Positive und negative Therapieeffekte durch Verliebtheit


Seminararbeit, 2008

22 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung
1.3 Vorgehen

2 Begriffserklärung
2.1 Definitionsansätze von Verliebtheit
2.2 Abgrenzung zu verwandten Konzepten

3 Verliebtheit in der Psychotherapie
3.1 Die Therapeutische Beziehung
3.2 Ethik in der Psychotherapie
3.3 Die Rolle der Therapieschulen und des Geschlechts

4 Therapieeffekte durch Verliebtheit
4.1 Positive Effekte
4.2 Negative Effekte

5 Professioneller Umgang mit der Verliebtheit

6 Diskussion

7 Literaturverzeichnis

Abstract

Die untersuchte Problemstellung geht der Frage nach, was geschieht, wenn sich der Klient während einer Psychotherapie in seinen Therapeuten verliebt. Welche Effekte hat die Verliebtheit auf den Therapiefortschritt? Welche Rolle spielen Therapieschule und Geschlecht? Wie geht der Therapeut professionell und ethisch verantwortlich mit den Verliebtheitsgefühlen des Klienten und den sich daraus ergebenden Schwierigkeiten um? Nach einer Analyse der vorhandenen Literatur konnte eine Reihe von Effekten mit ihren jeweiligen Auswirkungen herausgearbeitet werden. Förderlich können sich Verliebtheitsgefühle unter anderem auswirken, indem sie das Vertrauen sowie die Offenheit des Klienten fördern. Von einer Steigerung dieser Variablen profitieren wiederrum eine Reihe weiterer Faktoren, wie zum Beispiel die Compliance oder die Erfolgserwartung. Der Therapeut wird wahrscheinlicher als erfolgreiches Modell erkannt und durch die Effekte der Reziprozität profitiert die Dynamik der Therapeut-Patient-Dyade. In der Gegenüberstellung der negativen Auswirkungen, wurden zunächst einige der Hypothesen über die wünschenswerten Therapieeffekte entkräftet beziehungsweise deren potentiell negative Seite aufgezeigt. Zum Beispiel die gefährlichen Folgen einer erhöhten Erfolgserwartung. Als weitere Gefahr wurde die Dominanz der Verliebtheitsgefühle im Erleben des Klienten angeführt. Auch auf die Problematik von Verwischung und Überschreitung der Grenzen der therapeutischen Beziehung wird eingegangen. Abschließend werden differenziert die möglichen Gegenübertragungskomplikationen betrachtet.

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Immer wieder zeigen die Ergebnisse verschiedener Studien und Metaanalysen die Bedeutung der therapeutischen Beziehung für den Therapieerfolg auf. Denn nur auf ihrer Basis ist es dem Klienten möglich, sich vertrauensvoll und ohne Angst zu öffnen, um effektiv und zielstrebig an der Problembewältigung zu arbeiten. Die drei Basisvariablen von Rogers (bedingungslose positive Wertschätzung, Kongruenz und Empathie) stellen für jede der großen Therapieschulen grundlegende Elemente im Umgang mit dem Klienten dar. Dies macht verständlich, wieso hilfebedürftige Menschen in einem solchen Setting ein starkes Gefühl der Zuneigung für ihren „Retter“ entwickeln können: „Gerade im psychotherapeutischen Kontext entsteht viel Nähe und immer wieder kommt es auch zu einseitigen Freundschafts- oder sogar Liebesbekundungen durch die Patientinnen und Patienten. Psychologen müssen sich mit diesem Thema also ganz besonders auseinander setzen“ (Rössler, 2004, S. 131). Das „Problem“ ist nicht neu und trifft einen Großteil der klinisch arbeitenden Psychologen beziehungsweise Psychotherapeuten (und natürlich auch sonstige Berufsgruppen, welche im therapeutischen Prozess involviert sind). Dennoch stellt dieser Sachverhalt, nach den aufschreckenden Berichten über sexuelle Grenzüberschreitungen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte, ein Tabuthema dar.

1.2 Zielsetzung

Der Anspruch dieser Seminararbeit ist es, die vorhandene Literatur zu diesem Thema vorzustellen, verschiedene Positionen einander gegenüberzustellen und soweit vorhanden, empirische Befunde zu berücksichtigen. Welche Auswirkungen hat Verliebtheit genau und wie kann sich dies auf den therapeutischen Prozess auswirken? Wie ist ethisch verantwortlich und professionell mit den besonderen Gefühlen des Klienten umzugehen? Das Ziel kann allerdings nicht sein, die Frage letztendlich zu beantworten, ob Verliebtheit in der Psychotherapie etwas „gutes“ oder „schlechtes“ ist. Einerseits ist das Thema dafür zu komplex und vielschichtig, als das so eine vereinfachende Antwort möglich wäre. Andererseits lässt die mangelnde Forschung und Auseinandersetzung mit diesem Bereich einen solchen Schluss nicht zu. So können lediglich begründete Überlegungen aufzeigt und eine ins Stocken geratene Diskussion wieder entfacht werden.

1.3 Vorgehen

Als erstes soll nun geklärt werden was „Verliebtheit“ überhaupt bedeutet. Dazu werden verschiedene Definitionen beziehungsweise Umschreibung präsentiert. Zusätzlich wird der Begriff von verwandten Konzepten abgegrenzt. Anschließend wird auf die Bedeutung der therapeutischen Beziehung eingegangen und ihre Rolle für den Therapieerfolg beleuchtet. Außerdem werden die relevanten Paragraphen in den ethischen Richtlinien angesehener Organisationen vorgestellt. Daraufhin werden schließlich die förderlichen beziehungsweise hemmenden Therapieeffekte genannt und differenziert untersucht. Dies wird gefolgt von Überlegungen und konkreten Hinweisen bezüglich des professionellen Umgangs mit den verliebten Klienten. Zu guter letzt wird in der Diskussion eine Zusammenführung der einzelnen Argumente thematisiert und es findet eine Auseinandersetzung mit der Psychotherapieforschung statt.

Zur Vereinfachung wird lediglich die jeweils männliche Form (Therapeut, Klient bzw. Patient) benutzt. Gemeint sind damit jedoch sowohl Frauen als auch Männer. Falls nicht explizit etwas anderes erwähnt wird, bezieht sich der Text vornehmlich auf gegengeschlechtliche Therapeut-Klient-Dyaden, was zum Großteil jedoch auch auf gleichgeschlechtliche übertragbar sein sollte.

2 Begriffserklärung

2.1 Definitionsansätze von Verliebtheit

Im Rahmen einer empirischen Studie von Prof. Dr. Ulrich Mees, Psychologe der Universität Oldenburg, wurden Probanden nach dem Unterschied zwischen Verliebtsein (synonym verwendet für Verliebtheit) und Liebe gefragt. Danach wird Verliebtsein „nicht etwa als weniger intensiv eingeordnet als die Liebe, sondern sie ist in der Beziehungsgeschichte zweier Personen eine frühere Phase, die entweder nach einiger Zeit in Liebe übergeht oder aber endet“ (Mees, 1997).

Wikipedia (2008) gibt die folgende Definition: „Verliebtheit ist ein intensives Gefühl der Zuneigung zu einem anderen Menschen.“

Sie wird nach Ansicht von Psychologen von einer Einengung des Bewusstseins begleitet, die zur Fehleinschätzung des Objektes der Zuneigung führen kann. Fehler des anderen können übersehen oder als besonders positive Attribute erlebt werden. Verliebtheit ist kein Dauerzustand, sie besteht als eine Phase über einen längeren oder kürzeren Zeitraum, kann abflauen und sich auflösen oder in Liebe übergehen. Die Gefühle des Verliebtseins können einseitig sein, müssen also nicht erwidert werden. Eine weniger intensive Form der Verliebtheit wird auch als Schwärmerei für eine Person bezeichnet (Wikipedia, 2008).

Nach Riehl-Emde & Willi (1997) ist Verliebtheit ein zeitlich begrenzter Gefühlszustand, welcher sich von längerdauernden Haltungen, wie beispielsweise der Freundschaft oder der ehelichen Liebe unterscheidet: „Die Verliebtheit tritt oft schlagartig ein … und ist ein Seelenzustand, der bestimmten psychopathologischen Erscheinungen ähnelt, weshalb schon Platon die Verliebtheit als eine Form der Mania bezeichnet hat.“

2.2 Abgrenzung zu verwandten Konzepten

Um zu illustrieren, wie genau sich die Verliebtheit nun von der, beziehungsgeschichtlich später auftretenden, Liebe und einer einfachen Schwärmerei unterscheidet, folgen auch dazu einige Definitionen.

„Leidenschaftliche Liebe: Gefühle von intensiver Sehnsucht, begleitet von physiologischer Erregung, die wir für einen Menschen empfinden; wenn unsere Liebe erwidert wird, erleben wir große Erfüllung und Ekstase, wenn aber nicht, erleben wir Traurigkeit und Verzweiflung“ (Aronson, Wilson & Akert, 2004, S. 376).

„Kameradschaftliche Liebe: Gefühle von Intimität und Zuneigung, die wir spüren, wenn wir eine Person sehr mögen, aber in ihrer Gegenwart keine Leidenschaft oder Erregung verspüren“ (Aronson et al., 2004, S. 376).

Als Schwärmerei oder Schwärmen wird eine vorwiegend einseitige Form der Zuneigung oder auch Begeisterung bezeichnet, die sich rein im Innersten Ich ausdrücken kann oder – im anderen Extrem – deutlich nach außen gezeigt wird (Wikipedia, 2007).

Nachdem die Begrifflichkeiten geklärt sind, wird im folgenden Abschnitt auf die Rolle der Verliebtheit in der Psychotherapie eingegangen. Zunächst wird auf die Tragweite der therapeutische Beziehung eingegangen, innerhalb derer sich die Verliebtheit entwickelt und auf die sie sich entscheidend auswirkt. Anschließend wird anhand ausgesuchter ethischer Richtlinien, die Sichtweise renommierter Gesellschaften wiedergespiegelt. Zu letzt wird der Frage nachgegangen, ob beziehungsweise, welche Bedeutung den Therapieschulen und dem Geschlecht zukommt.

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Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Positive und negative Therapieeffekte durch Verliebtheit
Hochschule
Université de Fribourg - Universität Freiburg (Schweiz)
Autor
Jahr
2008
Seiten
22
Katalognummer
V119029
ISBN (eBook)
9783640225651
ISBN (Buch)
9783640227259
Dateigröße
449 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Positive, Therapieeffekte, Verliebtheit
Arbeit zitieren
Jonas Steil (Autor:in), 2008, Positive und negative Therapieeffekte durch Verliebtheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119029

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