Der soziale und militärische Aufstieg von Sir Francis Drake


Hausarbeit, 2005

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2.1. Herkunft, Jugend und Lehrjahre von Francis Drake
2.2. Die Reisen und Kaperfahrten nach Westindien bis

3.1. Sein Verhältnis zu Elisabeth I
3.2. Die Speerspitze der Marine

4. Schlussbetrachtung: Das Erbe eines Nationalhelden

5. Literaturverzeichnis

6. Quellen

1. Einleitung

„Sic Parvis Magna“ – vom Kleinen zum Großen. Das war das Motto auf dem Wappen desjenigen Kapitäns, dessen Ruhm wie der keines zweiten aus der Schar bekannter und z.T. auch berüchtigter englischer Seefahrer hervorragt. Dieses Motto beschreibt seinen Lebensweg nur zu treffend, der in einfachen Verhältnissen begann und im Laufe seines Lebens die höchsten gesellschaftlichen Kreise erreichte. Das Wappen ziert eine Abbildung des Nord- und des Südsterns, in Erinnerung an seine Weltumseglung die weit nach Süden und Norden führte.[1] Die Spanier fürchteten (und bewunderten) seinen Mut, der bisweilen schierer Übermut war, und seine Unberechenbarkeit. Sie nannten ihn „El Dragon“, der Drache. Mehr noch als dem spanischen Volk und seinen Seefahrern aber war er dem spanischen König Philipp II. verhasst, der einmal eine Belohnung von 20.000 Dukaten auf seinen Kopf ausgesetzt hat.2 Das war mehr Gold, als damals das Lösegeld für manche Städte betrug. Dass ihm von seinem vermutlich erbittertsten, sicherlich aber mächtigsten Feind ein so hoher Wert beigemessen wurde (wenn auch nur finanziell), ist eine ehrlichere Anerkennung für seine Leistungen, als Lob, Orden oder Privilegien hätten ausdrücken können. Welche Leistungen das waren, ob und wie sie von seiner Nation und seiner Königin gewürdigt wurden und welche Bedeutung sie nicht zuletzt in der damals von Spanien dominierten innereuropäischen Politik hatten, soll sich im Laufe der Arbeit herausstellen.

In der Tat war die spanische Politik im Laufe des 16. Jahrhunderts offensiver, als die der anderen europäischen Mächte. Der Hauptgrund hierfür ist in den Edelmetalleinfuhren aus der neuen Welt, Westindien, zu finden. Seit Cortés und seine militärischen und ideologischen „Erben“ das Azteken- und Inkareich von 1519 an erobert hatten, wuchs die Macht Spaniens gewaltig, denn Geld ist mehr als alles andere ein Werkzeug, das zu Einfluss verhilft. Allein bis 1600 belief sich die Menge des erbeuteten Goldes aus Südamerika auf 340.000 kg, über ein Drittel der Goldgewinnung in der damaligen Welt im gleichen Zeitraum.3 Nachdem die Schätze der Inkas geplündert worden waren (man schmolz sie um der Handlichkeit willen zu Barren ein), begannen die Spanier die großen Silbervorkommen in Potosí (Anden) und Guanajuato (Mexiko) auszubeuten. Die hier geförderten Mengen waren so gewaltig, dass es zu einer Inflation in Europa kam, als sie den Finanzmarkt überschwemmten. Auch wenn die übrigen Staaten über den Handel ebenfalls vom spanischen Kapital profitierten und der spanische König dauerhaft Schulden bei der Bank von Sevilla hatte und daher seinerseits von pünktlichen Silberlieferungen abhängig war, um „kreditwürdig“ zu bleiben, so stieg Spanien doch zu internationaler Größe auf. Allein mit den Truppen, die der spanische König ausheben konnte, wollte sich niemand messen. Die Händler anderer Nationen waren um freundschaftliche Beziehungen zu den spanischen Kaufleuten ebenso bemüht, wie ihre Herrscher darauf achteten in keine Krise mit ihrem König zu geraten. So trat lange Zeit keine europäische Nation mit Spanien offen in Konflikt, obwohl der Reichtum auf der Pyrenäenhalbinsel zweifellos Neid in den übrigen Ländern hervorrufen musste.

Unser gefürchteter Seefahrer nun war einer Zeit entsprungen, in der Kauffahrer und Wagemutige anderer Nationen anfingen, sich über das Monopol hinwegzusetzen, das die Spanier sich in der neuen Welt mit ihren offenbar unerschöpflichen Geldquellen eingerichtet hatten. Über die Manufakturwaren aus Europa, die in Neu-Spanien (wie das spanische Gebiet in Westindien genannt wurde) hochbegehrt waren, hielt die spanische Regierung mit Hilfe der Casa de Contratación ihr Monopol.4 Das hatte künstlich überhöhte Preise zur Folge. Noch begehrter als die Waren aus der „Zivilisation“ waren allerdings Sklaven, die „Ware“ aus Afrika. Viele Glücksritter hatten sich in der Neuen Welt niedergelassen und besaßen Plantagen auf denen meistens Zuckerrohr angebaut wurde. Der hohe Arbeitskräftebedarf musste durch afrikanische Sklaven gedeckt werden. Doch war die offizielle Einfuhr von Sklaven u.a. durch eine Kopfsteuer von 30 Dukaten5 an die Casa nicht lukrativ. Die Folge war ein wachsender Sklavenschmuggel an dem sich auch der Engländer John Hawkins beteiligte. Die Schwierigkeiten und Gefahren waren vorprogrammiert, als der spanische König Philipp II. den Schwarzhandel per Erlass an die Beamten und Gouverneure der westindischen Gebiete und Inseln ausdrücklich verbot. Auf John Hawkins’ dritter Sklavenreise 1567/68 kommandierte ein Landsmann und entfernter Verwandter von ihm das Schiff „Judith“,6 sein Name war Francis Drake.

2.1. Herkunft, Jugend und Lehrjahre von Francis Drake

Die englische Gesellschaftsstruktur in der frühen Neuzeit war, stärker noch als bei anderen europäischen Staaten, von sozialer Ungleichheit geprägt. Ein allgemeines Urteil über das England des fünfzehnten bis achtzehnten Jahrhunderts traf Fernand Braudel:

„Was auf Anhieb auffällt, ist eine Handvoll Privilegierter an der Spitze der Pyramide, denen als Gesellschaft im Kleinstformat in der Regel alles zufällt (...) Unterhalb dieser Spitze staffelt sich die Vielzahl der Wirtschaftsträger, der Arbeitenden aller Ränge, der Regierten. Und zuunterst kommt die ungeheure Masse der sozial Gestrandeten, die Welt der Arbeitslosen.“7

Kennzeichnend für die Lebenswelt der breiten Masse der Bevölkerung sind auch die Einkommensverhältnisse. Während noch Ende des 17. Jahrhunderts die Familien weltlicher Pairs jeweils 3200 Pfund zur Verfügung hatten, verdiente ein Seemann lediglich 20 englische Pfund, gerade doppelt soviel, wie ein Landstreicher oder Bettler und nicht einmal halb soviel, wie ein Bauer.8 In diese Zeit nun wurde Francis Drake geboren. Über seine ersten Lebensjahre ist nicht viel bekannt. Die meisten Informationen über diesen Zeitraum stammen von Francis Drakes Neffen, der den gleichen Namen trug, und dem Historiker William Camden. Über Monat und Tag seiner Geburt gibt es keine Angaben, auch das Jahr ist nicht mit absoluter Gewissheit zu bestimmen. Auf einem Porträt von ihm, dass er vermutlich in Auftrag gegeben hat (zumindest wird er dafür Modell gestanden haben), ist die Inschrift „aetatis 53“ zu sehen und das Entstehungsjahr mit 1594 angegeben.9 Zusammengenommen mit anderen Quellen (Aufzeichnungen von Drakes Zeitgenossen) scheint daher 1540/41 als Geburtsdatum sehr wahrscheinlich, auch wenn es durchaus anderslautende Indizien gibt. Drakes Vater Edmund war Protestant und vermutlich ein sesshaft gewordener Seefahrer,10 auf jeden Fall stammte er aus bescheidenen Verhältnissen (was Francis Drake dem Historiker Camden gegenüber selbst angab)11. Die Familie Drake lebte anfangs auf einem Bauerngut in Süd-Tavistock bei Plymouth, musste dann aber wegen der Katholikenaufstände in Devon und Cornwall am Pfingstsonntag 1549 fliehen. Die Katholiken hatten sich anlässlich der Einführung des ersten englischen Gebetsbuches aufgelehnt. Auf jeden Fall verschwindet der Name Edmund Drakes im Jahr 1549 aus den Steuerlisten von Tavistock. Und es klingt wie eine Legende, weil es nur zu gut zum Mythos „Drake“ passt, aber die Familie zog tatsächlich auf eine Insel im Midway in Kent, wo die königliche Flotte lag, und sie in dem Rumpf eines abgetakelten Schiffes wohnte.12 Dieser frühe Kontakt zur See und zu Schiffen wird fraglos prägend für Drake gewesen sein. Das Leben auf dem Schiff war für ihn somit nur natürlich und auch in späteren Jahren nichts ungewöhnliches, was ihm zugute gekommen ist.

Edmund Drake hielt hier Andachten mit den Seemännern und wurde 1560 zum Vikar von Upchurch ernannt.13 Ebenso wie sein Vater war auch Francis Drake Zeit seines Lebens ein streng gläubiger Protestant. Seine Verachtung für den Katholizismus und seine „Galionsfiguren“ wird in einem Ausruf deutlich, der ihm zugesagt wird:

„Aber wie der Papst und seine antichristlichen Bischöfe mit ihren gottlosen Helfershelfern daran arbeiten, den Ruhm Gottes mit Klauen und Zähnen zunichte zu machen, so duldet es Gott nicht, daß Sein Name und Seine Religion ganz ohne Anhänger sind, die einerseits die falsche und verdammenswerte Lehre des Papstes mißbilligen und andererseits gegen die unermeßlichen und abscheulichen Ausschweifungen protestieren, ...“14

So richtete sich Francis Drakes Kritik gegen König Philipp II. und den Papst, seine spanischen Gefangenen behandelte er hingegen ohne jeden konfessionell begründeten Hass und vermied Gewalttaten gegen die Mannschaften gekaperter Schiffe.

Mit 14 Jahren bekam Francis Drake die Gelegenheit, seine Ausbildung zum Seemann auf einer kleinen Bark zu beginnen, mit der Küstenschifffahrt und manchmal auch Warentransport nach Frankreich betrieben wurde.15 Seine Leistungen auf See müssen den Kapitän zufriedengestellt haben, denn er vererbte ihm das Boot, als er starb.16 So wurde Francis Drake bereits mit 19 Jahren Kapitän auf seinem eigenen Schiff.

2.2. Die Reisen und Kaperfahrten nach Westindien bis 1580

Im Jahre 1566 schließlich verkaufte Francis Drake seine Bark und schloss sich 1567 eingangs erwähntem John Hawkins an.17 Dieser wollte seine bereits dritte Reise in die Neue Welt unternehmen (die Berichte über diesen Ort mögen wohl Drakes Neugierde und Unternehmerlust geweckt haben), um dort Sklaven zu verkaufen, die er zuvor an der Westküste Afrikas erhandeln und „erjagen“ wollte. Der Sklavenhandel war zu diesem Zeitpunkt aus europäischer Sichtweise noch keineswegs negativ behaftet und die Kaufleute anderer Nationen wünschten sich einen gerechten Handel, der auch in Neu-Spanien möglich sein sollte. Königin Elisabeth I. beteiligte sich auf ihre Weise an den Geschäften der Kauffahrer. In diesem Fall stellte sie 2 seeuntüchtige Schiffe zur Verfügung („Jesus von Lübeck“ und „Minion“), die von den anderen Beteiligten der Reise auf eigene Kosten in Stand gesetzt wurden.18 So würde sie keinen finanziellen Schaden erleiden, falls die Unternehmung scheitert. Der Zweck der Reise wird ihr als Teilhaberin nicht unbekannt gewesen sein, doch durfte der spanische Botschafter auf keinen Fall davon erfahren, wenn sie keinen Konflikt mit Spanien heraufbeschwören wollte. Obwohl das Ziel der Reise eigentlich ein friedliches sein sollte, wurden an der afrikanischen Küste zwei Schiffe gekapert19, was nicht unüblich war. Drake wurde nun zum Kapitän der „Judith“ ernannt. Doch als die Schiffe in den Siedlungen Neu-Spaniens ankamen, waren die spanischen Beamten vor Ort nicht kooperativ (der Erlass von König Philipp II. untersagte ausdrücklich den Sklavenkauf von Händlern anderer Nationen). Nachdem die meisten Sklaven erst unter Androhung von Waffengewalt verkauft worden waren, wurde die kleine Flotte in einem Sturm beschädigt und lief für Reparaturarbeiten den Hafen der Insel San Juan de Ulúa (bei Vera Cruz) an, eine Zwischenstation der spanischen Schatzflotte, die von der Küste Mexikos in Richtung Europa in See stach. Als die spanische Flotte dann zu allem Unglück auch noch eintraf, versicherte man sich gegenseitig der friedlichen Absichten. Die spanische Seite konnte aber nicht widerstehen und blieb so den Beweis für die Worttreue schuldig. Es kam zu militärischen Aktionen gegen die Engländer und 1569 kamen nur die Schiffe von Drake und Hawkins im Hafen von Plymouth, England an.20

[...]


[1] Damm, Hans: Francis Drake. Als Freibeuter in Spanisch-Amerika. Leipzig: F.A. Brockhaus 19252, S. 25.

[2] Wood, Peter: Abenteurer der Karibik. Amsterdam: Time-Life Bücher 19832, S. 73.

[3] Ebd. S. 19.

4 Wood, Peter: Abenteurer der Karibik. S. 54.

5 Ebd. S. 54.

6 Hampden, John (Hg.): Sir Francis Drake. Pirat im Dienst der Queen. Übersetzt von Timm, Günter. Stuttgart:

Thienemann, Edition Erdmann 1985, S.20.

7 Haan, Heiner/ Niedhart, Gottfried: Geschichte Englands – vom 16. bis 18. Jahrhundert. München: C.H. Beck

1993, S. 23.

8 Kings, Gregory: Verzeichnis von Einkommen und Ausgaben der verschiedenen Familien in England, 1688. In:

Laslett, P.: Verlorene Lebenswelten. Geschichte der vorindustriellen Gesellschaft. 1988, S. 46,f.. Auszug in:

Haan, Heiner/ Niedhart, Gottfried: Geschichte Englands – vom 16. bis 18. Jahrhundert. S. 24, f..

9 Benson, E. F.: Sir Francis Drake – 1540 - 1596. Bern, Leipzig, Wien : Wilhelm Goldmann Verlag 1936, S. 6.

10 Hampden, John (Hg.): Sir Francis Drake. Pirat im Dienst der Queen. S. 25.

11 Benson, E. F.: Sir Francis Drake – 1540 - 1596. S. 8.

12 Ebd. S. 10.

13 Benson, E. F.: Sir Francis Drake – 1540 – 1596. S. 11.

14 Aus: Drake, Sir Francis: The World Encompassed. Royall Exchange: London 1628. Übersetzt

von Timm, Günter. Auszug in: Hampden, John (Hg.): Sir Francis Drake. Pirat im Dienst der Queen. S. 258.

15 Wood, Peter: Abenteurer der Karibik. S. 74.

16 Hampden, John (Hg.): Sir Francis Drake. Pirat im Dienst der Queen. S.26.

17 Ebd..

18 Benson, E. F.: Sir Francis Drake – 1540 – 1596. S. 25.

19 Ebd. S. 27.

20 Wood, Peter: Abenteurer der Karibik. S. 64, ff..

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Der soziale und militärische Aufstieg von Sir Francis Drake
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Geschichte - Wirtschafts- und Sozialgeschichte/Neuere Neuste Geschichte)
Veranstaltung
Kolonialismus: Ursachen - Erscheinungsformen - Entwicklungspfade
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
18
Katalognummer
V119811
ISBN (eBook)
9783640233779
ISBN (Buch)
9783640233878
Dateigröße
458 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aufstieg, Francis, Drake, Kolonialismus, Ursachen, Erscheinungsformen, Entwicklungspfade
Arbeit zitieren
Toralf Schrader (Autor:in), 2005, Der soziale und militärische Aufstieg von Sir Francis Drake, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119811

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