Are the Tories back again?

Die Conservative Party of Canada zwischen Ambition und Wirklichkeit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einführung

I. Ideologische Vielfalt als Basis, der Nachkriegskonsens als Realität des kanadischen Parteiensystems

II. Das Auf und Ab der Konservativen im 20. Jahrhundert: der lange Weg zur Conservative Party of Canada

III. Das Profil der Conservatives nach 2003 – alter Wein in neuen Schläuchen?

IV. Die Canadian Tories - Ausdruck der Schwäche der Liberalen?

Bibliographie

Anhang – Founding Principles

Einführung

“Canada’s Conservatives are back after decade in cold”[1], so kommentiert am 25. Januar 2006 die auflagenstärkste Zeitung des Vereinigten Königsreiches The Daily Telegraph den Wahlerfolg der Conservative Party of Canada, die damit nach knapp zwölf Jahren liberaler Mehrheit, stärkste Fraktion des Unterhauses in Ottawa ist. Das Ergebnis der föderalen Wahlen, der General Elections, zum 39. Kanadischen Parlament am 23. Januar 2006[2] spiegelt in der Tat eine Verschiebung der Machtkonstellation innerhalb des kanadischen Parteiensystems wider. Aber bilden die gesellschaftlichen und weltpolitischen Veränderungen der letzten Jahre, die Renaissance der kanadischen Conservatives im Jahre 2003 und die anhaltenden Finanzskandale der Liberal Party wirklich den Ausgangspunkt einer für die kanadischen Konservativen vorteilhaften Neujustierung der Parteienlandschaft?

Dies würde vor allem einen größeren Erfolg der kanadischen Tories an den Wahlurnen implizieren. Nach der Rückkehr auf die politische Bühne Gesamtkanadas in Folge des Verschmelzungsprozesses der Progressive Conservative Party of Canada und der Canadian Alliance stellt der Wahlerfolg 2006 angesichts der scheinbaren Unbesiegbarkeit der kanadischen Liberalen und der Feindseligkeit der anderen im kanadischen Parlament vertretenen Parteien, der New Democratic Party und des Bloc Québécois, gegenüber den Grundprinzipien der Konservativen Partei, zumindest eine vorläufige Trendwende dar.

In der vorliegenden Hausarbeit soll die Renaissance der kanadischen Conservatives näher beleuchtet und die Frage aufgeworfen werden: Are the Tories back again? Im Zentrum der Analyse wird stehen, ob sich die Conservative Party of Canada dauerhaft als Alternative zur bislang vorherrschenden Regierungspartei, der Liberal Party of Canada, wird etablieren können und inwieweit die Partei im Vergleich zu ihren Vorgängergruppierungen tatsächlich Veränderungen in Form neuer politischer Visionen in die Parteienlandschaft einbringt und damit ihrer Ambition des politischen Wechsels gerecht werden kann.

In einem ersten Punkt wird vor dem größeren Kontext der historisch-ideologischen Struktur Kanadas die grundlegende Disposition des kanadischen Parteiensystems bis zum Verfall des Nachkriegskonsenses betrachtet werden. Darauf folgend, rückt das politische Profil und die Entwicklung der kanadischen Conservatives ins Augenmerk, wozu vor allem historische Darstellungen über die Entwicklung der Conservatives Verwendung finden werden. Danach werden die politischen Grundlinien sowohl der Progressive Conservative Party und der Reform Party/Canadian Alliance aufgezeigt werden, sowie der daraus für die 2003 entstehende neue Gesamtpartei resultierende Kompromiss in Form der Founding Principles der Conservative Party of Canada. Dies wird vor der Frage geschehen, ob es sich bei diesen Gründungsprinzipien um mehr handelt, als um alten Wein in neuen Schläuchen und ob die Conservative Party die notwendige Neuorientierung tatsächlich inkorporiert hat, wobei besonders die Wahlprogramme der Jahre 2004 und 2006 Beachtung finden werden. In einem letzten Abschnitt wird vor dem Hintergrund der größeren politischen Situation Kanadas am Beginn des 21. Jahrhunderts zu überlegen sein, ob die kanadischen Conservatives tatsächlich eine Kraft des Wechsels sind und sein können, und damit der Ausdruck eines veränderten Kanadas, oder ob ihr aktueller Erfolg nicht viel mehr in der Schwäche der Liberal Party of Canada zu suchen ist.

I. Ideologische Vielfalt als Basis, der Nachkriegskonsens als Realität des kanadischen Parteiensystems

Betrachtet man die kanadische historisch-politische Landschaft, so muss man die Existenz von vier größeren ideologischen Strömungen feststellen: des Liberalismus, des Toryismus, des Sozialismus und des Nationalismus.[3] In den heutigen Parteien Kanadas finden sich diese Grundströmungen in unterschiedlicher Kombination und Stärke wieder, wobei die ideologischen Fundamente der Parteien durchaus einer Evolution unterliegen, wie vor allem die beiden großen kanadischen Parteiengruppen, die Liberalen und die Konservativen, in den Jahren seit Gründung der kanadischen Confederation 1867, eindrucksvoll zeigen. Der politikphilosophische Disput, ob Kanada Teil des North American liberalism[4] in Anlehnung an die sogenannte „Hartz Thesis“ sei, die die Entwicklung der liberalen Strukturen der Vereinigten Staaten von Amerika zu ergründen sucht, oder ob Kanada nicht viel mehr eine von den Vereinigten Staaten relativ unabhängige Entwicklung genommen hat, bleibt bis heute Thema akademischer Debatten. Die Gegner einer Übertragung der Hartz-Thesen auf Kanada, verweisen auf eine Art nationalen Sonderweg Kanadas, der in der unterschiedlichen historischen Entwicklung begründet liegt. So sind in Kanada der aus dem europäischen Feudalismus des 17. Jahrhunderts entsprungene Toryismus und seine kollektivistischen Ideen und Privilegienorientiertheit im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten immer teil des gesellschaftlichen Diskurses geblieben, was auch die Verbreitung sozialistischen Gedankengutes erleichtert hat.

Kanada, so der Schluss Gad Horowitz’, des Begründers dieser kanadischen Gegenthese zum North American liberalism, ist von jeher den Entwicklungen in Westeuropa enger verbunden geblieben, als die südlichen Nachbarn. “What distinguishes the United States is the exclusive position of the liberal ideology, and what differentiates Canada, in a North American context, is the existence of a meaningful ideological diversity.“[5] Neben der ideologischen Vielfalt in Kanada ist zu konstatieren, dass sich diese nicht nur durch ein Vermischungsphänomen der verschiedenen politischen Ideologien auszeichnet, sondern auch durch geographische Schwerpunktbildung einzelner Strömungen beziehungsweise ihrer Evolutionsprodukte, die unterschiedliche Bedeutung in der politischen Kultur Kanadas gewonnen haben. Kern der „Horowitz-Thesis“[6] ist also die Einzigartigkeit der ideologisch-politischen Entwicklung Kanadas, sowohl gegenüber den Vereinigten Staaten, aber auch gegenüber Westeuropa, von wo zwar die Fundamente der kanadischen politischen Strukturen stammen mögen, die aber allesamt einem Prozess der Kanadisierung unterworfen worden sind, der der besonderen historischen, geographischen und gesellschaftlichen Entwicklung Kanadas geschuldet ist. ”It is worth noting the criticism that ideological diversity divides and weakens Canada, depriving us of the certainty that fathers decisive action. (…) The answer of the historian or the patriot is simple: the situation is defensible because it is ours; some other state of affairs might be preferable, but it would not then be Canada. (…) The philosopher seeks a view without partiality or limitation, and this is more likely in a situation of ideological diversity, where the competition of ideas points out the weakness of each system, and the absence of an exclusive ideology fosters both questioning and tolerance.”[7]

Ob dieses Idealbild des philosophisch-politischen Diskurses in Kanada angesichts seiner Grunddisposition dauerhaft zugegen gewesen ist, bleibe dahingestellt. Dennoch zeigt ein Blick auf die kanadische Geschichte seit 1867, dass der Widerstreit der großen ideologischen Strömungen, und ihre jeweils zeitgebundene politische Inkarnation in Form der jeweiligen Parteiprogramme, stets zu einem regen Wettbewerb um die beste Idee und das beste Konzept für die Zukunft Kanadas geführt hat. Dies hat eine Situation gefördert, die nachhaltige Auswirkungen auf die beiden politischen Strömungen, die Liberal Party of Canada und ihr jeweiliges konservatives Pendant, gehabt hat. Zwischen wachsender inhaltlicher Annäherung und scharfer thematischer Abgrenzung alternierend, haben beide die politische und gesellschaftliche Entwicklung Kanadas geprägt, wobei vor allem die Liberalen über Jahrzehnte hinweg die Wähler zu überzeugen vermocht haben. Diese Situation ist nicht zuletzt der Verfassung der kanadischen Conservatives geschuldet, die lange Zeit vor allem mit sich selbst und internen Problemen und Fragen beschäftigt gewesen sind und so den Liberalen die politische Vorherrschaft überlassen haben.

Das relativ stabile Parteiensystem, das sich mit den General Elections des Jahres 1921 etabliert hat und den Liberalen de facto politische Vorherrschaft gegenüber den Conservatives gewährt hat, ist Hand in Hand mit einem gesellschaftlichen Grundkonsens gegangen, der den politischen Disput zu Kanadas Hauptkonfliktlinien zwischen den beiden großen Parteien in engen Grenzen gehalten hat. ”The consensus that developed during the post-World War II era was based on the welfare state, an active economic management role for government, and official bilingualism.“[8] Beide Parteien, aber vor allem die Liberalen, machen nach dem Zweiten Weltkrieg Politik vor dem Hintergrund dieses Konsenses. Dieser Zustand wird in den 1980er Jahren von Seymour Martin Lipset analysiert, mit dem Schluss, dass Kanada sich in einem mitte-links System befinde, ohne eine wahre, im angelsächsischen Sinne, rechte Partei.[9] ”Many observers of the Canadian party system have attached a specific label to this type of flexible, non-ideological party system: it is a brokerage party system.”[10]

Dieses brokerage system einerseits, in Verbindung mit dem fehlenden Klassendenken in der kanadischen Politik, was den Hintergrund einer engen Bindung der Volksvertreter an regionale, religiöse und ethnische Realitäten bildet andererseits, spiegelt einen Mangel an gesamtkanadischer Integration wider. Dieser Umstand ist zugleich Systemrechtfertigung, denn die “main parties do not want [the pressing issues in Canadian politics] to be discussed, for fear of inflaming group jealousies and thereby jeopardizing the stability of the country.“[11]

Der Nachkriegskonsens hat in Kanada im Vergleich zu anderen westlichen Demokratien lange vorgehalten. Ende der 1980er Jahre ist es jedoch nicht länger möglich, die Konflikte zu kaschieren. Bereits seit einiger Zeit sorgen Kanadas politische Hauptsorgen, die sogenannten pressing issues, für Unmut in einzelnen Provinzen, aber auch in den Parteien und hier vor allem bei den Conservatives. Die Révolution tranquille in Québec mit dem damit verbundenen Aufstieg der Separatisten, der wachsende Unmut in den westlichen Provinzen Kanadas über ihre mangelnde Repräsentation auf Bundesebene, die indigene Frage, der Freihandelsdisput und zahlreiche gesellschaftspolitische Belange, sorgen für das Ende des brokerage system.

[...]


[1] http://www.telegraph.co.uk/news/main.jhtml?xml=/news/2006/01/25/wcan25.xml (aufgerufen am 4. 3. 2008).

[2] Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Canadian_federal_election,_2006 (aufgerufen am 3. 3. 2008).

[3] Vgl. William CHRISTIAN & Colin CAMPBELL: Political Parties and Ideologies in Canada; Toronto 31990; S. 22.

[4] CHRISTIAN & CAMPBELL (31990); S. 26.

[5] CHRISTIAN & CAMPBELL (31990); S. 27.

[6] Vgl. CHRISTIAN & CAMPBELL (31990); S. 26 ff.

[7] CHRISTIAN & CAMPBELL (31990); S. 39.

[8] Stephen BROOKS: Canadian democracy; Don Mills 52007; S. 198.

[9] Vgl. ebd.

[10] BROOKS (52007); S. 192.

[11] BROOKS (52007); S. 193.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Are the Tories back again?
Untertitel
Die Conservative Party of Canada zwischen Ambition und Wirklichkeit
Hochschule
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Veranstaltung
Die politischen Systeme in Nord- und Lateinamerika
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V119041
ISBN (eBook)
9783640221967
ISBN (Buch)
9783640223749
Dateigröße
476 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tories, Systeme, Nord-, Lateinamerika, Kanada
Arbeit zitieren
Andreas Ludwig (Autor:in), 2008, Are the Tories back again?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119041

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