)
9783640248926
Dateigröße
532 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zusammenarbeit, Bundeswehr, Sicherheitsunternehmen, Theorie, Praxis, Militär, Unternehmen, Militärunternehmen, PMSU, PMC, PSC, PMC/PSC, PMF, PSF, Fallstudie, Outsourcing, Privatisierung, Blackwater, PPP, Public Private Partnership
Arbeit zitieren
B.A. (Politikwissenschaft) Sebastian Feyock (Autor:in), 2008, Die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Privaten Militär- und Sicherheitsunternehmen (PMSU) in Theorie und Praxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120618

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