China und Afrika - Strategische Partnerschaft oder Neokolonialismus?


Bachelorarbeit, 2008

53 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Abbildungsverzeichnis

2. Einleitung

3. Geschichtlicher Abriss der sino-afrikanischen Beziehungen

4. Die sino-afrikanischen Beziehungen in der Gegenwart
4.1. Ökonomische Beziehungen
4.1.1. Handel
4.1.1.1. Gesamthandel
4.1.1.2. Rohstoffhandel
4.1.1.2.a. Chinesische Ölimporte
4.1.1.2.a.1. Steigender Bedarf
4.1.1.2.a.2. Chinas Öllieferanten
4.1.1.2.a.3. Afrikas Erdölsektor
4.1.1.2.b. Andere Rohstoffe
4.1.1.3. Chinesische Exporte nach Afrika
4.1.2. Chinesische Unternehmen in Afrika
4.1.2.1. Allgemeiner Überblick
4.1.2.2. Chinesische Unternehmen im Erdölsektor
4.1.2.2.a. Allgemeiner Überblick
4.1.2.2.b. Afrikanische Länder
4.1.2.2.b.1. Sudan
4.1.2.2.b.2. Nigeria
4.1.2.3. Chinesische Unternehmen im afrikanischen
Textilsektor
4.2 Politische Beziehungen
4.2.1. Chinesische Entwicklungshilfe für Afrika
4.2.1.1. Organisationsstruktur der chinesischen
Entwicklungshilfe
4.2.1.2. Afrikabezogene Entwicklungshilfe
4.2.1.2.a. Überblick
4.2.1.2.b. Kritik
4.2.2. Internationale Organisationen
4.2.2.1. Die Vereinten Nationen
4.2.2.2. Das Forum on China-Africa Cooperation
4.3. Kulturelle Beziehungen

5. Schlussfolgerungen aus den sino-afrikanischen Beziehungen der Gegenwart

6. Neorealistische Einordnung der Erkenntnisse

7. Schlussfolgerungen aus der neorealistischen Einordnung der Erkenntnisse

8. Literaturverzeichnis

9. Abstract / Zusammenfassung

1. Abbildungsverzeichnis

Grafiken

Grafik 1 – Chinesische Hilfe für Afrika in vergleichender Perspektive

1960-89 (in Mio. US-$)

Grafik 2 – Chinas Handel mit Afrika, 1950-2005 (in Mio. US-$)

Grafik 3 – Sinkender Anteil Afrikas am globalen Export

Grafik 4 – Handelsvolumen zwischen G8 / China und Afrika 1998-2005 (in

Mio. US-$)

Grafik 5 – Prognosen für Chinas Importnachfrage nach Rohstoffen

Grafik 6 – Afrikas Exporte nach China 1995-2005

Grafik 7 – Die Top 10 Importe Chinas aus Afrika im Jahr 2005 (in Mio. US-$)

Grafik 8 – (Expected) Oil Consumption in Selected Countries

Grafik 9 – Afrikas Ölreserven

Grafik 10 – Zahl der Operationen chinesischer Erdölunternehmen in Afrika

vs. 2005

Grafik 11 – Haupthandelspartner Chinas und deren Regierungsführung

Tabellen

Tabelle 1 – Ölimport Chinas nach Regionen (2004)

Tabelle 2 – Diversifizierung chinesischer Öl-Bezugsquellen 1990-97 (in Prozent)

Tabelle 3 – Erdöl-Handelsströme 2007 (in Mio. Tonnen)

2. Einleitung

Afrika gilt in Europa als der vergessene Kontinent. Wir verbinden mit ihm Armut, Hunger, Aids, Korruption und Unterentwicklung. Diverse gutgemeinte Hilfsaktionen wie ‚Live Aid’, bei denen der Fokus ausschließlich auf den Negativschlagzeilen liegt, prägen unser Bild vom ungebildeten, unselbstständigen und hilfsbedürftigen Schwarzen Kontinent. Wenn die Medien über Afrika berichten, dann sehr häufig aus der gehobenen westlichen Perspektive, mit dem - zwar nicht gewollten, aber impliziten - Blick von oben nach unten.

In der Volksrepublik China dagegen genießt der afrikanische Kontinent seit dem Massaker des Tiananmenplatzes einen anderen Stellenwert. Afrika wird in zweierlei Hinsicht als Chance begriffen. Zum einen benötigt China enorme neue Rohstoffmengen für seine rasant wachsende Volkswirtschaft. Zum anderen zwängt genau diese wachsende Wirtschaft die Notwendigkeit neuer Absatzmärkte auf. Beides ist in Afrika reichlich vorhanden.

Dementsprechend haben sich die Bemühungen der politischen Führung Chinas um eine Intensivierung der Beziehungen zum afrikanischen Kontinent in den letzten Jahren deutlich erhöht. Besuche hochrangiger Regierungsvertreter finden in kurzen Abständen statt. Beispielsweise stattete der chinesische Präsident Hu Jintao im Anschluss an das 2006 von China ausgerufene ‚Jahr Afrikas’ acht afrikanischen Ländern einen Besuch ab, nachdem er schon im April 2006 Marokko, Nigeria und Kenia besucht hatte. Die erste Auslandsreise eines neuen Kalenderjahres unternimmt der chinesische Außenminister mittlerweile fast schon traditionell nach Afrika. „Kein Staatspräsident, Regierungschef oder Außenminister einer anderen Großmacht bereist Afrika heute so intensiv wie die Amtskollegen aus China.“ (Gu 2006a: 62)

Dass China es ernst meint und sich langfristig in Afrika einrichten will, zeigt auch das auf seine Initiative hin geschaffene ‚Forum on China - Africa Cooperation’ (FOCAC), das im Jahr 2000 als Plattform für kollektive Beratung und Dialog, sowie als Kooperationsmechanismus zwischen Entwicklungsländern eingerichtet wurde. Außerdem veröffentlichte China 2006 ein Strategiepapier zu seiner Afrikapolitik (China’s African Policy), das neben dem Strategiepapier in Bezug auf die Europäische Union das einzige seiner Art darstellt (Gu 2006a: 69). Weitere Bestandteile der chinesischen Strategie sind günstige und an keinerlei politische Konditionen gebundene Darlehen, bilaterale Handelsabkommen, rhetorische Süd-Süd Verbrüderung, praktische Entwicklungshilfe, UN - Peacekeeping Missionen, sowie (zum Teil) offiziell als ‚Geschenke’ bezeichnete Bestechungsleistungen.

Die vorliegende Bachelorarbeit soll das bisher von der Forschung vernachlässigte chinesische Engagement in Afrika möglichst umfassend beleuchten und somit zur Klärung der Frage beitragen, ob die Volksrepublik China eine strategische Partnerschaft zum beiderseitigen Nutzen mit dem afrikanischen Kontinent anstrebt, oder ob sie ihn im Stile der ehemaligen Kolonialstaaten ausbeuten will.

Zunächst soll auf die geschichtlichen Beziehungen zwischen dem asiatischen Land und dem afrikanischen Kontinent eingegangen werden. Seit wann gibt es diplomatische Beziehungen? Wie sah das Verhältnis anfangs aus, wie heute?

Von diesem geschichtlichen Abriss ausgehend werde ich deskriptiv auf die einzelnen Tätigkeitsfelder der Chinesen in Afrika eingehen. Dazu zählen der ökonomische Bereich, der den Handel und die Tätigkeit chinesischer Unternehmen in Afrika beinhaltet, der politische Bereich, der die chinesische Entwicklungshilfe für Afrika, sowie die Zusammenarbeit in internationalen Organisationen abdeckt und der kulturelle Bereich. Abschließend werde ich die gewonnenen Erkenntnisse über das chinesische Engagement anhand des Neorealismus testen.

Im Zuge der Arbeit sollen folgende Fragen geklärt werden:

- Welche Beweggründe haben die Volksrepublik China und die afrikanischen Staaten für die rasant angestiegene Kooperation? Nach welchen Kriterien wählt China (als der aktive Part) seine Partner aus?
- Welchen Tiefgang haben die Beziehungen? Stimmt China sein Vorgehen individuell auf einen einzelnen Staat ab, oder gibt es einen ‚Universalplan’?
- Welche chinesischen Unternehmen agieren in Afrika? Werden sie staatlich kontrolliert? Können sie als Werkzeug chinesischer Außenpolitik gelten? Welchen moralischen Wettbewerbsregeln unterwerfen sie sich?
- Welche Auswirkungen hat das chinesische Engagement für Afrika? Steht es dadurch besser da als vorher?
- Wie wirkt sich das Erscheinen Chinas in Afrika auf dessen Verhältnis zum Westen aus? Welchen Problemen sieht der Westen sich gegenübergestellt?

3. Geschichtlicher Abriss der sino-afrikanischen Beziehungen

Generell bilden die „Fünf Prinzipien für friedliche Koexistenz“ die Grundlage der chinesischen Außenpolitik. Diese wurden schon 1954 in einem Kooperationsvertrag zwischen China und Indien ausformuliert. Demnach handelt es sich um:

1. Die Nichteinmischung in innere Angelegenheiten von Staaten
2. Den Respekt für die Souveränität und territoriale Integrität von Staaten
3. Die Absage an grenzüberschreitende Aggressionen
4. Das Prinzip der Gleichheit und des wechselseitigen Vorteils
5. Das Prinzip der friedlichen Koexistenz

2005 verkündete Peking darüber hinaus sein Leitbild einer „harmonischen Welt“, das einen kooperativen Multilateralismus propagiert und insbesondere dem US-amerikanischen Vormachtstreben gegenübersteht. (Fues; Grimm; Laufer 2006: 2)[1] In dieses Konzept passt auch die von Tang Jiaxuan (chinesischer Außenminister zwischen 1998 und 2003) geforderte Stärkung der Rolle der Vereinten Nationen und der Autorität des UN-Sicherheitsrates (Jiaxuan 2001: 85).

Der Beginn der sino-afrikanischen Kooperation hat einen festen Ausgangspunkt, die asiatisch-afrikanische Bandung Konferenz im Jahr 1955, auf der jegliche Form von Kolonialismus verurteilt wurde. Ein Jahr später nahm die Volksrepublik China mit Ägypten als erstem afrikanischen Land diplomatische Beziehungen auf. Dem folgten während des Kalten Krieges die meisten übrigen afrikanischen Länder, insgesamt 46 der 53 afrikanischen Staaten, nachdem sie ihre Unabhängigkeit erlangt hatten und sofern sie Taiwan nicht als selbstständig anerkannten. Die Propagierung gleicher ökonomischer und politischer Interessen bildete dabei von vornherein die Grundlage der chinesischen Afrikapolitik (Konings 2007: 343).

Generell können bis 1990 drei Phasen der Beziehungen zwischen China und Afrika unterschieden werden. In der ersten Phase, den 1950er und 1960er Jahren, unterstützte die Volksrepublik China unter Mao Zedong im Wettstreit mit der Sowjetunion und den USA um Einfluss diverse eigenständige sozialistische Bewegungen in Ghana, Guinea, Mali, Sambia und Tansania, sowie die sozialistische Oppositionsbewegung in Kamerun (Konings 2007: 344). Ausschlaggebend waren in dieser Phase ideologische Gründe (Naidu 2007a: 284).

Von dieser Praxis wurde seit dem Ende der 1960er Jahre allerdings Abstand genommen. Nun arbeitete Peking mit den amtierenden Regierungen zusammen, egal welcher politischen Richtung sie angehörten. Deutlich formulierte dies der damalige chinesische Premierminister Zhou Enlai 1969 bei seinem Besuch von zehn afrikanischen Staaten. Dabei benannte er fünf Prinzipien chinesischer Diplomatie gegenüber Afrika, wobei in obigem Kontext insbesondere Punkt fünf zu beachten ist (Konings 2007: 343):

1. Unterstützung gegen jede Form von Imperialismus
2. Afrikanische Blockfreiheit
3. Unterstützung des Strebens nach afrikanischer Einigkeit
4. Friedliche Beilegung von Konflikten
5. Souveränität und Freiheit der afrikanischen Länder

Daneben finanzierte Peking in dieser Phase ausgewählte Prestigeprojekte. Das wohl bedeutendste unter diesen war der Bau einer 1.860 km langen Eisenbahnstrecke zwischen Tansania und Sambia, der sogenannten TAZARA, sowie der Wasser- und Stromversorgung entlang der Strecke. Dieses Projekt sollte dem sambischen Kupferexport dienen und wurde zwischen 1969 und 1976 fertiggestellt. Vor allem sollte so die Abhängigkeit vom damaligen Apartheidregime in Südafrika gemindert werden, da alle Kupfererze bis dahin mangels Alternativen über Südafrika verschifft werden mussten. Weitere chinesisch unterstützte Projekte waren unter anderem der Bau der bis heute einzigen Pipeline für Rohöl nach Sambia (1968) oder auch die Errichtung der Indeni Ölraffinerie, der einzigen Ölraffinerie in Ndola (Sambia) (1973). Diese Projekte wirken sich in ihrer Bedeutung auch heute noch aus. (Dahle Huse; Muyakwa 2008: 13)

Hintergrund für den Richtungswechsel waren das Streben der Volksrepublik China nach einem festen Sitz innerhalb der Vereinten Nationen und der Kampf mit der Sowjetunion um Einfluss. Den alleinigen Vertretungsanspruch für das chinesische Volk (Ein-China-Prinzip) bei den Vereinten Nationen erlangte die Volksrepublik China 1971. Nicht zuletzt dank der afrikanischen Stimmen wurde der Wechsel des UN-Sitzes von der Republik China (Taiwan) zur Volksrepublik China mit 76 zu 35 Stimmen in der UN-Generalversammlung beschlossen. Das beinhaltete zudem die Übernahme der ständigen Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat als einflussreiche Vetomacht. Seitdem verhinderte die VR China 14 dem Allgemeinen Ausschuss der UN vorgelegte Anträge über die Aufnahme der Frage der Rückkehr oder des Beitritts Taiwans in die UN in die Tagesordnung der UN-Vollversammlung (Wenping 2006).

Austragungsort des Kampfes um Einfluss mit der Sowjetunion war unter anderem Simbabwe. Dort unterstützte China von Beginn an Robert Mugabe, während die Sowjets Joshua Nkomo förderten (Konings 2007: 345). Nicht zuletzt auf diesen Umstand sind die noch heute engen Beziehungen Pekings zu Simbabwe zurückzuführen.

Die dritte Phase setzte dann nach Mao Zedongs Tod und der Machtübernahme durch Deng Xiaoping (1979) ein. Er begann mit der ökonomischen Reformierung Chinas und der langsamen Öffnung des Landes. Dabei spielten die afrikanischen Länder nur eine untergeordnete Rolle. Von ihnen waren, anders als vom Westen, weder neue Technologien noch Investitionen in die chinesische Wirtschaft zu erwarten (Beri 2007: 298). Hinzu kam, dass Peking nicht in der Lage war, mit den westlichen Hilfsprogrammen für die afrikanischen Staaten zu konkurrieren, Taiwans Einfluss aber auch nicht mehr zu fürchten brauchte (Lyman 2005).

Die Hinwendung zum Westen sollte mit der blutigen Niederschlagung der Proteste auf dem Tiananmen-Platz im Jahr 1989 abrupt beendet werden. Als Folge des Massakers verhängte der Westen Sanktionen gegenüber China, das sich gezwungenermaßen nach neuen Verbündeten umsehen musste, um der internationalen Isolation zu entgehen. Somit rückte Afrika, von wo zum Teil Solidaritätsbekundungen und Glückwünsche zur erfolgreichen Niederschlagung des Aufstandes ausgesprochen wurden, erneut in den Fokus der chinesischen Führung. Mit Hilfe afrikanischer Staaten gelang es der Volksrepublik China seit 1990 auch, elf Anträge westlicher Staaten in Bezug auf Menschenrechtsverletzungen in der UN-Menschenrechtskommission abzulehnen (Wenping 2006).

Die chinesische Hilfe für Afrika betrug bis dato rund 4,8 Milliarden US-Dollar (s. Grafik 1). Das machte fast die Hälfte des gesamten Hilfsbudgets Chinas zwischen 1960 und 1989 aus (Konings 2007: 346).

Grafik 1 - Chinesische Hilfe für Afrika in vergleichender Perspektive

1960-89 (in Mio. US-$)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Konings 2007: 347

Die wirkliche Hinwendung nach Afrika aber setzte erst Mitte der 1990er Jahre ein. Als Ausgangspunkt für die Neubelebung der chinesisch-afrikanischen Beziehungen kann die Afrikareise des damaligen chinesischen Staatspräsidenten Jiang Zemin im Jahr 1996 gelten (Schaeffer 2006). Seitdem hat die Reisetätigkeit hochrangiger chinesischer Politiker in Afrika stark zugenommen. Aber auch auf anderen Ebenen findet die neue Kooperation ihren Ausdruck. So richtete China im Jahr 2000 das ‚Forum on China-Africa Cooperation’ (FOCAC) als Plattform für kollektive Beratung und Dialog, sowie als Kooperationsmechanismus zwischen Entwicklungsländern ein. Massive Investitionen Chinas, vornehmlich in die Infrastruktur afrikanischer Länder, zeichnen das chinesische Engagement in Afrika seitdem ebenso aus, wie stark zunehmende Handelsverflechtungen und die Gewährung zinsgünstiger Kredite.

4. Die sino-afrikanischen Beziehungen in der Gegenwart

Im Zuge der Analyse wird deutlich werden, dass die Beziehungen zwischen Afrika und China vornehmlich durch ökonomische Interessen geprägt sind. Für die Beantwortung der Forschungsfrage sind daher die Handelsströme zwischen der zweitgrößten Wirtschaftsnation der Welt und dem afrikanischen Kontinent, sowie die Tätigkeiten chinesischer Firmen in Afrika die wichtigsten Indikatoren. Auf ihnen soll das Hauptaugenmerk liegen, darüber aber andere wichtige, mit ihnen zum Teil verknüpfte Bereiche nicht vergessen werden. Namentlich sind dies die Entwicklungshilfe, die Kooperation in internationalen Organisationen, das FOCAC und der kulturelle Bereich.

4.1. Ökonomische Beziehungen

4.1.1. Handel

Ich werde neben dem Überblick über den Gesamthandel, auf den Rohstoffsektor, speziell den Erdölsektor, als den Motor der Handelsbeziehungen und auf den chinesischen Export nach Afrika näher eingehen. Implizit wird dabei den bevorzugten Partnerländern der VR China besondere Beachtung geschenkt.

4.1.1.1. Gesamthandel

Der Handel zwischen China und Afrika ist grundsätzlich ungleich verteilt. Afrika exportiert fast ausschließlich Rohstoffe nach China, während im Gegenzug chinesische Fertigwaren importiert werden.

Die Zahlen über den Anstieg des Handels zeigen geradezu eine Explosion des Handelsvolumens seit der Wiederbelebung der Beziehungen zwischen Afrika und China. Wie Grafik 2 verdeutlicht, wuchs das Handelsvolumen zwar seit den 1950er Jahren kontinuierlich an, aber lange nicht in dem Ausmaß wie wir es heute erleben. Stellt man den marginalen Ausgangswert von 12,1 Millionen US-Dollar im Jahr 1950 dem Wert von 2005, der 37 Milliarden US-Dollar beträgt, gegenüber, ist ein rasanter Anstieg erkennbar.

Zu unterteilen sind hier drei Phasen. Phase eins umfasst den langen Zeitraum zwischen 1950 und 1990, in dem der Handel im Vergleich zu später sehr langsam anwuchs, von den oben erwähnten 12,1 Millionen US-Dollar auf 934,9 Millionen US-Dollar. In der folgenden Dekade (ausgenommen 1999/2000) wuchs das Handelsvolumen dann im Schnitt jedes Jahr um eine runde halbe Milliarde US-Dollar an. Mit der Einrichtung des FOCAC im Jahr 2000 explodieren die Zahlen geradezu. Allein von 1999 auf 2000 gab es einen Zuwachs von vier Milliarden US-Dollar, auf 10,5 Milliarden US-Dollar. Bis zum nächsten FOCAC im Jahr 2003 vergrößerte sich diese Zahl noch einmal auf 18,5 Milliarden US-Dollar, um bis 2006 auf 50 Milliarden US-Dollar (Naidu 2007b: 45) anzuwachsen. Das erklärte Ziel der chinesischen Regierung ist es, bis zum Jahr 2010 die Grenze von 100 Milliarden US-Dollar im Handel mit Afrika zu überschreiten und Afrikas größter Handelspartner zu werden (Neuhäuser 2007: 74). Dieses Ziel scheint früher als geplant verwirklicht zu werden. Denn allein im ersten Halbjahr 2008 betrug das Handelsvolumen nach Angaben des chinesischen Handelsministeriums ‚Mofcom’[2] bereits 62,94 Milliarden US-Dollar (Mofcom 2008).

Vom Gesamtumfang her wichtigster Handelspartner für China auf dem Kontinent ist Südafrika, dessen bilaterales Handelsvolumen mit China 6,8 Milliarden US-Dollar beträgt (Neuhäuser 2007: 77). Bei den Exporten allerdings wird Südafrika bei weitem von Angola übertroffen, das für 41 Prozent der chinesischen Importe aus Afrika verantwortlich ist. Nachfolgende Plätze werden von Südafrika (19 Prozent), Sudan (9 Prozent), Äquatorialguinea (8 Prozent), der Republik Kongo (7 Prozent), Gabun und Nigeria (jeweils 2 Prozent), sowie Simbabwe (0,3 Prozent) belegt (Stand 2005) (Trinh, Voss, Dyck 2006: 5).

Gestaltete sich die chinesische Handelsbilanz bis zum Jahr 2000 positiv, kehrte sich dieses Verhältnis in der Folge um. 2005 betrug das chinesische Handelsdefizit 2,4 Milliarden US-Dollar (Wenping 2006). Gründe dafür sind die stark ansteigende Nachfrage nach Energie und Rohstoffen im Zusammenspiel mit der positiven Entwicklung der Terms of Trade für Rohstoffe und landwirtschaftliche Produkte (Holz, Baumwolle, Nahrungsmittel) (Kappel, Schneidenbach 2006: 2). Vor allem diesen Gründen verdankt Afrika sein sehr hohes Wirtschaftswachstum der letzten Jahre von rund fünf Prozent (Osmanovic 2007). Es verzeichnete 2007 mit 5,8 Prozent sogar den bis dahin historischen Höchststand des Wirtschaftswachstums (Hanson 2008), woran die sino-afrikanischen Wirtschaftsbeziehungen mit ein bis zwei Prozent beteiligt waren (Fues, Grimm, Laufer 2006: 1).

Grafik 2 - Chinas Handel mit Afrika, 1950-2005 (in Mio. US-$)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Konings 2007: 348

Mit den obigen Zahlen ist allerdings vorsichtig umzugehen. In absoluten Zahlen ausgedrückt klingen sie beeindruckend, prozentual relativieren sie sich sehr stark. So lag Chinas Anteil am afrikanischen Außenhandel 2004 bei gerade einmal 6,3 Prozent (Tull 2005: 12), der Anteil Afrikas am chinesischen Außenhandel 2006 sogar nur bei zwei Prozent (Gu 2006b: 8). Ebenso machten afrikanische Produkte 2004 nur 2,8 Prozent der chinesischen Importe aus (Konings 2007: 359). In dieses Schema passt auch das generelle Absinken des Anteils Afrikas an den globalen Exporten auf rund 1,5 Prozent im Jahr 2004 (s. Grafik 3), beziehungsweise das Absinken des afrikanischen Anteils am gesamten Welthandel von vier Prozent im Jahr 1970 auf zwei Prozent im Jahr 2004 (Dakossi 2007: 25).

Grafik 3 - Sinkender Anteil Afrikas am globalen Export

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Broadman 2007: 8

Im Handel mit Afrika sind trotz der erzielten Zuwächse Chinas weiterhin die EU und die USA wichtigste Handelspartner des Kontinents. Ihr Anteil am afrikabezogenen Handel lag 2006 bei 80 Prozent. Die G8 Staaten haben ihren bestehenden Handelsvorsprung mit Afrika gegenüber China in absoluten Zahlen sogar noch ausgebaut. Ihr Handelsvolumen mit Afrika betrug 1998 120 Milliarden US-Dollar (China 5,5 Milliarden US-Dollar), 2005 sogar 233 Milliarden US-Dollar (China 39,7 Milliarden US-Dollar). Die Gründe für diesen Handelsvorsprung liegen im Export von Maschinen, Ausrüstung, Investitionsgütern mit hohem Technologieniveau und hochwertigen Konsumgütern, sowie im Import von landwirtschaftlichen Produkten und Fertigwaren (neben Rohstoffen) durch die G8 Länder. (Kappel, Schneidenbach 2006: 2; Kappel 2007: 4)

Grafik 4 - Handelsvolumen zwischen G8 / China und Afrika

1998.20.5 (in Mio. US-$)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Kappel, Schneidenbach 2006: 2

Um seine Position demgegenüber zu verbessern, hat sich die VR China vorgenommen, bis zum Jahr 2009 fünf „ökonomische Handelspartnerschaftszonen“ (Saam 2008: 4) in Afrika einzurichten. Die erste dieser Zonen wurde im Februar 2007 während der Afrikareise Hu Jintaos eröffnet. Damit verknüpfte Ziele sind unter anderem die Schaffung von 60.000 Arbeitsplätzen und chinesische Investitionen in Höhe von 800 Millionen US-Dollar. (Saam 2008: 4) Außerdem hat China mit 41 afrikanischen Staaten Meistbegünstigungsklauseln im Außenhandel vereinbart (Asche, Schmutzer 2007: 62).

4.1.1.2. Rohstoffhandel

Chinas Bedarf an Rohstoffen ist gewaltig und wird in Zukunft wohl auch noch stark steigen (s. Grafik 5). Schon in den letzten 20 Jahren sind die chinesischen Rohstoffimporte um das zwanzigfache auf rund 200 Milliarden US-Dollar gestiegen. Dabei handelt es sich vor allem um Rohöl, Metalle und Kunststoffe (Trinh, Voss, Dyck 2006: 2). Der Rohstoffsektor macht zusammen mit landwirtschaftlichen Produkten und Gütern mit niedrigem Technologieniveau 87 Prozent aller afrikanischen Exporte nach China aus (Kappel, Schneidenbach 2006: 2). Dabei setzt sich der Rohstoffexport vornehmlich aus Rohöl, Erzen, Wolle, Diamanten und Holz zusammen, wobei Rohöl den weitaus bedeutendsten Teil ausmacht. Im Jahr 2005 betrug der Anteil über 80 Prozent, was umgerechnet einen Wert von über 14 Milliarden US-Dollar ergibt (s. Grafik 6 / Grafik 7). Aufgrund der herausragenden Rolle des Ölexportes aus Afrika nach China und der Tatsache, dass Erdöl 60 Prozent aller chinesischen Importe aus Afrika ausmacht (Hofmann 2006: 6), werde ich diesen Bereich gesondert von den übrigen Rohstoffen behandeln.

[...]


[1] Quellenangaben, die sich wie die vorliegende auf einen ganzen Absatz beziehen, stehen außerhalb des letzten Satzes. Quellenangaben, die sich auf nur einen Satz beziehen, stehen innerhalb des Satzes.

[2] Mofcom = Ministry of Commerce

Ende der Leseprobe aus 53 Seiten

Details

Titel
China und Afrika - Strategische Partnerschaft oder Neokolonialismus?
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
Note
2,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
53
Katalognummer
V120419
ISBN (eBook)
9783640239429
Dateigröße
737 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
China, Afrika
Arbeit zitieren
Torben Hinz (Autor:in), 2008, China und Afrika - Strategische Partnerschaft oder Neokolonialismus?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120419

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