Zusammenhänge zwischen Bonitätsherabstufungen und Risikoaufschlägen von Corporate-Bonds

Eine empirische Analyse


Diplomarbeit, 2008

64 Seiten, Note: 1,2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Problemstellung und Vorgehensweise

2. Systematisierung von Rating und Credit Spread
2.1 Credit Ratings –ein Überblick
2.1.1 Definition und Bedeutung von Ratings am Kapitalmarkt
2.1.2 Differenzierungsmöglichkeiten des Ratings
2.1.3 Das Verfahren zur Rating-Erstellung
2.1.4 Rating-Skala
2.1.5 Kapitalmarkteffizienz und Aussagekraft eines Ratings
2.2 Credit Spread– Berechnung, Systematisierung und Bedeutung
2.2.1 Definition und Untergliederung des Credit Spreads
2.2.2 Berechnungsmethoden des Credit Spreads
2.2.2.1 Berechnung des Credit Spreads durch den Vergleich laufzeitkongruenter Anleihen
2.2.2.2 Vergleich durationskongruenter Anleihen
2.2.3 Der Effekt der Restlaufzeitenverkürzung
2.2.4 Credit Spread im Zeitablauf
2.2.5 Ansteckeffekte
2.2.6 Komponenten des Credit Spreads
2.2.7 Credit Default Swaps als alternatives Risikobepreisungsmodell

3. Auswirkungen von Rating-Herabstufungen auf die Risikobepreisung von Anleihen –eine empirische Analyse
3.1 Vorgehensweise/ Datenbestand
3.2 Theoretische Überlegungen und Resultate der einzelnen Untersuchungen
3.2.1 Auswirkungen einer Bonitätsherabstufung auf den Credit Spread –Unterteilt nach Ratingagentur
3.2.2 Auswirkungen einer Bonitätsherabstufung auf den Credit Spread –Unterteilt nach Art der Ratings
3.2.3 Auswirkungen einer Bonitätsherabstufung auf den Credit Spread –Unterteilt nach Bonitätsklasse
3.2.4 Auswirkungen einer Bonitätsherabstufung auf den Credit Spread –Unterteilt nach Zeitpunkt der Herabstufung
3.2.5 Auswirkungen einer Bonitätsherabstufung auf den Credit Spread - Unterteilt nach Restlaufzeiten
3.2.6 Vergleich zwischen Credit Spread und Credit Default Swap-Spread im zeitlichen Verlauf und Reaktionsunterschiede auf eine negative Ratingveröffentlichung
3.2.7 Arbitragemöglichkeiten zwischen Credit Spread und Credit Default Swaps
3.2.8 Credit Spread Optionen als Absicherung oder Renditechance bei steigenden Credit Spreads

4. Fazit und weitere Forschungsmöglichkeiten

Anhang

Verzeichnis der Literatur

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die verschiedenen Untergliederungen des Credit Spreads

Abbildung 2: Verlauf der Credit Spreads der einzelnen Ratingklassen im Zeitablauf

Abbildung 3: Vergleich der durchschnittlichen, relativen Credit-Spreads 30 Börsentage um eine negative Review-Veröffentlichung der Ratingagenturen Standard & Poor’s und Moody’s

Abbildung 4: Verlauf der relativen, durchschnittlichen Credit Spreads 30 Börsentage um eine Review- und Long-Term-Veröffentlichung

Abbildung 5: Verlauf des durchschnittlichen, relativen Credit Spreads 30 Börsentage um ein negatives Rating-Event, gegliedert nach Rating-Kategorie, aus welcher herabgestuft wurde

Abbildung 6: Verlauf des durchschnittlichen, relativen Credit Spreads 30 Börsentage um eine negative Review- bzw. Long-Term-Veröffentlichung in der Bonitätsklasse Baa

Abbildung 7: Verlauf der durchschnittlichen, relativen Credit Spreads rund um ein negatives Rating-Event in den Jahren 2007, 2006 und 2005

Abbildung 8: Verlauf der durchschnittlichen, relativen Credit Spreads rund um ein negatives Rating-Event in den Jahren 2004, 2003, 2002, 2001 und 2000

Abbildung 9: Verlauf der durchschnittlichen, relativen Credit Spreads 30 Börsentage um ein negatives Rating-Event, sortiert nach Restlaufzeit der Anleihe zum Rating-Event

Abbildung 10:Verlauf von CDS-Spreads und Credit Spreads 30 Börsentage um eine negative Rating-Veröffentlichung

Mein ausdrücklicher Dank gilt….

… Herrn Florian Eichert (CFA) und der Landesbank Baden-Württemberg für die Bereitstellung von historischen Credit-Spreads aus der Bloomberg- Datenbank. Frau Monica Fernandez (CFA) und der DZ-Bank AG danke ich für die Bereitstellung historischer CDS-Spreads aus der Bloomberg-Datenbank. Ebenso danke ich meinem Bruder Max Kringler für die Erstellung eines EDV-Programms, welches eine automatisierte Abfrage der historischen Rating-Veränderungen von der Homepage von Moody’s erlaubte. Herrn Mathias Hahn danke ich für die Durchsicht meines Manuskripts.

1. Problemstellung und Vorgehensweise

„Ein Rating ist die Wahrscheinlichkeit, dass Schulden ordnungsgemäß verzinst und zurückgezahlt werden. Die Bonitätsnote bewertet das Ausfallrisiko. Sie besagt nicht, ob ein Schuldtitel in einer Kreditklemme verkauft werden könne, ob der Markt liquide ist und ob sich der Wert stabil verhält, die Volatilität also gering ist. Die Rendite am Markt spiegelt nicht nur die Gefahr eines Zahlungsausfalles wieder, sondern auch andere Risiken und Einflüsse.“

Thorsten Hinrichs, Leiter Standard & Poor’s- Deutschland

Die Ratingagenturen waren im Zuge der U.S.-Hypothekenkrise in die Kritik geraten, bei Bonitätsverschlechterungen zu spät mit Ratinganpassungen reagiert zu haben. Ebenso wird eine Inflation bei der Vergabe guter Bonitätsnoten kritisiert. Es stellt sich demnach die Frage, welchen Informationswert ein Rating heute noch besitzt. Sollte die Kritik berechtigt sein, ist eine Bonitätseinstufung durch eine Ratingagentur weder aussagekräftig noch repräsentativ. Eine Veröffentlichung einer Bonitätsverschlechterung hätte folglich keine Bedeutung. Daher soll in der vorliegenden Arbeit untersucht werden, ob Veröffentlichungen einer Rating-Verschlechterung durch die Ratingagenturen Auswirkungen auf die Risikobepreisung von Unternehmensanleihen hat.

Die Arbeit ist in einen theoretischen Teil und einen praktischen Teil gegliedert. Zunächst werden im Rahmen des theoretischen Teils die Grundlagen über Ratings erläutert. Dabei wird auf die Bedeutung eines Ratings am Kapitalmarkt, die Systematisierung der Ratings und deren Erstellungsprozess eingegangen sowie auf den Informationswert von Ratings anhand der Informationseffizienzhypothese. Anschließend wird die Risikobepreisung in Form des Credit Spreads thematisiert, wobei dieser definiert und systematisiert wird. Der Credit Default Swap als alternatives Risikobepreisungsmodell wird vorgestellt.

Im zweiten Teil dieser Arbeit wird im Rahmen einer empirisch durchgeführten Analyse untersucht, inwieweit Veröffentlichungen einer Rating-Verschlechterung Auswirkungen auf den Credit Spread von Anleihen haben. Dabei wird zuerst auf die Vergleichbarkeit von Rating-Veröffentlichungen von Standard & Poor’s (S&P) und Moody’s eingegangen. Anschließend wird analysiert, inwieweit die Reaktion des Credit Spreads verschiedene Arten einer Herabstufung unterscheidet. Dem folgt eine Unterscheidung nach der Rating-Kategorie, aus welcher herabgestuft wurde, nach dem Kalenderjahr, in welchem die Herabstufung stattfand, sowie nach Restlaufzeit der Anleihen zum Zeitpunkt der Bonitätsverschlechterung. Es wird zudem untersucht, wie Credit Default Swaps im Vergleich zu Credit Spreads auf negative Rating-Events reagieren und es werden Arbitragemöglichkeiten zwischen Credit Spread und Credit Default Swap vorgestellt. Die Untersuchungsergebnisse werden abschließend in einem Fazit zusammengetragen.

2. Systematisierung von Rating und Credit Spread

2.1 Credit Ratings –ein Überblick

2.1.1 Definition und Bedeutung von Ratings am Kapitalmarkt

Auf Grund der Größe und der Struktur des nordamerikanischen Geld- und Kapitalmarktes wurden dort schon kurz nach der Jahrhundertwende die ersten Rating-Agenturen gegründet. Die große Zahl von Schuldverschreibungen machte die Überprüfung und Beurteilung der Bonität der Emittenten erforderlich. Heute hat der Ratingmarkt oligopolistischen Charakter, die Ratingagenturen Standard & Poor’s, Moody’s (je ca. 40% Marktanteil) und Fitch (ca. 15% Marktanteil) dominieren diesen Markt. Anderen Anbietern kommt lediglich ein Marktanteil von 5% zu. Im finanzwirtschaftlichen Sinne kann ein Rating systematisiert werden als eine durch Dritte anhand von verfügbaren Informationen vorgenommene Bewertung der momentanen Risikolage eines Unternehmens sowie die Einschätzung und Beurteilung zukünftiger Entwicklungspotentiale. Everling definiert, dass unter einem Credit-Rating eine Bonitätsbeurteilung durch Zuteilung definierter Zeichen, den Ratingsymbolen, zu verstehen ist. Durch die Integration der europäischen Finanzmärkte besteht nunmehr auch hier nicht nur die quantitative Notwendigkeit der Bonitätsprüfung der Emittenten durch Rating-Agenturen, sondern auch die qualitative aufgrund von Sprachbarrieren und unterschiedlichen Rechnungslegungsvorschriften und -prinzipien. Traditionell zielen die Analysen zur Bonitätsbewertung auf deren Ausfallrisiko. Diese Vorgehensweise impliziert das Investment-Prinzip, den Bond eines Schuldners zu erwerben und bis zur Endfälligkeit zu halten. Mittlerweile hat sich jedoch auch auf den Bondmärkten ein aktiver Handel durchgesetzt, bei dem von einer wachsenden Anzahl von Investoren versucht wird, auch aus Zinsstruktur- und Bonitätsänderungen Gewinne zu erzielen. Bonds werden daher immer öfter nicht bis zur Endfälligkeit gehalten, sondern oft mehrmals während der Laufzeit ge- und verkauft. Dies macht eine fortlaufende Aktualisierung des Ratings erforderlich. So werden heute alle von den drei großen Ratingagenturen erstellten Beurteilungen jährlich überprüft. Moderne Rating-Analysen tragen nicht nur der Analyse im Hinblick auf den Ausfall einer Anleihe oder eines Schuldners Rechnung, durch historische Beobachtungen können auch Wahrscheinlichkeiten einer Änderung der Bonitätsklasse eines Emittenten oder einer Anleihe ermittelt werden.

Ratings tragen zur Transparenz der Märkte bei und fördern den internationalen Kapitalfluss, da Emittenten den globalen Marktzugang erreichen und dadurch ihre Kapitalkosten senken können. Investoren erhalten repräsentative Einschätzungen über das mit der Investition verbundene Risiko und können ihr Kapital optimal verteilen.

Zur besseren Informationsverarbeitung tragen Ratings auch deshalb bei, weil die Informationskosten durch die Verwendung von Ratings für alle sich informierenden Marktteilnehmer sinken und darüber hinaus die Qualität der Informationen steigt. Ratings erlauben den schnellen Vergleich der Bonitätsrisiken mehrerer Investitionsalternativen ohne Kenntnis des Schuldners.

Der starke Einfluss von Ratings auf die Preise von Gläubigerpapieren unterstreicht die Bedeutung der öffentlichen Bonitätsaussagen und auch von Fehleinschätzungen. Die Vergangenheit zeigte, dass die Ratings in einigen Fällen nicht mit der tatsächlichen finanziellen Kraft in Einklang standen und eine Herabstufung zu spät stattfand. Andererseits kann die vorzeitige Herabstufung des Ratings ein finanziell in Schwierigkeiten geratenes Unternehmen den weiteren Zugang zu Finanzierungsmitteln verhindern und so die Krise verschärfen. Dessen sind sich die Rating-Agenturen bewusst, daher müssen sie jede Veränderung eines Ratings, besonders unterhalb der Investmentqualität, genau abwägen. Zunehmend restriktivere Vorschriften über die risikogerechte Eigenkapitalhinterlegung ihrer Aktiva zwingen institutionelle Investoren, den Ratingprozess der Emittenten von Schuldverschreibungen voranzutreiben. Ohne ein Rating ist eine Platzierung einer Anleihe am Markt, vor allem in den U.S.A., nahezu unmöglich. Besondere Beachtung finden Ratings vor allem auf dem Markt für strukturierte Finanzierungen wie Asset Backed Securities und Kreditderivaten, da dieser stark wächst und ohne eine Bonitätseinschätzung des synthetischen Underlyings kein Risikoprofil des verbrieften Instruments dargestellt werden kann. Da die Risiken eines Forderungsausfalles bei Asset Backed Securities letztlich auf die Inhaber der Papiere übertragen werden, bilden Ratings eine notwendige Voraussetzung für die erfolgreiche Emission und die Marktgängigkeit dieser Papiere, da Investoren selbst keine realistische Möglichkeit haben, den zugrunde liegenden Forderungspool zu bewerten und ein Risikoprofil zu bestimmen. In der aktuellen U.S.-Hypothekenkrise kommt den Ratingagenturen daher eine bedeutende Rolle zu. Die in Schwierigkeiten geratenen Papiere müssen in der Bonität und im Zeitverlauf richtig eingestuft sein, damit langfristig ein problemloser Handel in diesen Papieren gewährleistet ist.

2.1.2 Differenzierungsmöglichkeiten des Ratings

Um dem Wunsch der Investoren nach einer zeitnäheren Reaktion gerecht zu werden, haben die Agenturen in den 1980er Jahren ein System der Vorankündigung über „Outlook“- Veröffentlichungen und „Review“-Veröffentlichungen eingeführt. Reviews unterscheiden sich im Wortlaut bei den Rating-Agenturen, bei S&P wird „CreditWatch“ verwendet, bei Moody’s „Watchlist“ und bei Fitch „Rating Alert“. Durch Outlooks soll den Marktteilnehmern eine Veränderung der Bonität signalisiert werden, die nicht in dem Maße nachhaltig ist, als dass sie eine sofortige Rating-Veränderung rechtfertigt. Outlooks geben dabei eine Einschätzung der Bonitäts-Entwicklung in den kommenden sechs Monaten bis maximal zwei Jahre an. Diese Zeit wird von den Rating-Agenturen benötigt, um das Rating grundsätzlich zu überprüfen. Ist die Unternehmung im Zeitverlauf genauer untersucht worden, und haben sich die Anzeichen für eine Veränderung der Kreditqualität erhärtet, wird die Unternehmung auf den Status „Review“ gesetzt. Ein Review gibt Aufschluss über die nähere Zukunft (ca. 60 Tage), falls sich die Wahrscheinlichkeit und die Richtung der Rating-Änderung konkretisiert haben. Das Überprüfungsverfahren (oder „review“-Verfahren) wird mit der gleichen Gründlichkeit durchgeführt wie das Verfahren zur Erteilung eines erstmaligen Ratings. Da viele spezifische Beurteilungsfaktoren jedoch bereits bekannt und die Analysten mit den Emittenten vertraut sind, genügt in vielen Bereichen die Fortschreibung der bisherigen Daten und die Interpretation von Veränderungen. Das Überprüfungsverfahren ist deshalb in der Regel kürzer als das Verfahren des erstmaligen Ratings. Kann die Agentur davon ausgehen, dass sich die Bonitätsveränderung der untersuchten Unternehmung manifestiert hat, erfolgt als dritter Schritt die eigentliche und wiederum langfristige Rating-Veröffentlichung (Long-Term-Rating).

Die dargestellte Reihenfolge ist aber nur der idealtypische Ablauf. In der Praxis werden durchaus auch Ratingänderungen ohne einen vorausgehenden Vorankündigungsprozess durchgeführt. Auch müssen Outlooks beziehungsweise Reviews nicht zwingend zu einer Änderung der Bonitätseinstufung führen. Kommt die Ratingagentur im Zuge ihrer Überprüfung zu dem Entschluss, dass das gegenwärtige Rating der Bonitätslage entspricht, wird sie die Vorankündigungen aufheben. Prinzipiell werden von Rating-Agenturen bei Aufnahme eines Titels in die Watchlist keine Angaben über die Wahrscheinlichkeit einer neuen, von der bisherigen abweichenden Beurteilung gemacht. In der später folgenden empirischen Untersuchung werden die Auswirkungen von Review-Ankündigungen und tatsächlichen Rating-Herabstufungen betrachtet. Outlook-Ankündigungen werden nicht berücksichtigt.

Ein Rating kann weiterhin nach den folgenden Kriterien differenziert werden:

- Es wird zwischen internen und externen Ratings unterschieden. Ein internes Rating liegt vor, wenn eine Bank im Rahmen einer Kreditvergabe die Bonität ihres Kunden prüft. Ein solches Rating wird nicht veröffentlicht und dient nur der eigenen Verwendung. Von einem externen Rating wird gesprochen, wenn eine unabhängige Ratingagentur eine Bonitäts-Beurteilung vornimmt. Die Untersuchungen der vorliegenden Arbeit beziehen sich ausschließlich auf externe Rating-Beurteilungen.
- Ein externes Rating kann entweder durch eine Agentur im Auftrag des Emittenten erfolgen oder ohne einen solchen Auftrag. Gibt ein Emittent ein Rating in Auftrag, so unterstützt er den Rating-Prozess durch die Bereitstellung von Informationen und trägt die Kosten der Rating-Erstellung. Nicht beauftragte Ratings können zwei unterschiedliche Verfahren annehmen. Im ersten Fall stellt der Emittent zwar keinen Antrag auf Durchführung des Verfahrens und verpflichtet sich nicht zur Zahlung einer Rating-Gebühr, unterstützt aber faktisch die Durchführung des auf Entschluss der Ratingagentur vollzogenen Verfahrens durch Bereitstellung der erforderlichen informationellen Basis. In diesem Fall gleicht der Ablauf dem des beauftragten Rating-Verfahrens. Im zweiten Fall fehlt die Unterstützung durch den Emittenten, welcher das Rating hierfür nicht notwendig oder nicht wünschenswert erachtet. Auf Grund der Verweigerung der Kooperation hat die Agentur ein Bonitätsurteil allein auf Basis der veröffentlichten Daten zu ermitteln und manchmal müssen Annahmen anstelle der nicht veröffentlichten Informationen treten. Nur im Falle eines in Auftrag gegebenen Ratings stellt die Unternehmung Insiderinformationen für die Bonitätsermittlung zur Verfügung. Die vertraulichen Informationen werden innerhalb der Agentur nur den Analysten der betroffenen Abteilung zugänglich gemacht und unterliegen strengster Vertraulichkeit. Diese Informationen werden dann in den Publikationen der Agentur auch nicht veröffentlicht, fließen aber in die Beurteilung mit ein.
- Bezieht sich das Rating auf die generelle Fähigkeit des bewerteten Schuldners, seinen zukünftigen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, so handelt es sich um ein „Emittenten-Rating“, bezieht es sich auf einzelne Finanztitel, spricht man von einem „Emissions-Rating“. In ein Emissions-Rating fließt das Emittenten-Rating mit ein, es werden aber zusätzlich spezifische Ausstattungsmerkmale des Schuldtitels berücksichtigt. In der später folgenden empirischen Untersuchung werden ausschließlich Veröffentlichungen betrachtet, welche sich auf Emittenten-Ratings beziehen.
- Zusätzlich können Emittenten- und Emissionsratings nach ihrem Zeithorizont in kurzfristige (unter einem Jahr) und langfristige Ratings (über einem Jahr) unterschieden werden. Die Symbolik der kurzfristigen Ratings unterscheidet sich von der der langfristigen Ratings, soll hier aber nicht weiter Beachtung finden. In der später folgenden empirischen Untersuchung werden ausschließlich langfristige Ratings untersucht.

2.1.3 Das Verfahren zur Rating-Erstellung

Soll ein Rating für einen Emittenten oder eine Emission erteilt werden, so sind die Analysten bestrebt, ein möglichst umfassendes Bild über die Bonitätslage zu erlangen. Das unternehmensspezifische Ratingergebnis stellt nur einen Teil des gesamten Ratingprozesses dar. Im so genannten “Top-Down-Approach“ wird zunächst das Herkunftsland des Emittenten beurteilt. Auf Grund der Erfahrung, dass der Transfer und die Konvertierung von Währungen eines Schuldners an ausländische Gläubiger durch staatliche Hoheitsgewalt beschränkt werden kann, bildet die Beurteilung der Kreditwürdigkeit des Herkunftslandes des Emittenten den Ausgangspunkt für die Bonitätsanalyse. Wegen dieser Risiken kann das Rating eines Schuldners grundsätzlich nicht höher ausfallen als das seines Herkunftslandes. An das Länder-Rating schließen sich die Beurteilung der Branche, der Wettbewerbstrends und der Marktposition an, bevor das spezifische Unternehmensrisiko (unsystematisches Risiko) quantitativ und qualitativ bewertet wird. In der quantitativen Analyse werden auf jeden Fall Unterlagen wie eine mittelfristige Erfolgsrechnung, Cash-Flow-Analysen, Bilanzen, Investitionspläne, Wettbewerbs- und Wettbewerberanalysen, Finanzierungsalternativen und Kostenpläne ausgewertet und zu einem Kennzahlensystem verdichtet. Im Falle des vom Emittenten nicht unterstützen Ratings greifen die Analysten hierbei der Umstände wegen auf öffentlich verfügbare Informationen zurück. Daneben werden noch qualitative Faktoren untersucht, von zentraler Bedeutung ist dabei die Qualität des Managements und der Mitarbeiter. Nun muss für die Beurteilung ein passendes Verhältnis zwischen objektiven und subjektiven Informationen gewählt werden, die qualitativen (Soft-Facts) und die quantitativen (Hard-Facts) Informationen müssen in der Beurteilung richtig zueinander justiert werden. In einer gewissen Subjektivität sieht Everling sogar eine Stärke des Rating-Verfahrens, mit der Begründung, dass mit der von Analysten in die Beurteilung eingebrachten, einer Evaluation schwer zugänglichen Erfahrungen die Qualität des Ratings steige. Nach Beendigung des Rating-Verfahrens veröffentlicht die Ratingagentur das ausführliche Ergebnis in einer Datenbank, auf welches Marktteilnehmer kostenpflichtig zugreifen können. Nachrichtenvermittler wie Reuter’s oder Bloomberg bekommen ebenso die Ergebnisse der Ratingagenturen zur Verfügung gestellt, allerdings ohne detaillierte Informationen zu den Hintergründen des Ratingergebnisses. Auf der Homepage der Ratingagenturen werden die Ergebnisse ebenso ohne Details veröffentlicht. Dadurch soll gewährleistet werden, dass es keine Informationsvorsprünge für einzelne Marktteilnehmer gibt.

2.1.4 Rating-Skala

Wurde eine Rating-Beurteilung durch eine der drei am Markt führenden Agenturen durchgeführt, so wird das Ergebnis in eine alphanumerisch ordinalskalierte Kennzahlen-Kombination (Rating-Skala) übersetzt. Dies dient der besseren Vergleichbarkeit. Alle Rating-Skalen der drei großen Agenturen beginnen bei der höchst möglichen und enden bei der niedrigsten Bonitätseinstufung. Moody’s nutzt neun, S&P und Fitch zehn Abstufungen. Die bestmögliche Bonitäts-Beurteilung wird mit Aaa/AAA dargestellt, die schlechteste mit C/D. Innerhalb der Abstufungen Aa/AA bis B/B wird durch die Ergänzungen 1,2,3 bei Moody’s bzw. + und – bei S&P und Fitch weiter differenziert um eine noch genauere Beurteilung zu ermöglichen. Dabei kennzeichnet 1/+ die obere, 3/- die untere Feinabstufung. Insbesondere für institutionelle Investoren ist die Unterscheidung zwischen dem Investment- und dem spekulativen Bereich interessant und wichtig. Zu der Kategorie des Investment-Bereichs zählen alle Einstufungen der höheren und mittleren Klassen (Aaa/AAA bis Baa3/ BBB-), schlechtere Einstufungen lassen sich dem spekulativen Bereich zuordnen. Einigen institutionellen Investoren, wie beispielsweise amerikanischen Pensionsfonds, ist es nur bedingt gestattet, Papiere des Non-Investment-Bereichs zu erwerben. Serfling et. al. meinen zur Vergleichbarkeit von Rating-Ergebnissen, dass die Gewährleistung der Komparabilität für die Ratingagentur bei der Eruierung eines Ratings eines der schwierigsten Probleme darstellt. Das Rating reduziert die komplexe ökonomische Situation und Perspektive eines Emittenten auf ein einzelnes Symbol. Im Vergleich zu anderen Emittenten gehen somit Abweichungen in Einzelaspekten unter. Allerdings können so Insiderinformationen auf Grund Ihrer „Verschlüsselung“ in die Beurteilung mit einfließen, ohne dass sie möglichen Konkurrenten sichtbar werden. Ein Grund, warum alle drei Rating-Agenturen ähnliche Skalen verwenden, ist die daraus resultierende bessere Vergleichbarkeit der Bonitäts-Beurteilungen. Demnach besteht aber ein Zielkonflikt zwischen der Gewichtung unternehmensspezifischer Bonitätsrisiken und der einfachen Vergleichbarkeit. Die Rating-Skalen der drei führenden Agenturen sind in Anlage 2 im Anhang dieser Arbeit gegenübergestellt.

2.1.5 Kapitalmarkteffizienz und Aussagekraft eines Ratings

In diesem Abschnitt sollen die Faktoren näher beleuchtet werden, welche letztendlich für die Aussagekraft eines Ratings von Bedeutung sind. Um in Fachkreisen die entsprechende Aufmerksamkeit zu erlangen, ist es für eine Ratingagentur unabdingbar, sich eine gute Reputation zu erarbeiten. Die drei führenden Anbieter externer Ratings Fitch, Standard & Poor’s und Moody’s scheinen sich einen solchen Status erarbeitet zu haben. Dabei sind die Transparenz und die Nachvollziehbarkeit des Rating-Vorgangs sehr zentral für die Reputationsbildung. Zwar findet eine totale Transparenz dieses Vorgangs seine Grenzen im Firmengeheimnis der Ratingagentur und in der Vertraulichkeit der Insiderinformationen, eine größtmögliche Nachvollziehbarkeit muss aber gewährleistet sein. Im Zuge der U.S.- Hypothekenkrise war die Transparenz von Ratings von hypothekenbesicherten Anleihen in die Kritik geraten. Ratingagenturen sollen einer strengen Kontrolle zu ausführlicheren und detaillierteren Angaben über die Benotung dieser Anleihen verpflichtet werden.

Auch die Unabhängigkeit zwischen Ratingagentur und des zu beurteilenden Unternehmens ist ein zentrales Element.

Rating-Agenturen nehmen generell erst dann eine Rating-Veränderung vor, wenn sicher ist, dass diese nicht in der nächsten Zeit wieder verändert werden muss. Dieser Stabilitätsgedanke legt die Vermutung nahe, dass Marktpreise schneller auf die neuen Informationen reagieren könnten. Deshalb stellt sich berechtigterweise die Frage nach der Aktualität eines Ratings. Als aktuell kann laut Baum ein Rating insbesondere dann bezeichnet werden, wenn es neue, zutreffende Informationen über die Bonität eines Emittenten enthält. Der Informationswert eines Ratings hängt also unmittelbar mit seiner Aktualität zusammen. Rating-Agenturen haben nach ihrer Beauftragung durch den Emittenten Zugriff auf Insiderinformationen der Unternehmung, die dem Markt in dieser Form nicht zugänglich sind. Daraus könnte gefolgert werden, dass das Rating selbst eine Information für die Marktteilnehmer darstellt und somit eine Aktualität aufweist. Zur Bestätigung dieser Behauptung soll die Informationseffizienzhypothese herangezogen werden. Informationseffizienz besagt laut Achleitner, dass sich alle Informationen über die zukünftigen Zahlungen, die dem Besitzer eines Aktivums erwachsen, unverzüglich und auf rationale Weise in den Kursen niederschlagen. Auch Fama spricht von einem informationseffizienten Kapitalmarkt, wenn die Marktpreise zu jedem Zeitpunkt vollständig alle bewertungsrelevanten Informationen reflektieren, das heißt zeitlich ohne Verzögerung so auf neue Informationen reagieren, als wenn alle Marktteilnehmer diese Information zum gleichen Zeitpunkt erhalten hätten und entsprechend disponieren würden. Er differenziert nach Art und Umfang des zu Grunde liegenden Informationsstandes drei verschiedene Arten der Informationseffizienz:

- schwache Form der Informationseffizienz: Alle Informationen über die vergangene Kursentwicklung sind im Marktpreis enthalten
- Halb-strenge Form der Informationseffizienz: Alle öffentlich verfügbaren Informationen sind im Marktpreis enthalten
- Strenge Form der Informationseffizienz: sämtliche Informationen, also öffentlich zugängliche und nicht-öffentlich zugängliche, sind im Kurs eingepreist. Diese Form stellt aber einen theoretischen Extremfall dar, dem kein Kapitalmarkt gerecht werden kann.

Die vorhandene Informationseffizienz des betrachteten Marktes ist im Vorfeld nicht bekannt. Es wird davon ausgegangen, dass die Bondmärkte effizient in der halbstrengen Form sind. Legt man in den folgenden Untersuchungen daher die halbstrenge Informationseffizienz zu Grunde, ist davon auszugehen, dass die Märkte die Wirkungen einer Ratingmaßnahme zumindest teilweise vorweg nehmen. Die ohnehin öffentlichen Informationen sind bereits vor der Veröffentlichung in den Kursen beziehungsweise in den Spreads eingepreist. Sollten darüber hinaus unternehmensinterne Informationen in den Ratings enthalten sein, führt dies gegebenenfalls ab dem Tag der Veröffentlichung zu ratinginduzierten Spreadveränderungen. Die Differenz aus dem Schuldtitel unmittelbar vor der Ankündigung der Ratingaktion und dem Wert unmittelbar danach spiegelt dann den Wert der „Ratingaktion“ wider. Damit wird deutlich, dass eine korrekte Bewertung der „Ratingaktion“ die Existenz eines informationseffizienten Kapitalmarktes voraussetzt. Ist der Markt informationseffizient und erfolgt keine Preisanpassung nach einer Ratingaktion, so besitzt die Ratingaktion keinen Informationswert. Ist auch in dem Zeitraum nach Informationszugang noch eine systematische, auf diese Neuinformation rückführbare Preisänderung zu beobachten, so deutet dies auf eine verzögerte Informationsverarbeitung und damit auf einen ineffizienten Kapitalmarkt hin. Solange also davon auszugehen ist, dass Effizienz der strengen Form vorliegt, kann die Informationsfunktion des Ratings aus theoretischer Sicht nur durch solche Ratings erfüllt werden, die sich zu einem großen Teil aus nicht öffentlichen Informationen und Erfahrungsvorsprüngen bilden. Die strenge Informationseffizienz ist Teil des Modells des vollkommenen Marktes, in diesem hat jeder Marktteilnehmer sämtliche relevanten Informationen, es bedarf keiner Informationsintermediäre. In einem solchen Markt ist die Informationsverarbeitung durch Einzelne unnötig, da alle über den gleichen Informationsstand verfügen. Die Existenzberechtigung einer Ratingagentur als Informationsvermittler wäre demnach abzulehnen.

Daher ist die Unvollkommenheit der Kapitalmärkte eine Grundvoraussetzung für den Informationswert von Ratings , was im Realfall auch anzunehmen ist.

2.2 Credit Spread– Berechnung, Systematisierung und Bedeutung

2.2.1 Definition und Untergliederung des Credit Spreads

Der Credit Spread ist der in der impliziten Rendite der ausfallbedrohten Anleihe enthaltene Renditeaufschlag gegenüber der impliziten Rendite der Benchmarkanleihe. Als Benchmark gilt das Papier, das im entsprechenden Restlaufzeitbereich die niedrigste Rendite aufweist.

Als solche finden Staatsanleihen der U.S.A., des Vereinigten Königreichs und Deutschlands Verwendung, welche als risikolos eingestuft werden. Allerdings implizieren auch Papiere dieser Emittenten mit einem AAA-Rating ein minimales Ausfallrisiko. Diese sind somit nicht risikolos, werden aber in Ermangelung einer geeigneten Alternative als risikolos definiert. Die Renditedifferenz über Staatspapieren stellt die in der Literatur am häufigsten verwendete Art des Credit-Spreads dar. Die Nachfrage nach Staatspapieren ist aus den folgenden Gründen sehr hoch, was folglich die Renditen dieser Papiere im Vergleich zu denen von Unternehmensanleihen abfallen lässt:

[...]

Ende der Leseprobe aus 64 Seiten

Details

Titel
Zusammenhänge zwischen Bonitätsherabstufungen und Risikoaufschlägen von Corporate-Bonds
Untertitel
Eine empirische Analyse
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart, früher: Berufsakademie Stuttgart  (Fachrichtung Bank)
Veranstaltung
Wertpapier/Bondanalyse
Note
1,2
Autor
Jahr
2008
Seiten
64
Katalognummer
V119647
ISBN (eBook)
9783640226566
ISBN (Buch)
9783640227808
Dateigröße
1125 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zusammenhänge, Bonitätsherabstufungen, Risikoaufschlägen, Corporate-Bonds, Wertpapier/Bondanalyse
Arbeit zitieren
Dipl. Betriebswirt (BA) Felix Kringler (Autor:in), 2008, Zusammenhänge zwischen Bonitätsherabstufungen und Risikoaufschlägen von Corporate-Bonds, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119647

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