Der Saguntkonflikt und seine Bedeutung für die Kriegsschuldfrage


Seminararbeit, 2003

17 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I. Der Saguntkonflikt
1. Die Vorgeschichte
2. Die Belagerung von Sagunt
3. Die römische Kriegserklärung

II. Die Kriegsschuldfrage
1. Der Lutatius- und der Hasdrubalvertrag
2. Die fides-Beziehung zwischen Rom und Sagunt
3. Unterschiedliche Schuldzuweisungen

Zusammenfassung

Quellen- und Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis
Literaturverzeichnis

Einleitung

Als Hannibal im Jahre 219 v. Chr. die iberische Stadt Sagunt belagerte und acht Monate später eroberte, war dies der Auslöser für den „denkwürdigsten aller Kriege“[1], den das römische Volk in seiner Geschichte geführt hatte.

Im Folgenden wird dieser Saguntkonflikt, der zum Zweiten Punischen Krieg führte, näher betrachtet werden. Die vorliegende Arbeit soll die Entwicklung der barkidischen Herrschaft in Spanien nach Hannibals Machtübernahme nachzeichnen und die Ursachen für die Belagerung Sagunts und die darauffolgende römische Kriegserklärung darstellen.

Einen Schwerpunkt bildet der zweite Teil der Arbeit, der sich mit der Kriegsschuldfrage befasst. Es wird zunächst auf die beiden letzten Verträge zwischen Rom und Karthago und auf die fides-Beziehung zwischen Rom und Sagunt eingegangen. Im Anschluss werden verschiedene Forschermeinungen zur Kriegsschuldfrage präsentiert. Die Schuldzuweisungen sind sehr unterschiedlich und eine endgültige Klärung der Frage scheint aufgrund der unklaren Quellenlage nicht möglich zu sein.

Da wenig Quellenmaterial vorhanden ist, stützt sich die vorliegende Arbeit im We- sentlichen auf die Überlieferungen von Polybios[2] und Livius[3]. Dabei ist zu beachten, dass vor allem der Römer Livius die Taten und Verhaltensweisen des römischen Volkes hervorheben will und dabei die Karthager von vorne herein als die allein am Krieg Schuldigen hinstellt. Seine Darstellung der Ereignisse ist also äußerst subjektiv, was auch für Polybios gilt. Dieser nimmt zwar für sich in Anspruch objektiv zu sein, im Gegensatz zu anderen zeitgenössischen römischen und karthagischen Autoren[4], dennoch sind seine Ausführungen von der Bewunderung für die Größe Roms gefärbt.

Andere Schriftsteller wie Appian und Plutarch finden im Folgenden keine Beachtung.

Die Sekundärliteratur zu diesem Thema ist im Gegensatz zur Primärliteratur sehr reichlich vorhanden. Neben den Kommentaren zu Polybios und Livius von F.W. Walbank[5] und U. Händl-Sagawe[6] wird eine Reihe von Abhandlungen und Schriften benutzt, die im Literaturverzeichnis alphabetisch aufgeführt sind.

I. Der Saguntkonflikt

1. Die Vorgeschichte

Als Hasdrubal 221 v.Chr. umkam, wählten die Soldaten einstimmig Hannibal, den Sohn des Hamilkar, zum Feldherrn, und dieser wurde daraufhin vom karthagischen Volk in seinem Amt bestätigt.[7] Hannibal brach nach seiner Kommandoübernahme sofort auf und unterwarf das Volk der Olkaden. Er belegte ihre Städte mit Kriegskontributionen, schickte seine Soldaten ins Winterquartier und erwarb sich durch Geldgeschenke und Versprechungen viele Sympathien.

Im folgenden Sommer unterwarf er die Vakäer und besiegte die Karpesier am Fluss Tagos. Damit hatte er die mächtigsten Stämme des spanischen Binnenlandes unterworfen, mit Ausnahme Sagunts.[8] Laut Händl-Sagawe waren die ersten beiden Feldzüge Täuschungsmanöver mit denen Hannibal in einen Konflikt mit Sagunt verwickelt werden sollte, was von Anfang an seine Absicht gewesen war.[9] Hannibals weiteres Verhalten scheint dies zu bestätigen. Er hielt sich nämlich zunächst von Sagunt fern, „um den Römern keinen offenen Anlass zum Krieg zu bieten“.[10]

Stattdessen fing Hannibal Streit mit den Nachbarn an, hauptsächlich mit den Turdetanern.[11] Sagunt bat Rom um Hilfe und so kam eine römische Gesandtschaft zu Hannibal. Um verstehen zu können, warum die Saguntiner ausgerechnet die weit entfernten Römer um Hilfe baten, muss man wissen, dass zwischen diesen beiden Parteien eine fides-Beziehung bestand. Was man nun konkret darunter verstehen kann, wird später näher erörtert werden.

Diese Gesandtschaft erinnerte Hannibal an den Hasdrubalvertrag, laut dem die Karthager den Ebro nicht in kriegerischer Absicht überschreiten durften; außerdem forderten sie Hannibal auf, sich von Sagunt, das unter dem Schutz Roms stand, fernzuhalten. Der Senat versuchte mit der Gesandtschaft zu vermeiden, gleichzeitig auf dem Balkan und in Iberien kämpfen zu müssen. Ein Konflikt in Illyrien zeichnete sich nämlich schon ab und die Legaten in Iberien sollten Hannibal in seine Grenzen weisen.[12]

Hannibal hielt den Römern Treuebruch vor, als sie bei inneren Zwistigkeiten in Sagunt „widerrechtlich einige der führenden Männer aus dem Weg geräumt hätten.“[13] Weiterhin führte Hannibal an, dass die Saguntiner auf ihr Bündnis mit Rom vertrauend Freunde der Karthager angegriffen hätten und er wandte sich an Karthago um Rat. Er deutete die römischen Warnungen als Auftakt zu verstärkter Aktivität der Römer in Iberien und fürchtete um die barkidische Herrschaft.[14] Die römischen Gesandten erkannten daraufhin, dass ein Krieg unvermeidlich sei und reisten nach Karthago.[15] Von diesem Treffen mit den Karthagern weiß Polybios nun nichts mehr zu berichten, was er laut Seibert nicht tut, da die Karthager Hannibal unterstützten und den Legaten dasselbe entgegneten.[16] Polybios deutet später an, die Römer hätten mit Krieg gedroht. Walbank und Otto bezweifeln jedoch ein so entschiedenes Auftreten der Gesandten, wegen der folgenden römischen Inaktivität während der Belagerung von Sagunt.[17]

Polybios fährt mit dem Senatsbeschluss fort, zunächst den Illyrienfeldzug durchzuführen um sich dann mit dem zu erwartenden langwierigen Krieg in Iberien zu befassen.[18] Die moderne Forschung sieht in der Untätigkeit der Römer die Uneinigkeit der Senatoren über das weitere Verhalten.[19] Es soll heftige Senatsdebatten gegeben haben wogegen sich Polybios sträubt.[20] Welwei vertritt eine andere These. Er erklärt das Zögern Roms mit der Notwendigkeit eine richtige Strategie zu entwerfen um gegen Karthago erfolgreich Krieg zu führen. Als die Soldaten aus Illyrien zurückkamen, reichte die Zeit für militärische Unternehmungen im selben Jahr nicht mehr aus.[21] Während nun die Römer in Illyrien kämpften, begann Hannibal mit der Belagerung Sagunts, laut Welwei um den Römern die Möglichkeit zu nehmen durch ihre Verbindungen mit Sagunt südlich des Ebro zu intervenieren.[22]

Livius dagegen berichtet, dass Hannibal mit der Belagerung Sagunts der Abfertigung einer römischen Gesandtschaft zuvorkam und daher wurden Legaten mit verschärften Bedingungen losgeschickt.[23] Unter anderem sollten sie die Auslieferung Hannibals fordern. Die Auslieferungsforderung steht in allen anderen Quellen immer im Zusammenhang mit der römischen Kriegserklärung und da auch Livius von einer zweiten Gesandtschaft nach dem Fall Sagunts berichtet, scheint diese an verfrühter Stelle zu kommen.[24] Diese entschiedene Haltung Roms enthält eine romfreundliche Tendenz und indem Livius die Gesandtschaft in die Belagerungszeit hineinverlegt, rückt er das Verhalten Roms in ein besseres Licht. Denn durch den verkürzten Handlungsspielraum kaschiert er Roms Versagen die Saguntiner militärisch zu unterstützen.[25] Laut Hoffmann konnte die römische Geschichtsschreibung nicht anders als die Vorgeschichte des Zweiten Punischen Krieges umzugestalten um gegenüber Sagunt nicht als treulos dazustehen.[26] Auch die Authentizität einer Gesandtschaft während der Belagerung ist zu verneinen, schon allein weil Polybios sie nicht erwähnt und er hierfür keinen Grund hatte, die Ereignisse zu verfälschen. Vielmehr hätten ihm römische Diplomaten die Untätigkeit Roms während der Belagerung verkürzen können; stattdessen entschuldigt er das römische Verhalten mit den Worten: „Sie täuschten sich aber in ihren Berechnungen.“[27]

[...]


[1] Liv.: 21,1,1

[2] Polybios: Geschichte, Buch III

[3] Livius: Römische Geschichte, Buch XXI

[4] Vgl. Pol.: 1,14

[5] Walbank, F.W.: A historical commentary on Polybius

[6] Händl-Sagawe, U.: Der Beginn des 2. Punischen Krieges. Ein historisch-kritischer Kommentar zu Livius Band 21

[7] Vgl. Pol.: III, 13

[8] Vgl. Liv.: 21, 5, 17

[9] Vgl. Händl-Sagawe: S. 47

[10] Pol.: III, 14

[11] Vgl. Liv.: 21, 6, 1

[12] Vgl. Welwei: S. 163 f

[13] Vgl. Pol.: III, 15

[14] Vgl. Welwei: S. 164

[15] Vgl. Pol.: III, 15

[16] Vgl. Seibert: Hannibal, S. 59

[17] Vgl. Walbank: S. 332 und Otto: S.103 f

[18] Vgl. Pol.: III, 16

[19] Vgl. Seibert: Hannibal, S. 72

[20] Vgl. Pol.: III, 20

[21] Vgl. Welwei: S. 172

[22] Vgl. Welwei: S. 164

[23] Vgl. Liv.: 21, 6, 5-8

[24] Vgl. Händl-Sagawe: S. 63

[25] Vgl. Händl-Sagawe: S. 57 und Walbank: S. 320

[26] Vgl. Hoffmann: S. 154

[27] Pol.: III, 16

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Der Saguntkonflikt und seine Bedeutung für die Kriegsschuldfrage
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Rom und Karthago
Note
1
Autor
Jahr
2003
Seiten
17
Katalognummer
V119259
ISBN (eBook)
9783640228430
Dateigröße
435 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Saguntkonflikt, Bedeutung, Kriegsschuldfrage, Karthago
Arbeit zitieren
Markus Friedrich (Autor:in), 2003, Der Saguntkonflikt und seine Bedeutung für die Kriegsschuldfrage, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119259

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