Postkolonialismus und Globalisierung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Globalisierung und Postkolonialismus
1.2. Fragestellung der vorliegenden Arbeit

2. Globalisierung?: Globalisierungen
2.1. Was ist unter dem Begriff der „Globalisierung“ zu verstehen?
2.2. Globalisierung und Identität
2.3. Zwischenbilanz

3. Der Postkolonialismus als realitätsferne Theorie?
3.1. Erwartungen
3.2. Der postkolonialistische Elfenbeinturm
3.3. Distanz und Realitätsnähe

4. Der Postkolonialismus und die Globalisierung
4.1. Der Versuch eines Fazits
4.2. Schlussbemerkung

5. Literatur

1. Einleitung

1.1. Globalisierung und Postkolonialismus

In der aktuellen politischen Diskussion nimmt das Thema „Globalisierung“[1] wieder einen breiten Raum ein, in allen Medien, Parteien und gesellschaftlichen Gruppen, aber auch innerhalb der Politikwissenschaft, wird es diskutiert (Lotter/ Sommer 2001, 73ff.). In der vorliegenden Arbeit sollen diese Auseinandersetzungen mit den Prozessen der „Globalisierung“ in Bezug gesetzt werden zur diesbezüglichen Diskussion innerhalb der Theorie des Postkolonialismus, die Antworten des Postkolonialsmus auf diese Prozesse sollen kritisch gewürdigt werden.

Die zum Teil gewalttätigen Auseinandersetzungen im Gefolge der G8-Gipfel in Seattle und in Genua haben gezeigt, dass längst nicht für alle das Zauberwort „Globalisierung“ etwas Gutes verheißt, schon jetzt sind wieder neue schwere, auch gewalttätige Proteste für die nächsten großen Gipfel, zum Beispiel in Rom angekündigt. Neben den sogenannten Krawallmachern, die solche Ereignisse lediglich zur Befriedigung ihres Aggressionstriebes ausnutzen, stehen auch und insbesondere politische Forderungen hinter den Protesten gegen diese Gipfel. Der Begriff der „Globalisierung“ wird dabei allenthalben von den Gipfelgegnern herangezogen, um die gesamten Übel der modernen Welt, gegen die es anzugehen gilt in sich zu vereinen. Dabei verstehen sich die Gipfelgegner selber als Globalisierungsgegner und sehen sich hierin nicht zuletzt als Anwälte und Vertreter der Interessen der sogenannten Dritten Welt, die nach ihrer Meinung eben nicht von denjenigen Prozessen profitiert, die man allgemein unter den Begriff „Globalisierung“ subsumiert, sondern die durch diese Prozesse vielmehr noch weiter in Abhängigkeitsverhältnisse zur sogenannten Ersten Welt hineingezogen wird. Anstelle einer neuen gerechteren Weltordnung, die sich von den weltweiten Strukturen und Abhängigkeiten der nachkolonialistischen Ära verabschiedet, entstehe ein „Greater West“ (Parker 1996, 76 und 79). Die Verbindung der Theorie des Postkolonialismus mit der Diskussion um die Prozesse der „Globalisierung“ und ihre Folgen stellt somit ein höchst aktuelles Thema dar.

Doch antwortet der Postkolonialismus überhaupt konstruktiv auf die Herausforderungen der „Globalisierung“? Stellt er alternative Lösungsvorschläge zur Verfügung? Nimmt die postkolonialistische Diskussion überhaupt Bezug zu den sich stellenden Fragen der ökonomischen, finanziellen, politischen und kuturellen Prozesse, die zur Zeit weltweit ablaufen? Die folgende Arbeit wird aufzuzeigen haben, dass selbst innerhalb der Gruppe derjenigen Theoretiker, die sich, auch selber dem Postkolonialismus zuordnen, diese Frage höchst strittig ist. Auf der Darstellung der postkolonialistisch internen Kritik wird der Schwerpunkt dieser Arbeit zu legen sein, hinterfragend, ob diese Kritik berechtigt ist.

1.2. Fragestellung der vorliegenden Arbeit

Im Zusammenhang eines Seminars, das sich mit der Theorie des Postkolonialismus beschäftigt, brennt im Bezug auf die aktuelle Diskussion der Prozesse und der Folgen der „Globalisierung“ förmlich die Frage unter den Nägeln, wie denn die Vertreter eben des Postkolonialismus als Intellektuelle der Länder, die unter der „Globalisierung“ zu leiden scheinen, auf diesen Prozess antworten. Und zwar nicht auf die ökonomischen Fragen, die vielerorts lang und breit, mal für die eine Seite, mal für die andere Seite diskutiert werden, oft mit dem Ergebnis, dass man überhaupt nicht aussagen könne, wie ökonomisch auf die Prozesse der „Globalisierung“ zu antworten sei, sondern im Rahmen der Diskussion der politischen Theorie. Dabei wird zunächst zu klären sein, womit man es eigentlich bei der „Globalisierug“ zu tun hat, jedermann führt sie im Munde, doch kaum jemand vermag genau zu definieren, was „Globalisierung“ überhaupt ist. In einem ersten Schritt soll aus diesem Grunde versucht werden zu klären, was „Globalisierung“ überhaupt ist. In einem zweiten Schritt soll die interne Kritik an den Antworten der Vertreter des Postkolonialsmus auf die Prozesse der „Globalisierung“ anhand von einigen Beispielen dargestellt werden, um in einem dritten Schritt zu versuchen, diese interne postkolonialstische Kritik zu bewerten. Den Abschluss der Arbeit bildet schließlich der Versuch einer Würdigung der Diskussion.

Letztendlich wird die vorliegende Arbeit auf die Frage zu antworten haben, wie sich die Diskussion der postkolonialistischen Theorie zu den Prozessen der „Globalisierung“ äußern kann, diese bewertet, und wie diese Bewertung zu gewichten ist.

2. „Globalisierung“?: Globalisierungen.

2.1. Was ist unter dem Begriff der „Globalisierung“ zu verstehen?

Jeder benutzt den Begriff „Globalisierung“ recht häufig, in verschiedenen Zusammenhängen, ohne dabei von einer einheitlichen Konotation, sogar Definition, ausgehen zu können, diese existieren nicht. Bei näherer Beschäftigung mit „Globalisierung“, wird schnell deutlich, erstens, dass es sich hierbei um einen Bereich äußerster Komplexität handelt, zweitens, dass es nicht zu vertreten und zu ungenau ist, von der „Globalisierung“ an sich zu sprechen, vielmehr muss hier differenziert werden. Unterzieht man den Begriff „Globalisierung“ einer empirischen Untersuchung, zeigt es sich, dass dieser verschiedene, sowohl wirtschaftliche, als auch nicht-wirtschaftliche Aspekte umfasst. So spricht man, um wirtschaftliche Aspekte von „Globalisierung“ anzuführen, von einer Globalisierung des Welthandels, einer Globalisierung der Finanzmärkte und so weiter auf der einen Seite, um nicht-wirtschaftliche Aspekte von „Globalisierung“ anzusprechen von kultureller Globalisierung, von sozialer Globalisierung, von politischer Globalisierung und Ähnlichem auf der anderen Seite, und meint doch völlig verschiedene, in ihrem Integrationsgrad höchst unterschiedliche Dinge (Beck 1998, 42). Daraus folgt, dass man unter „Globalisierung“ vielmehr verschiedene Globalisierungen zu verstehen hat, die man nicht in einem einzelnen Begriff zusammenfassen kann. Allein der Singular ist also schon fehl am Platz. Die wirtschaftlichen Globalisierungsaspekte können demnach nicht unbedingt mit den nicht-wirtschaftlichen verglichen werden, auch wenn sie freilich miteinander in Beziehung stehen, sich gegenseitig bedingen. Letztere, die nicht-wirtschaftlichen Aspekte von „Globalisierung“, sollen für die vorliegende Arbeit von Interesse sein.

Zu fragen ist, ob trotz alledem nicht doch ein gemeinsames Kriterium all diesen verschiedenen Aspekten von „Globalisierung“ zuzuordnen ist, mit dem man arbeiten kann und das eine Festlegung des Begriffes erlaubt, die dann als Oberbegriff „Globalisierung“ verwendet werden kann. Unter diesem allgemeinen, die verschiedenen Globalisierungen einigendem Kriterium, kann man die Vorstellung eines weltweiten Prozesses verstehen, der bewirkt, dass geschlossene und voneinander abgegrenzte Räume, von Nationen aber auch von nationalen und regionalen Kulturen, nicht mehr existieren, dass die Grenzen zwischen diesen aufgehoben sind, Entfernungen keine Rolle mehr spielen, und dass die einzelnen Individuen dieser nationalen und kulturellen Räume sich an diesem Prozess orientieren und ihr Handeln und Denken an diesem Prozess ausrichten (unter anderen: Spybey 1996; Giddens 1994). Dies hat Auswirkungen auf alle Bereiche des menschlichen Lebens, der Kultur, der Zivilgesellschaft, der Kommunikation, der Techinik, der Wirtschaft, aber auch der transkulturellen Konflikte, ohne dass der Einzelne die Möglichkeit hat, auf diesen Prozess in irgendeiner Weise einzuwirken (Beck 1998, 44ff.).

Folglich kann man unter „Globalisierung“ als Oberbegriff, stark verkürzt, das „erfahrbare Grenzenloswerden alltäglichen Handelns“ (Beck 1998, 44) verstehen, in diesem Verständnis des Begriffes soll in der vorliegenden Arbeit mit dem Begriff der Globalisierung als Oberbegriff gearbeitet werden.

Was kann, muss dies für die Theorie des Postkolonialismus bedeuten? Zunächst müsste es dem Postkolonialismus als ideologiekritische Theorie gelingen, den Begriff der Globalisierung zu durchleuchten und die mit der Globalisierung zusammenhängenden Prozesse daraufhin zu untersuchen, ob diese einen Universalismus zur Folge oder sogar zum Ziel haben, der alles vereinheitlicht und die vielumschriebene Differenz zwischen den verschiedenen Kulturen verwischt, homogenisiert. Dies aus dem Grund, da es dem Postkolonialismus um die Rehabilitierung eben dieser Differenz gegen den neuzeitlichen Universalismus geht (siehe hierzu Gandhi 1998). Das bedingt förmlich ein Anschreiben gegen mögliche Homogenisierungstendenzen der Globalisierung. Homogenisierungstendezen wie die Konzepte einer „Weltgesellschaft“, die aus transnationalen und transkulturellen Erfahrungszusammenhängen entstehen soll, welche eine globale Kultur und Identität stiften könnten. Als solche transkulturellen Erfahrungszusammenhänge werden interkontinentale Handelsbeziehungen, Migrationsbewegungen, Sklaverei, Eroberungen, Imperialismus und Kolonialismus angeführt, wogegen sich, neben Anderen, A.D. Smith mit der Aussage wendet, die globalen Erfahrungen wie Kolonialismus und Kriege eigneten sich eben nicht als Stifter globaler Kultur, da sie keiner sich entwickelnden Identität entsprächen, vielmehr erinnerten sie lediglich an gemeinsame geschichtlichen Auseinandersetzungen, mehr nicht (Smith 1990, 180). Dies wäre als Beitrag einer ideologiekritischen Leistung des Postkolonialismus zu verstehen. Kann man darüber hinaus aber auch erwarten, dass der Postkolonialismus in einem positiven Ansatz versucht, vor dem Hintergrund der Prozesse der Globalisierung identitätsstiftend zu wirken? Die Prozesse der Globalisierung als Chance zu begreifen, den klassischen Binarismus von „Erster Welt“, die von der Globalisierung profitiert und dem Rest der Welt ihre Kultur aufzwingt, und „Dritter Welt“, die durch die Globalisierung weiter in das Abseits gerät und von westlicher Kultur überschwemmt wird, zu überwinden, um eine neue, andere, „dritte“ Kultur zu schaffen (Beck 1998, 155)? Eine Art des weltweiten Zusammenlebens folglich, die in ihrer Form etwas gänzlich Neues darstellt, über hergebrachte und traditionelle Formen hinausgehendes. Es wird an dieser Stelle deutlich, dass der Postkolonialismus schon allein in seinem Ansatz als ideologiekritische Theorie, und in seinem positiven Ansatz als identitätsstiftende Theorie, wie prädestiniert dazu erscheint, diese Herausforderungen, die die Prozesse der Globalisierung bedingen, kritisch zu würdigen. Hier wird der Kern der Fragestellung der vorliegenden Arbeit nochmals immanent deutlich, die folgenden Kapitel werden den Versuch darstellen müssen, darauf zu antworten.

[...]


[1] Aufgrund der allgemeinen Unschärfe des Begriffs der „Globalisierung“ soll dieser bis zum Versuch einer engeren Definition in Kapitel 1 der vorliegenden Arbeit zwecks methodischer Klarheit in Anführungsstriche gesetzt werden.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Postkolonialismus und Globalisierung
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Institut für Politische Wissenschaft)
Veranstaltung
Die Theorie des Postkolonialismus
Note
1,7
Autor
Jahr
2001
Seiten
19
Katalognummer
V11902
ISBN (eBook)
9783638179454
ISBN (Buch)
9783640999064
Dateigröße
383 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Postkolonialismus; Globalisierung; Dritte Welt
Arbeit zitieren
Thorsten Plath (Autor:in), 2001, Postkolonialismus und Globalisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11902

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