Vom Fremdbild zum Selbstbild - Die fotografische Repräsentation der Indigenen Mexikos


Magisterarbeit, 2004

154 Seiten, Note: gut plus (1.7)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Band 1

1. Einleitung
1.1. Gliederung
1.2. Fragestellung
1.3. Zur verwendeten Literatur

2. Diskurs der Macht: Darstellungen des Anderen und die Rolle der Fotografie
2.1. Bildliche Darstellungen der Indigenen bis zur Erfindung der Fotografie

3. Anthropologische Bestandsaufnahmen der indigenen Bevölkerung zu Forschungszwecken
3.1. Fotoanalyse: anthropologische Fotografien der Huicholes von Carl Lumholtz
3.2. Carl Lumholtz
3.3. Grundzüge der Anthropologie und der anthropologischen Fotografie um 1900
3.3.1. vor 1900: Vermessung/Typologisierung/ Objektivierung
3.3.2. nach 1900: Perspektive der teilnehmenden Beobachtung
3.4. Motivwahl und Gestaltungsprinzipien in den Fotografien von Lumholtz
3.5. Fotografie als Dokumentationsmedium: Instrument zur Messung und Datenerfassung

4. Der Indigene als Projektionsfläche europäischer und nordamerikanischer Sehnsüchte und Ängste
4.1. Fotoanalyse: Fotografien aus dem Lakandonischen Regenwald von Gertrude Duby
4.2. Gertrude Duby-Blom
4.3. Kontext: Internationale Fotografen entdecken Mexiko
4.3.1. Romantisierung/ Heroisierung/ Psychologisierung
4.3.2. Archaismus und Modernität/ Vergangenheit und Gegenwart
4.3.3. Mexikanische Fotografie nach europäischem Modell: Anpassung statt Abgrenzung
4.4. Motivwahl und Gestaltungsprinzipien in den Fotografien Dubys
4.5. Fotografie als Medium sozialkritischer Anklage und Ausdruck von Gefühlen

5. Postkoloniale Blicke - Selbstrepräsentation der Indigenen
5.1. Maruch Sántiz Gómez: creencias de nuestros antepasados
5.1.1. Fotoanalyse
5.1.2. Zur Person Maruch Sántiz Gómez und ihrem Fotoprojekt
5.1.3. Motivwahl und Gestaltungsprinzipien
5.1.4. Die magische Realität
5.1.5. Die archäologische Reliquie
5.2. Xunka` López Díaz: Mi hermanita Cristina- una nina de Chamula
5.2.1. Fotoanalyse
5.2.2. Zur Person Xunka` López Díaz und ihrem Fotoprojekt
5.2.3. Die Thematisierung der indigenen Identität
5.2.4. Motivwahl und Gestaltungsprinzipien
5.3. Das indigene Foto-Archiv ( Archivo Fotógrafico Indígena – AFI) in San Cristóbal de las Casas, Chiapas
5.4. Motivwahl und Gestaltungsprinzipien des AFI
5.5. Postkoloniale Blicke
5.5.1. Die Idee der indigenen Selbstrepräsentation, Vorläuferprojekte
5.5.2. Traditionelle Repräsentationsmedien der Indigenen
5.5.3. Die Aneignung der Fotografie, deren Möglichkeiten und Grenzen zur Artikulation des „Eigenen
5.6. Fotografie als Medium der Geschichtsschreibung und Identitätskonstruktion
5.6.1. Fotografie als Strategie des Widerstands: Vergleich zum aktuellen Bild der Presse

6. Zusammenfassung

7. Bibliographie

Band 2

Abbildungsnachweise

Abbildungen

1. Einleitung

Das Bild der Indigenen, wie es die westliche Welt kennt, ist geformt durch die Sichtweise von Außenstehenden, die von ihrem kulturellen Hintergrund aus, sei es in Reiseberichten oder wissenschaftlichen Büchern, in Filmen oder Fotografien, die jeweils fremden Kulturen beschrieben und beurteilten. Dies gilt auch für die Fotografie: während des ersten Jahrhunderts der Fotografiegeschichte sind die Indigenen immer die passiven Modelle der Fotokamera gewesen. Ab der sechziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts - parallel zur „Krise der Repräsentation“ in der Anthropologie – begann auch in der Fotografie ein Wandel vom Fremdbild zum Selbstbild in der Repräsentation der Indigenen, wobei es sich hier nicht um einen Ablösungsprozess handelt, sondern vielmehr um neu hinzukommende Perspektiven, während die alten parallel fortbestehen. Der Begriff „Indigene“ bezeichnet die Eingeborenen, im Fall der vorliegenden Arbeit die eingeborene Bevölkerung Mexikos, die etwa 20% der mexikanischen Bevölkerung, demnach rund 20 Millionen Menschen ausmacht. (70% sind Mestizen und 10% Weiße, meist spanischer Abstammung). Es werden 139 indigene Sprachgruppen gezählt, von denen heute noch etwa 50 bestehen. Sie sind über das ganze Land verteilt und leben mehr oder weniger marginalisiert in der mexikanischen Gesellschaft. Auch wenn eine steigende Zahl auf der Suche nach Arbeit in die großen Städte abwandert, ist die Mehrheit Bauern, die in dörflichen Gemeinden leben und ihre eigene Kultur, eigene Sprache und teilweise eigene Religion fortführen. Die indigene Landbevölkerung ist im Vergleich mit den anderen Bevölkerungsgruppen gekennzeichnet durch überdurchschnittliche Armut, und sie sind] die Benachteiligten, was Bildung und medizinische Versorgung betrifft.

Außer der Bezeichnung Indigene (spanisch: Indígenas), der in den lateinamerikanischen Ländern übliche Ausdruck für die eingeborene Bevölkerung, werden in der Literatur auch die Termini ‚Indios’, ‚Indianer’ und ‚Ureinwohner’ gebraucht. Sie bezeichnen alle dieselbe Gruppe. Es soll jedoch darauf hingewiesen werden, dass diese Begriffe problematisch sind: ‚Indio’ wird in Lateinamerika oft in abschätzigem Sinne gebraucht, ‚Indianer’ ist in unserer Vorstellung vorab mit den nordamerikanischen Indianern verknüpft und der Begriff ‚Ureinwohner’ weist in die Vorzeit zurück.

Diese Arbeit will Beispiele fotografischer Repräsentationen der mexikanischen Indigenen vorstellen und miteinander vergleichen. Sie beschäftigt sich mit den fotografischen Bildern der Indigenen, also mit der Konstruktion des populären Indianerbildes durch die Fotografie, nicht mit den realen Indigenen. Während das Bild des ‚Indianers’ weitgehend homogen ist, kannten die Indigenen selber bis vor wenigen Jahrzehnten keine kollektive Eigenbezeichnung. Gesellschaftlich, sprachlich, wirtschaftlich und kulturell gibt es zwischen den einzelnen indigenen Ethnien wesentliche Unterschiede. Diese Unterschiede werden jedoch von Fotografen und Rezipienten oft nicht wahrgenommen. Für uns gibt es gemeinhin den ,,typischen Eingeborenen", der Rousseau1 folgend dem Bild des einfachen, unzivilisierten Menschen im Naturzustand entspricht. Für die vorliegende Arbeit ist es demnach möglich, Bildthemen und –kategorien „des Indianers“ festzustellen und Bildmaterial unterschiedlicher Ethnien zu betrachten und zu vergleichen, womit ihnen keinesfalls ihre reale Verschiedenheit abgesprochen werden soll.

Wenn im Folgenden von “unserer Kultur“ die Rede ist, so meint dies die Kultur der sogenannten ersten Welt, der Industrieländer Europas und Nordamerikas.

1.1. Gliederung

Die Arbeit gliedert sich in drei Hauptteile, die sich zum einen historisch ableiten, und zum anderen drei verschiedene fotografische Sichtweisen auf die Indigenen darstellen. Diese Themengebiete werden jeweils von der Analyse beispielhafter Fotos eingeleitet. Während sich die ersten beiden Teile mit Fremdrepräsentationen beschäftigen, widmet sich der dritte Teil der fotografischen Selbstdarstellung der Indigenen.

Im ersten Teil geht es um die anthropologische Fotografie, in der ab 1850 die eingeborene Bevölkerung Mexikos als fotografisches Motiv erscheint. Mittels der Fotografie als Medium der Datenerfassung wurden die menschlichen Rassen unter dem Gesichtspunkt ihrer physiognomischen Eigenschaften vermessen und ihre Trachten und traditionellen Gebrauchs- und Kultgegenstände registriert. Ab der Jahrhundertwende kommen neue Bildthemen, zum Beispiel Momentaufnahmen alltäglicher und ritueller Vorgänge, hinzu.

Im ersten Teil geht es um die anthropologische Fotografie, in der ab 1850 die eingeborene Bevölkerung Mexikos als fotografisches Motiv erscheint. Mittels der Fotografie als Medium der Datenerfassung wurden die menschlichen Rassen unter dem Gesichtspunkt ihrer physiognomischen Eigenschaften vermessen und ihre Trachten und traditionellen Gebrauchs- und Kultgegenstände registriert. Ab der Jahrhundertwende kommen neue Bildthemen, zum Beispiel Momentaufnahmen alltäglicher und ritueller Vorgänge, hinzu.

An ausgewählten Beispielen sollen die fotografischen Aufnahmen des Anthropologen Carl Lumholtz aus der Zeit seiner Forschungsreisen in Mexiko zwischen 1890-1898 im Kontext der ethnologischen Fotopraxis seiner Zeit vorgestellt und analysiert werden.

Als Gegensatz zur distanzierten, als wissenschaftlich deklarierten Aneignung des neunzehnten Jahrhunderts können die Fotografien jener internationaler Fotografen angesehen werden, die bereits ab 1860, jedoch verstärkt nach der mexikanischen Revolution, also ab den zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, nach Mexiko kamen und eine explizit subjektive, oft sozialkritische Sicht auf die Dinge und Ereignisse hatten. In den Aufnahmen einiger dieser Fotografen, zu denen unter anderen Paul Strand oder Edward Weston gehören, wird die archaische indianische Lebenswelt zur Projektionsstätte ihrer Authentizitätssehnsüchte, die ihre eigene, von der Industrialisierung ergriffene Kultur in ihnen geweckt hat. Andere entdecken, wie zum Beispiel Tina Modotti, in der Revolution das Potential für ein politisches Programm, das sie in ihren Fotografien formulieren. Man schaute auf die indigene Welt mit der Nostalgie des Wissens um ihr Aussterben. Es entstanden anklagende Plädoyers zum Zweck ihrer Rettung.

Das fotografische Werk der Schweizer Journalistin und Fotografin Gertrude Duby- Blom soll exemplarisch dafür vorgestellt werden. Sie fotografierte ab den vierziger Jahren unter anderem die Lakandonen, einen in der Selva Lacandona, im südmexikanischen Regenwald lebenden Indianerstamm, und dokumentierte deren Transformation von einer traditionellen, die alten Maya-Götter verehrenden Gesellschaft zu einer, die sich der westlichen Zivilisation und ihren Werten und Gütern öffnete.

Gertrude Duby wurde hier ausgewählt, weil ihr Werk einen direkten Einfluss auf die Arbeit der indigenen Fotografen des Archivo Fotográfico Indígena (AFI) hat, mit denen sich der dritte und umfangreichste Teil der Arbeit beschäftigt. Sowohl das Gertrude- Duby-Museum und –Archiv Na Bolom wie auch das Archivo Fotográfico Indígena befinden sich in der Stadt San Cristóbal de las Casas. Die beiden Archive stehen in regem Austausch miteinander und konzipieren gelegentlich gemeinsame Ausstellungen und Publikationen. Man kann sagen, dass die Arbeit der indigenen Fotografen eine Erwiderung, eine Bezugnahme ist auf das Bild, das Gertrude Duby-Blom von der Region und seinen Einwohnern geschaffen hat.

In dem im Jahre 1994 gegründeten Archivo Fotográfico Indígena (AFI) arbeiten Indigene zehn verschiedener Ethnien an fotografischen Projekten, die ihre Kultur, Identität und Tradition zum Thema haben. Aus diesem Archiv, das die Arbeiten von über zweihundert Fotografen versammelt, sollen zwei Künstlerinnen und deren Projekt herausgegriffen und vorgestellt werden, die Creencias von Maruch Sántiz Gómez und Mi hermanita Cristina von Xunka’ López Díaz. Diese Frauen sind die Autorinnen der beiden bisher realisierten Einzelpublikationen des Archivs und repräsentieren zwei unterschiedliche Tendenzen innerhalb des AFI . Maruch Sántiz sucht die Traditionen zu bewahren und den zukünftigen Generationen ein Wissen von ihrer Vergangenheit zu vermitteln, während Xunka’ López sich den Veränderungen, die die Gegenwart zeitigt, zuwendet. Sántiz ist unter den Fotografen des AFI diejenige, die zu internationalem Ruhm gekommen ist und deren Motive und Kompositionsformen innerhalb des Archivs aufgenommen wurden. In dem sich anschließenden Teil sollen durch vergleichende Bildanalysen gemeinsame Gestaltungsprinzipien der Fotografen des Archivs herausgearbeitet werden.

1.2. Fragestellung

Hundert Jahre liegen zwischen diesen beiden Aufnahmen (Abb.1 und Abb.2), die jeweils eine weibliche mexikanische Indigene abbilden. Die erste Aufnahme entstand um 1892 und stammt von dem Norweger Anthropologen und Forschungsreisenden Carl Lumholtz. Auf seinen Expeditionen durch zahlreiche Bundesstaaten Mexikos traf er auf die verschiedensten indianischen Kulturen, die er beschrieb und fotografierte. Die Abgebildeten, für den Wissenschaftler Lumholtz von Interesse als Vertreter ihrer Rasse und als Merkmalsträger ihrer Kultur, wurden von ihm nach ihren physischen Merkmalen, ihren Trachten und kulturellen Eigenarten unterschieden. Seine wissenschaftlichen Intentionen spiegeln sich auch in der Form der fotografischen Darstellung: Distanz und Objektivitätsbestreben kennzeichnen die Aufnahmen. Das vordergründige Interesse an der Physiognomie wird deutlich in der hier ausgewählten Aufnahme, die eine entkleidete Frau neben einer Messlatte zeigt. Der neutrale, helle Hintergrund soll eine bessere Sichtbarkeit der Körperformen gewährleisten. Die Komposition – die Ganzkörperansicht von vorn - ist an wissenschaftlichen Vorgaben ausgerichtet.

Die zweite Aufnahme zeigt ein kleines Mädchen in ihrer Tracht in ganz ähnlich gestellt wirkender Ganzkörperpose. Xunka’ López Díaz, eine indigene Fotografin, hat hier im Jahre 2000 das Porträt ihrer kleinen Schwester geschaffen. In diesen beiden Fotografien stehen sich also zwei grundsätzlich verschiedene Perspektiven gegenüber: die des objektiven Wissenschaftlers, der von außen auf eine ihm fremde Kultur schaut und diese vor dem Hintergrund seiner eigenkulturellen Prägung fotografisch interpretiert sowie die der Indigenen selbst, die aus der Innenperspektive, also aus dem Erfahrungshorizont ihrer eigenen Kultur heraus, diese beschreibt.

Trotz dieses fundamentalen sowie zahlreicher anderer Unterschiede (das Mädchen auf Abb.2 ist weder nackt, noch neben einer Messlatte abgebildet) springen dem Betrachter frappierende Übereinstimmungen in der Komposition ins Auge. Ist eine derartige Kontinuität in der fotografischen Darstellung der Indigenen gegeben oder ist das über hundert Jahre später entstandene Foto ein kritisch gemeintes Zitat auf die frühe anthropologische Fotografie?

Inhalt dieser Arbeit soll sein, - neben einer vertiefenden Analyse und Interpretation dieser beiden Fotografien - Formen der fotografischen Repräsentation, die zwischen diesen beiden zeitlichen Polen liegen, vorzustellen und in ihren jeweiligen historischen Kontexten zu beleuchten.

Wenn in den visuellen Produktionen bestimmte Themen ausgewählt werden und andere nicht, muss man sich fragen, nach welchen Kriterien und Interessen die Auswahl getroffen wird. Ausgangspunkt aller Überlegungen ist, dass die visuelle Repräsentation immer selektiv, niemals objektiv, und auch keine Abspiegelung der Realität ist, sondern immer schon eine interpretierte. „Fotos stellen transcodierte Begriffe dar, die vorgeben, sich automatisch aus der Welt her auf der Fläche abgebildet zu haben. Eben diese Täuschung muss entziffert werden – um die wahre Bedeutung der Fotografie, nämlich programmierte Begriffe, aufzuzeigen.“2 In jedem Fall muss man sich die Inszenierung und Interpretation der zum Motiv gewählten Wirklichkeit bewusst machen und die Tatsache, dass jedes Bild in seiner Ausschnitthaftigkeit Fragment ist.

In alle drei Teile sollen folgende Aspekte in die Analyse und Interpretation der fotografischen Arbeiten einfließen: Da die Fotografien mehr über den Fotografen und die Vorstellungen seiner Epoche aussagen als über die fotografierte Realität, ist es zum besseren Verständnis der Fotografien unablässig, jene Geistesströmungen kurz zu umreißen, die das Denken der jeweiligen Bildautoren und somit ihren Blick auf die von ihnen beschriebene Kultur prägten.

Es soll untersucht werden, wie sich der jeweilige Blickwinkel des Fotografen in Inhalt und Gestaltung der Fotografien manifestiert. Welche Bildmotive formt der Blick von außen, von Ethnologen und ausländischen Fotografen auf die indigene Welt, und was macht die Aufnahmen aus, die aus der Innenperspektive der Indigenen selbst stammen?

Welche Beziehungen zwischen Fotografen und Fotografierten vermögen die Bilder zu veranschaulichen?

Der Abriss der historischen Darstellungsformen des Indigenen soll es ermöglichen, kritisch zu untersuchen, ob die von der Presse und Wissenschaftswelt gefeierte geistige Unabhängigkeit der indigenen Fotografen vom bereits vorhandenen Bilderfundus überhaupt existiert. Suchen die aus einer Innenperspektive gemachten Aufnahmen der Indigenen einfach nach „typischen“ oder pittoresken Motiven oder sprechen sie neue Aspekte an, nehmen neue Bildthemen und Darstellungsformen auf? Ist es in den Grenzen eines Mediums wie der Fotografie, das aus der westlichen Kultur übernommen wurde, überhaupt möglich, eine eigene ‚indigene’ Bildsprache zu entwickeln? Welche Formen der Selbstrepräsentation haben die Indigenen vorher benutzt oder benutzen sie auch heute noch? Inwiefern wird der westliche Import - die Fotografie - im indigenen Kontext modifiziert? Neben diesen Fragestellungen zu den Grenzen des fotografischen Mediums soll fortlaufend die jeweilige Funktion der Fotografie in den verschiedenen Anwendungskontexten analysiert werden.

Nicht zuletzt ist auch der Blick der Rezipienten auf diese Fotografien denselben oder eben durch die zeitliche Distanz bereits veränderten kulturellen Prägungen unterworfen. Die Wirkung, die beispielsweise die anthropologischen Fotografien der Jahrhundertwende heute auf uns haben, ist eine ganz andere als die der damaligen Zeitgenossen. Deshalb – führt man diesen Gedanken konsequent zuende – kann auch diese Arbeit keinen Anspruch auf Objektivität erheben, die hier formulierte Sichtweise und Interpretation der Fotografien ist zwangsläufig von einer eigenkulturellen Prägung und ideologisch oder ethisch fundierten Vorannahme bestimmt.

1.3. Zur verwendeten Literatur

Der erste Teil wurde aus einer Fülle von anthropologischer Fachliteratur zusammengetragen, die umfangreiche Informationen zu ethnologischen Theorien und deren Niederschlag in der Fotografie gab, wovon besonders die Publikation Ikonographie des Wilden. Menschen-Bilder in Ethnografie und Fotografie zwischen 1850-1918 von Michael Wiener zu erwähnen ist.

Diese allgemeinen Erörterungen wurden in dieser Arbeit dann auf das Beispiel Lumholtz übertragen. Über Lumholtz speziell gibt es abgesehen von der 1996 erschienenen Monographie Carl Lumholtz – Montañas, duendes, adivinos... lediglich einen umfangreicheren Artikel, der wertvolle Informationen enthielt: Carl Lumholtz y el México descononcido von Luis Romo Cedano, publiziert 2001. Die gesamte Forschungsliteratur zu Lumholtz widmet sich jedoch eher den Inhalten seiner ethnologischen Arbeit oder erzählt von seinen abenteuerlichen Reisen als dass sie sich auf eine kritische Analyse seiner Fotografien bezöge.

Für die Ausarbeitung des zweiten Teils wurden zwei Biografien über Gertrude Duby- Blom herangezogen sowie verschiedene Bildbände. Texte, die ihre fotografischen Werke analysieren, sind gar nicht darunter, an ihrer Stelle Kommentare zu den Themen der Fotografien, hauptsächlich zur Kultur der Lakandonen. In kunstwissenschaftlichen Texten findet Gertrude Duby kaum Erwähnung.

Der dritte Teil stützt sich auf das Bildmaterial und die Texte aus den vom Archivo Fotográfico Indígena veröffentlichten Büchern: Creencias von Maruch Sántiz Gómez, Mi hermanita Cristina von Xunka’ López Díaz und die Gemeinschaftspublikation des Archivo: Camaristas . Die Sekundärliteratur beschränkte sich auf zahlreiche oberflächlich bleibende Zeitungsartikel und eine Magisterarbeit in sozialer Anthropologie von Eugenia Bayona Escat über das Archivo Fotográfico Indígena. Sie war allerdings für die konkreten Fragestellungen dieser Arbeit wenig hilfreich, da sie auf soziologische Aspekte ausgerichtet ist. Es wird zwar ein kritischer Standpunkt zum AFI eingenommen, doch die Thesen werden so gut wie nie von einer Analyse der Fotografien abgeleitet. Ich habe mich daher auf meine eigenen Augen und meine während meiner sechsmonatigen Mitarbeit im jenem Fotoarchiv gesammelten Beobachtungen verlassen. Letztendlich befindet sich in der Bibliographie auch eine Übersicht von hinzugezogener Basisliteratur zur Fotografietheorie und –geschichte sowie von Literatur zur allgemeinen Fotografiegeschichte Mexikos. Die gesamte Literatur zu den einzelnen Themenpunkten ist auf Spanisch oder Englisch abgefasst.

2. Diskurs der Macht: Darstellungen des Anderen und die Rolle der Fotografie

Bevor das konkrete Thema behandelt wird, sollen einleitend die Begriffe der Repräsentation, des Fremd- und Selbstbildes definiert sowie Theorien zur Darstellung des Anderen und dem darin enthaltenen Machtdiskurs vorgestellt werden. Dieses theoretische Gerüst wird den folgenden Fotoanalysen und -interpretationen zugrundegelegt.

Die Beschreibung fremder Völker, egal ob sie sich in wissenschaftlicher oder künstlerischer Form vollzieht, ist “in keinem Fall das Finden einer (wahren, weil wirklichkeitsgetreuen) Repräsentation (...), sondern sie ist Erfindung dieser Repräsentation.“3 Es ist der Entwurf einer Weltsicht, eine Weise, sich die Welt verstehend zu erschließen, um sich in ihr zurechtzufinden und sie zu beherrschen. Dass es sich dabei auch um einen Machtdiskurs handelt, bestätigt folgendes Zitat von Stuart Hall aus seinem Buch Der Westen und der Rest. Diskurs und Macht : ,,Der Diskurs ist eines der Systeme, durch die Macht zirkuliert. Das, was ein Diskurs produziert, konstituiert eine Art von Macht, die über jene ausgeübt wird, über die ,etwas gewusst wird’. Wenn dieses Wissen in der Praxis genutzt wird, werden diejenigen, über die ,etwas gewusst wird’, auf eine besondere Weise zum Gegenstand der Unterwerfung. Das ist immer eine Machtbeziehung."4 Die Indigenen sind im vorliegenden Fall jene, über die ,etwas gewusst wird’, die okkzidental Geprägten diejenigen, die ,wissen’, damit Macht ausüben und die Indigenen unterwerfen. Zugespitzt formuliert diesen Aspekt der Anthropologe Stephen Tyler: „Jeder Akt der Repräsentation ist ein Akt politischer Unterdrückung.“ und „Repräsentation heißt Repression.“5

Auch der Fotoapparat ist nach Susan Sontag ein Instrument der Macht und dient dazu, sich in eine bestimmte Beziehung zur Welt zu setzen, sie sich anzueignen.6 Außerdem „haftet dem Akt des Fotografierens etwas Räuberisches an. Menschen fotografieren heißt ihnen Gewalt antun (...) es verwandelt Menschen in Objekte, die man symbolisch besitzen kann. Wie die Kamera eine Sublimierung des Gewehrs ist, so ist das Abfotografieren eines anderen ein sublimierter Mord.“7 Die Fotografie ist die „Symbolisierung der neuen Mikrophysik der Macht.“8 Sie ist von scheinbarer Unschuld, denn vorgeblich bildet sie nur das ab, was dem Apparat vor-gestellt wird; zudem ist sie von so großer Detailfülle und Detailtreue, wie es zuvor von keinem Medium erreicht wurde. Die Fotografie macht scheinbar mehr sichtbar vom Menschen, beleuchtet alle feinen und noch so kleinen Bestandteile. Sie ist jedoch vielmehr daran beteiligt, das Sehen des Eigenen und des Fremden zu schulen, da mit ihr Standards der Abbildung hervorgebracht und gleichzeitig massenhaft Bilder erzeugt werden.

Fremdbilder (ein Volk beurteilt ein anderes) und Selbstbilder (ein Volk beurteilt sich selbst) dienen der Konstruktion von Identität und haben Selbstbestätigungsfunktionen. Sie beziehen ihre Kraft aus der Unterscheidung vom jeweils Anderen. Selbst- und Fremdbilder sind Orientierungshilfen für das Verständnis anderer Völker, „da sie z.T. in kontrastiver Analogie zur eigenen Kultur deren scheinbar typische Eigenschaften bestimmen und somit ein geordnetes Weltbild der anderen Kultur aufbauen mit der Funktion der Vereinfachung und der Systematisierung der Fülle und Komplexität der Informationen über ein Land.“9 Da dies oft zu einem verzerrten Bild der fremden Realität führt, geben Fremdbilder „mehr Hinweise auf die Menschen, welche sie formulieren, als auf die Völker, für die sie gelten.“10

Durch die jeweiligen Bilder wird also keineswegs die objektive Welt wiedergegeben, sondern eine konstruierte Welt gezeichnet. Sie generalisieren, überzeichnen oder verzerren bestimmte Phänomene und verleihen ihnen Plastizität. Durch diese Plastizität und die durch die naturgetreue Wiedergabe erzielte Glaubwürdigkeit der Darstellung stabilisiert die Fotografie eher verinnerlichte Stereotypen als dass sie einen Zugang zur Wirklichkeit eröffnet. Die Fotografie transformiert Fiktion in Realität und Phantasie in Wahrheit. Festgehalten in fotografischen Bildern nimmt die Vorstellungswelt eine konkrete Form an.

Die fotografische Vorführung des Fremden unterstützt das die Unterschiede betonende phänotypische Bild menschlicher Rassen. Daher kann man sagen, die Fotografie hatte und hat die Einstellungen der westlichen Welt zu fremden Kulturen tiefgreifend geprägt und vorgefasste Meinungen bestätigt. Wenn hinsichtlich des Bildes, das man sich von den Bewohnern ferner Länder machte, durch den Einfluss der Fotografie eine Veränderung eintrat, dann nur insofern, dass man sich mittels jener althergebrachten Ansichten versichern konnte: Was zuvor noch geglaubt werden musste, darüber durfte nun absolute Gewissheit herrschen.

Im Kontext des soeben besprochenen Machtdiskurses ist auch die Aneignung der Fotografie durch die Indigenen als Versuch einer Machtaneignung zu verstehen. Das Mitwirken an ihrer Repräsentation, die Formulierung ihrer eigenen Weltsicht wird heute unter dem Schlagwort postkolonialer Diskurs debattiert.

„Der postkoloniale Diskurs begann, als die politische, künstlerische und theoretische Beschreibung des Verhältnisses zwischen Herrschenden und Beherrschten, zwischen der dominanten Kultur des Westens und den dominierten Kulturen der ehemaligen Kolonien nicht mehr ausschließlich der Seite der Macht vorbehalten blieb, (...) seit sich die Unterworfenen Zugang zu den Mitteln der Repräsentation verschafft haben und als Subjekte angesehen werden, die der Perspektive der Herrschaft andere Perspektiven entgegenhalten können.“11

Doch ist hier Vorsicht vor vorschnellem Optimismus geboten: Inwiefern wurde mit der Medienaneignung eine Verschiebung der realen Machtverhältnisse herbeiführt oder auch nicht? Ist eine grundsätzlich veränderte Form der Repräsentation überhaupt vorstellbar? Wäre die Alternative, die man dem kritisierten Bild entgegenhielte, nicht ebenso eine Konstruktion oder Projektion?

2.1. Bildliche Darstellungen der Indigenen bis zur Erfindung der Fotografie

Bevor die fotografischen Repräsentationen der Indigenen vorgestellt werden, soll ein kleiner Exkurs einen Einblick in die Geschichte der bildlichen Indianerdarstellungen bis zur Erfindung der Fotografie geben.

Völkerbeschreibungen kann man seit den frühesten Zeiten annehmen, da Menschen in sozialen Verbänden zusammenleben und Kontakte mit benachbarten Gruppen unterhalten. Das umfassendste Wissen über die Nachbarvölker, über ihr äußeres Erscheinungsbild und ihre Lebensführung, schien der eigenen Gruppe bei Begegnungen die größtmögliche Sicherheit und bestmögliche Bewältigung der Situation zu garantieren. Zum Zwecke der Abgrenzung, der Wahrung von Identität und Territorialität sowie nicht zuletzt zur Legitimation eigener Superioritätsansprüche gerieten in der Vergangenheit nicht selten ethnographische Beschreibungen der Fremden zu Bildern von Monstern, Barbaren oder Wilden.

Während des gesamten Altertums und des Mittelalters bis zur Zeit der Eroberung Amerikas und darüber hinaus standen die Berichte über die „Barbarenvölker“12 im Zeichen der Sensation. Je unwahrscheinlicher die über sie erzählten Dinge klangen, desto lieber wurden sie geglaubt. So sind jene ältesten Reiseberichte und Beschreibungen teilweise mit Zeichnungen versehen, die uns die Eingeborenen als einäugige Zyklopen oder als Hundeköpfige vor Augen führen, als Doppelköpfige oder Kopflose, die das Gesicht auf der Brust tragen, oder als Schattenfüßler, deren einziger Fuß so groß war, das sie ihn als Sonnenschirm benutzen konnten (Abb.3). Diese Gräuelgeschichten über die fremden Völker zu verbreiten, lag „im Staatsinteresse“, um die Konkurrenz abzuschrecken. Es sollte verhindert werden, dass andere europäische Völker die einträglichen Entdeckungsfahrten durchführten.13 Der europäische Künstler, der die Bilder meist nach Beschreibungen ausführte, hatte also keine Möglichkeit einer naturwahren und auf Anschauung beruhenden Darstellung des indigenen Menschen.

Während des Zeitabschnittes von der zweiten Hälfte des sechzehnten bis zum Beginn des neunzehnten Jahrhunderts stellen die Abbildungen der Reisebeschreibungen die Naturvölker in der Regel in menschlicher Gestalt dar, aber mit europäischen Gesichtszügen, oftmals sogar in europäischer Tracht oder in Phantasiekostümen. Es finden sich hier durchaus keine physiognomischen Merkmale des indianischen Menschen (Abb.4).

Die eigentliche Institutionalisierung der Völkerbeschreibung und der Wissenschaft vom Menschen als akademische Disziplin (Ethnologie oder Anthropologie) erfolgte in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, in etwa zeitgleich mit der Erfindung der Fotografie, die zum Instrument der anthropologisch-wissenschaftlichen Untersuchung wurde. Erst in diesen Jahren, seit der wissenschaftlichen Durchdringung der außereuropäischen Kulturen, ist auch in den bildlichen Darstellungen der Naturvölker zunehmend das Bemühen um Objektivität und naturgetreue Wiedergabe erkennbar. Doch auch die objektivierende Forschung beruhte auf Konzepten, die nicht frei von idealisierenden oder negativierenden Tendenzen waren.

Zunächst stand noch nicht der indigene Mensch im Zentrum der Darstellungen, sondern die wiederentdeckten Baudenkmäler der alten mesoamerikanischen Hochkulturen. Ein Beispiel sind die Lithographien von Frederick Catherwood, der die archäologischen Relikte der Maya-Kultur zeichnend festhielt, die vom Urwald überwucherten Pyramiden und Tempel, Ruinenlandschaften, die er mit kleinen Figuren bevölkerte. Die Zeichnungen illustrierten John L. Stephens’ 1841 erschienenen Reiseerlebnisse in Zentralamerika, Chiapas und Yucatán . Trotz des wissenschaftlichen Anspruchs – Catherwoods detailgenaue Lithographien entstanden nach fotografischen Vorlagen, die er mittels der camera lucida anfertigte - stehen die Zeichnungen in der romantischen Tradition des späten achtzehnten Jahrhunderts.

Die ersten Fotografien, die die indigene Bevölkerung Mexikos zum Motiv haben, wurden ab 1850 von Reisenden, Missionaren, Kolonialbeamten und Anthropologen gemacht. Aus ihren Berufen erklären sich unterschiedliche Vorstellungen und Interessen, die schließlich auch aus den von ihnen aufgenommenen Bildern sprechen.

In den Zeitschriften, in denen die ersten Fotografien erschienen, illustrieren sie Reiseberichte und vereinen in einem Block Ruinen, Urwald und Eingeborene. Die Indigenen fungieren darin – wie bereits bei Catherwood - als Begleiterscheinungen der Landschaft, nicht als Subjekte der Geschichte. Auf den ersten Entdeckerfotos sind die Indigenen Elemente der Glaubhaftigkeit und Bezugspersonen der Monumentalität der Ruinen. Als Gehilfen, Träger und Abholzer sind sie gleichzeitig Symbole des ausbeuterischen Verhaltens der Entdecker. Désiré Charnay, Augustus Le Plongeon, Teobert Maler und Léon Diguet gehören zu den ersten ausländischen Forschungsreisenden, die auch fotografierten. Ihre Fotografien sollten Zertifikat ihrer Heldentaten sein.

Dies soll jedoch an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Im folgenden Kapitel soll der Fokus auf die von reisenden Anthropologen zu wissenschaftlichen Studien gemachten Fotografien gelegt werden, zu denen auch die Aufnahmen von Carl Lumholtz zählen.

3. Anthropologische Bestandsaufnahmen der indigenen Bevölkerung zu Forschungszwecken

3.1. Carl Lumholtz: Anthropologische Fotografien der Huicholes - eine Fotoanalyse

Die Fotografie Mujer huichola (Huichol-Frau) von 1892 oder 1893 (Abb.1), eine Aufnahme aus der frühen Phase der Forschungsreisen des Anthropologen Carl Lumholtz in Mexiko, zeigt eine unbekleidete Huichol-Indianerin, die frontal vor der Kamera neben einer Messlatte vor einem Zelt steht. Ihre Haltung ist sehr aufrecht, die Beine sind gerade ausgestreckt, die Füße nebeneinander, die Arme eng an den Körper gepresst. Den Kopf hält sie gerade in die Kamera gerichtet, wobei ihre linke Gesichtshälfte so verschattet ist, dass man die Gesichtszüge nicht erkennt. Ihr Körper sowie die Messlatte zu ihrer Linken werfen Schatten auf die weiße Zeltwand. Das Zelt ist geschlossen, der Stoff ist so drapiert, dass sich der dunkle Körper deutlich wie auf einer hellen Projektionsfläche abhebt. Durch die Messlatte auf der rechten Seite, die Abschlusskante des Stoffes auf der linken Seite und die obere Falte entsteht eine Art

Rahmen, in dem der Körper zur Schau gestellt wird. Eine individuelle Bestimmung der Frau ist nicht möglich.

Die Fotografie ist Teil einer Dreierserie (Abb.1a/b/c). Die Frontalansicht ist durch eine Profilansicht der Frau ergänzt. Beide Aufnahmen sind ansonsten in der Komposition, der Wahl des Bildausschnitts etc. identisch. Die dritte Fotografie zeigt die Frau liegend mit gespreizten Beinen, ihre Genitalien dem Kamera- und Fotografenauge darbietend. Man muss bedenken, dass diese für den heutigen Betrachter skandalöse Fotografie in der damaligen Zeit noch wesentlich skandalöser war. Gisele Freund schreibt, dass der Verkauf von Fotografien unbekleideter Menschen, die „mit den Augen der Gegenwart betrachtet, von äußerster Harmlosigkeit“ waren, strafbar war. „Gerichtliche Auseinandersetzungen (waren) die sichere Folge, die des öfteren auch eine längere Freiheitsstrafe nach sich zog.“14 Das galt aber nicht für die Angehörigen fremder Kulturen, die sowieso als Wilde betrachtet und gemäß der Annahme ihrer vermeintlichen Freizügigkeit und triebhaften Sexualität nackt dargestellt wurden. Unter dem Deckmantel wissenschaftlicher Erforschung wurden so die Tabus der damaligen Gesellschaft gebrochen und die Eingeborenen für die Befriedigung unterdrückter europäischer Gelüste missbraucht.

Der Blick der Indianerin wirkt gedemütigt und finster und lässt vermuten, dass sie sich nicht freiwillig vor die Fotokamera begeben hat. Man sieht hier eine von Machtpositionen gelenkte Beziehung zwischen dem kolonialisierten, schwarzen, nackten Modell, das offensichtlich gerade ausgemessen wird, und dem weißen, bekleideten Fotografen, der als Vertreter der Kolonialmacht auftritt. Das tief verwurzelte Überlegenheitsgefühl des Fotografen spiegelt sich deutlich in seiner respektlosen Annäherung an diese Frau wider. In seiner Dominanzstellung bestimmt Lumholtz die gestalterischen Maßnahmen und die Aussage: Das Modell ist seinen Anweisungen ausgeliefert und nimmt eine fremdbestimmte unnatürliche Aufstellung und Haltung ein. Herausgelöst aus soziokulturellen Kontexten (wie Kleidung, alltägliche oder rituelle Handlungen), wird sie auf ein bloßes physiognomisch relevantes Objekt reduziert.

Diese Fotografie steht exemplarisch für eine ganze Serie von Aufnahmen nach den gleichen Prinzipien und ist ein Zeugnis des Indigenen, wie Lumholtz ihn sah, aber vor allem ein Zeugnis der ethnologischen Konzeption seiner Epoche. Es ist eine im Sinne der herrschenden ethnologischen Theorien strikt anthropometrische Aufnahme: eine Vermessung des Gegenstandes Mensch zur „Katalogisierung der Weltbevölkerung sowie eine Rassendiagnose“15.

Auf den drei Fotografien Hombre haciendo flechas (Mann beim Herstellen von Pfeilen), entstanden um 1895 oder 1896, (Abb.5a/b/c) sehen wir einen Mann vor einer Hütte, einem strohgedecktem Steinhaus, auf einem Basthocker sitzen und Pfeile anfertigen. Neben ihm befindet sich eine Feuerstelle. Der Basthocker sowie die Kleidung mit ihren Stickmustern sind charakteristische Requisiten der Huichol- Indianer. Hier wird das alltägliche Leben zum eigenständigen Bildthema, das auch eine eigene Bildsprache entwickelt hat. Die Aufnahmen unterscheiden sich voneinander lediglich in der jeweils leicht abgewandelten Haltung, die den Indianer in einem jeweils anderen Stadium des Herstellungsprozesses zeigt. (Abb. a oder b und c sind spiegelverkehrt abgedruckt, die korrekte Version ließ sich nicht erschließen.) Solche Fotoserien waren ein verbreitetes Gestaltungsmittel der ethnologischen Fotografie, um Handlungsabläufe darzustellen. Außerdem fällt auf, dass der Mann nicht direkt in die Kamera schaut. Hierdurch wird das Augenmerk des Betrachters auf die zentrale Bildaussage, die Herstellung der Pfeile, gelenkt.

Die Fotografie Paisaje con hombre sentado (Landschaft mit sitzendem Mann), um 1895 oder 1896 (Abb.6) entstanden, zeigt eine kleine Rückenfigur vor einer weit sich erstreckenden Gebirgslandschaft sitzen. Einsame, zumeist als abgewandte Rückenfiguren dargestellte Gestalten, die den Mächten der Natur ausgeliefert, sehnsuchtsvoll in die Ferne schauen, gehören zum ikonographischen Repertoire der romantischen Malerei. Das wohl bekannteste Beispiel ist Caspar David Friedrichs Mönch am Meer von 1809 (Abb.7). In diesem wie in jener Fotografie von Lumholtz ist der Horizont niedrig, und der Himmel nimmt den größten Teil der Bildkomposition ein. Der Mensch erscheint klein und ohnmächtig, aber im Einklang mit der unendlichen Weite der Schöpfung. In dieser Fotografie drückt sich nicht nur die Natursehnsucht des Fotografen, sondern auch sein Gefühl der Entgrenzung und Freiheit, das er während seines Aufenthalts in jenen Regionen erlebt haben mag, aus. Es kann als ein privates Foto angesehen werden, da es in seiner bildnerischen Gestaltung jenseits jeglicher wissenschaftlich-anthropologischer Verwertbarkeit steht.

3.2. Carl Lumholtz

Alle im vorigen Kapitel beschriebenen Fotografien stammen von dem norwegischen Anthropologen und Naturforscher Carl Lumholtz (1851-1922).

Während seines Aufenthaltes unter den Aborigenes Australiens von 1880 bis 1884 entdeckte er seine Berufung für die Erforschung der „primitiven“ Völker. Von dieser Expedition zurück, begann sich Lumholtz für die Indianer des Südwestens der Vereinigten Staaten zu interessieren und machte Studien mit den Navajos, den Zunis und den Moquis in Arizona. In seinen Forschungen voranschreitend überquerte er die Grenze zwischen Arizona und Sonora im September 1890 und fand seinen Weg zu den indigenen Völkern der Tarahumaras, Series, Huicholes, Coras, Tepehuanes, Pimas, Tarascos und Otomis. Lumholtz war nicht nur Anthropologe, sondern gleichzeitig Zoologe, Botaniker und Archäologe. Er sammelte und studierte nicht nur die Kulturen der indigenen Völker, sondern auch Exemplare der Tier- und Pflanzenwelt sowie Mineralien. Er führte Ausgrabungen durch und nahm archäologische Funde mit nach Europa. Er trug Objekte der materiellen Kultur der Indigenen zusammen wie Korbflechtarbeiten, Musikinstrumente, Webwaren, Keramik, Jagdutensilien und Trachten sowie Knochen und Haarproben der von ihm untersuchten Indigenen. Er sammelte das Vokabular der indigenen Sprachen und nahm die eingeborenen Gesänge verschiedener Stämme auf Tonband auf. In diesen Kontext kann man auch die auf Glasplatten entstandenen Fotografien einreihen: Als Sammelobjekte, die wie die vorhergenannten Objekte vorrangig zur archivarischen Aufbewahrung bestimmt waren. Carl Lumholtz unternahm insgesamt sechs Forschungsreisen zwischen 1890 und 1910, auf denen zahlreiche Fotografien als ergänzendes visuelles Material zu seinen ethnologischen Aufzeichnungen entstanden. Die Ergebnisse seiner Forschungsreisen veröffentlichte er zusammen mit einer Auswahl von Fotografien in dem zweibändigen El México Desconocido (Das unbekannte Mexiko), das eine Mischung aus Reisebericht und ethnografischer, auf teilnehmender Beobachtung basierender Beschreibung ist.

Das Werk ist ein ethnologisches Standardwerk und wird noch in aktuellen wissenschaftlichen Aufsätzen regelmäßig zitiert. El México Desconocido erlebte vier Auflagen, bis in die Gegenwart hinein (1945, 1960, 1981 und 1994), was für seine bis heute geltende Bedeutung für die Ethnologie spricht. Die ethnologischen Daten, die Lumholtz lieferte, werden bis in die Gegenwart hinein meist als wertvoll und nicht nur auf dem höchsten Niveau seiner Epoche, sondern auch noch als für zeitgenössische Ethnologen relevant bezeichnet. Seine anthropologischen Studien sind, schreibt Mario Vásquez in dem 1996 erschienenen Buch Carl Lumholtz – Montañas, duendes, adivinos... , der wohl tiefgründigsten Auseinandersetzung über Lumholtz’ ethnologische Studien und Fotografien, „ein fundamentaler Beitrag für die Entwicklung der mexikanischen Ethnologie.“16

Jedoch mehren sich auch Stimmen der Kritik. So werden dem Norweger „Notizen und Kommentare, die an Unverständnis, wenn nicht gar an Verachtung für die von ihm studierten Gruppen grenzen“ vorgeworfen.17 Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Lumholtz die Isolierung der indigenen Gruppen überbetont habe, dass er willkürlich angeblich ursprüngliche Merkmale getrennt habe von solchen, die bereits auf europäische Einflüsse zurückgingen, wobei er letztere minimiert habe. Das führte zu der irrtümlichen Annahme des Fortbestehens eingeborener Lebensweisen und Schlussfolgerungen wie folgender, dass zum Beispiel die Huicholes „praktisch in demselben kulturellen Stadium lebten wie als Cortés mexikanischen Boden betrat“18, also wie zu Zeiten der Eroberung vor fünfhundert Jahren.

Auch über die Qualität von Lumholtz´ Fotografien gehen die Meinungen in der Forschungsliteratur weit auseinander. Immer wieder wird mit Bewunderung von der Ausdrucksstärke und Lebendigkeit der Lumholtz´schen Porträts gesprochen.

„Zahlreiche unvergleichlich lebendige Momentaufnahmen zeugen von seinen Bemühungen zu verstehen und gleichzeitig vor den Augen der Welt seine außergewöhnliche Erfahrung zu offenbaren. Er schuf, fast ohne Vorläufer, eine großartige graphische Synthese der Lebensumstände der Indios Mexikos.“19 Als einen „Fotografen von bemerkenswerter Sensibilität“20 bezeichnet Olivier Debroise Lumholtz. Ganz anders lautet hingegen das Urteil von Fernando Benítez, der in Los indios de México schreibt: „Die Kamera des norwegischen Forschers hatte die Eigenheit, den Indios ihre Schönheit zu rauben, sie zu bloßen Gespenstern ihrer selbst zu reduzieren, zu mumifizierten Dokumenten, sehr ähnlich denen, die man in den Registern der Gefängnisse oder der Leichenschauhäuser findet.“21

Das Fotografieren als Akt der Aneignung im Sinne Susan Sontags und speziell auch als Form der kolonialen Weltaneignung stieß auf den Widerstand der Eingeborenen, die Lumholtz fotografieren wollte: „Die Eingeborenen bieten mir permanent Widerstand; sie sind sehr misstrauisch gegenüber den Weißen.“22 Er berichtet von Weigerungen, sich fotografieren zu lassen, bis hin zu bewaffneten Zusammenstößen.

Der große Widerstand entsprang einerseits religiösen Vorstellungen der Indigenen. „In primitiven Gesellschaften waren das Ding und sein Bild nichts anderes als zwei verschiedene, das heißt physisch unterschiedliche Manifestationen ein und derselben Energie oder ein und desselben Geistes.“23 Die Indigenen glauben daher, dass ihr Auftauchen auf einer Fotografie sie in Gefahr bringt, einen Teil ihrer Seele zu verlieren, indem dieser in die Fotografie übergeht. Als Lumholtz die Indigenen fotografierte, „wirkten sie wie Angeklagte kurz vor der Hinrichtung. Sie glaubten, indem ich sie fotografierte, könnte ich ihre Seelen mit mir nehmen, um sie später zu essen, ganz nach meinem Geschmack, wenn ich wollte; sie glaubten, sterben zu müssen in dem Moment, in dem ihre Porträts in meinem Land ankämen oder dass ihnen zumindest etwas Schlimmes zustoßen würde.“24

Die Angst vor der Kamera war jedoch auch an die Angst vor territorialer Inbesitznahme gekoppelt. Bei einem Konflikt, in dem Lumholtz von mit Flinten, Macheten und Steinen bewaffneten Tarasken das Fotografieren untersagt wurde, sagten diese: „...und wer weiß, ob Sie nicht zurückkehren, um sich unsere Territorien anzueignen!“25

Lumholtz war tief in den Vorstellungen von Rasse, Evolution und Fortschritt seiner Zeit verwurzelt. Seine Ausbildung stand im Zeichen herrschender Theorien seiner Epoche: dem Positivismus und dem Evolutionismus, worauf im sich anschließenden Kapitel näher eingegangen werden wird.

In seinen Texten taucht häufig der Terminus „primitiv“ und „minderwertig“ als Attribut der Indigenen auf, in Verbindung mit abwertenden Beobachtungen, wie zum Beispiel in folgender Notiz: „Die Gleichgültigkeit, mit der sie sich die Haare ausreißen, überzeugte mich davon, dass die minderwertigen Rassen unempfindlicher auf Schmerz reagieren als der zivilisierte Mensch.“26

Obwohl tief verwurzelt in seiner Überlegenheit gegenüber den Indigenen, zeigt sich bei Lumholtz auch eine Wertschätzung und Bewunderung für die Indigenen, die neu ist und mit dem Einfluss der deutschen Romantik in seiner akademischen Bildung zusammenhängt. Diese Strömung manifestiert sich unter anderem in der Sehnsucht nach einem ungebrochenen Verhältnis zwischen Mensch und Natur und nach Lebensweisen, die von der modernen Zivilisation und der mit ihr einhergehenden Industrialisierung noch nicht berührt sind. Diese Sehnsucht weckte ein Interesse an den Lebenszusammenhängen jener „Naturvölker“, und öffnete den Weg zu neuen Darstellungsformen des Indigenen in der Fotografie.

Carl Lumholtz kann als der Erste betrachtet werden, der – ab circa 1895 - nicht nur den Menschen neben einen Messstock gestellt abbildete (die bis dahin gängige Darstellungsweise, in der auch seine Zeitgenossen Désiré Charnay, Teobert Maler, Léon Diguet und Frederick Starr verschiedene indigene Stämme Mexikos fotografierten), sondern im Detail Aspekte des täglichen Lebens der Eingeborenen, ihrer religiösen Riten und Tänze aufnahm und damit die Indigenen in würdevolle und bewunderungswürdige Subjekte verwandelte. Es findet ein Übergang statt von der Beschreibung fremder Kulturen nach bloßen physiognomischen Gesichtspunkten hin zur Aufzeichnung ihrer kulturellen Äußerungen (Kult- und Alltagsgegenstände sowie deren Herstellung, Lieder, Tänze etc). Dieser Wandel wird in dem Werk von Carl Lumholtz augenfällig: Frühe anthropometrische Vermessungsaufnahmen wie Mujer huichola (Abb.1) von 1892/93 stehen neben solchen wie zum Beispiel die Fotoserie hombre haciendo flechas (Abb.5) von 1895/96, die eine kulturelle Handlung thematisiert. Im Mittelpunkt steht die Herstellung von Pfeilen, eine als traditionsträchtig beschriebene handwerkliche Arbeit. Die Hinwendung zu diesem Motiv, der Darstellung von in der eigenen Umgebung spürbar ins Abseits gedrängten manuellen Produktionsweisen, erklärt sich auch aus dem Wunsch nach Ursprünglichkeit der Lebensumstände und nicht entfremdeter Arbeit, die im industriellen Europa und Nordamerika zu großen Teilen verlorengegangen war, eine Sehnsucht, die im Gegensatz zu dem im frühen neunzehnten Jahrhundert dominierenden Fortschrittsglauben und der Technikbegeisterung steht.

Die Lumholtzschen Fotografien, die romantische Anklänge zeigen, wie zum Beispiel Paisaje con hombre sentado (Abb.6), beschwören das ungebrochene Verhältnis von Mensch und Natur, wobei sie jedoch die sichtbaren Zeichen kulturellen Wandels dieser Völker ausklammern. So schreibt auch Cedano in seinem Artikel über Lumholtz, dass die bereits eingesetzten kulturellen Veränderungs- und Assimilationsprozesse der indianischen Völker sein Thema nicht waren: „Auf jeden Fall ließ Lumholtz das hochaktuelle Thema der Anpassung beiseite und unterließ es damit, von Tausenden von Indios zu sprechen.“27

3.3. Grundzüge der Anthropologie und der anthropologischen Fotografie um 1900

3.3.1. vor 1900: Vermessung/Typologisierung/ Objektivierung

Die ethnologischen Fotografien entstanden als begleitendes Bildmaterial zu ethnologischen Studien beziehungsweise für die Sammlungen und Archive von Universitäten und Forschungseinrichtungen. Sie dienten zunächst dem Ziel, die physische Beschaffenheit der Weltbevölkerung zu dokumentieren und das Bestimmen der Rassenzugehörigkeit auf ein gesichertes Faktenfundament zu stellen. Im ganzen charakterisiert diese Fotografien ein inventarisierender und vergleichender Blickwinkel. Dabei sagt die Art der Beobachtung und Bestandsaufnahme im Bild mehr über den damaligen Standort der Ethnologie aus und reflektiert den kolonialen Herrschaftsanspruch und das darauf gegründete Machtgefühl der Fotografen, als dass sie Informationen über die fremde Kultur zu liefern vermag.

Bevor auf die Grundzüge der Fotografien genauer eingegangen wird, soll deshalb kurz etwas zu den damaligen Grundsätzen der Ethnologie vorausgeschickt werden.

Von der Mitte des neunzehnten bis in die Zwanziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts wurde die Ethnologie vom Paradigma des Evolutionismus und einem von den Naturwissenschaften bezogenen Wissenschaftsverständnis geprägt; erst im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts traten ein ganzheitlicher Kulturbegriff und sozialanthropologische Theorien auf den Plan. Die Dominanz von Vernunft und Erfahrung als für die Erkenntnis der Wirklichkeit einzig gültige Prinzipien mündete im neunzehnten Jahrhundert in die auf die äußere Erscheinung des Menschen und seine Umwelt gerichtete objektivierende Forschung, die die Erhebung quantifizierender Daten und den anschließenden Übergang von Erfahrungstatsachen zu allgemeinen Gesetzmäßigkeiten zur wissenschaftlichen Methode erhob.

So waren die Methoden und Theorien des Fachs, da sie geprägt waren vom Positivismus, der Analyse und der Detailkenntnis, stark szientistisch ausgerichtet. Einerseits lassen sich diese „szientistischen Methoden (...) in den Wissenschaften vom Menschen auf körperliche Vorgänge und Zustände (...) mit Erfolg anwenden“28, andererseits bedingt ein entsprechendes Vorgehen die Vernachlässigung weltanschaulicher Aspekte, die in Hinsicht auf die gesamte Lebenswirklichkeit des Menschen, besonders aber dessen Vorstellungswelt, von grundlegender Bedeutung sind. Da eine szientistische Verfahrensweise zudem auf die Wahrnehmung individueller Erscheinungen verzichtet, reduziert sie auch den Menschen auf einen Merkmalsträger seiner Kultur.

In der Denkweise der Zeit bildeten in erster Linie Vorstellungen wie Fortschritt und Wachstum in ihrem gesellschaftlich soziokulturellen Kontext den Ausgangspunkt zahlreicher Überlegungen. Evolutionistische Thesen wie die von dem schottischen Aufklärer Adam Ferguson (1723-1816) aufgestellte Dreistufengliederung der Menschheitsgeschichte (von der Wildheit der Kindheit zur Barbarei der Jugend bis zur Zivilisation des Erwachsenenalters), wurde auf die Kulturentwicklung von Gesellschaften übertragen. Auch Lumholtz übernahm diese Theorie: „Es ist mit den Rassen wie mit den Individuen; beide müssen eine Reihe fortschreitender Etappen zurücklegen: die Wildheit in der Kindheit, die Barbarei in der Jugend und die Zivilisation im Erwachsenenalter. (...) so haben sich die charakteristischen Qualitäten der zivilisierteren Nationen aus den Tugenden und Lastern des primitiven Stammes entwickelt, aus dem sie hervorgegangen sind.“29

Demnach wurden die „primitiven“ Völker als Vorstufe der zivilisierteren Nationen gekennzeichnet. Die westlich-industrialisierte Kultur galt als die höchststehende, fortgeschrittene, zivilisierte. Die vom Fortschritt unberührten „primitiven“ Völker wurden als Relikte der Vergangenheit (der Terminus survivals taucht häufig in den Erörterungen auf) und Studienobjekte klassifiziert und zu vergleichenden Studien herangezogen als die in der Menschheitsgeschichte frühen Gesellschaftstypen entsprechende Organisationsform. Das Verschwinden der indigenen Kulturen war in dieser Argumentationsfolge unabwendbare Konsequenz einer linear fortschreitenden Gesellschaftsentwicklung, die nur in eine Richtung, in Richtung dessen, was als Zivilisation verstanden wurde, gehen könne. Die Minderwertigkeit des Indigenen war somit postuliert.

Die Indigenen und ihre Lebensweise wurden fotografiert, um in den ethnografischen Archiven der Museen aufzubewahren, was die Modernisierung ausradieren würde. Das Aussterben der traditionellen Kulturformen wurde lediglich dokumentiert, nicht bedauert, was sich im zwanzigsten Jahrhundert ändern sollte. So konstatiert auch Lumholtz in seiner Einleitung des 1903 erschienenen El México Desconocido:

„Angesichts des aktuellen schnellen Fortschritts Mexikos wird man nicht verhindern können, dass diese primitiven Völker verschwinden, mit der großen Nation sich verschmelzend, zu der sie gehören.“30

Aufgrund der Überzeugung von der Überlegenheit der westlichen Kultur bot man den anderen Kulturen seine wohlwollende Hilfe an, um dieses Niveau des Entwicklungsstandes zu erreichen. So schreibt Lumholtz in der abschließenden Zusammenfassung von El México Desconocido : „Die, die wir als primitive Völker bezeichnen, haben nur noch nicht genügend Zeit gehabt, ihre vollkommene Entwicklung zu vollziehen; es sind Nationen in Kinderschuhen, in einem Stadium, aus dem die Arier, zum Beispiel, vor vielen tausend Jahren herausgewachsen sind. Die Wahrheit ist, dass wir mit diesen Rassen nicht genügend Geduld haben und verlangen, dass sie in wenigen Monaten aufsteigen in die Zivilisation, die wir nach vielen Jahrhunderten erreicht haben.“ Und weiter heißt es: Wir müssen „in den primitiven Rassen die Mitmenschen unserer früheren Vorfahren“ sehen, „für die wir die Verpflichtung und das Privileg haben sollten, ihnen zu helfen, einen höheren Entwicklungsgrad zu erreichen.“31

3.3.2. nach 1900: Perspektive der teilnehmenden Beobachtung

Ab 1900 vollzieht sich in der Ethnologie ein Paradigmenwechsel. Mit dem aufkommenden Konzept der „teilnehmenden Beobachtung“ kommt eine neue Perspektive in der Völkerbeschreibung ins Spiel.

Die dokumentarische, beobachtende Haltung des Naturwissenschaftlers, der registrierend und sammelnd durchs Land reist, wird abgelöst durch die des Ethnologen, der sich durch einen persönlichen Zugang und das Aufgehen in der Lebensweise der von ihm erforschten Kultur auszeichnet. Er lebt für einen längeren Zeitraum unter ihnen und lernt ihre Sprache, um Fragen zu stellen und Kontakte zu knüpfen. Dieser neue Ansatz wird als „teilnehmende Beobachtung“ bezeichnet.

Es findet ein Übergang von der Dokumentation der Oberfläche einer Kultur, des Sichtbaren und visuell Darstellbaren hin zur Erforschung der nur schwer fotografisch festzuhaltenden Struktur einer Gesellschaft statt. Während es vor 1900 primär um die Inventarisierung von Land und Leuten und deren materieller Kultur ging, wandte sich die Ethnologie nach 1900 zunehmend der Erforschung sozialer Beziehungen zu. Dafür taugte die Fotografie wenig, sie verlor an Bedeutung oder wurde durch den Film ersetzt. Im Gegensatz zur Fotografie, deren Möglichkeiten bei der Aufnahme komplexer Prozesse beschränkt waren, vermochte der Kinematograph auch Aktionsabläufe zu fixieren und damit oft ganze Systeme von Einzelhandlungen, deren funktionaler Charakter erst im Zusammenspiel deutlich wurde. Außerdem konnten durch Interviews moralische und weltanschauliche Vorstellungen der Kulturangehörigen festgehalten werden.

3.4. Motivwahl und Gestaltungsprinzipien in den Fotografien von Lumholtz

Ungleich dem porträtierten Europäer, der seine Pose, da er sie aus eigenem Antrieb und entsprechend eigenen Vorstellungen einnahm, als Selbstinszenierung betrachten konnte, besaßen die Eingeborenen weder den geringsten Einfluss auf die formale Gestaltung der Aufnahme, noch fungierten sie als Auftraggeber. An den Ergebnissen entsprach alles den Vorstellungen der Fotografen. Für sie gab es Leitfäden zum Studium der physischen Anthropologie, die auch Anleitungen für die Komposition der fotografischen Porträts enthielten. In einem 1868 von der Französischen Kommission für Wissenschaft herausgegebenen Anleitungsbuch heißt es: „Es muss daran erinnert werden, dass ein Bild, damit es nützlich ist, immer genau von vorn oder genau von der Seite aufgenommen werden muss. Ein jedes Porträt, das aus einer Drei-Viertel-Sicht aufgenommen ist, ist ohne wissenschaftlichen Wert.“32 Aus dem Zitat geht hervor, dass die Aufnahmen einer wissenschaftlichen Verwertbarkeit Genüge leisten, also messbare Daten übermitteln sollten.

Nach immer gleichen Kompositionsformen wurden die Menschen frontal, im Profil und von hinten aus mittlerer Distanz abgelichtet. Weitere Kriterien bei der Aufnahme anthropometrischer Fotografien waren: Eine optimale Ausleuchtung, um Umrisse und Proportionen deutlich erkennbar werden zu lassen, sollte von einem neutralen, möglichst hellen beziehungsweise weißen Hintergrund unterstützt werden. Der Körper des Probanden hatte möglichst entblößt zu sein; von Schmuck, Kleidung und allem, was die Klarheit und Messbarkeit beeinträchtigen konnte, war abzusehen. Die Negative und Abzüge sollten ein festgelegtes Format haben; bei Darstellung des Gesichts nicht weniger als ein Achtel der natürlichen Größe, um nachträglich vergleichende Messungen zu ermöglichen. Einen einmal zugrunde gelegten Maßstab galt es beizubehalten.33 Die normierte Fotografie sollte Ergebnis eines quasi objektiven Aufnahmevorgangs sein, der jeglichen Einfluss des Fotografen und der abgebildeten Person angeblich ausschloss. Alle diese Kriterien wurden in der Lumholtzschen Aufnahme Mujer huichola visuell umgesetzt.

Die Statik und Steifheit der Fotografien gründet sich in der Anfangszeit der ethnologischen Fotografie einerseits auf die noch schwerfällige Fototechnik: lange Verschlusszeiten machten es zur Voraussetzung, dass die Porträtierten während des Aufnahmevorgangs in größtmöglicher Regungslosigkeit verharrten. Doch auch mit dem um 1880 aufkommenden Bromsilber-Gelatine-Verfahren und immer kleineren Apparaten mit schnelleren Aufnahmezeiten änderte sich zunächst nichts an der Darstellungsweise, so dass deutlich wird, dass sie nicht aus den Zwängen des Mediums resultiert, sondern vor allem auch die Einstellung spiegelt, fremde Völker als im Stillstand verharrendes Ganzes zu begreifen, und noch nicht wie später als dynamischen Prozess. Der Kulturbegriff war beschränkt auf Rassen-Anatomie, - Physiologie, sogar gelegentlich –Psychologie. Soziokulturelle Aspekte wurden weitestgehend ausgeklammert.

Die gleichmachende Dimension der Komposition spiegelt die Vision jener Fotografen, deren Blick auf die indigene Welt sich in der Schaffung klassifizierender Typologien zentriert, die das Homogene über alle individuellen Merkmale stülpt, um die Subjekte in Zeichen einer „wissenschaftlichen“ Theorie zu verwandeln. Die Fotografen ließen das Individuum hinter einer Fotografie verschwinden, die die Linien der Kontinuität hervorhebt, die übereinstimmenden Merkmale, das rassische Stereotyp.

Diese Bilder sind formal verwandt mit den fotografischen Serien, die man ab dem letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts zur Untersuchung und Identifikation von Kriminellen, Prostituierten, Geisteskranken und Obdachlosen gemacht hat. In der Abbildung Sträfling mit Messlatte (Abb.8) nimmt der Dargestellte eine ähnliche Aufstellung neben einer Messlatte vor einer neutralen Wand ein. Ein kleiner, schmächtiger Mann steht hier gerade aufgerichtet, frontal vor der Kamera. Ein Arm hängt am Körper herunter, der andere wird seitlich weggestreckt. Der Mann ist auch unbekleidet, seine Kleidung liegt hinten in der rechten Ecke am Boden. Die Erniedrigung ist hier noch dadurch gesteigert, dass ihm zusätzlich zur Entblößung Fußfesseln angelegt wurden, was den Aspekt des Zwanges hervorhebt.

Durch den neutralen Hintergrund werden die abgebildeten Menschen aus ihrer komplexen Lebenswirklichkeit isoliert. Selbst auf der Fotografie Mujer huichola , die im Hintergrund ein Zelt zeigt, dient dieses nicht der Beschreibung des Lebensumfeldes der Indianerin, sondern wurde aufgrund des hellen Materials als passende Kulisse auserkoren, vor der sich der Körper der Frau kontrastreich abhebt. Denn die zunächst naheliegende Vermutung, es handele sich hierbei um ihre Wohnstätte, bestätigt sich nicht. Bei genauerer Lektüre der Lumholtzschen Fotografien kommt zutage, dass die Huicholes in strohbedeckten Steinhäusern leben (dies ist zum Beispiel sichtbar in Abb. 5a/b/c) und dass das Zelt vielmehr die Reiseunterkunft des Forschers Lumholtz ist.

Selbst auf jenen Fotografien, die kulturelle Erscheinungen wie Rituale oder Tänze aufzeichneten, wurde im nachhinein der Kontext entfernt. Dieses Phänomen begegnet uns auch in Lumholtz’ El Mexico desconocido. Dort finden wir die Abbildung Bailador entusiasta (Enthusiastischer Tänzer), wie die Bildunterschrift ein bisschen höhnisch verlautbart. Die Fotografie zeigt einen aus unverständlichen Gründen in die Luft springenden Mann, denn die anderen fünf an der Zeremonie beteiligten Männer und der ganze Zusammenhang des Rituals, der im Originalnegativ (Abb.9) festgehalten ist, wurden wegretuschiert. Auch illustriert die Aufnahme einen Text, eine ethnographische Beschreibung, zu dem sie in keinem erkennbaren Zusammenhang steht: er erzählt von einer zu festlichen Anlässen zubereiteten Maisspeise.

Auch die Ansiedlung der Indigenen in der Vergangenheit, die Vorstellung, dass sie den in der Menschheitsgeschichte frühen Gesellschaftstypen entsprechen34, spiegelt sich in den Fotografien auf vielfältige Weise wider. Dies zeigt sich meist in der Motivwahl, also in dem, was ausgewählt sowie in dem, was weggelassen wurde. So wendete Lumholtz sein Interesse und sein Objektiv vorrangig jenen Stämmen zu, die seinem Ideal vom „Naturvolk“ am besten entsprachen. In der Nähe von Tosanachic fand er zum Beispiel indigene Familien, die aus Mangel einer besseren Zuflucht in Höhlen oder in Unterschlüpfen aus Zweigen untergekommen waren. Sie erschienen Lumholtz „indianischer...als die Tarahumaras, die ich bis dahin gesehen hatte.“35 Auch die Dekontextualiserung vieler Fotografien und das Weglassen zeitverortender Attribute wie Objekte der modernen Zivilisation helfen, Archaik und Zeitlosigkeit in den Aufnahmen zu transportieren.

Die um 1900 aufkommende neue Perspektive der „teilnehmenden Beobachtung“ fand auch ihren Niederschlag in neuen fotografischen Gestaltungsprinzipien. Die bestimmende Inszenierung und die daraus folgende Bildwirkung steifer und erstarrter Posen der aus ihrem kulturellen Kontext herausgelösten Personen weicht der Beobachterposition des Fotografen, der nicht in die Abläufe eingreift, und zum Beispiel Momentaufnahmen alltäglicher und ritueller Vorgänge festhält, wie zum Beispiel das eingangs vorgestellte Foto hombre haciendo flechas (Abb.5). Es sind hier drei Augenblicke eines Ereignisses abgebildet, womit auch die zeitliche Dimension Einzug in die ethnologische Fotografie hält, die bis dahin auf „zuständliche Daseinsphänomene“36 beschränkt war.

Das alltägliche Leben als eigenständiges Bildthema der ethnologischen Fotografie setzte sich erst nach der Jahrhundertwende durch und brachte neue Gestaltungsmittel mit sich, zum Beispiel Fotosequenzen zur Darstellung von Handlungsabläufen oder die Neuerung, dass die dargestellten Menschen jetzt kaum noch direkt in die Kamera schauen (Abb.5). Wennschon dieser Aspekt einerseits den Beginn einer Fotografie indiziert, in der die Kamera das Geschehen nicht mehr autoritär bestimmt, sondern die handelnden Personen von einem zurückgezogenen dezentralen Standort aus beobachtet, sollte hierdurch jedoch zunächst nur das Augenmerk des Betrachters auf die zentrale Bildaussage gelenkt werden. Auch war „gerade bei den fotografischen Arbeitsdarstellungen weniger ein sozialer Kontext gefragt als primär, und dies durchaus in Übereinstimmung mit der wissenschaftlich-kulturhistorischen Theorie der Zeit, das Charakteristische der Erscheinung.“37

3.5. Fotografie als Dokumentationsmedium: Messung und Datenerfassung

Die objektiven Eigenschaften der Fotografie, an denen in ihrer Anfangszeit nicht die geringsten Zweifel aufkamen, prädestinierten sie zum Medium der Dokumentation. Man betrachtete sie als getreues Abbild der dargestellten Wirklichkeit, was dem gedruckten Bild Wahrheit und Beweiskraft verlieh. Man erwartete von der Fotografie, dass sie dem Idealisieren und Verzeichnen durch die bis dahin gebräuchlichen Illustrationsformen ein Ende zu bereiten vermöge und zugleich noch eine merkliche Arbeitserleichterung bei der Erhebung visueller Daten mit sich bringe.

Es werden der Fotografie zwei verschiedene Anwendungsbereiche innerhalb der Ethnologie zugewiesen: zum einen werden bereits bekannte Phänomene oder Theorien mit Fotografien illustriert, zum anderen wird zur Aufgabe gestellt, etwas für die Wissenschaft Relevantes anhand von Bildern herauszufinden. Um zu auswertbaren Daten zu gelangen, ist es unumgänglich, die unter dem Gesichtspunkt ihres ethnologischen Quellenwertes aufbereiteten und untersuchten ethnologischen Fotos zu kategorisieren und adäquate Kriterien für ihre Ausdeutung zu erstellen.

Die Fotografie war für Lumholtz der maximale Beweis für Objektivität. Sie ermöglichte ihm Präzision, eine Datenerfassung mit größter Detailgenauigkeit, die für die nachträgliche Analyse gesammelt wurden. Sie diente ihm zur Komplettierung seiner ethnographischen Notizen, ergänzend zum Feldtagebuch, zur Illustrierung seiner Argumente. Er konstruierte mittels der Fotografie eine Synthese der Gesamtheit des indigenen Lebens, die jedoch in Wirklichkeit eine Aneinanderreihung von Fragmenten ist, die vereinzelte Informationen aus einem persönlichen Blickwinkel geben. Die Fotografie ist ein Prozess der Abstraktion, ein Dokument, das nicht nur informiert, sondern natürlich auch konstruiert und interpretiert.

Dabei leitet sich die Gestaltung der Fotografien auch aus ihrem Verwendungszusammenhang her. Lumholtz’ Fotografien wurden vorrangig aufgenommen, um in Archiven als wissenschaftliches Quellenmaterial registriert und aufbewahrt zu werden. Er fertigte diese Fotografien in der Annahme an, dass diese die letzten Zeugnisse von Kulturen wären, die, wie man seinerzeit glaubte, in wenigen Jahren ausgestorben sein würden.

„In öffentlichen Archiven werden Dokumente und Materialien einem definierten Schwerpunkt folgend gesammelt, nach bestimmten konservatorischen Vorgaben aufgearbeitet, verzeichnet, katalogisiert, und der interessierten Öffentlichkeit oder der Wissenschaft in einer weitgehend kategorisierten und standardisierten Form als tragfähige Quellenüberlieferung zur Verfügung gestellt.“38 Aus diesem systematisierenden Fotografieren von Menschen (wie nach ähnlichen Prinzipien auch Gegenstände registriert wurden) resultiert der den heutigen Betrachter befremdende und sogar bestürzende Objektcharakter dieser Dargestellten. Denn ganz gleich, ob die ethnografische Kamera auf Landschaften, Geräte oder Personen gerichtet ist, stets arrangiert sie ihre Motive aus mittlerer Distanz zu starrer Frontalität und Symmetrie.

Die Fotografie ist nicht zuletzt ein Mittel zur Schaffung von Ordnung in einer Welt, die zunehmend komplexer und unübersichtlicher wurde. Sie hilft dem reisenden Fotografen, Besitz von einer Umwelt zu ergreifen, in der er sich unsicher fühlt.

In seinem Werk El México Desconocido verwendet Lumholtz seine Fotografien auch zur Illustrierung des Textes. Dabei lässt sich nicht genau sagen, ob entweder Zeichnungen nach den fotografischen Vorlagen angefertigt wurden oder ob das Fotomaterial stark retuschiert worden ist, indem Linien nachgezogen und eine piktoralistische Verfremdung (Weichzeichnung) vorgenommen wurde, so dass die Fotos wie gemalt wirken. Jedenfalls sind sie ununterscheidbar von den aquarellierten Zeichnungen, mit denen das Buch auch illustriert ist. Eine Liste zu Beginn des Buches zählt die Illustrationen auf, wobei Fotografien und Zeichnungen nicht als solche gekennzeichnet werden. Ebenso wenig gibt es Datumsangaben über die Aufnahmen. Figuren sind oft aus ihrem Hintergrund ausgeschnitten und somit aus jeglichem Kontext isoliert. Hier, in der Verwendung als Illustration, scheint eher die Orientierung der Fotografie an der als künstlerisch höherwertig geltenden Malerei eine Rolle zu spielen. Dies steht im Widerspruch zu ihrer sonstigen Verwendung als Medium der objektiven Dokumentation für archivarische Zwecke.

4. Der Indigene als Projektionsfläche europäischer und nordamerikanischer Sehnsüchte und Ängste

4.1. Gertrude Duby-Blom: Fotografien aus dem Lakandonischen Regenwald – eine Fotoanalyse

Die Schwarz-Weiß-Aufnahme Pepe Castillo (Abb.10), die Gertrude Duby-Blom 1943 in Monte Líbano, Puná in der Selva Lacandona machte, zeigt das Porträt eines Lakandonen. Der Titel identifiziert den Dargestellten.

Seinen schwermütigen Blick richtet der Mann mit dem langen schwarzen Haar mit Pony in die Kamera. Die Hand hat er in melancholischer Geste auf das Kinn gestützt. Das Gesicht füllt fast den ganzen Bildausschnitt aus, das Kinn und die Hand sind am unteren Bildrand abgeschnitten, während sein Schädel ganz erfasst ist und oben noch Bildraum freilässt. Der Blick des Dargestellten und seine Gemütsverfassung, die sich darin spiegelt, sind die zentralen Themen des Bildes. Es ist ein ruhiger, vertrauensvoller Blick, der jedoch gleichzeitig eine tiefe Melancholie und Resignation ausstrahlt. Die Tatsache, dass das Porträt etwas an den unteren Bildrand gedrängt ist, verleiht ihm zusätzliche Schwere. Nur auf das Gesicht des Lakandonen ist scharfgestellt, der Hintergrund verschwimmt. Starke Helldunkelkontraste strukturieren die Aufnahme, und viele Details werden von geballten Schattenzonen aufgesogen. In der extremen Nahsicht wird die von Witterung und Erfahrung gegerbte Haut und jede Pore, jede Falte sichtbar gemacht, und sie wirken durch die starken Kontraste wie in Stein gemeißelt. Die fesselnde Wirkung, die von dem Bild ausgeht, wurzelt in der direkten Konfrontation mit dem Mann und seinem Einverständnis, fotografiert zu werden.

Auf einer anderen, aus der Untersicht aufgenommenen Fotografie hebt sich der Kopf eines Lakandonen gegen Wald und Himmel ab. Die Fotografie Pedro Kayum von 1948 (Abb.11) zeigt einen Zigarre rauchenden Indianer im Profil. Er trägt langes schwarzes Haar und eine weiße Tunika, die traditionelle Kleidung der Lakandonen. Das stolze Profil des Lakandonen mit den hohen Wangenknochen, der gebogenen Nase und den Mandelaugen erinnert an die Maya-Darstellungen auf den präkolumbischen Steinreliefs, Wandfresken und Codices (Abb.12). Die Lakandonen galten lange Zeit in der ethnologischen Forschung als die direkten Nachfahren der Maya, als geradlinige Erben der Erbauer von Yaxchilán und Bonampak. Diese Annahme mag sich in dem Aufnahmemodus widerspiegeln, der ihre Verbindung zu den klassischen Maya assoziieren lässt. Der Heroismus des aus der Untersicht aufgenommenen Profils und die gigantische Zigarre als Symbol des Phallischen und somit der Fruchtbarkeit, Vitalität und Stärke mag ihre einstige Größe und Würde als Hochkultur heraufbeschwören wollen.

Kayum Ma’ax (Abb.13) ist ein weiteres Lakandonen-Porträt und wurde von Gertrude Duby 1977 in Najá aufgenommen. Den Entstehungsmoment des Fotos glaubt man in folgender Erinnerung Dubys wiedergegeben zu finden: “Ich schaute hoch und vor mir stand ein Mann, ein menschliches Wesen. Ich hatte ihn nicht gesehen, hatte ihn nicht kommen gehört. Er schien Teil der Umgebung, stand völlig bewegungslos und vermischte sich mit dem Dschungel.“39

Inmitten von dichten Gestrüpp sieht man aus der Tiefe des Waldes eine kleine Figur in einer weißen Tunika traumhaft auftauchen. Auch diese Person ist namentlich im Titel der Fotografie benannt. Die Figur befindet sich im Zentrum des Bildes, ist jedoch kleingehalten und teilweise von der Urwaldvegetation verdeckt. Das Bild thematisiert das Verhältnis Mensch-Natur: der Mensch in der noch intakten, unberührten Natur lebt mit ihr im Einklang, er erscheint klein und voller Ehrfurcht angesichts ihrer gewaltigen Größe. Er ist Teil der Natur, verschmilzt mit ihr zu einer Einheit. Es ist unverkennbar, dass Duby in ihrer Wahrnehmung der Lakandonen von der Rousseauschen Vorstellung vom edlen Wilden geprägt ist.

Ein Detail in der Fotografie, die Armbanduhr am linken Arm des Lakandon-Indianers, deutet jedoch bereits auf die brüchig gewordene Idylle hin. Als Symbol des beginnenden Einflusses der westlichen Zivilisation zeigt die Uhr den bereits eingesetzten Wandel an.

In zahlreichen Fotografien dokumentiert Gertrude Duby-Blom die Zerstörung des Regenwaldes und der Lakandonenkultur: Neben die Porträts der Lakandonen, ihres Alltags und ihrer religiösen Rituale treten zunehmend Fotografien des brennenden und verkohlten Waldes, Fotos mit aufgestapelten Baumstämmen, Traktoren, elektrischen Sägen oder ganzen Holzfällerzentralen inmitten einer Wüste geschlagenen Holzes.

Das 1951 in Lacanjá Chan Sayab aufgenommene Bild Trudi und Maria auf einer Lakandonen-milpa (Abb.14) zeigt ein Bild der Verwüstung: ein abgeholztes Waldstück, auf dem kreuz und quer die gefällten Baumstämme liegen. Auf einem dieser Stämme, der horizontal im vertikalen Bild liegt, sitzen im Zentrum des Bildes zwei Frauen. Die eine, eine Lakandonenfrau, blickt resigniert mit gesenktem Blick ins Leere. Die andere, Gertrude Duby, hat die Arme tröstend um die Freundin gelegt. Diese Fotografie, wahrscheinlich per Selbstauslöser aufgenommen, ist besonders interessant, da es das Selbstverständnis Gertrude Dubys und ihr Verhältnis zu den Lakandonen spiegelt. Bei Gertrude Duby weichen Distanz- und Objektivitätsstreben der Ethnologen einem dezidiert subjektiven, geradezu sentimentalen Ausdruck.

4.2. Gertrude Duby-Blom

Im Jahre 1940 flüchtete die kommunistische Schweizer Journalistin, Frauenrechtlerin und Widerstandskämpferin Gertrude Duby-Blom (1901-1993) vor der Nazidiktatur ins Exil nach Mexiko. Dort kaufte sie sich eine Kamera, eine gebrauchte Agfa-Box, und begann, ihre Artikel, zunächst Reportagen über die Revolutionärinnen, die an der Seite Zapatas kämpften, mit den Porträts dieser Frauen zu illustrieren. Sie arbeitete als freie Journalistin, unter anderem für die mexikanische Regierung, für die sie die Arbeitsbedingungen von Frauen in den Fabriken dokumentierte.

Sie blieb in Mexiko bis zu ihrem Tod 1993. In diesen fünfzig Jahren schuf sie ein umfangreiches fotografisches Werk, in denen sie das Alltagsleben und die Kultur der verschiedenen indigenen Völker in Chiapas dokumentiert, sowohl der im Hochland lebenden (Chamula, Zinacantán, Tenejapa oder Chenalhó) wie auch derjenigen der Regenwaldregion, der Selva Lacandona . Ihr Werk hat dazu beigetragen, auf die ethnische und kulturelle Vielfalt im südlichsten mexikanischen Bundesstaat Chiapas aufmerksam zu machen. Mehr als 50 000 Schwarz-Weiß-Negative, sowie „ein paar Hundert, vielleicht ein paar tausend Farbfotos und –dias“40 sind im Archiv ihres ehemaligen Wohnhauses und heutigen Museums Na Bolom in San Cristóbal de las Casas aufbewahrt.

Bekannt ist sie heute fast ausschließlich durch ihre Fotografien von den Lakandonen, eines in der Selva Lacandona lebenden Indianerstammes, der sich selbst hach winik, die wahren Menschen, nennt. Deren im Verschwinden begriffene Kultur zu retten, wurde zu Gertrude Dubys Lebensziel und daher zu ihrem fotografischen Schwerpunktthema.

Ihre Fotografien können als Projektionsfläche ihrer eigenen Wünsche und Ängste, als eine Art Sehnsucht nach dem Paradies, gelesen werden. „Als Kind, im Berner Oberland, spielte ich mit meinen gleichaltrigen Kameraden am liebsten Indianer. Wir waren begeistert von den Gestalten, die wir aus den phantasievollen Erzählungen Karl Mays kannten.“41 Ihr Traum vom authentischen Indianer, wie sie ihn aus den Büchern Karl Mays kennen und lieben gelernt hatte, führte sie zu den Lakandonen.

Als sie sich 1943 der ersten Forschungsexpedition des Jahrhunderts von der mexikanischen Regierung unter der Führung von Manuel Castellanos in die Selva Lacandona anschloss, gab es nur noch 158 dieser vom Aussterben bedrohten Lakandonen. In den nächsten fünfzig Jahren der allmählichen Transformation der Lakandonengesellschaft, die Gertrude Duby mit ihrer Kamera festhielt, machte Duby mehr als zwölf große Expeditionen in den Lakandonischen Dschungel von jeweils drei bis sieben Monaten und über sechzig kürzere Trips. In diesen Jahren lernte sie fast jedes Mitglied dieses Indianerstammes persönlich kennen und entwickelte im Laufe der Jahre ein Verhältnis zu ihnen, das weit über wissenschaftliche und journalistische Interessen hinausging und in dieser Art wohl bis heute einzigartig ist. Beistand, Trost und Mitleid kennzeichnen ihr Verhältnis zu den Lakandonen, das also auch keineswegs das gleichgestellter Erwachsener ist. „...den Indios gegenüber, die sie fotografiert, spielt sie reina, madre, Königin und Mutter, Matriarchin gar.“42 Diese Haltung kommt deutlich zum Ausdruck in der Fotografie Trudi und Maria auf einer Lakandonen- milpa (Abb.14).

Gertrude Duby porträtierte die lakandonische Gemeinschaft, deren traditionelle Kultur von der jungen Generation immer mehr zugunsten westlicher Einflüsse aufgegeben wird. Es sind Veränderungen, die von der Fotografin als Zerstörung wahrgenommen werden und die im Kontext polemischer, kämpferischer Zeitungsartikel zu sehen sind, die sie gegen den Untergang der traditionellen Lakandonengesellschaft und die Zerstörung ihres Lebensraumes, des Regenwaldes, verfasste.

[...]


1 Rousseau, Jean Jacques (1712-1778): frz. Schriftsteller und Philosoph, der den „primitiven“ Menschen als Gegenbild zum modernen, von sich selbst abgeschnittenen sah. Den „edlen Wilden“ charakterisiert er als von Dingen wie Wissenschaft, Erziehung und Gesellschaft unverdorbenen Menschen, der mit sich selbst und der Natur in organischer Einheit und Harmonie lebt.

2 Flusser, Vilém: Die Fotografie, in: Für eine Philosophie der Fotografie, Bd. 3 der Edition Flusser, Hrsg. Müller-Pohle:, Andreas, Göttingen 1997, S. 41.

3 Gethmann-Sievert, Annemarie: Einführung in die Ästhetik , S. 119.

4 Hall, Stuart: Der Westen und der Rest: Diskurs und Macht , in: Ders.: Rassismus und kulturelle Identität. Ausgewählte Schriften 2. Hamburg 1994, S. 154.

5 Tyler, Stephen: Zum „Be-/Abschreiben“ als „Sprechen für “, in: Berg, Eberhard u. Fuchs, Martin (Hrsg.): Kultur, soziale Praxis, Text. Die Krise der ethnographischen Repräsentation . S. 288.

6 Susan Sontag: Über Fotografie , S. 10.

7 Ebd., S. 20.

8 Regener, Susanne: Darstellungen des Anderen . Zur fotografischen Dokumentation von Frauen in Polizeiwesen und Psychiatrie, S. 251.

9 Husemann, Harald (Hrsg): As others see us , S. 89.

10 Bausinger, Hermann: Stereotyp und Wirklichkeit , S.160.

11 Kravagna, Christian: Postkoloniale Blicke, in: Butin, Hubertus (Hrsg.): DuMonts Begriffslexikon zur zeitgenössischen Kunst , S. 250.

12 Lips, Julius: Wie wir sie sahen – wie sie uns sehen, in: Prussat, Margrit und Till, Wolfgang: Neger im Louvre – Texte zur Kunstethnographie und moderner Kunst, S. 130.

13 Lips, Julius: Wie wir sie sahen – wie sie uns sehen, in: Prussat, Margrit und Till, Wolfgang: Neger im Louvre – Texte zur Kunstethnographie und moderner Kunst, S. 132.

14 Freund, Gisele: Photographie und Gesellschaft, S. 97.

15 Wiener, Michael: Ikonographie des Wilden. Menschen-Bilder in Ethnographie und Fotografie zwischen 1850-1918. S.116.

16 Vázquez, Mario: „una aportación fundamental para el desarrollo de la etnología mexicana”, in: Ramírez Morales, César (Hrsg): Carl Lumholtz – Montañas, duendes, adivinos..., S. 18.

17 Vázquez, Mario: „anotaciones y comentarios que por lo menos rayan en la incomprensión si no es que en el desprecio por los grupos que está estudiando… », in: Ramírez Morales, César (Hrsg): Carl Lumholtz – Montañas, duendes, adivinos.. ., S. 13.

18 Lumholtz, Carl: „viviendo prácticamente en el mismo estadio cultural que cuando Cortés pisó tierras americanas.“, zitiert in: Ramírez Morales, César (Hrsg): Carl Lumholtz – Montañas, duendes, adivinos... , S. 13.

19 Vázquez, Mario: „numerosas instantáneas incomparablemente vivas alimentan su esfuerzo por comprender y, al mismo tiempo, revelar ante los ojos del mundo su extraordinaria experiencia, logrando al paso una magnífica síntesis gráfica, acaso sin precedentes, de la circunstancia vital de los indios de México.”, in: Ramírez Morales, César (Hrsg): Carl Lumholtz – Montañas, duendes, adivinos..., S. 19.

20 Debroise, Olivier “photographer of considerable sensitivity”, in: Debroise, Olivier: Mexican Suite. A history of Photography in Mexico, S.129.

21 Benítez, Fernando: „La cámara del explorador noruego tenía la pecularidad de arrebatarles a los indios su belleza, reducíendolos a meros fantasmas de sí mismos, a momificados documentos muy semejantes a los que pueden verse en los registros de las cárceles o de las morgues.“ , in: Benítez, Fernando: Los indios de México , Vol.2, S. 66.

22 Lumholtz, Carl: “los nativos me hacían persistente oposición ; son muy desconfiados de los blancos“, in : Carl Lumholtz: Los Indios del Noroeste , S. 21.

23 Sontag, Susan: Über Fotografie , S. 148.

24 Lumholtz, Carl: „parecían reos próximos á ser ejecutados. Creían que fotografíandolos, podría llevarme sus almas para comérmelas despúes, á mi sabor, si lo quería; que morirían al punto como sus retratos llegasen á mi país, ó que les sobrevendría, cuando menos, algún mal.“, zitiert in: Ramírez Morales, César (Hrsg): Carl Lumholtz – Montañas, duendes, adivinos..., S. 96.

25 Lumholtz, Carl: „y quien sabe si volverá usted á aduenarse de nuestras tierras!“, in: Lumholtz, Carl: El México desconocido , Bd. 2, S. 425.

26 Lumholtz, Carl: “la indiferencia con la que se arrancaban los cabellos(...) me convencio que las razas inferiores son más insensibles al dolor que el hombre civilizado.”, zitiert in: Cedano Romo, Luis: Carl Lumholtz y el México desconocido. In: Ferrer Munoz, Manuel (Hrsg): La imagen del México decimónico de los visitantes extranjeros: Un Estado-Nación o un mosaico plurinacional?, S. 362.

27 Cedano Romo, Luis: “En todo caso, Lumholtz dejó fuera de El México Desconocido el tema candente de la asimilación y con ello dejó de hablar de miles de indios.”, in: Cedano Romo, Luis: Carl Lumholtz y el México desconocido. In: Ferrer Munoz, Manuel (Hrsg ): La imagen del México decimónico de los

28 Stagl, Justin: Szientistische, hermeneutische und phänomenologische Grundlagen der Ethnologie , in:Schmied-Kowarzik/Stagl (Hrsg): Grundfragen der Ethnologie , S. 17.

29 Lumholtz, Carl: „Sucede con las razas lo que con los individuos; ambos tienen que pasar á través de una serie de etapas progresivas: el salvajismo, en la infancia, la barbarie, en la juventud, y la civilización en la edad viril. (...) así las cualidades características de las naciones más civilizadas se han desarrollado de las virtudes y vicios que tenía la tribu primitiva de que nacieron.“, in: Lumholtz, Carl: El México desconocido , Bd. 2, S. 469.

30 Lumholtz, Carl: „En el rapido progreso actual de México, no se podrá impedir que esos pueblos primitivos pronto desaperezcan fundiéndose en la gran nación á que pertenecen.“, in: Lumholtz, Carl: El México desconocido , Bd. 1, S. XVIII.

31 Lumholtz, Carl: „Los que llamamos pueblos primitivos aun no han tenido el tiempo suficiente de alcancar su pleno desenvolvimiento; son naciones en la infancia, en un estado de que los Arias, por ejemplo, salieron hace muchos milliares de anos. La verdad es que no tenemos paciencia con tales razas y que pretendemos que asciendan en pocos meses á la civilzación que hemos logrado al cabo de muchos siglos. », sowie « en las razas primitivos á los semejantes de nuestros antiguos progenitores, para quienes deberíamos tener la obligación y el privilegio de ayudarlos á llegar á nivel más elevado», in: Lumholtz, Carl: El México desconocido , Bd. 2, S. 470.

32 Naggar, Carole und Ritchin, Fred: México. Through Foreign Eyes. Visto por ojos extranjeros 1850 – 1990, S. 102.

33 Wiener, Michael: Ikonographie des Wilden. Menschen-Bilder in Ethnographie und Fotografie zwischen 1850-1918 , S. 119.

34 Lumholtz, Carl: „Während ich ihre Freuden und ihre Sorgen teilte, in ihre Gedanken eintauchte und ihre Traditionen und Symbolismen verstehen lernte, fühlte ich mich Tausende von Jahren zurückversetzt, in die ersten Etappen der menschlichen Geschichte.“, („Compartiendo sus gozas y sus penas, penetrando en sus pensamientos y aprendiendo á comprender su ciencia tradicional y simbolismos, me sentí transportado á millares de años atrás, á las primeras etapas de la historia humana. »), zitiert in: Ramírez Morales, César (Hrsg): Carl Lumholtz – Montañas, duendes, adivinos..., S. 128.

35 Lumholtz, Carl: „...más indios...que los tarahumaras que había visto hasta entonces. », zitiert in: Ramírez Morales, César (Hrsg): Carl Lumholtz – Montañas, duendes, adivinos... , S.55.

36 Wiener, Michael: Ikonographie des Wilden. Menschen-Bilder in Ethnographie und Fotografie zwischen 1850-1918 , S. 158.

37 Ebd., S. 162.

38 Schultz-Möller, Regina: Archiv , in: Butin, Hubertus (Hrsg.): DuMonts Begriffslexikon der zeitgenössischen Kunst , S. 23.

39 Duby, Gertrude: „Miré hacia arriba y subrepticiamente aparecío un hombre, un ser humano estaba parado frente a mí. No lo vi, no lo oí venir. Él parecía ser parte del entorno, parado totalmente inmóvil confundiéndose con la selva.”, zitiert in: Hollingshead, Ian (Hrsg.): Imágenes lacandones. Gertrude Duby-Blom, S. 21.

40 Pappe, Sylvia: Gertrude Duby-Blom - Königin des Regenwalds. Eine Biographie, S. 146.

41 Duby-Blom, Gertrude: Das Antlitz der Mayas , S.5.

42 Pappe, Sylvia: Gertrude Duby-Blom - Königin des Regenwalds. Eine Biographie, S. 156.

Ende der Leseprobe aus 154 Seiten

Details

Titel
Vom Fremdbild zum Selbstbild - Die fotografische Repräsentation der Indigenen Mexikos
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin
Note
gut plus (1.7)
Autor
Jahr
2004
Seiten
154
Katalognummer
V120248
ISBN (eBook)
9783640241200
Dateigröße
14182 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fremdbild, Selbstbild
Arbeit zitieren
Mag. Madlen Schering (Autor:in), 2004, Vom Fremdbild zum Selbstbild - Die fotografische Repräsentation der Indigenen Mexikos, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120248

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