Warum fielen Bernard Mandevilles Lehren in Vergessenheit?


Hausarbeit, 2008

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Erklärung der Bienenfabel und Reaktionen

3 Psychologische Verhaltensmuster
3.1 Ursprung der sittlichen Tugend
3.2 Eigenliebe und Selbsterhaltung in der menschlichen Natur
3.3 Die Affinität zu Gesellschaft und Geselligkeit

4 Ökonomische Betrachtung der Gesellschaft
4.1 Voraussetzung für einen wohlhabenden Staat
4.2 Mandevilles Plädoyer für die sozioökonomische Ungleichverteilung der Gesellschaft

5 Schlussbemerkung: Würdigung für Mandevilles Mut

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Über Bernard Mandeville ist heutzutage nur noch wenig bekannt. In einer Zeit, in der die Gegensätze zwischen Arm und Reich in England immer größer wurden, sich der Kontrast zwischen wachsender Proletarisierung und Kriminalität einerseits und der Blütezeit der englischen Kultur und schönen Künste andererseits weiter verschärfte, wurde die Satire zum bevorzugten Stilmittel. Mandeville, der 1670 zunächst in Rotterdam geboren wurde und nach erfolgreichem Studienabschluss in Philosophie und Medizin, erst 1693 nach England übersiedelte, veröffentlichte 1705, zunächst anonym, sein bis heute bekanntestes Werk „Der unzufriedene Bienenstock“ als Satire. Da diese Sixpenny-Broschüre auf der einen Seite reißenden Absatz fand, er jedoch auf der anderen Seite die literarischen Kreise Londons mit dem zugrunde liegenden, tabulösen Thema gegen sich aufbrachte, wurden in den darauf folgenden Jahren, nun unter dem bis heute gebräuchlichen Titel „Die Bienenfabel, oder Private Laster, Öffentliche Vorteile“, weitere Auflagen herausgegeben. Diese versah Mandeville allerdings mit verschiedenen Essays und Anmerkungen zu fast jedem Vers der Fabel, die die eigentliche Grundlage seiner Gesellschaftskritik bildeten. Diese expliziten Ausführungen bezogen sich auf eine Art Gedicht oder Fabel in Reimform, das für sich alleine wohl kaum einen so hohen Aufmerksamkeitsfokus erreicht hätte.

In einem Bienenstock, der aber sehr wohl für die Menschheit (oder die Bevölkerung Englands) steht, herrschen Niederträchtigkeit, Betrug, Korruption und andere schlechte Dinge vor und doch gedeihen der Wohlstand und das Gesamtwohl der Bevölkerung. Ein jeder Bürger geht seinen privaten Lastern nach, die zusammen doch einen öffentlichen Nutzen hervorbringen: „Stolz, Luxus und Betrügerei / Muß sein, damit ein Volk gedeih“ (Mandeville [1724] 1980, S.92)

Von einem Moment zum anderen erkennt die Bevölkerung nun aber ihre eigene Sündhaftigkeit und führt ab sofort ein tugend- und ehrenhaftes Leben. Die Folgen daraus jedoch sind der allmähliche Zerfall des Wohlstands und der bestehenden Ordnung des Staates.

Im nun folgenden Hauptteil wird genauer untersucht, welche Botschaft die Bienenfabel vermittelt wissen will und wie Mandeville dafür den natürlichen Menschen und dessen Eigenschaften betrachtet. Es ist dabei sowohl hilfreich als auch unerlässlich zu hinterfragen, was die eigentlichen Motive der vermeintlich oft so eindeutigen Handlungsweisen des Menschen sind.

Außerdem soll die Analyse seiner ökonomischen Ansichten weiteren notwendigen Aufschluss darüber bringen, warum Mandeville bei so vielen Kritikern als literarische Unperson galt, sodass seine Werke (außerhalb Englands) bis heute kaum einen hohen Bekanntheitsgrad erhalten konnten.

2 Erklärung der Bienenfabel und Reaktionen

Die Bienenfabel ist ein Werk, die eine Gesellschaftskritik formuliert, die es bis dato in solcher Dimension kaum gegeben haben wird. Was Mandevilles Gedanken von denen anderer so grundlegend unterschied, war der Umstand, dass er eine Anklageschrift verfasste, die jeden Menschen, unabhängig von Herkunft, Stand oder politischer Gesinnung betraf. Nachdem gegen Ende des 17. Jahrhundert der Handel florierte, fragte Mandeville durch seine Bienenfabel öffentlich, welche Eigenschaften und Charakteristika der Gesellschaft und einzelner Individuen eigentlich für das Wohlergehen des Staates und dem generellen Aufschwung der allgemeinen Lebensverhältnis verantwortlich seien. Seine Antwort stellt sich der gängigen Auffassung entgegen, dass die ehren- und tugendhaften Handlungsweisen der Menschen der Quell seien. Er zeigt in der zweiten Hälfte der Bienenfabel beispielhaft auf, was passierte, würde sich der Mensch tatsächlich so rein und unbefleckt verhalten und all seinen Leidenschaften und Trieben abschwören; eine stagnierende Wirtschaft und eine langsamer Zerfall des ehemals so potenten Staats sind, wie in der Einleitung bereits beschrieben, die Folge. Mandevilles skizziert diesen Bienenstock mit seinen Arbeiterinnen als Spiegelbild der englischen Gesellschaft bzw. menschlichen Zivilisation. Die Reaktionen seiner Zeitgenossen waren fast durchweg negativ, sodass er sich neben anderen auch der Anschuldigung des Obergerichts Middlesex zu erwehren hatte, „[…] die Prinzipien [seiner Schriften hätten] die unmittelbare Tendenz zum Umsturz aller Religion und bürgerlichen Herrschaft, zur Beseitigung […] aller Liebe zu unserem Vaterlande“ (Mandeville [1724] 1957, S.336) Obwohl sich Mandeville stets dagegen verwahrte, eine Verherrlichung von unmoralischem Verhalten formuliert zu haben, wird er sich dennoch der Wirkung seiner damals wie selbst heute noch für viele unverschämten Behauptungen bewusst gewesen sein, denn „[…] sicherlich war Mandeville derjenige, der am tiefsten das Getriebe des gesellschaftlichen Zusammenhangs begriff“ (Euchner 1980, S.9)

3 Psychologische Verhaltensmuster

Mandevilles Herangehensweise an die Erforschung gesellschaftlicher Zusammenhänge orientiert sich, im Gegensatz zu vielen anderen Gesellschaftstheoretikern, verstärkt an der Beschreibung psychologischer Phänomene menschlichen Verhaltens. Hierbei werden besonders die vermeintlich positiven und ehrenwerten Eigenschaften und Werte des Menschen kritisch auf ihre tatsächlichen Motive hinterfragt.

3.1 Ursprung der sittlichen Tugend

Gibt es nun überhaupt eine allgemein gültige Tugendhaftigkeit? Sittliches Verhalten ist nach Mandeville nur ein Stück weit möglich, nämlich seine exzessivsten Neigungen vernunftgemäß zum Wohle der Allgemeinheit temporär zu unterdrücken. (vgl. Utitz 1957, S.6) Im Resultat bedeutet dies, dass nur durch Selbsttäuschung und -leugnung ein ethisches Verhalten erwachsen kann. Im Folgenden soll sich auf Grundlage von Mandevilles “Untersuchung über den Ursprung der sittlichen Tugend” näher mit diesem Wert befassen werden.

Er baut sich hierfür ein großes Gedankenkonstrukt auf, in dem er die Geburtsstunde der modernen Gesellschaft darstellt. Politiker, Moralisten und Philosophen überlegten zur ihrer Gründung lange, wie es zu erreichen sei, den Menschen die Überzeugung beizubringen, dass es vorteilhafter sei, seine Begierden zu kontrollieren, seinen natürlichen Neigungen zu entsagen und das Allgemeinwohl dem egoistischen Eigennutzen vorzuziehen.

Dabei konnten sie sich eines psychologischen Phänomens bedienen: Der Mensch möchte für jede Tat eine Art Entlohnung, wobei diese nicht zwangsläufig materieller Natur sein muss. Anerkennung und Lob berühren einen Menschen in einer so intensiven Weise, dass das Wissen um den Persönlichkeitsstatus in der Gesellschaft, einen enorm hohen Stellenwert besitzt. Darum könne vor allem derjenige große Anerkennung erlangen, der den schandhaften Trieben und Handlungsweisen entsage. Nach Mandeville wurde die Menschheit nun in zwei sehr verschiedene Klassen geteilt: Die erste bestand aus “Sklaven der Sinneslust” (Mandeville [1724] 1980, S.96), die eine niedrige Besinnung besaßen, somit ihren eigenen Vorteilen und Vergnügungen nachgingen und deshalb ihr Verhalten dem des gemeinen Tieres gleichzusetzen sei.

Die andere Klasse bestand aus „hochgesinnten Geschöpfen“ (ebd.), die sich dem Wohl der Allgemeinheit verschrieben hatten und primär die Gaben des Geistes als allerhöchstens Gut erachteten. Da nun aber zufällig die reichere Bourgeoisie und Obrigkeit diese zweite Klasse repräsentierte und die ärmeren Bürger und die Arbeiterklasse sich aufgrund ihres Stolzgefühls nicht gerne zur ersten Klasse zugehörig fühlen wollten, so versuchten ebenjene, die Eigenschaften der zweiten Klasse zu imitieren, sodass sie nach außen hin ebenso den Schein von Ehrbarkeit zur Schau stellen konnten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Warum fielen Bernard Mandevilles Lehren in Vergessenheit?
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg
Veranstaltung
Zum Verhältnis von Ökonomie und Moral
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
15
Katalognummer
V120054
ISBN (eBook)
9783640240425
ISBN (Buch)
9783640244577
Dateigröße
421 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Warum, Bernard, Mandevilles, Lehren, Vergessenheit, Verhältnis, Moral
Arbeit zitieren
Raphael Seitz (Autor:in), 2008, Warum fielen Bernard Mandevilles Lehren in Vergessenheit?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/120054

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