Der Sturz des Walter Ulbricht


Dossier / Travail, 2008

28 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Kurzer Abriss des politischen Wirkens Walter Ulbrichts bis 1961 ..

3 „Kronprinz‟ Erich Honecker

4 Entfremdungstendenzen
4.1 Entfremdung zur Sowjetunion
4.2 Entfremdung zum Politbüro und Parteigenossen
4.3 Die Frage der deutsch-deutschen Beziehungen

5 Der Ablösungsprozess

6 Schlussbetrachtung

Endnoten

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Walter Ulbricht und Erich Honecker sind zweifelsohne die beiden bedeutendsten Politiker der Deutschen Demokratischen Republik gewesen. Sie haben die Gestalt des Staates am nachhal- tigsten geprägt. Die Ablösung Walter Ulbrichts durch seinen politischen Ziehsohn und „Kronp- rinzen“ Honecker war dementsprechend eine tiefe Zäsur in der Entwicklung der DDR. Der Ab- lösungsprozess stellt sich als eher komplex dar, weil er von vielen verschiedenen Richtungen beeinflusst wurde. Ulbricht isolierte sich immer mehr, sowohl bei den sowjetischen Machtha- bern als auch bei den eigenen Parteigenossen, während Honecker Gegner der Ulbricht’schen Politik um sich sammelte und sich am Ende auch der Unterstützung bzw. Billigung der Sowje- tunion sicher sein konnte. Allerdings unterlag die Wachablösung von Partei- und Staatsführung in der so genannten Diktatur des Proletariats ungeschriebenen Gesetzen. Es waren weder Mehr- heitsverhältnisse noch Sympathien von Bedeutung. Ausschlaggebend war hingegen, dass der „Kronprinz“ vom Apparat der Partei geprägt und geformt worden war, als prinzipienfest im Sinne des marxistisch-leninistischen Dogmas galt und sich im Umgang mit der Macht bereits bewährt hatte.[1]

Diese Hausarbeit zielt darauf ab, den Prozess der Ablösung Ulbrichts und die damit einher- gehende Stärkung der Position Honeckers zu untersuchen. Dabei müssen Schwerpunkte gesetzt werden, weil der Rahmen sonst gesprengt werden würde. Zunächst wird das politische Wirken Walter Ulbrichts bis 1961 untersucht. Hier musste eine Zäsur gesetzt werden und das Jahr 1961 kann als solche gesehen werden, da der Mauerbau ein „neues Zeitalter“ in der DDR- Entwicklung einläutete und Ulbrichts Position nach dem Krisenjahr 1953 wieder gefestigt war. Wichtig ist die Betrachtung von Ulbrichts politischer Tätigkeit, weil dies seine besondere Posi- tion in der SED, aber auch in Moskau erklärt. Allerdings wurden auch hier Schwerpunkte ge- setzt. Die folgenden Jahre nach 1961 sollen aber im Zusammenhang mit der allmählichen Ablö- sung Ulbrichts intensiver betrachtet werden. Im zweiten Kapitel soll Erich Honeckers Karriere als Ulbrichts „Kronprinz“ untersucht werden. Dabei soll der Einfluss Ulbrichts auf eben diese berücksichtigt werden. Es wird aber auch untersucht, inwiefern die Beziehungen zwischen bei- den Politikern so harmonisch waren, wie es propagandiert wurde. Anschließend werden Ent- fremdungstendenzen betrachtet, die sich im Laufe der letzten Jahre Ulbrichts deutlich aufzeig- ten: zwischen ihm und der Breschnew-Führung, dem Politbüro und den Parteigenossen sowie in Bezug auf die Deutschlandpolitik. Der Prozess der Ablösung war mit dem Jahre 1971 und der Aufgabe der Ämter noch nicht beendet. Das Politbüro arbeitete weiter daran, Ulbricht in Miss- kredit zu bringen und ihn politisch mundtot zu machen. Das soll im fünften Kapitel untersucht werden, bevor in der Schlussbetrachtung Resümee gezogen werden soll.

2 Kurzer Abriss des politischen Wirkens Walter Ulbrichts bis 1961

Ulbricht war ein Kommunist der ersten Stunde. Von Beginn seiner politischen Karriere an war Ulbricht überdies das, was Lenin als „Berufsrevolutionär“[2] bezeichnete. Er übte viele Tä- tigkeiten in der Partei aus und verfügte über ein außerordentliches Talent zur Organisation und Planung, was seinen außerordentlichen Aufstieg innerhalb des Parteiapparats förderte.[3]

Die Ausrichtung der KPD auf die Sowjetunion war für Ulbricht von Anbeginn an unumstrit- ten. Er trat für die „Bolschewisierung“ der Partei ein. Seine konsequente Haltung zu diesem Thema ließ Moskau sehr früh auf ihn aufmerksam werden. Deshalb erhielt er in den Jahren 1924/25 verschiedene Aufträge für die „Kommunistische Internationale“ zu arbeiten, die den sowjetischen Führungsanspruch in der Welt durchsetzen sollte. Als nach der Verhaftung Thäl- manns und anderer ranghoher Kommunisten 1933 im Politbüro des Zentralkomitees ein Kampf um die Nachfolge von Thälmann ausbrach, verstand es Ulbricht sehr gut die Chance zu nutzen seine Position im engsten Führungszirkel zu stärken.[4] Er setzte sich für Wilhelm Pieck als Nachfolger Thälmanns ein, damit er die Fäden im Hintergrund ziehen konnte. Während dieser Zeit gehörte es zu seinen Aufgaben die Kader auf der Parteilinie zu halten und Abweichungen zu unterbinden.

Noch während der letzten Kriegstage 1945 schickte die Zentrale in Moskau drei Arbeits- gruppen in das sowjetische besetzte Gebiet Deutschlands, um deutsche Verwaltungen unter kommunistischer Führung aufzubauen. Die wichtigste Gruppe war diejenige, die für die Reichshauptstadt Berlin zuständig war („Gruppe Ulbricht“). Somit erhielt Ulbricht die Chance seine Position und Macht in Deutschland zu etablieren ehe die meisten anderen Kommunisten nach Deutschland zurückgekehrt waren. Er war zu dieser Zeit einer der wichtigsten Ver- trauensmänner Stalins. Bis zu diesem Zeitpunkt weist der Lebensweg Ulbrichts ihn als außeror- dentlichen „Apparatmann“ aus, der der sowjetischen Führung treu ergeben war und ein Organi- sationstalent besaß.[5]

Unter der Federführung Ulbrichts transformierte sich die SED bereits vor ihrer offiziellen Gründung in eine „Partei neuen Typus“. Die Partei sollte sich auf die marxistisch-leninistische Ideologie festlegen und die Führungsrolle der KPdSU anerkennen. Nach der Zwangsvereini- gung zur SED gab es dennoch viele Mitglieder, die der offiziellen Linie nicht folgen wollte. In dieser Atmosphäre von Verunsicherung und Angst fand 1950 der III.Parteitag der SED statt. Hier wurde Ulbricht an die Spitze der SED gewählt. Er wurde damit der alleinige und entschei- dende Führer der deutschen Kommunisten.[6] 1952 glaubten Ulbricht und die Partei-Funktionäre den Aufbau der „Partei neuen Typus“ abgeschlossen zu haben und widmeten sich nun neuen Zielen: der „Schaffung der Grundlagen des Sozialismus“. Ulbricht wusste, dass zu dieser Zeit der Großteil der Parteigenossen linientreu war, es aber immer noch Strömungen gab, die sich gegen den stalinistischen Kurs stellten und einen eigenen deutschen Weg zum Sozialismus wollten. Es gab Kräfte, die eine Demokratisierung der Partei und der Gesellschaft anstrebten und eigentlich das Gegenteil dessen wünschten, was Ulbricht auf der II.Parteikonferenz 1952 in folgende Worte gepackt hatte: „In Übereinstimmung mit den Vorschlägen aus der Arbeiterklas- se […] hat das Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands beschlossen […], dass in der Deutschen Demokratischen Republik der Sozialismus planmäßig aufgebaut wird.“[7] Gemeint ist die vollständige Übernahme des sowjetischen Gesellschafts- und Wirt- schaftssystems. Nach dem Willen Ulbrichts sollte nun also ernst gemacht werden mit dem So- zialismus in der DDR, nachdem die SED-Politik in den vergangenen Jahren unter der Parole der „antifaschistischen-demokratischen Umwälzung“ gestanden hatte.[8] Die Umsetzung dieses neuen Weges erwies sich jedoch als problematischer, als Ulbricht es angenommen hatte. In dieser kritischen Situation starb Stalin 1953 und stürzte die sozialistische Welt in tiefe Verunsi- cherung. Ulbricht, der an den Stalinismus auch ohne Stalin glaubte und an dieser Linie festhal- ten wollte, beeilte sich dies als Richtlinie für die SED herauszugeben.[9]

Die Unruhen in der DDR – Bevölkerung nahmen im Mai und Juni 1953 zu. Eine Absetzung Ulbrichts war trotz des offenkundigen Scheiterns seiner Politik für die Sowjets indes nicht mög- lich, da dies wie eine Art Schuldeingeständnis gewirkt hätte. Nachdem er sich also der Unters- tützung der Sowjets sicher sein konnte, konnte er gestärkt in die Partei-internen Querelen und Konkurrenzkämpfe gehen. Nach dem XX.Parteitag der KPdSU, auf dem die sowjetischen Kommunisten mit Stalin abrechneten, ging ein Aufruhr durch die Ostblock-Staaten. Auch in der DDR gab es Tendenzen, die sich nun für eine Ablösung Ulbrichts stark machten. Ulbricht hin- gegen ließ diesen gar keine Möglichkeit seine Ablösung auch nur im Geringsten zum planen. Die generelle Abkehr von der Sowjetführung verwirrte die bis dato Stalin-treue SED. Aber Ulb- richt passte sich wie schon zuvor der neuen Linie der KPdSU an. In seinem Bericht, der nach dem XX.Parteitag im „Neuen Deutschland“ veröffentlich wurde, hieß es: Wenn man von Genossen gefragt wird, ob Stalin zu den Klassikern des Marxismus ge- höre, kann man darauf nur antworten: Zweifellos hat Stalin nach dem Tode ]Lenins be- deutende Verdienste beim Aufbau des Sozialismus und im Kampf gegen die parteifeind- lichen Gruppierungen […]. Als sich Stalin jedoch später über die Partei stellte […], er- wuchsen der KPdSU und dem Sowjetstaat daraus bedeutende Schäden. Zu den Klassi- kern des Marxismus kann man Stalin nicht rechnen.[10]

Damit setzte sich Ulbricht selbst an die Spitze der antistalinistischen Kritik, die zunächst Ulb- richt selbst und auch andere stalinistische Kader aus der Schusslinie ziehen und die Schuld an stalinistischen Entartungen in der DDR auf untergeordnete Funktionäre abzuwälzen.[11] Die Kri- tik, die sich in der Partei regte, vor allem angeregt von Schirdewan und Wollweber, wurde nie- dergeschlagen, so dass erneut die Opposition gegen Ulbricht innerhalb der Partei ausgeschalten wurde.[12]

Im Juli 1958 fand der V.Parteitag der DDR statt, auf dem Ulbricht wieder sicher war, seine Visionen da fortzuführen, wo er sie 1953 zunächst auf Eis legen musste. Opposition hatte er nicht zu erwarten, denn diese hatte er effektiv bekämpft. Seine Machtposition sollte nun für ein Jahrzehnt unangetastet bleiben.[13] Der „Sieg des Sozialismus“ war das erklärte Ziel Ulbrichts, der dies durch seine Parole „Überholen ohne Einzuholen“ unterstützte. Das Politbüro ließ sich durch positive Wirtschaftsprognosen und –entwicklungen zu übersteigerten Wirtschaftsplänen hinreißen, auch wenn diese Planungen fern jeder Realität waren. Doch gerade in diesen Jahren nahm der Bevölkerungs- und auch Fachkräfteschwund aus der DDR massiv zu, ausgelöst vor allem durch einen härteren Kurs der SED, der Kollektivierung der Landwirtschaft und den zu- nehmend schlechten Zukunftsaussichten. So verließen allein im April 1961 30.000 DDR- Bürger ihr Land.[14] Der darauf folgende Mauerbau brachte einen tiefgreifenden Einschnitt in die Entwicklung der DDR. Zunächst konnte die SED ihre Macht stabilisieren, da sie durch die Ab- riegelung die Kontrolle über ihre Bürger verstärken konnte. In den Folgejahren konnte auch der Lebensstandart gesteigert werden. Unter diesen Umständen konnte Ulbricht wieder etwas frei- giebiger werden, besonders in Bezug auf Kunst und Wissenschaft. Damit begann er, sich als „Landesvater“ hervorzutun.[15] In den folgenden Jahren gewann er an Popularität bei der Bevöl- kerung, machte sich aber zunehmend durch seine Eigenwilligkeit unbeliebt in der eigenen Par- tei. Sein politisches Ende soll in den folgenden Kapiteln ausführlich erörtert werden.

3 „Kronprinz“ Erich Honecker

Es gibt einige Gründe, warum ausgerechnet Erich Honecker schon früh zum designierten Nachfolger Ulbrichts auserkoren wurde. Ausschlaggebend war die feste Überzeugung Ulb- richts, dass Honecker als einziger Funktionär des Politbüros eine gewisse Garantie für die Fort- setzung seiner Politik gewährleistete. Ulbricht hatte diesen Entschluss sicher nicht von heute auf morgen gefasst. Es war das Ergebnis langer Beobachtungen und intensiver Überlegungen. Vor allem aber war es Honecker gelungen, dass Vertrauen des Parteichefs zu gewinnen, indem er seine „Bewährungsproben“ im Laufe der Jahre bewältigte. Er half Ulbricht beispielsweise bei der Beseitigung ungeliebter Opposition in der SED, Verjüngung und Modernisierung des Parteiapparats und der Massenorganisationen. Das entscheidende Merkmal, warum sich Hone- cker aus sowjetischer Sicht als Nachfolger und „Kronprinz“ anbot, war seine bedingungslose Ergebenheit gegenüber der UdSSR und der KPdSU.[16]

Schon früh in seiner politischen Karriere hatte Erich Honecker Ämter inne, die für die Partei und den Aufbau der jungen DDR wichtig waren. Als Wegbereiter der FDJ schwebte ihm vor, „das von den Nazis getötete Gefühl für Recht und Unrecht, Wahrheit und Lüge, Sittlichkeit und Verbrechen neu zu wecken“.[17] Ulbricht, zu dieser Zeit bereits der mächtigste Mann der jungen Republik, betrachtete es mit Wohlwollen wie der junge Funktionär Honecker die FDJ auf den Kurs der Partei brachte. Beide waren sich einig, dass die Jugendorganisation der Freien Deut- schen Jugend das Monopol für den Zugang zur Jugend innehaben sollte. Durch dieses Monopol stärkte sich auch die Position seines Vorsitzenden Honeckers. Przybylski meint, dass dies eine Versuchung gewesen wäre, der Honecker nicht widerstehen konnte, so dass zunehmend Arro- ganz und Missbrauch der Macht im Kleinen wie auch in Großen sein Verhalten und seine Ent- scheidungen prägten.[18] Dadurch war seine Position in der Partei keineswegs unangefochten. Dass sein Verhalten aber keine ernst zunehmenden Konsequenzen hatte und Honecker seine Macht sogar ausbauen konnte, lag an der Protegierung Ulbrichts. Er hielt immer wieder seine schützende Hand über seinen Schützling. Dies schlug sich auch in Honeckers Beurteilung nie- der, die am 9.Februar 1950 ausgestellt wurde. Dort hieß es: „In enger Zusammenarbeit, insbe- sondere mit Gen. Walter Ulbricht, hat er wesentlichen Anteil an der vorzüglichen Entwicklung der FDJ.“[19] So führte Erich Honeckers Weg immer weiter nach oben. Bereits 1950 stieg er in die oberste Riege der Parteihierarchie als Kandidat auf, was auch das politische Gewicht der FDJ stärkte.[20] Von da an begann er jegliche demokratische Ströme innerhalb der Jugendorgani- sation zu unterbinden. Heinz Lippmann, zu jener Zeit im Zentralrat der FDJ, erinnerte sich: „Er duldete kaum noch Widerspruch im Sekretariat […] Grundsatzdiskussionen oder Kritik gab es kaum mehr“.[21]

Seine zunehmende Macht innerhalb der Partei und der FDJ bewahrte Honecker aber keines- wegs vor Fehltritten und Fehlern. Bei der Organisation der Weltfestspiele der Jugend 1951 in Berlin war Honecker heillos überfordert. Die Veranstaltung war ein gigantisch aufgezogenes Großereignis, das auch zur Profilierung der Partei und des Vorsitzenden der FDJ dienen sollte. Allerdings blieben selbst hochrangige Parteigenossen nicht verschont von den Pleiten und Pan- nen im Zuge der Weltfestspiele. Otto Grotewohl wurde beispielsweise der Zutritt zu einer Ver- anstaltung verwehrt, weil er keine Eintrittskarte besaß.[22] Versuche diesen Imageverlust wieder auszugleichen, verliefen nicht optimal. Honecker musste sich in den Folgejahren immer wieder vor dem Politbüro rechtfertigen. Trotz Ulbrichts Schutz musste er Machteinbußen hinnehmen.[23] Aber Honecker war seinem politischen Ziehvater überaus dankbar für dessen Hilfe: „Wenn damals nicht Genosse Ulbricht gewesen wäre… Er gab mir immer wieder neuen Mut, bei ihm fand ich rückhaltslose Unterstützung und Rückendeckung.“[24]

Die besondere Beziehung zwischen den beiden Männern hatte dem Selbstbewusstsein des FDJ-Chefs mehr und mehr zur Selbstherrlichkeit verholfen. Das Verhältnis zum Ersten Sekretär der Partei beruhte zu dieser Zeit auf unbedingtem Gehorsam und bedingungsloser Unterord- nung.[25] Diese enge Verbindung wurde sicherlich nicht von allen Politbüromitgliedern mit Wohlwollen gesehen. Als im Zuge des Aufstands am 17.Juni 1953 Ulbrichts Machtposition wankte, geriet auch Erich Honecker ins Kreuzfeuer der Kritik. Als die Kommission des Politbü- ros zur Ausarbeitung von Vorschlägen für Veränderungen in der Parteiführung zusammentrat, stand auch Honeckers Zukunft auf der Tagesordnung und zur Diskussion. Von Otto Grotewohl kam die Frage, ob das Verbleiben Honeckers im Politbüro noch zweckmäßig sei: „Wenn ich in den ganzen Jahren auch nur die geringste Tendenz zu einer Entwicklung bei ihm beobachtet hätte, würde ich die Frage nicht stellen.“[26] Aber auch hier schlug sich Ulbricht, der zwar ange- schlagen aber keineswegs entmachtet war, auf die Seite Honeckers. „Die Frage ist schon erle- digt: Er geht auf Schule“ soll Ulbricht Grotewohl geantwortet haben.[27] Honecker musste zwar nun zwei Jahre nach Moskau zur politischen Schulung, sein politisches Schicksal hatte sich aber zunächst wieder zum Guten gewendet. Dass Honecker aber so tief in den Strudel der auf Ulbricht konzentrierten Macht hineingeriet, lag nicht allein an seiner Sonderstellung und sei- nem unterwürfigen Verhältnis zu Ulbricht. Man hatte auch noch seine Fehlleistungen und – entscheidungen als FDJ-Vorsitzender gut in Erinnerung, die im Ergebnis durchweg ohne Fol- gen geblieben waren.[28] In den Tagen um den 17.Juni hatte Honecker zum ersten mal spüren müssen, wie dünn das Eis für ihn trotz der Unterstützung Ulbrichts war. Auch wenn Ulbricht sich dank seiner Beziehungen zum Kreml in der Krise behaupten konnte, so musste Honecker trotzdem in den folgenden zwei Jahren weitere Anfeindungen und Kritik hinnehmen müssen. Der Einfluss der FDJ auf die Jugend war zurückgegangen, so dass Honecker klar war, dass sei- ne Zeit als Vorsitzender der Jugendorganisation wohl vorbei war und er sich neu orientieren musste.[29]

[...]


[1]. Vgl. Przybylski, Peter: Tatort Politbüro. Die Akte Honecker. Berlin, 1991, S. 102.

[2]. In seinem Werk „Was tun?“ (1902) entwickelte Lenin den Plan einer revolutionären Partei, die sich auf einen Stamm von hauptamtlichen Funktionären, eben den Berufsrevolutionären, aufbauen sollte.

Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Zur Geschichte der DDR. 40 Jahre unter Ulbricht und Honecker. Bonn, 1988, S. 9.

[3]. Vgl. ebd. 4. Ebd., S. 11.

[5]. Vgl. ebd., S. 12f.

[6]. Vgl. ebd, S. 15f.

[7]. Flemming, Thomas: Kein Tag der deutschen Einheit. 17. Juni 1953. Berlin, 2003, S. 17.

[8]. Friedrich-Ebert-Stiftung, S. 21. 9. Ebd., S. 22.

[10]. Ebd., S. 26.

[11]. Ebd.

[12]. Vgl. Weber, Hermann: Die DDR 1945-1990 (=Oldenbourg Grundriss der Geschichte, Bd. 20). München, 2006, S. 49.

[13]. Vgl. ebd., S. 51. 14. Ebd., S. 57.

[15]. Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung, S. 30.

[16]. Vgl. Lippmann, Heinz: Honecker. Portrait eines Nachfolgers. Köln, 1971, S. 219.

[17]. Przybylski, S. 75.

[18]. Vgl. ebd., S. 76. 19. Ebd., S. 78.

[20]. Ebd.

[21]. Ebd.

[22]. Vgl. ebd.

[23]. Vgl. ebd., S. 79.

[24]. Frank, Mario: Walter Ulbricht. Eine deutsche Biographie. Berlin, 2001, S. 413.

[25]. Przybylski, S. 80.

[26]. Ebd., S. 80f. 27. Ebd., S. 81.

[28]. Ebd.

[29]. Vgl. ebd., S. 82.

Fin de l'extrait de 28 pages

Résumé des informations

Titre
Der Sturz des Walter Ulbricht
Université
Dresden Technical University  (Institut für Geschichte)
Cours
Seminar : Die Deutsche Demokratische Republik
Note
2,0
Auteur
Année
2008
Pages
28
N° de catalogue
V119463
ISBN (ebook)
9783640229048
Taille d'un fichier
491 KB
Langue
allemand
Mots clés
Sturz, Walter, Ulbricht, Seminar, Deutsche, Demokratische, Republik
Citation du texte
Elisa Mätzig (Auteur), 2008, Der Sturz des Walter Ulbricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119463

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