Der Personenbegriff in der Trinitätslehre des Heiligen Thomas von Aquin


Seminararbeit, 2004

16 Seiten, Note: 1,00


Leseprobe


Inhalt

1 Vorwort

2 Biographische Eckdaten

3 Trinitätslehre im Anschluss an die Tradition

4 Relation konstituiert Person

5 Selbststand

6 Spezifikum der Relation in Gott
6.1 klassische Einteilung in der aristotelischen Kategorientafel
6.2 1. Thomistische Unterscheidung: Relation – übrige Akzidentien
6.3 2. Thomistische Unterscheidung: In-Sein im „Geschöpf“ – in Gott
6.4 In-Sein als Selbststand

7 Einheit vs. Unterschiedenheit?
7.1 Unterscheidung: Doppelaspekt
7.2 Einheit trotz Unterscheidung:Distinction in reunddistinctio in ratione

8 Thomas und moderne Anfragen an den Personenbegriff
8.1 Antwortversuche von zwei Theologen des 20. Jahrhunderts
8.2 Zwei christliche Anliegen bezüglich des Personenbegriffes
8.3 Thomas: Einmaligkeit in Bezogenheit

9 Abkürzung

10 Literatur

1 Vorwort

Die hier vorliegende Arbeit besteht aus zwei Hauptteilen. In Kapitel 3-7 versuche ich – aufbauend auf dem von mir gehaltenen Referat – den trinitarischen Personenbegriff des Thomas herauszuarbeiten. Es zeigt sich, dass der Heilige im Rahmen seiner Ausführungen die Frage nach der Einheit und Verschiedenheit in Gott zu lösen versucht. Es zeigt sich auch, dass er den Personenbegriff sowohl als etwas substanzhaftesals auchals etwas relationales betrachtet. Dieser Syntheseversuch ist schon beeindruckend, wenn man bedenkt, dass sich die meisten modernen Ansätze zur Personendefinition entweder fast ausschließlich von der Substantialität oder fast ausschließlich von der Relationalität her verstehen.1

Im zweiten Hauptteil (Kapitel 8) versuche ich dann noch einige Aspekte des Seminars aufzugreifen. Vor allem ist dies ein kleiner Versuch zu zeigen, dass mit dem Personenbegriff von Thomas wichtige christliche Anliegen verfolgt werden, die meiner Meinung nach bei Rahner und Balthasar etwas zu kurz kommen.

2 Biographische Eckdaten

Thomas von Aquin wird um das Jahr 1225 als Sohn eines Grafen in Unteritalien geboren. Als Fünfjähriger kommt er zu den Benediktinern auf den Monte Cassino und mit 14 Jahren beginnt er das Studium der freien Künste in Neapel und lernt dort den jungen Dominikanerorden kennen dem er 1243, gegen den Willen der Eltern, beitritt. Um ihn von dieser Entscheidung abzubringen, überfällt seine Familie ihn, „kidnappt“ ihn und hält ihn über ein Jahr gefangen. Nach seiner Befreiung, beginnt er 1245 ein Studium bei Albert Magnus in Paris, dann in Köln und bekommt 1256 einen Lehrauftrag in Paris und ist dort mit längeren Unterbrechungen bis 1272 tätig. Dann begibt er sich nach Neapel. Hier entsteht das vielleicht bekannteste Werk, die„summa theologica“.Die Philosophie des Thomas von Aquin ist durch einen groß angelegten Vermittlungsversuch gekennzeichnet, der die christliche Glaubenswahrheit mit dem Denken des Aristoteles verbindet. Auf dem Weg zum Konzil von Lyon, wohin ihn der Papst als Berater geladen hat, stirbt Thomas von Aquin am 7. März 1274. Er wird am 18. Juli 1323 heilig gesprochen und 1557 zum Kirchenlehrer ernannt.

3 Trinitätslehre im Anschluss an die Tradition

Hier soll es nun um die Frage nach dem Personenbegriff im Rahmen der Trinitätslehre des Thomas gehen. Ich halte mich in meine Ausführungen vor allem anHans Christian Schmidbaur,der die trinitarische Gotteslehre des Thomas in seinem Buch „Personarum Trinitas“2näher untersucht. Die tiefste Entfaltung dieser Lehre erreicht Thomas in der schon erwähnten „summa theologica“3. Der Trinität wird darin in 17quaestionesRaum gelassen (q.27 – q.43). Was die Schwerpunktsetzung in der Begrifflichkeit angeht, so konzentriert Thomas sich in derSummaneben dem Personenbegriff hauptsächlich auf den Begriff der Relation.4

Thomas schließt dabei an traditionelle Auffassungen an: In Gott gibt es 4 in ihrer Art verschiedene Relationen: die Vaterschaft des Zeugenden, die Sohnschaft des Gezeugten, das Hauchen des Vaters und des Sohnes und die Gehauchtheit des aus beiden hervorgehenden Geistes.5Daraus ergeben sich 3 Personen: den Vater, Sohn und Geist. Aus den 4 Eigentümlichkeiten der Relationen ergeben sich auch die Eigenheiten der Personen. Der Vater ist ursprungslos und zeugend, der Sohn gezeugt, der Geist gehaucht. Die Personenanzahl entspricht dabei der Anzahl der gegenüberstehenden Relationen (relationes oppositae).6Diese grundlegenden Aussagen für die Trinität sind nach Thomas Gegenstand des Glaubens, auf sie kann nur aus der Offenbarung geschlossen werden.7

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Begriff der „relatio“ bekommt bei Thomas eine Bedeutung, welcher dieser Begriff so zuvor nicht gehabt hat, auch wenn er zum Beispiel auch schon bei Augustinus sehr wichtig war. Dieser Begriff wird auch insofern bedeutend werden, da er den Personenbegriff des Thomas erst richtig verständlich macht.

4 Relation konstituiert Person

Die Relationkonstituiertnämlich, lt. Thomas, Person. Dass sie so der Person logisch vorgängig ist, ist keineswegs selbstverständlich. Bis in die Zeit des Thomas herrschte ein Verständnis von trinitarischer Relation, „nach dem die Person zwar durch die Relation unterschieden, d.h. individualisiert, aber eben nicht konstituiert sein sollte.“8Es ist jedoch klar: „Der Hervorgang[processio][der Person] bedarf einer Form, auf die hin er sich aktuieren kann.“9Thomas formuliert dies so: „Der Ursprung eines Wirklichen [= der Hervorgang] aber wird nicht als etwas Wirkliches bezeichnet, sondern als eine Art Weg vom Wirklichen weg oder zum Wirklichen hin; so wird die Zeugung bezeichnet als eine Art Weg zum gezeugten Wirklichen und als hervorgehend aus dem Zeugenden. Deshalb kann es nicht sein, dass das gezeugte und das zeugende Wirkliche einzig durch die Zeugung unterschieden werden; sondern man muss sowohl im Zeugenden als im Gezeugten das erkennen, wodurch sie sich unterscheiden. In der göttlichen Person aber gibt es nichts anderes zu erkennen als die Wesenheit und die Beziehung[relatio],bzw. die Eigentümlichkeit. Da sie also in der Wesenheit übereinkommen, bleibt nur übrig, dass die Personen durch die Beziehungen[relatio]voneinander unterschieden werden.“10Die Relation ist somit die Grundlage, die erst die Ursprünge, das heisst die Hervorgänge der Person, ermöglicht.

5 Selbststand

Thomas postuliert im Bereich des Absoluten, dass die Relation einen Selbststand besitzt. Diese bedeutende Intuition verdankt Thomas dem Gilbert von Poitiers („Porretaner“), der von der Kirche 100 Jahre zuvor verurteilt wurde. Schmidbaur schreibt dazu: „Damit [= Mit der Postulierung des Selbststandes (Anm.)] war erstmals ein rationaler Zugangsweg zu dem geschaffen, was bereits Athanasius, Augustinus und – erstaunlicherweise auch Boethius11und Anselm postuliert hatten: Dass der Personenbegriff in Gott ein Relationsbegriff ist. Das Problem bei dieser an sich richtigen und zukunftsweisenden Einsicht war jedoch, dass die Theologie, sobald sie sich rückhaltslos an die Relation als Trägerbegriff für die Personendefinition band, faktisch dem Modalismus anheim fiel; wie es im Exemplarfall Anselms von Canterbury überdeutlich wird. Denn solange nicht einsichtlich zu machen war, worin der Selbststand der Relation eigentlich liegen sollte, war auch keine wirkliche Gegensätzlichkeit und Intersubjektivität begründbar, und die trinitarischen Personen degenerierten unweigerlich zu modalen Zustandsweisen des göttlichen Wesens.“12

6 Spezifikum der Relation in Gott

6.1 klassische Einteilung in der aristotelischen Kategorientafel

Um dieser Gefahr zu entgehen, beschäftigt sich Thomas eingehender mit der Frage nach dem, was Relation eigentlich ist. Um es näher zu bestimmen, geht Thomas von der aristotelischen Kategorientafel aus. Dabei sind die Prädikationen der 2. bis 9. Kategorie akzidentielle Prädikationen, also Akzidentien. Zu diesen Akzidentien gehört auch die Relation (Prädikationen der 1. Kategorie sind Wesensprädikationen). Von ihnen sagt Aristoteles, dass sie nicht als abgetrenntes, selbstständiges Seiendes existieren können.13

[...]


1 Vgl.: Schmidbaur 1995, 504.

2 Schmidbaur 1995.

3 Aquin 1939.

4 Vgl.: Schmidbaur 1995, 425.

5 Vgl.: Aquino 1985, 193.

6 Vgl.: Aquino 1985, 193.

7 SThI q.32 a.1 resp.

8 Schmidbaur 1995, 420.

9 Schmidbaur 1995, 422.

10 STh.I q.40 a.2 resp.

11 Vgl. auch: SThI q.29 a.4 praet.

12 Schmidbaur 1995, 419.

13 Vgl.: Ebd., 3.: „Wenn etwas in einem Zugrundeliegenden inhäriert, nicht aber von einem Zugrundeliegenden ausgesagt wird, dann handelt es sich um Seiendes der nichtsubstantiellen Kategorien, wie bspw. Akzidentien. Bsp: „Sokrates ist bleich“ (beim Zusammensein von etwas (bspw. Bleiche) mit etwas (bspw. Körper /Sokrates) muss es sich nicht um eine Wesensidentität handeln, denn “Bleich–sein“ ist nicht das Wesen des Körpers/Sokrates. Jedoch handelt es sich auch nicht um das Zusammensein von zwei selbständigen Seienden.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Der Personenbegriff in der Trinitätslehre des Heiligen Thomas von Aquin
Hochschule
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Note
1,00
Autor
Jahr
2004
Seiten
16
Katalognummer
V119997
ISBN (eBook)
9783640237661
Dateigröße
691 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Personenbegriff, Trinitätslehre, Heiligen, Thomas, Aquin
Arbeit zitieren
Dr.theol. Stefan Huber (Autor:in), 2004, Der Personenbegriff in der Trinitätslehre des Heiligen Thomas von Aquin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119997

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