Maria Montessori – Eine reformpädagogische Konzeption


Hausarbeit, 1999

24 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Der Lebensweg Maria Montessoris

3. Anthropologische Grundlagen

4. Kritik der alten Erziehung

5. Die Befreiung des Kindes
5.1. Kampf zwischen Erwachsenem und Kind
5.2. Die soziale und biologische Befreiung des Kindes

6. Selbsterziehung des befreiten Kindes (theoretischer Aspekt) Die vorbereitete Umgebung

7. Erziehung als Normalisation
7.1. Phänomen der Deviation
7.2. Phänomen der Konzentration

8. Zusammenfassung

9. Montessori und Fröbel

10. Anthropologischer Aspekt der Montessori-Pädagogik

11. Praktische Aspekte der Montessori-Pädagogik
11.1 Die Vorbereitete Umgebung
11.2 Die sensiblen Phasen für Bewegung und Ordnung
11.3 Gehen auf der Linie
11.4 Das Sinnesmaterial
11.5 Übungen der Stille
11.6 Die Polarisation der Aufmerksamkeit

12. Das Kind als Mensch

13. Experimentalpädagogische Grundsätze und Methode
13.1 Psychische Organisation und experimentell bestimmte Anregung
13.2 Methodische Beobachtung des Fortschrittverlaufes

14. Schlußwort

Literaturverzeichnis

1. Einführung

In dieser Arbeit über das reformpädagogische Konzept Maria Montessoris werde ich mich hauptsächlich mit ihren Ideen und Grundgedanken über Kindererziehung auseinandersetzen. Zu Beginn folgt nun eine autobiographische Skizzierung ihres Lebens und Schaffens.

2. Der Lebensweg Maria Montessoris

Maria Montessori wurde am 31.08.1870 in Ciaravalle in der italienischen Provinz Ancona ge­boren. Sie wächst in einem bürgerlichen Elternhaus auf. Ihr Vater, ein Finanzbeamter , ist wohl der kleinbürgerlichen und konservativen Schicht zuzuordnen, wohingegen ihre hochgebildete Mutter eher liberale Ansichten vertritt. Aufgrund der beruflichen Versetzung ihres Vaters wächst Maria in Rom auf, einem Ort, an dem ihr bessere Schul- und Bildungs- Möglichkeiten offenstehen. Schon von frühester Jugend an verfolgt sie eigenwillig ihre Ziele und beginnt 1892 ein Medizinstudium, daß sie 1896 erfolgreich als erste Ärztin Italiens beendet. Im Jahre 1897 nimmt Montessori eine Tätigkeit als Assistenzärztin an der Psychiatrischen Kli­nik der Universität Rom an. Durch ihren dortigen Umgang mit behinderten Kindern stößt sie erstmals zur Pädagogik und vollzieht allmählich den Übergang von der Medizin zu dieser. Montessori erkennt, daß die Probleme der geistig zurückgebliebenen Kinder in erster Linie nicht medizinischer, sondern pädagogischer Natur sind und möchte helfen. Sie entwirft ein Förderprogramm mit den Grundgedanken jedem Kind zu seinem wahren Wesen zu verhelfen und durch Aktivierung der Sinne das verbliebene geistige Potential der Kinder zu entwickeln. 1900 übernimmt sie die Leitung eines medizinisch-pädagogischen Instituts zur Ausbildung von Lehrern für Behinderte, in dem sie selbst auch unterrichtet. Es folgen Überlegungen ihrerseits ob die , bei ihrer Arbeit mit behinderten Kindern, gewonnenen Erkenntnisse nicht auch für Bildung und Erziehung normal entwickelter Kinder genutzt werden könnten. Nach zwei Jahren verläßt sie das Institut und beginnt mit dem Studium der Pädagogik, Experimentalpsychologie und der Anthropologie. Trotzdem hält sie weiterhin Vorlesungen und veröffentlicht zahlreiche medizinische Schriften.

1907 wird das erste Kinderhaus eröffnet, eine Bewahranstalt für Kinder von Arbeiterfamilien bei welchem Montessori die Leitung übernimmt. Dort gewinnt sie folgende Erkenntnisse bei der Arbeit mit Kindern:

Montessori-Phänomen (Phänomen der „Polarisation der Aufmerksamkeit“): sogar kleine Kinder sind zu einer anhaltenden Konzentration fähig, wenn sie sich aus freien Stücken mit einem, ihrem Entwicklungsstand entsprechenden, Gegenstand auseinandersetzen - „Normalisation“ des Kindes bedeutet das Wiederherstellen der positiven Möglichkeiten, über die jedes Kind von Natur aus verfügt. Diese positiven Möglichkeiten können bei einer unangebrachten Behandlung durch den Erwachsenen jedoch beeinträchtigt werden („Deviationen“).

Durch Montessoris Erfolge mit den Kindern kommt es schnell zur Gründung weiterer Kinderhäuser und Montessori-Schulen. Von nun an widmet sie sich vermehrt der Weiterentwicklung ihrer Ideen durch die Teilnahme an Kongressen, Publikationen und Vorträgen auf der ganzen Welt.

Mit dem Erscheinen ihres ersten Buches 1909 beginnt die internationale Ausbreitung ihrer Ideen und ihrer Methode, sowie die Einführung derselben in italienischen und schweizer Volksschulen sowie in England, Argentinien, Frankreich und den USA. In den folgenden Jah­ren unternimmt Montessori Vortragsreisen auf der ganzen Welt. 1929 wird die Internationale Montessori Gesellschaft gegründet. Vor allem in den 30er Jahren engagiert sie sich für eine Erziehung zum Frieden.

Seit 1916 in Barcelona ansässig, muß sie aufgrund des spanischen Bürgerkrieges fliehen und läßt sich in Holland nieder. 1939 verläßt sie wiederum, durch Kriegsumstände bedingt, Europa und lebt bis 1946 in Indien, wo wichtige Teile ihres Spätwerks entstehen. Nach ihrer Rückkehr nach Europa ist sie, fast achtzigjährig, unermüdlich weiter tätig und unter­nimmt weitere Vortragsreisen. In ihrem niederländischen Wohnort Nordwijk aan Zee stirbt sie am 6.05.1952. [1]

3. Anthropologische Grundlagen

Montessoris anthropologische Auffassungen beruhen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen ihrer Zeit und ihren eigenen Versuchen und Beobachtungen mit Kindern.

Zwei wichtige Hauptaspekte ihrerseits sind die Förderung der Individualität und die Förderung der Sozialität. Bis zum Ende der Kindheit, etwa mit 12 Jahren, steht die Förderung der Individualität im Vordergrund, was für sie von besonderer Bedeutung ist, da die Qualität einer Gesellschaft abhängig ist von der Qualität der Individualität des Einzelnen. Eine höherentwickelte Gesellschaft ist, nach ihrer Auffassung, nur zu erreichen durch eine Höherentwicklung des Individuums und umgekehrt. Mit dem Jugendlichenalter beginnt die Förderung der Sozialität. Der Mensch ist, im Gegensatz zum Tier, in seinem Verhalten nicht festgelegt, er besitzt zunächst einen Komplex von Möglichkeiten (“Potentialitäten“), beispielsweise eine Potentialität für Sprache, die viele Formen annehmen kann, für Religion oder Mathematik. Solche Potentialitäten bezeichnet Montessori als Nebule.

Der Mensch ist von Natur aus ein Kulturwesen, er muß sich aufbauen, indem er sich mit seiner natürlichen, sozialen und kulturellen Umwelt auseinandersetzt. Ein Kind oder junger Mensch braucht, um sich in dieser komplexen Welt zurechtzufinden, erzieherische Unterstützung. Dieser Mensch ist Werk der Natur, Werk des Menschen und Werk seiner selbst. Außerdem existiert ein allgemeiner Rahmen der Entwicklung und seine Gestaltung durch jedes Kind selbst. Durch die Beobachtung frei arbeitender Kinder läßt sich die kindliche Entwicklung, laut Montessori, wissenschaftlich erforschen. Die Entwicklung des jungen Menschen vollzieht sich in Stufen, die durch Altersangaben gekennzeichnet sind und bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten mit sich bringen („Sensible Phasen“).

Kinder unter drei Jahren verfügen über einen „absorbierenden Geist“, wodurch sie alle Eindrücke der Welt ganzheitlich aufnehmen können, wie es dem Menschen später nicht mehr möglich ist. Der Mensch muß gemäß seiner Entwicklungsphase entsprechende Förderung erhalten, aber trotzdem noch genügend Freiraum für seine individuelle Entfaltung haben. Das Konzept der „vorbereiteten Umgebung“ muß, als Ergebnis oben genannter Überlegungen, nach der jeweiligen Entwicklungsstufe und den gesellschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen erschaffen werden. [2]

4. Kritik der alten Erziehung

Es werden Egoismus und Neid gefördert, da die intelligenteren Schüler den Schwächeren nicht helfen dürfen. Sie werden eingebildet und rufen somit den Haß der Anderen, der schwächeren Schüler, hervor.

Montessori bezeichnet diesen Erziehungsstil als unsozial, unmoralisch und sogar als kriminell, da das Individuum, das Kind, dadurch isoliert wird. Die Erziehung sollte aber darauf hinzielen Menschen auf ein soziales Miteinander vorzubereiten.

Die Unterdrückung des Kindes setzt sich noch weiterhin fort. Der Lehrer spielt sich als Herr, Richter und Schöpfer auf, der das Kind, laut Montessori, wie ein leeres Gefäß mit Weisheit anfüllt. Das Kind wird als gut und brav bezeichnet, wenn es die Übertragung von Wissen durch den Lehrer als Übermittler auf sich als Empfänger zuläßt und sich dem Gehorsam fügt. Die schlimmste Form der Unterdrückung des Kindes entsteht jedoch, wenn die kindliche Individualität durch von außen kommende Einflüsse in ihrer Handlung diszipliniert wird und somit keine innere Organisation erschaffen kann.

Die Auflösung der Tyrannei des Stärkeren über den Schwächeren kann nur dann vollbracht werden, wenn der Erwachsene das Kind nicht bestimmt und seine Gleichberechtigung anerkennt. Der Erwachsene sollte dem Kind einen Platz schaffen, an dem es sich frei entwickeln kann und sich nicht den Erwachsenen anpassen muß. Das Kind sollte vom Erwachsenen anerkannt und beschützt werden und nicht durch zu viel Hilfestellung Kennzeichnend für die alte Erziehung ist, laut Montessori, daß sie von der Unterscheidung zweier verschiedener Persönlichkeiten ausgeht, der des Erwachsenen und der des Kindes. Das Verhältnis des Erwachsenen zu dem Kind ist jedoch nicht demokratisch, da sich das Kind dem Erwachsenen fügen muß. Der Erwachsnene wird somit zum Meister und Beherrscher des Kindes, was die soziale Verständigung und die gesellschaftliche Harmonie beeinträchtigt. Das Kind findet weder als Persönlichkeit und als Mitglied der Gesellschaft Anerkennung, noch wird seine Würde geachtet und seine Rechte gesetzlich vertreten

Der Erwachsene baut seine Welt nur nach seinen Bedürfnissen auf und gibt dem Kind keine Möglichkeit sich seinen eigenen Lebensraum darin zu gestalten und sich einzugliedern. So lebt es völlig fremd in der Erwachsenenwelt. In der Schule wird dieser Weg durch Beaufsichtigung, Ermahnung und Befehle der Erwachsenen fortgeführt, die die freie Entwicklung des Kindes nicht zulassen. Das Kind soll so schnell wie möglich an die Erwachsenenwelt angepaßt werden und das „Kind sein“ ablegen. In der Schule wird keine soziale Umwelt hergestellt, dort wird das Kind zu Passivität und Langeweile verdammt. In solch einer unsozialen Umgebung kann keine soziale Erziehung vermittelt in neue Abhängigkeit gebracht werden. [3]

5. Die Befreiung des Kindes

5.1. Kampf zwischen Erwachsenem und Kind

Hauptproblem jeder Erziehungsform ist, laut Montessori, das Verhältnis zwischen Erwachsenem und Kind. Die Beziehungen zwischen den Rivalen sollten reformiert und gebessert werden.

Dadurch, daß der Erwachsene den Gehorsam des Kindes erzwingt werden die Bedürfnisse des Kindes zurückgedrängt und Formen der Deviation verursacht (siehe später im Text). Die Wurzel des gestörten Verhältnisses zwischen Erwachsenem und Kind besteht darin, daß verkannt worden ist, daß das Leben beider Gruppen nicht nur verschieden, sondern gegensätzlich ist.

Die Menschheit ist in die formative Periode des Kindes und in die definitive Periode des Erwachsenen gesplittet, wobei beide Teile eng miteinander verbunden sind, denn die Menschheit kann nicht nur von einer Hälfte des menschlichen Lebens gebildet werden. Mittlerweile ist jedoch die Situation eingetreten, daß der Erwachsene von seiner Lebensform ausgeht und das Kind dahingehend ausgerichtet beurteilt und, wenn es diesem Schema nicht entspricht, ermahnt und bestraft. Dadurch, daß sich das Kind nicht seiner Lebensform entsprechend entwickeln kann, wird „die Harmonie des menschlichen Lebens“ zerstört.

Ein weiteres Problem zwischen den Lebensformen des Kindes und des Erwachsenen ist, nach Montessoris Ansicht, die unterschiedliche Arbeit beider. Der Erwachsene wird bei seiner Arbeit, welche auf eine Umgestaltung der Umgebung hinzielt, von seiner Intelligenz und seinem Willen geleitet und wird produktiv. Kennzeichen seiner Arbeit sind die Arbeitsteilung, den rationalen und ökonomischen Einsatz der Arbeitskraft und die Kooperation. Die Arbeit des Kindes besteht darin, den Menschen aufzubauen, die Entwicklung vom Neugeborenen zum Erwachsenen zu vollziehen. Seien Wachstumsarbeit wird von inneren Impulsen bestimmt, weitgehend unbewußt im Gegensatz zu der des Erwachsenen, die sich nach einem von außen festgelegten Arbeitsplan vollzieht. Ziel der Arbeit des Kindes ist die Vervollkommnung seines Wesens und nicht die Vervollkommnung der äußeren Umgebung wie beim Erwachsenen. Aus diesen unterschiedlichen Arbeitsarten leitet Montessori das gegenseitige Unverständnis ab. Daraus ergibt sich das Hauptproblem, daß die Welt des Erwachsenen nicht auf das Kind vorbereitet ist und ihm keine eigene Welt und keinen Freiraum läßt. Das Kind jedoch braucht die Hilfe des Erwachsenen um sich in dieser Welt zurechtzufinden, ansonsten kommt es von seiner normalen Entwicklung ab.

[...]


[1] Winfried Böhm: „Maria Montessori“, S.152-156, Bad Heilbrunn/Obb., 1969

[2] Harald Ludwig (Hrsg.): „Erziehen mit Maria Montessori – Ein reformpädagogisches Konzept in der Praxis, S.31-34, Freiburg im Breisgau 1997

[3] Ebd, S.50-52

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Maria Montessori – Eine reformpädagogische Konzeption
Hochschule
Hochschule Ludwigshafen am Rhein  (Lehrstuhl für Pädagogik)
Veranstaltung
Einführung Pädagogik
Note
2,0
Autor
Jahr
1999
Seiten
24
Katalognummer
V120129
ISBN (eBook)
9783640240753
ISBN (Buch)
9783656057598
Dateigröße
410 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Maria, Montessori, Eine, Konzeption, Einführung, Pädagogik
Arbeit zitieren
Diplom Sozialpädagoge Alexander Bauer (Autor:in), 1999, Maria Montessori – Eine reformpädagogische Konzeption, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120129

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