Euphemismen in der Sprache der Politik


Seminararbeit, 2004

27 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Definitionen der Begriffe „Sprache“, „Politik“, „politische Sprache“
1.1. Die Definition des Begriffs „Sprache“
1.2. Die Definition des Begriffs „Politik“
1.3. Die Definition des Begriffs „politische Sprache“

2. Zum Begriff „Euphemismus“
2.1. Die Definition des Begriffs „Euphemismus“
2.2. Sprachliche Realisation von Euphemismen
2.2.1. Bildungsmöglichkeiten von Euphemismen
2.2.2. Gestalt von Euphemismen
2.3. Funktionen der Euphemismen
2.3.1. Funktion des Verhüllens
2.3.2. Funktion des Verschleierns
2.3.3. Beeinflussung durch Euphemismen

3. Euphemismen in der politischen Sprache
3.1. Modelle von politischen Euphemismen
3.2. Beispiele von politischen Euphemismen
3.3. Außenpolitik
3.4. Innenpolitik
3.5. Militär und Krieg

Schlussfolgerung

Literaturverzeichnis

Einleitung

Euphemismen lassen sich überall in der zwischenmenschlichen Kommunikation feststellen, wenn man sich bemüht, auf dieses sprachliche Phänomen zu achten. Dabei fallen vor allem die vielen konventionellen Euphemismen auf, die in alltäglichem Sprachgebrauch verwendet werden, wie etwa die verschiedenen Ersatzbezeichnungen für STERBEN: Heimgehen, Augen für immer schließen, wohlverdiente Ruhe finden, in eine bessere Welt gehen etc. Hinzu kommt eine große Anzahl verhüllender Ausdrücke, die in vielen Sprachsituationen auftreten.

In den Werbetexten fallen zum Beispiel insbesondere diejenigen Euphemismen ins Auge, die einen anstößigen Begriff nicht erwähnen, obwohl sie das Produkt, das damit bezeichnet wird, zum Kauf anpreisen wollen. Wie in der Sprache der Werbung stößt man auch in Politikerreden und anderen politischen Texten – im Fernsehen wie in der Tagespresse – auf Verschleierung, die sich als Euphemismen fassen lassen. Allerdings erfordert das Erkennen von politischen Euphemismen entweder Sachkenntnis oder setzt Einblicke in die Bildungsweise von Euphemismen voraus, um sie als solche ausmachen zu können.

In meiner Arbeit, die den Titel „Euphemismen in der politischen Sprache“ trägt, möchte ich mich mit dem Thema des Euphemismus in der Sprache der Politik auseinandersetzen. Dabei werde ich zuerst die Definitionen der Begriffe „Sprache“, „Politik“, „politische Sprache“ und „Euphemismus“ klären. Anschließend komme ich auf die sprachliche Realisation von Euphemismen, deren Bildungsmöglichkeiten, Gestalt und Funktionen zu sprechen. Im dritten Teil meiner Arbeit werde ich mich mit Euphemismen in der politischen Sprache beschäftigen. In beiden ersten Kapiteln komme ich allgemein auf Modelle und Beispiele von politischen Euphemismen zu sprechen. In weiteren Kapiteln werde ich die Bedeutung von Euphemismen in drei Unterbereichen Außenpolitik, Innenpolitik, Militär und Krieg erläutern.

1. Die Definitionen der Begriffe „Sprache“, „Politik“, „politische Sprache“

1.1. Die Definition des Begriffs „Sprache“

Am Beginn meiner Arbeit möchte ich mich zuerst mit den Definitionen der Begriffe „Sprache“, „Politik“, „politische Sprache“, die ja sehr allumfassend sind, auseinandersetzen und diese dann in ihrer Bedeutung etwas eingrenzen.

Die Definitionen für „Sprache“ habe ich dem METZLER LEXIKON SPRACHE und DEM GROSSEN HERDER entnommen.

Bei METZLER heißt es:

„ Sprache (engl. language, frz. langue, langage) Wichtigstes und artspezif. Kommunikationsmittel der Menschen, das dem Austausch von Informationen dient sowie epistem.

(die Organisation des Denkens betreffende), kognitive und affektive Funktionen er-

füllt. Der Ausdruck „Spr.“ hat zwei elementare Bedeutungskomponenten: (a) Spr.

„an sich“, die Bez. der menschl. Sprachbegabung als solcher (frz. faculte de langage),

(b) Spr. als Einzelsprache, d. h. die Konkretisierung von (a) in einer bestimmten Sprach-

gemeinschaft, zu einer bestimmten Zeit und in einem bestimmten geograph. Raum (frz.

langue) und deren Ausdruck in konkreten Kommunikationsereignissen (frz. parole).

(…)“ [1]

Im GROSSEN HERDER steht dazu:

„ (…)2) S . im eigentl. Sinn ist nur dem Menschen zugehörig. Sie zeigt sich hier in

verschied. Weisen (z. B. auch als Mienen-S., als wissenschaftl. Zeichen- od. Formel- u.

künstler. Bild-S.) überall dort, wo eine sinnl. wahrnehmbare Gestalt eine nur geistig

verstehbare Bedeutung erhält, die bei wiederholter Wahrnehmung dieser Gestalt

wiederholt in derselben Weise nach-verstanden werden kann. Alle diese partiellen

Sprachweisen übergreift u. trägt aber die durch das Stimmorgan (Kehlkopf; Stimme)

äußerbare universale menschl. Wort-S. Dabei ist zu unterscheiden: a) S. als der wirkl.

Vorgang des menschl. Sprechens (in den Grundformen z. B. der Kundgabe, des Appells,

der sachbezogenen Darstellung [K. Bühler]), wobei das einzelne Wort erst durch seine

Stellung bzw. Betonung im Satzganzen seine genauere Bedeutung erhält. (…)

b) S. als einer Gruppe von Menschen gemeinsames System von Worten u. grammat.

Regeln für deren Verbindung zu Sätzen u. Satzfolgen im Sprechvorgang (z. B. lat.,

frz., dt. Gemein-S. usw. u. die Mundarten). (…)

c) S. als die nicht einer bloß sinnlich-triebhaften Empfindungsmitte, sondern dem

seel.-geist. Verstehenszentrum des Menschen entspringende Fähigkeit, nach deren

Wesen die Sprachphilosophie fragt. (…)“ [2]

Die Sprache ist also wichtigstes und artspezifisches Kommunikationsmittel der Menschen, das dem Ausdrücken von Gedanken und Gefühlen und dem Austausch von Informationen dient und kognitive und affektive Funktionen erfüllt, d. h. die Organisation des Denkens, der Erkenntnis und der Wahrnehmung betrifft.

1.2. Die Definition des Begriffs „Politik“

Der Begriff „Politik“ ist sehr allumfassend, denn es gibt verschiedene Arten von Politik. Allgemein kann man die Politik bezeichnen als

„ (…) die Kunst, in Herrschaftsverbänden, bes. im Staat, durch Macht eine gesellschaftl.

Ordnung zu verwirklichen u. (auch gegenüber anderen Staaten) zu erhalten. In den de-

mokratischen Staaten ist es Aufgabe der Pol., ein besond. Ordnungsideal (auch einzelne

Interessen) in Konkurrenz mit anderen innerhalb des gleichen Verbandes möglichst

weitgehend zur Geltung zu bringen.“ [3]

Unter dem Begriff „Politik“ kann man also die Maßnahmen oder die Handlungen zur Führung einer Gemeinschaft oder eines Staates verstehen, wobei das mit dem Begriff Macht verbunden ist.

Das Wesen der Politik wird folgendermaßen definiert:

„ Das Wesen der P. ist machtmäß. Verwirklichung im öff. Leben. Polit. Verhalten setzt

also die Analyse der Möglichkeiten voraus, auf die in einer jeweilig bestimmten

Situation ein Ordnungswille in Staat, Kultur u. Wirtschaft trifft. P. ist rational. Die

Überschätzung der eigenen u. die Unterschätzung der gegner. Möglichkeiten ist wider-

polit. Verhalten schlechthin. Unbedingtheit in der aktuellen polit. Forderung verkennt

die der P. wesentl. Notwendigkeit des Kompromisses. Anderseits gibt es für jede

polit. Konzeption eine Grenze, die man nicht überschreiten kann, ohne sich selbst

aufzugeben. Bei aller Rationalität verfügt echte, nicht der bloßen Routine verfallende

P. über eine schöpferische Gestaltungskraft.“ [4]

In diesem Abschnitt werden die Maßnahmen zur Führung eines Staates genauer definiert. Dabei sind folgende Kriterien entscheidend: Analyse der Möglichkeiten, Rationalität, keine Überschätzung oder Unterschätzung der Möglichkeiten, Kompromissbereitschaft, aber auch Grenzen und das Sich- selbst- Aufgeben. Wenn in der Politik eine „Grenze“ gibt, „die man nicht überschreiten kann, ohne sich selbst aufzugeben“ stellt sich automatisch die Frage nach dem Konflikt zwischen Politik und Moral:

„ Gerade aus dem Wesen der P., die nicht um der idealen Reinheit des Grundsatzes

willen von der mögl. Verwirklichung absehen darf, kann sich insofern ein Konflikt

zw. P. u. Moral ergeben, als der Politiker, selbst im eigenen Verantwortungsbereich,

sittl. Mängel dulden, vielleicht sogar decken muss, weil er nicht die Macht hat, sie

zu beseitigen. Doch gibt es die Grenze, wo er sittl. zu erwägen hat, ob er auf die

Teilhabe an der Macht ganz verzichten muss, weil er die damit verbundene Ver-

antwortung für ein Unrecht nicht mehr tragen kann. Auch ein solcher Machtverzicht

ist eine sittl. Entscheidung. Denn die Macht ist für die P. in dem Sinne wesentl., als

mangelndes Machtbewusstsein zum Macht- od. Staatszerfall u. zur Ablösung der

bisherigen polit. Kräfte durch neue führt, deren Zulassung in einem solchen Macht-

verzicht dann sittlich zu verantworten ist. Der Politiker kann vor der Entscheidung

stehen, ob er tun darf, was er in seinem persönl. Bereich für geboten hält, wenn

dadurch das Gemeinwohl in wesentl. Gefahr gerät. Diese Konfliktmöglichkeit

bedeutet aber nicht, dass für die P. andere moral. Grundsätze gelten als für den

privaten Bereich. Allein es hat der politisch Handelnde seine konkrete Entscheidung

nach diesen Grundsätzen in Abwägung der polit. Folgen zu treffen. Wo jedoch die

Macht als solche nicht als Mittel, sond. als das Ziel der P. gilt, ist mit Sittlichkeit

zugleich die P. selbst, sofern sie Weg zu einer Rechtsordnung ist, preisgegeben. „ [5]

Es stehen also die Begriffe wie Moral, Sittlichkeit, Verantwortung, Recht und Unrecht, Macht und die Grenzen der Macht, das Gemeinwohl und die eigene Persönlichkeit im Vordergrund. Die Politiker müssen bei ihren Handlungen auf diese Kriterien Rücksicht nehmen, um nicht in einen Konflikt zwischen Politik und Moral zu geraten. Meiner Meinung nach sind diese Versuche, die „goldene Mitte“ zu finden, am nächsten in der politischen Sprache nachzuvollziehen, was auch das Thema des nächsten Kapitels ist.

Abschließend möchte ich noch aus dem Buch von Elisabeth Leinfellner „Der Euphemismus in der politischen Sprache“ zitieren, die den Begriff „Politik“ unter fünf Punkten zusammengefasst hat:

„ Unter ’Politik’ verstehen wir:

1. die Wissenschaft oder Kunst der Regierung, Verwaltung oder Leitung von öffentlichen oder staatlichen Angelegenheiten,
2. die Angelegenheiten oder Tätigkeiten derjenigen, die eine Regierung oder Organe einer Regierung kontrollieren oder zu kontrollieren versuchen,
3. die Prinzipien oder Ziele einer Regierung, einer Partei oder einer Gruppe innerhalb einer Regierung, ausgedrückt z. B. in Manifesten, Parteiprogrammen, Reden nach Art der State of the Union Message usw.,
4. allgemein die Praktiken derjenigen, die Macht, Autorität oder ihren Vorteil im Rahmen des Staates suchen. Was die sprachlichen Praktiken im Allgemeinen betrifft, so findet man diese in Lehrbüchern der Rhetorik, Büchern über Massenbeeinflussung (mass persuasion), z. B. der ’Psychologie der Massen’ von G. Le Bon, usw. nieder- gelegt.
5. Schließlich verstehen wir unter ’Politik’ auch politische Gedanken oder Meinungen.“ [6]

Leinfellner verwendet an einigen Stellen Ausdrücke wie „Massenbeeinflussung“ und „Psychologie der Massen“. Beide Begriffe werden im nächsten Kapitel eine Rolle spielen, bei der Klärung des Begriffs „politische Sprache“. Da die Sprache in der zwischenmenschlichen Kommunikation eine entscheidende Rolle spielt, wird der Mensch auch am häufigsten durch die Sprache beeinflusst. Da auch die Politik keine geringere Rolle in der menschlichen Existenz spielt, ist es interessant, zu wissen, mit welchen Mitteln der Mensch durch die Sprache der Politik beeinflusst wird.

1.3. Die Definition des Begriffs „politische Sprache“

Im Alltag erscheint die Beziehung zwischen einem Wort und der Sache, die es bezeichnet, als problemlos. Wir sehen etwas und belegen es mit dem passenden Ausdruck, wobei normalerweise kein Anlass besteht, über diesen automatischen Vorgang nachzudenken. Sprache gilt vor allem anderen als bloßes Hilfsmittel, die Umwelt zu beschreiben. Die Dinge haben ihren Namen. Doch es besteht auch die Möglichkeit, mit Hilfe von Worten Wertungen und Meinungen auszudrücken. Es gibt also neutrale und wertende Ausdrücke. Wertungen können auch in sprachlichen Wendungen enthalten sein, denen das auf den ersten Blick nicht anzusehen ist. Zustände werden mit Begriffen benannt, die nicht nur auf diese verweisen, sondern sie gleichzeitig beschönigen, verharmlosen, verklären oder verteufeln. [7] Da die Sprache aber nicht nur der Beschreibung der Umwelt dient, sondern auch für die Kommunikation entscheidend ist und oft auch für die Massenbeeinflussung missbraucht wird, ist es wichtig auf die Sprache im Zusammenhang mit Politik zu achten, da es ein Gebiet ist, wo der Mensch am leichtesten manipuliert werden kann.

Sprache und Politik ist ein Globalthema. Je nachdem, welche Sprachauffassungen und Politikauffassungen man vertritt, kommt man auch zu einem unterschiedlichen Begriff der „politischen Sprache“. In beiden ersten Kapiteln meiner Arbeit habe ich versucht die Begriffe „Sprache“ und „Politik“, wie ich sie verstehe, zu beschreiben, in diesem Kapitel möchte ich versuchen, meine Auffassung des Begriffs „politische Sprache“ zu definieren.

Es steht fest, dass Sprache und Politik zusammen gehören. Sprache ist die Voraussetzung dafür, dass politische Gemeinwesen oder Herrschaftsverhältnisse entstehen und aufrechterhalten werden können. Aber inwieweit politisches Handeln im sprachlichen Handeln aufgeht und umgekehrt, welchen Stellenwert Sprache in der Politik hat, darüber gibt es zunächst verschiedene Ansichten. Werner Holly erwähnt in seinem Buch „Politikersprache“ zwei Positionen der Auffassung „Sprache in der Politik“:

„1. Sprachlichkeit wird postuliert als Kriterium für politisches Handeln;
2. Sprache gilt als subsidiär für politisches Handeln.“ [8]

Die erste Auffassung kann verstanden werden, dass „alles politische Handeln sprachliches Handeln ist“, die zweite Auffassung betont „die nicht - sprachlichen Faktoren in der Politik, ohne allerdings die Funktion der Sprache zu leugnen“. [9] Ich vertrete eher die erste Auffassung: „’ Wo Politik sprachlos wird, hört Politik auf.’“ [10] Weiter betont Holly, dass „die aristotelische Auffassung von Politik als gute Gestaltung des humanen Zusammenlebens von Freien und Gleichen (…) eine kommunikative Auffassung von Sprache (impliziert).“ [11] „Ethische“ Politikauffassung und „kommunikative“ Sprachauffassung sind für mich von entscheidender Bedeutung.

„Politische Sprache“ kann also, grob gesagt, als Sprache der Politiker verstanden werden. Je nach Kommunikationsumgebung und Kommunikationszweck hat sie ganz verschiedenen Anforderungen zu genügen. Werner J. Patzelt unterscheidet in seinem Artikel „Politiker und ihre Sprache“, das ich dem Buch von Andreas Dörner „Sprache des Parlaments und Semiotik der Demokratie“ entnommen habe, drei Gattungen politischer Kommunikation und Sprache:

„ – Es gibt die politische Arbeits kommunikation. Gemeint ist die Sprache, die etwa in

parlamentarischen Arbeitsgruppen und Ausschüssen, beim Umgang von Politikern mit

Ämtern, Behörden und Ministerien, bei Informationsgesprächen, doch nicht selten

auch in Fraktionen und Plenardebatten gepflogen wird. Sie ist auf die Erfassung der

zu behandelnden Probleme ausgerichtet und auf den Transport von deren Komplexität.

Darum nimmt sie oft technischen Charakter an, ist Insider-Sprache und im ur-

sprünglichen wie modernen Wortsinn esoterisch.

- Ihr exoterisches Gegenstück ist die politische Darstellungs kommunikation. Gemeint

ist jene Sprache, die auf öffentliche Wirkung abzieht und sich darum von jenen

Bindungen an technisches Vokabular und problemadäquate Differenzierung löst, welche

für die Arbeitskommunikation unabdingbar sind. Ihre Beschaffenheit hängt einesteils

von der jeweiligen Öffentlichkeit ab, an die sie sich wendet, und andernteils vom

Medium, über welches sie wirken will. Denn der beim Fernsehinterview in der ’Tages-

schau’ für ein Millionenpublikum zu nutzende Sprachstil muss offenbar ein anderer

sein als der im Fachaufsatz eines Agrarpolitikers im Mitteilungsblatt des Bauern-

verbandes.

- Schließlich ist noch die Durchsetzungs kommunikation hervorzuheben. Hier geht es

um politische Sprache, die auf die Erfüllung instrumenteller und taktischer Zwecke

optimiert wird. Vom Euphemismus bis zur polemischen Übertreibung, von sprachlicher

Camouflage bis zur funktionalisierten Tabuverletzung, von rhetorischer Weihrauch-

spende bis zur rhetorischen Degradierung reicht ihr Repertoire.“ [12]

Grob gesagt, kann man also die politische Sprache unterscheiden nach der Sprache, die der Kommunikation von Politikern untereinander dient, der Sprache, die der Kommunikation zwischen den Politikern und der Öffentlichkeit, also „einfachen“ Bürgern, dient, und der politischen Sprache als eine Ansammlung von sprachlichen Mitteln. Natürlich müssen diese drei Kommunikationszwecke nicht streng getrennt voneinander betrachtet werden, sie gehen eher ineinander über. Außerdem sind bei der Betrachtung der Beschaffenheit der politischen Sprache noch andere Kriterien zu berücksichtigen. Es reicht nicht aus, „bloß die ’Weil-Motive’ und die ’Um zu- Motive’ kommunizierender Politiker zu berücksichtigen, also die Kategorien der Kausalität und der Finalität (…). Denn politische Sprache empfängt ihre jeweilige Eigenart nicht allein deshalb, weil es Politikern etwa an der Formulierungskunst (…) fehle. Und nicht allein, um Festlegungen zu vermeiden oder um Tatsachen zu verhüllen, wird formuliert, wie formuliert wird. Vielmehr sind bei der Analyse der Politikersprache auch die anderen beiden Ursachenformen heranzuziehen, auf die einst Aristoteles neben der causa efficiens und der causa finalis hinwies, also neben den Antriebs - und Zweck ursachen (…). Oft nämlich ist es die causa formalis, die Form ursache, die Politikern eine bestimmte Redeweise aufzwingt. (…) Ebenso wenig darf die causa materialis, die Material ursache, unbedacht bleiben. (…)“ [13] Außerdem muss bedacht werden, dass „persönliche Begabungsunterschiede der Politiker an rhetorischem Talent, ihre Ungleichheiten an Erfahrung und praktischer Kommunikationskompetenz sowie individuelle Stilunterschiede“ [14] eine entscheidende Rolle bei der Analyse der politischen Sprache spielen.

[...]


[1] Glück, Helmut (hrsg.): Metzler Lexikon Sprache. Zweite, überarbeitete und erweiterte Auflage. Verlag J. B. Metzler, Stuttgart, Weimar, 2000. S. 653

[2] Der Grosse Herder. Nachschlagewerk für Wissen und Leben. Fünfte, neubearbeitete Auflage von Herders Konversationslexikon. Verlag Herder Freiburg, 1956. Band 8, S. 979

[3] Der Grosse Herder, a. a. O., Band 7, S. 510

[4] Der Grosse Herder, a. a. O., Band 7, S. 511

[5] Der Grosse Herder, a. a. O., Band 7, S. 511 f.

[6] Leinfellner, Elisabeth: Der Euphemismus in der politischen Sprache. Beiträge zur Politischen Wissenschaft. Band 13. Duncker und Humblot, Berlin, 1971. S. 22

[7] Vgl. Opp de Hipt, Manfred: Denkbilder in der Politik. Der Staat in der Sprache von CDU und SPD. Beiträge zur sozialwissenschaftlichen Forschung. Band 102. Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen, 1987. S. 19 f.

[8] Holly, Werner: Politersprache. Inszenierung und Rollenkonflikte im informellen Sprachhandeln eines Bundestagsabgeordneten. Walter de Gruyter, Berlin, New York, 1990. S.5

[9] Holly, Werner, a. a. O., S. 4

[10] Holly, Werner, a. a. O., S. 4

[11] Holly, Werner, a. a. O., S. 13

[12] Patzelt, Werner J. : Politiker und ihre Sprache. In: Dörner, Andreas; Vogt, Ludgera (hrsg.): Sprache des Parlaments und Semiotik der Demokratie. Studien zur politischen Kommunikation in der Moderne. Walter de Gruyter, Berlin, New York, 1995. S. 18

[13] Patzelt, Werner J. a. a. O., S. 19

[14] Patzelt, Werner J. a. a. O., S. 19

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Euphemismen in der Sprache der Politik
Hochschule
Universität Potsdam  (Universität Potsdam/ Institut für Germanistik/ Sprachwissenschaft)
Veranstaltung
Grundkurs II: Deutsche Sprache der Gegenwart: Varietäten, Textsorten, Sprachstile (WiSe 2003/2004)
Note
2,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
27
Katalognummer
V120109
ISBN (eBook)
9783640240647
ISBN (Buch)
9783640244720
Dateigröße
509 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Euphemismen, Sprache, Politik, Grundkurs, Deutsche, Sprache, Gegenwart, Varietäten, Textsorten, Sprachstile
Arbeit zitieren
Magistra Artium Julia-Maria Warkentin (Autor:in), 2004, Euphemismen in der Sprache der Politik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120109

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