Fehlmengenkosten: Abgrenzung und Bedeutung im Logistikcontrolling


Seminararbeit, 2006

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Verwendete Abkürzungen

Abbildungsverzeichnis

1 Vorgehensweise

2 Fehlmengenkosten
2.1 Definitionen der Literatur
2.2 Bestandteile von Fehlmengenkosten
2.2.1 Zusätzliche Kosten
2.2.2 Reduzierte Erlöse
2.2.3 Entgehende Deckungsbeiträge
2.3 Eigene Definition

3 Logistik-Controlling
3.1 Betriebliche Logistik
3.2 Grundsätzliche Controllingansätze
3.3 Aufgaben und Ziele des Logistik-Controllings

4 Fehlmengenkosten im Logistik-Controlling
4.1 Einordnung der Fehlmengenkosten
4.1.1 Kostenrechnerische Erfassung
4.1.2 Probleme der Ermittlung
4.2 Lieferbereitschaftsgrad und Fehlmengenkosten
4.3 Beeinflussungspotenziale des Logistik-Controllings
4.3.1 Verbesserung des Planungssystems
4.3.2 Supply Chain Controlling
4.3.3 Prozessoptimierung

5 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Verwendete Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Zusammensetzung von Fehlmengenkosten

Abbildung 2: Trade-off zwischen Bestands- und Fehlmengenkosten

1 Vorgehensweise

In einer Umfrage zum Thema „Bestandteile der Logistikkosten“ gaben rund 27% der befragten Unternehmen an, Fehlmengenkosten als Kostenart zu erfassen.[1] Dies erscheint gerade in der heutigen Zeit, in der Kostensenkungspotenziale in allen Unternehmensbereichen im Kampf um Wettbewerbsfähigkeit und um das wirtschaftliche Überleben immer mehr an Bedeutung gewinnen, sehr gering.

In dieser Arbeit soll zunächst geklärt werden, welche Kosten unter dem Begriff Fehlmengenkosten verstanden werden; insbesondere die Unterschiede der verschiedenen Definitionen sollen beleuchtet werden.

Fehlmengensituationen sind ein klassisches Problem der Logistik.[2] Durch die zunehmende Globalisierung und die wachsende Zahl von Unternehmensnetzwerken sollte auch die Logistik nicht mehr so stark unternehmensintern aufgestellt sein wie früher.[3] Daher wird auch eine Definition der betrieblichen Logistik erfolgen, bevor das Logistik-Controlling über die klassischen Controllingansätze abgegrenzt und erläutert wird.

Abschließend wird die Bedeutung von Fehlmengenkosten im Rahmen des Logistik-Controllings dargestellt; auch die Probleme, die bei dem Versuch einer exakten Ermittlung auftreten, werden nicht vernachlässigt. Schließlich werden noch Beeinflussungsmöglichkeiten und Handlungspotenziale für das Logistik-Controlling aufgezeigt.

2 Fehlmengenkosten

In der Literatur finden sich verschiedene Definitionen des Begriffes „Fehlmengenkosten“. An dieser Stelle sollen einige von ihnen zunächst vorgestellt werden; anschließend werden einzelne Bestandteile von Fehlmengenkosten genauer betrachtet. Zum Schluss dieses Kapitels wird noch eine eigene Definition des Autors dieser Arbeit vorgestellt.

2.1 Definitionen der Literatur

Stölzle versteht unter Fehlmengenkosten „Kosten, die auf einen Mangel an Beständen zurückzuführen sind. Fehlmengenkosten entstehen überall dort, wo Bestände ihre Pufferfunktion nicht wahrnehmen können, das heißt wo die zeitlichen oder quantitativen Unterschiede zwischen Input- und Outputströmen von Gütern nicht ausgeglichen werden können.“[4]

Als „Kosten logistischer Fehlleistungen“ definiert Weber Fehlmengenkosten als „alle wirtschaftlich nachteiligen Konsequenzen (…), die entstehen, weil ein Unternehmen vertraglich vereinbarte Lieferbedingungen nicht eingehalten hat, sei es, dass die Lieferung zu spät, zum falschen Ort oder in zu geringer Menge erfolgte.“[5] Dies gilt sowohl für den Absatz (an den Endkunden) als auch in der vorgelagerten Produktion.

Wannenwetsch stellt die Fehlmengenkosten direkt der (fehlenden) Lieferbereitschaft gegenüber. Der Lieferbereitschaftsgrad wird dabei als

(Anzahl termingerecht ausgelieferter Bedarfsanforderungen / Gesamtzahl der Bedarfsanforderungen) * 100

bezogen auf einen festgelegten Betrachtungszeitraum, z. B. einen Monat, definiert.[6]

Je höher der Lieferbereitschaftsgrad ist, desto niedriger sind mögliche Fehlmengenkosten.[7] Als potenzielle Auswirkungen von Fehlmengen nennt er: Produktionsstillstand, Nacharbeit, Kundenbeschwerden, Imageschaden, Auftragsstornierung und Überstunden in der Produktion.[8]

Ehrmann gibt ebenfalls konkrete Beispiele für Fehlmengenkosten. Sie können sich aus

- Preisdifferenzen (durch die Beschaffung höherwertiger Güter)
- Konventionalstrafen (wegen Nichtlieferung an Abnehmer)
- Stillstandskosten
- Entgangenen Gewinnen (wegen Unterbrechung der Fertigung)
- Goodwill-Verlusten (durch Abwanderung von Kunden) und
- Sonstigen Kosten

zusammensetzen.[9]

Reichmann fasst die Bestandteile von Fehlmengenkosten sehr knapp auf. Sie bestehen seiner Meinung nach lediglich aus den – durch ungeplant auftretende Fehlmengen entstehenden – Fertigungsunterbrechungskosten; diese unterteilt er in die von der Unterbrechungsdauer abhängigen nicht genutzten Fixkosten, die Stillstandskosten und die (von der Unterbrechungsdauer unabhängigen) Übergangskosten.[10] Da diese Kosten auch mit vertretbarem Aufwand ermittelt werden können (vgl. hierzu auch das folgende Kapitel 2.2) bietet er als Kennzahl folgende Definition an:

Fehlmengenkosten = Fertigungsunterbrechungskosten / Bedarfseinheiten[11]

2.2 Bestandteile von Fehlmengenkosten

Generell lassen sich die Fehlmengenkosten in drei Kategorien teilen[12] (vgl. auch Abb. 1): Zusätzliche Kosten, reduzierte Erlöse und entgehende Deckungsbeiträge (DB). Einige Bestandteile der Fehlmengenkosten können verhältnismäßig leicht erfasst werden (als Beispiel seien hier Überstundenzuschläge in der Produktion oder zusätz

liche Portokosten für Eilfrachten u. ä. genannt)[13], wohingegen andere sich einem direkten Zugang verschließen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Zusammensetzung von Fehlmengenkosten

Quelle: Eigene Darstellung in Ahnlehnung an Weber, J. 2002a, S. 104

2.2.1 Zusätzliche Kosten

Die Bestimmung der direkt im Unternehmen (sowohl in der Logistik als auch in anderen Bereichen) anfallenden zusätzlichen Kosten ist nicht immer unproblematisch und eindeutig. So kann beispielsweise die Umstellung des Produktionsprogramms auf Grund fehlenden Materials bei Vollbeschäftigung andere – tendenziell höhere – Kostenwirkungen als zu Zeiten der Unterbeschäftigung haben.[14] Aber auch die Kosten für Eilfrachten oder höhere Preise bei höherwertigen Gütern als üblicherweise beschafft sind von Fall zu Fall unterschiedlich und können in der Regel auch nicht bereits ex ante ermittelt oder als Durchschnittskosten den richtigen Kostenstellen und -trägern zugeordnet werden. Lediglich vertraglich fixierte Konventionalstrafen können verhältnismäßig problemlos ermittelt werden.[15] Bei eventuell anfallenden Schadensersatzforderungen[16] ist nicht nur deren Höhe sondern auch ihr tatsächliches Eintreten ungewiss und zum Teil mit lang andauernden gerichtlichen Verfahren verbunden, so dass eine kostenrechnerische Berücksichtigung schwierig ist.

2.2.2 Reduzierte Erlöse

Als Fehlmengenkosten können auch Erlösschmälerungen wegen Preisnachlässen bei verspäteter Lieferung bzw. vollständig entfallende Erlöse wegen Nichtabnahme eines Produktes durch den Kunden betrachtet werden.[17] Wenn ein Unternehmen zu spät liefert, ist der Kunde berechtigt, die Annahme einer Ware zu verweigern. Liegt die Ursache dieser verspäteten Lieferung in einer Fehlmengensituation, so sind die entfallenden bzw. reduzierten Erlöse (als Kulanz des Unternehmens) als Fehlmengenkosten aufzufassen.

2.2.3 Entgehende Deckungsbeiträge

Auch sei an dieser Stelle auf die Goodwill-Verluste durch verspätete oder mangelhafte Lieferungen und dadurch entgehenden zukünftige Umsätze (und dadurch fehlende DB bzw. Gewinne) hingewiesen. Durch die Abwanderung bestehender Kunden zur Konkurrenz, durch das Ausbleiben zukünftiger Aufträge und durch schlechte Mund-zu-Mund-Propaganda können einem Unternehmen sowohl im Business to Business-Geschäft (B-to-B) als auch im Business to Consumer-Geschäft (B-to-C) hohe Kosten in Form entgehender Umsätze entstehen. Diese nicht in der Bilanz oder Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) ausgewiesenen immateriellen Vermögenswerte (Intangibles) dürfen aber keineswegs in ihrer Wirkung auf die zukünftige Ertragslage des Unternehmens unterschätzt werden. Stoi zählt das Kundenkapital (untergliedert in Kundenbasis, -beziehungen, -potenzial)[18] zum „intellektuellen Kapital“ (in Abgrenzung zum Finanzkapital) eines Unternehmens; er sieht in den immateriellen Werten sogar „die eigentliche Quelle des Unternehmenswertes.“[19]

Aus dem Marketing können Ansätze zur Erfassung dieser Kosten im Sinne von Opportunitätskosten z. B. aus dem Konzept des Customer Lifetime Value (CLV) abgeleitet werden. Der CLV bezeichnet den Kapitalwert eines Kunden, das heißt die Summe der Barwerte der auf den Betrachtungszeitpunkt t0 abgezinsten noch zu erwartenden Einzahlungen eines Kunden.[20] Dadurch, dass durch Fehlmengen verursachte Imageschäden und Goodwill-Verluste diese zukünftigen Einzahlungen vermindern oder gar gänzlich ausfallen lassen, können diese Summen als Fehlmengenkosten aufgefasst werden.[21]

2.3 Eigene Definition

Fehlmengenkosten sind Kosten, die durch unzureichende Lagerbestände (in Material-, Zwischen- und Endproduktlagern) verursacht werden. Sie stehen daher in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Grad der Lieferbereitschaft der jeweiligen Lager; je höher dieser ist, umso geringer ist die Gefahr von Fehlmengen. Fehlmengenkosten können sich aus zusätzlichen Kosten, reduzierten Erlösen und unmittelbar oder zukünftig entgehenden Deckungsbeiträgen zusammensetzen. Die Ermittlung der Höhe von Fehlmengenkosten ist – insbesondere bezogen auf die so genannten Intangibles (intellektuelles Kapital) – problematisch. Auch die Ursachen für Fehlmengensituationen können vielfältiger Natur sein und liegen nur selten direkt in der Logistik, so dass eine Zurechnung der daraus entstandenen Kosten nicht immer gerechtfertigt ist.

[...]


[1] n = 316, davon gaben 85 Unternehmen an, Fehlmengenkosten zu erfassen. Vgl. Weber, J. / Blum, H.: Logistik-Controlling – Konzept und empirischer Stand, in: KRP, Vol. 45 (2001), Heft 5, S. 275 – 282, S. 279.

[2] Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass im Folgenden der Begriff „Logistik“ sowohl für die (klassische) Logistikabteilung in funktionsorientiert aufgebauten Unternehmen als auch für die Gesamtheit der Logistikprozesse in prozessorientiert organisierten Unternehmen gleichermaßen gelten soll. Gleiches gilt für den Begriff des „Logistik-Controllings“.

[3] Leider fehlt in dieser Arbeit der Raum, um ausführlich auf die Bedeutung des Supply Chain Managements (SCM) als Weiterentwicklung der klassischen Logistik einzugehen. Daher sei an dieser Stelle lediglich auf die entsprechende Literatur verwiesen, beispielsweise Zäpfel, G. / Piekarz, B.: Supply Chain Controlling, Interaktive und dynamische Regelung der Material- und Warenflüsse, Wien, 1996 oder Weber, J.: Logistik- und Supply Chain Controlling, 5. akt. u. völlig überarb. Aufl., Stuttgart, 2002a.

[4] Stölzle, W. et al.: Erfolgsfaktor Bestandsmanagement, Konzept – Anwendungen – Perspektiven, Zürich, 2004, S. 23.

[5] Weber, J. 2002a, S. 103 f.

[6] Vgl. Horváth, P./Reichmann, T. (Hrsg.): Vahlens großes Controllinglexikon, 2. neu bearb. u. erw. Aufl., München, 2003, S. 445.

[7] Auf diesen Punkt wird im Kapitel 4.2 „Lieferbereitschaftsgrad und Fehlmengenkosten“ noch näher eingegangen.

[8] Vgl. Wannenwetsch, H.: Integrierte Materialwirtschaft und Logistik: Eine Einführung, Berlin et al., 2002, S.22 f.

[9] Vgl. Ehrmann, H.: Logistik, 4. überarb. u. akt. Aufl., Ludwigshafen, 2003, S. 313 und Oeldorf, G./Olfert, K.: Kompakt-Training Materialwirtschaft, Ludwigshafen, 2004, S. 100

[10] Vgl. Reichmann, T.: Controlling mit Kennahlen und Managementberichten: Grundlagen einer systemgestützten Controlling-Konzeption, 6. überarb. u. erw. Aufl., München, 2001, S. 432 f.

[11] Vgl. ebenda.

[12] Vgl. Weber, J. 2002a, S. 104.

[13] Vgl. beispielsweise Weber, J. 2002a, S. 104 oder Klaus, P./Krieger, W. (Hrsg.): Gabler Lexikon Logistik, Management logistischer Netzwerke und Flüsse, 2. vollst. überarb. u. erw. Aufl., Wiesbaden, 2000, S. 142.

[14] Vgl. Weber, J. 2002a, S. 105.

[15] Vgl. beispielsweise Weber, J. 2002a, S. 104 f. oder Ehrmann, H. 2003, S. 313.

[16] Vgl. Weber, J. 2002a, S. 104.

[17] Vgl. ebenda.

[18] Vgl. Stoi, R.: Management von Intangibles: Identifikation und Steuerung der immateriellen Werttreiber, in: Controlling – Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung, Vol. 15 (2003), Heft 3 / 4, S. 175 – 183, S. 181.

[19] Vgl. Stoi, R., a.a.O., S. 176.

[20] Vgl. Cornelsen, J.: Kundenwertanalysen im Beziehungsmarketing, Theoretische Grundlagen und Ergebnisse einer empirischen Studie im Automobilbereich, Nürnberg, 2000, (Schriften zum innovativen Marketing, Bd. 3) S. 140 und Hofmann, M./Mertiens, M. (Hrsg.): Customer-Lifetime-Value-Management, Kundenwert schaffen und erhöhen: Konzepte, Strategien, Praxisbeispiele, Wiesbaden, 2000, S. 15 f.

[21] Zur Problematik der Zurechnung der Fehlmengenkosten vgl. Kapitel 4.1.2.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Fehlmengenkosten: Abgrenzung und Bedeutung im Logistikcontrolling
Hochschule
Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin
Veranstaltung
Schwerpunktfach Controlling
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
20
Katalognummer
V119369
ISBN (eBook)
9783640234042
ISBN (Buch)
9783640234363
Dateigröße
509 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fehlmengenkosten, Abgrenzung, Bedeutung, Logistikcontrolling, Schwerpunktfach, Controlling
Arbeit zitieren
Jörg Hartenauer (Autor:in), 2006, Fehlmengenkosten: Abgrenzung und Bedeutung im Logistikcontrolling, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119369

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