Die Ferrara-Bibel


Hausarbeit, 2007

17 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Geschichtlicher Kontext des Judenspanischen / Ladino und der Ferrara-Bibel

3. Die Sakralschrift Ladino

4. Die Methode der Übersetzung

5. Die Ferrara-Bibel
5.1 Orthographie
5.2 Phonologie
5.3 Morphosyntax

6. Zusammenfassung

7. Bibliographie

1. Einleitung

Im Kontext des Hauptseminars „Varietätenlinguistik: Judenspanisch / Ladino “ wurde – neben vielen weiteren Aspekten des Judenspanischen – die Übersetzung religiöser Schriften in Ladino behandelt, diese im Originaltext betrachtet und im Hinblick auf ihre textlichen Eigenschaften analysiert. Das wichtigste Erzeugnis der Übersetzung einer Bibel (hebr.: Tanach[1] ) in Ladino in lateinischen Buchstaben ist die Ferrara-Bibel, die im 16. Jahrhundert in der italienischen Stadt Ferrara gedruckt wurde. Ihr folgten weitere Übersetzungen, die zum Teil noch bis heute erhalten sind und uns einen verschriftlichten Eindruck der Heiligen Schrift in der Sprache der Juden, die ehemals auf der Iberischen Halbinsel lebten, gibt.

Im Folgenden werde ich zunächst den geschichtlichen Kontext betrachten, der zur Herausbildung des Judenspanischen und seiner schriftlichen Sakralsprache, des Ladino, geführt hat. Hierbei sollen bereits erste Abgrenzungen und Eigenschaften des Ladino aufgezeigt werden, die ich unter Punkt drei näher beschreiben werde. Bevor ich auf einige der phonetischen, orthographischen und morphosyntaktischen Merkmale des Ladino in der Ferrara-Bibel unter Punkt fünf eingehen werde, zeige ich in Punkt vier die wörtliche Übersetzungsmethode auf, und untersuche diese im Hinblick auf die ursprüngliche Anwendung bei der Übersetzung der Ferrara-Bibel in Ladino. Zum Abschluss folgen eine Zusammenfassung und eine Bibliographie.

2. Geschichtlicher Kontext des Judenspanischen / Ladino und der Ferrara-Bibel

Nach dem Ende der Reconquista, der Rückeroberung der Iberischen Halbinsel durch die Christen, im Jahre 1492, erließen die Reyes Católicos – Ferdinand und Isabela I. – am 31. März 1492 den Befehl, dass alle Juden entweder zum Christentum konvertieren oder das spanische Königreich zu verlassen hätten.[2] Ein Großteil der jüdischen Bevölkerung emigrierte daraufhin nach Portugal, wo sie wenige Jahre später ebenfalls vertrieben wurden. Weitere Siedlungsgebiete der Juden waren Afrika, Osteuropa und vor allem das Osmanische Reich. Dort bildeten sie in den Städten Saloniki, Konstantinopel und Adrianopel die größten jüdischen Gemeinden.[3] In ihren neuen Siedlungsgebieten pflegten die Juden ihre ursprüngliche Kultur und ihre Sprache – das Judenspanisch / Ladino. Während sich Ende des 15. Jahrhunderts die Sprache der Juden nicht von der Sprache unterschied, die auf der Iberischen Halbinsel gesprochen wurde, erfuhr sie aufgrund der Vertreibung und der Ansiedlung in ost- und südosteuropäischen Gebieten und die sich dadurch ergebenden Sprachkontakte und Entlehnungen vielfache Veränderungen. Das Judenspanisch unterscheidet sich aufgrund des Stillstandes seiner Entwicklung nach der Vertreibung der Sepharden – wie die Juden der Iberischen Halbinsel genannt werden – von dem heute gesprochenen Kastilisch. Hierbei entspricht das Judenspanisch, das judeo-español oder auch Djudzemo, der gesprochenen Alltagsprache, während Ladino die Bezeichnung für die „sakrale Schriftsprache“ der Juden ist. Hierzu zählen nicht nur Bibelübersetzungen, sondern auch Gebete und all solche schriftlichen Erzeugnisse, die unmittelbar vom Hebräischen abhängig sind.[4]

Aufgrund des Kampfes, der in Spanien gegen die Reformation, und gegen die damit ebenfalls verbotene Übersetzung der lateinischen Bibel[5], geführt wurde, entwickelte sich Italien zum Zentrum für den sephardischen Buchdruck.[6] Die erste Übersetzung in Ladino fand jedoch zunächst im Jahre 1547 in Konstantinopel statt – der Pentateuch. In der italienischen Stadt Ferrara wurde die wenige Jahre später eine weitere Ladino-Übersetzung der Bibel im Jahre 1553 gedruckt, die so genannte Ferrara-Bibel.[7] In Ferrara waren die Sepharden in drei Gruppen aufgeteilt: Die Juden, die direkt nach 1492 nach Italien kamen, die „ex marranos “ – Juden, die unter Zwang zum Christentum konvertiert waren, ihre jüdische Religion jedoch heimlich weiter ausübten – und die Juden, die nach Italien aus dem Osten eingewandet waren.[8] Die Stadt mit der größten Einwandererzahl nach 1492 war Neapel, wo die Juden jedoch Opfer judenfeindlicher Übergriffe und Beschuldigungen wurden. Im Jahre 1541[9] folgten viele von ihnen dem Aufruf der Herzöge und zogen nach Ferrara, wo sie sich zu einer der bedeutendsten jüdischen Gemeinden in ganz Italien zusammenschlossen. Im Jahre 1554 gewann diese Gemeinde umso mehr an Bedeutung, als dass dort die Überwachung der jüdischen Literatur durch eine vorbeugende Zensur stattfand, um sie nachdrücklich vor Einmischungen der Inquisition zu bewahren.[10] Ebenso gab es seit Mitte des 16. Jahrhunderts in Ferrara eine Buchdruckerei, die zunächst von Abraham Zarfati und anschließend von dem portugiesischen Juden Abraham Usque geleitet wurde. Dieser war es auch, der zusammen mit Atías das erste Exemplar der Heiligen Schrift in Ladino in lateinischen Buchstaben auf italienischem Boden im Jahre 1553 druckte.[11]

Für diejenigen der Sepharden, die der hebräischen Sprache nicht mächtig waren, bedeutete diese Übersetzung einen wahren Fortschritt, da nunmehr auch sie aus der Bibel lesen konnten. In der christlichen Welt wurde mit weit weniger Begeisterung auf jegliche Übersetzungen der Bibel in eine romanische Sprache reagiert. Hier wurden diese von der Inquisition zensiert oder gar verboten, wobei – laut Orfali – bis heute nicht sicher ist, zu welchem Zeitpunkt dies auch mit der Ferrara-Bibel geschah.[12]

Die Tatsache, dass sich Ferrara immer mehr zu einem Zentrum für geistige und soziale Zusammenkünfte von marranos und Sepharden entwickelte, zog die Aufmerksamkeit der Inquisition auf sich, die in den folgenden Jahrzehnten bis 1597 die Rückgabe Ferraras an den Vatikan erzwang. Aufgrund der ehelichen Kinderlosigkeit des bisherigen Herzogs von Ferrara, Alfonso II. d’Este, hatte Ferrara nach Alfonso’s Tod keinen rechtmäßigen Erben und wurde vom Vatikan als Kirchenlehen dem Kirchenstaat eingegliedert. Viele Juden verließen daraufhin die Stadt. Zwar konnte eine kleine Gemeinschaft unter der Herrschaft des Kirchenstaates weiterhin existieren, jedoch verlagerten sich die Zentren nach Venedig oder nach Liorna (Livorno), wo die sephardischen Gemeinden weiterhin ihre Traditionen und ihre Sprachkultur pflegten.[13]

Das Judenspanische hat sich als Sprache über die Jahrhunderte bewahrt und existiert auch heutzutage noch in vereinzelten Ländern. Allerdings wird in Ländern wie Israel, wo derzeit der größte Teil der Sepharden und ihrer Nachkommen lebt, Wert auf eine einheitliche Sprache gelegt. Folglich wird das Hebräische als diese Einheitssprache bevorzugt, während das judeo-español immer weiter in den Hintergrund rückt.[14]

[...]


[1] http://www.talmud.de/cms/Die_hebraeische_Bibel_Ta.273.0.html (29. Mai 2007).

[2] Amador de los Ríos, José, Historia social, política y religiosa de los judíos de España y Portugal: Desde Juan II hasta la dispersión, Madrid: Ed. Turner 1984, p. 387.

[3] Vgl. Kowallik, Sabine und Kramer, Johannes, Romanojudaica, Gebrunn: Lehmann 1993, S. 20.

[4] Vgl. Kowallik, Kramer, S. 135.

[5] Vgl. Kowallik, Kramer, S. 147.

[6] Vgl. Arnold, Rafael, Spracharkaden, Heidelberg: Winter 2006, S. 93.

[7] Bunis, David Marc, “Tres formas de ladinar la Biblia en Italia en los siglos XVI-XVII”, in: Iacob M. Hassán (Hrgs.), Introducción a la Biblia de Ferrara, Sevilla: Sociedad Estatal Quinto Centenario 1994, S. 318.

[8] Vgl. Bunis, S. 319.

[9] Toaff, Ariel, “Los sefardíes en Ferrara y en Italia en el siglo XVI”, in: Iacob M. Hassán (Hrgs.), Introducción a la Biblia de Ferrara, Sevilla: Sociedad Estatal Quinto Centenario 1994, S. 192.

[10] Vgl. Toaff, S. 195.

[11] Vgl. Bunis, S. 319.

[12] Vgl. Orfali, Moisés, “Contexto teológico y social de la Biblia de Ferrara”, in: Iacob M. Hassán (Hrgs.), Introducción a la Biblia de Ferrara, Sevilla: Sociedad Estatal Quinto Centenario 1994, S. 247.

[13] Vgl. Toaff, S. 200ff.

[14] Vgl. Kowallik, Kramer, S. 130.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Ferrara-Bibel
Hochschule
Universität Paderborn
Veranstaltung
Judenspanisch
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
17
Katalognummer
V119438
ISBN (eBook)
9783640228942
ISBN (Buch)
9783640230624
Dateigröße
534 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ferrara-Bibel, Judenspanisch
Arbeit zitieren
Eveline Podgorski (Autor:in), 2007, Die Ferrara-Bibel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119438

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