Strafrechtliche Verantwortlichkeit von Ärzten und medizinischem Hilfspersonal


Doktorarbeit / Dissertation, 2003

149 Seiten, Note: Befriedigend


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abkürzungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

judikatur–verzeichnis

I. Einleitung

II. Abgrenzung zur zivilrechtlichen Haftung

III. Unterschiede zum deutschen Arztstrafrecht

IV. Die Begriffe „Körperverletzung“, „Gesundheitsschädigung“ und „Heilbehandlung“
A. Die Begriffe der „Körperverletzung“ und der „Gesundheitsschädigung“
1. Substanzbeeinträchtigung als Körperverletzung
2. Herbeiführen und Aufrechterhaltung von Schmerzen als Gesundheitsschädigung?
B. Tatbestands- oder Rechtfertigungslösung
C. Begriff der „Heilbehandlung“
(1) ärztliche Eingriffe mit herkömmlichen und bewährten Methoden und Mitteln zum Zwecke der Heilung des Patienten:
(2) forschende Behandlungen (therapeutische Versuche):
(3) wissenschaftlich/experimentelle Versuche

V. Strafbarkeit des Arztes bei der durchführung von heilbehandlungen - der ärztliche „kunstfehler“
A. Tatbestand – die objektive Sorgfaltswidrigkeit
1. Prüfung der objektiven Sorgfaltswidrigkeit
a) Verstoß gegen eine Rechtsnorm
b) Verstoß gegen eine Verkehrsnorm
c) Abweichung vom Verhalten einer Maßfigur
2. Sorgfaltspflichtverletzung durch Tun oder Unterlassung
a) Begriff der Unterlassung
b) Garantenstellung
(1) Garantenstellung infolge freiwilliger Pflichtenübernahme
(2) Garantenstellung unmittelbar aufgrund des Gesetzes
(3) Garantenstellung aufgrund eines gefahrenbegründenden Vorverhaltens
3. Typische Sorgfaltsverstöße – der Behandlungsfehler im weiten Sinn
a) Der Behandlungsfehler im engeren Sinn
(1) Diagnosefehler
(2) Fehlerhafte Medikation
(3) Falsche Wahl der Heilmethode – das Prinzip der Methodenfreiheit?
(4) Weitere typische Behandlungsfehler
b) Organisationsfehler
(1) Horizontale Pflichtenaufteilung
(2) Vertikale Pflichtenaufteilung
(a) Vertikale Arbeitsteilung zwischen Ärzten und medizinischem Personal
(b) Vertikale Arbeitsteilung unter den Ärzten
c) Aufklärungsfehler
(1) Unterlassene Aufklärung
(a) Therapeutische Aufklärung
(b) Risikoaufklärung
(c) Diagnoseaufklärung
(2) Übermäßige Aufklärung
(3) Schonende Aufklärung
B. Objektive Zurechnung des Erfolges zum Handeln – Die Kausalität
1. Allgemeines zur Kausalitätsprüfung
2. Quasikausalität
a) An Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit?
b) Kausalität der Lebensverkürzung?
C. Adäquanz
D. Risikozusammenhang
1. Grenzen des sachlichen Schutzzwecks
2. Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos
a) Schwache körperliche Konstitution
b) Folgeerkrankungen
3. Nachträgliches Fehlverhalten des Geschädigten bzw. eines Dritten
4. Risikoerhöhung gegenüber rechtmäßigem Alternativverhalten
E. Rechtswidrigkeit
1. Pflichtenkollision
a) Zusammentreffen mehrerer Handlungspflichten
b) Zusammentreffen einer Handlungs- und Unterlassungspflicht
2. Rechtfertigung eines Behandlungsfehlers durch Einwilligung (§ 90 StGB)?
3. Rechtfertigung von Unterlassungen durch Einwilligung? – Grenzen der ärztliche Behandlungspflicht
F. Schuld
1. Subjektive Sorgfaltswidrigkeit
2. Verbotsirrtum (§ 9)
a) Irrtümliche Annahme, keine Behandlung vornehmen zu dürfen
b) Irrtümliche Annahme, kein Garant zu sein
c) Irrtümliche Annahme, zu keiner (weiteren) Behandlung verpflichtet zu sein
3. Besondere Entschuldigungsgründe
a) Entschuldigender Notstand (§ 10)

VI. Die Einwilligung des Patienten in Heilbehandlungen und sonstige medizinische Eingriffe
A. Eigenmächtige Heilbehandlung (§ 110)
B. Voraussetzungen einer wirksamen Einwilligung
1. Die Einwilligungserklärung
a) Zivilrechtliche Aspekte
b) Anwendung im Strafrecht
2. Aufklärung als Voraussetzung einer wirksamen Einwilligung
a) Reichweite der Aufklärungspflicht
3. Die Einwilligungsfähigkeit
4. Möglichkeit der Substitution der Einwilligung
a) bei einwilligungsfähigen Minderjährigen
(1) Weigerung der Obsorgeberechtigten/gesetzlichen Vertreter
(2) Weigerung des Minderjährigen
b) bei einwilligungsunfähigen Minderjährigen
c) bei psychisch kranken Personen
(1) Weigerung des Sachwalters
(2) Weigerung der Person, die unter Sachwalterschaft steht
d) bei Bewusstlosen
(1) Die mutmaßliche Einwilligung nach § 110 Abs 2 StGB
(2) Vorausverfügungen – Patiententestamente
5. Irrtümliche Annahme einer wirksamen Einwilligung
C. Das Sittenwidrigkeitskorrektiv des § 90

VII. Schlusswort

Vorwort

Aufs Innigste danken möchte ich zunächst meinen Eltern und meinen Großeltern für all die Unterstützung, die ich im Laufe meiner Ausbildung von ihnen erhalten habe.

So gab man mir niemals das Gefühl, an mir zu zweifeln – immer wurde höchstes Vertrauen in mich gesetzt. Diese Unterstützung und der Glaube haben mein gesamtes Leben geprägt, wofür ich nicht genug Dankbarkeit zeigen kann.

Ebenso möchte ich mich bei Markus bedanken, dass auch er mir seit langen Jahren mit Rat und Tat stets zur Hilfe steht und mir in all dieser Zeit sein uneingeschränktes Vertrauen schenkte.

Natürlich habe ich auch meinen Betreuern zu danken, die trotz aller Verpflichtungen sich mehrmals die Zeit genommen haben, diese Arbeit genau zu betrachten und mir wertvolle Anregungen gegeben haben.

Ebenfalls ein großes Danke an all meine Freunde für die Unterstützung.

Danke

Wien, am 12.1.2003

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Literaturverzeichnis

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judikatur–verzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

I. Einleitung

Bis vor wenigen Jahren war die Haftung des Arztes als auch des Krankenhausträgers kein Thema von großer praktischer Relevanz im österreichischen Recht. In Zeiten der Enttabuisierung der „Götter in Weiß“ rückt vor allem das zivilrechtliche Arzthaftungsrecht immer mehr in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses.[1] Dies zeigt sich in der Praxis zum einen in zunehmenden Prozessen und zivilrechtlichen Judikaten, zum anderen in dem Umstand, dass es bereits seit 2001 die Möglichkeit für verschuldensunabhängige Zahlungen an Patienten gibt, die im Spital Schäden erlitten haben. Auch zeigt sich die wachsende Bedeutung dieses Rechtsbereiches in der Einführung eines eigenen Wahlfachkorbes an der rechtswissenschaftlichen Fakultät Wien namens „Medizinrecht“.

Während sich mittlerweile eine Vielzahl von Autoren mit der schadenersatzrechtlichen Problematik des Arzthaftungsrechtes auseinandergesetzt haben, gibt es im Verhältnis hiezu relativ wenig umfassende Literatur zum strafrechtlichen Bereich.[2] Dies zum Anlass genommen, soll die vorliegende Arbeit zunächst kurz einen Überblick über das Arztstrafrecht geben, vertiefend aber den Behandlungsfehler – sohin die Fahrlässigkeitsdelikte der Körperverletzung bzw. Tötung – behandeln und die damit verbundenen Kausalitätsprobleme näher untersuchen.

II. Abgrenzung zur zivilrechtlichen Haftung

Während das gerichtliche Strafrecht die Sanktionierung des ärztlichen Fehlverhaltens vor Augen hat, sohin general- und spezialpräventive Aspekte verfolgt, soll im zivilrechtlichen Prozess dem Patienten, der einen wie immer gearteten Schaden erlitten hat, hierfür einen Ausgleich verschafft werden. Die Haftungsvoraussetzungen (Rechtswidrigkeit, Kausalität,) gleichen zwar denen des Strafrechts, dennoch ist das Schadenersatzrecht wesentlich „patientenfreundlicher“ ausgestaltet.

Bei der zivilrechtlichen Prüfung wird zunächst darauf abgestellt, ob der Arzt oder der Krankenhausträger, der für das Verschulden des behandelnden Arztes als sein Erfüllungsgehilfe gem § 1313a ABGB wie für sein eigenes einzustehen hat, mit dem Patienten einen (Behandlungs-)Vertrag abgeschlossen hat. Ist es der Fall, haftet der Arzt oder der Krankenhausträger aus dem Vertrag (“ex contractu”). Dies wiederum hat weitreichende Konsequenzen: Während der “bloß” deliktisch Geschädigte das Verschulden des Schädigers beweisen muss (§ 1296 ABGB), hat der vertragsbrüchige Schuldner nachzuweisen, dass ihn an der Vertragsverletzung kein Verschulden trifft (§ 1298 ABGB). Diese Beweislastumkehr gipfelt darin, dass der OGH im zivilrechtlichen Arzthaftungsprozess zum Nachweis der Kausalität den Anscheinsbeweis bzw den prima-facie-Beweis genügen lässt:[3] Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Patient zunächst lediglich das Vorliegen eines Behandlungsfehlers zu beweisen hat. Gelingt dies, kommt ihm bei der Beweisführung der Kausalität die Zulässigkeit des prima-facie-Beweises zugute.[4] In weiterer Folge hat der Arzt gem. § 1298 ABGB zu beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.

Da es dem Geschädigten dennoch oftmals nicht gelingt, das Vorliegen eines Behandlungsfehlers zu beweisen, wird in den meisten der heutigen zivilrechtlichen Arzthaftungsprozessen die Haftung des Arztes über die Aufklärungsproblematik zu begründen versucht: Selbst wenn der Arzt keinen Behandlungsfehler zu verantworten hat, er aber nicht ausreichend über den Eingriff aufgeklärt hat, bei dem sich in weiterer Folge schicksalhaft eine Körperverletzung eingestellt hat, kann er dann, wenn er nicht beweisen kann, dass der Patient in die Behandlung auch bei ausreichender Aufklärung eingewilligt hat, wegen mangelhafter Aufklärung zur Schadenersatzzahlung verpflichtet werden.[5] Da im Zivilrecht davon ausgegangen wird, dass die ärztliche Heilbehandlung einen Eingriff in die körperliche Integrität darstellt und nur durch Einwilligung des Geschädigten gerechtfertigt sein kann, obliegt dem Arzt im Zivilprozess auch der Nachweis, dass eine Einwilligung des Patienten vorliegt.[6]

Im Strafrecht hingegen trifft die Anklagebehörde die Beweislast für die Schuld des Arztes, wobei hierbei streng an dem Grundsatz „in dubio pro reo“ festzuhalten ist. Auch werden an den Kausalitätsbeweis im Strafrecht - wie im Zuge der Arbeit zu erläutern sein wird - weit strengere Anforderungen gestellt, als im Zivilrecht. Darüber hinaus bestimmt § 1299 ABGB, dass eine Person, die sich „zu einem Amt, zu einer Kunst, zu einem Gewerbe oder Handwerk“, also zu einer Tätigkeit als Sachverständiger, öffentlich bekennt, dadurch zu erkennen gibt, dass er sich den nötigen Fleiß und besondere Kenntnisse zutraut und daher ihren Mangel vertreten muss. Für Sachverständige – und dazu zählen nach einhelliger Judikatur und Lehre Ärzte – gilt daher im Zivilrecht ein besonderer Sorgfaltsmaßstab und damit ein strengerer, objektiver Verschuldensmaßstab.[7] Ein Arzt kann sich also nicht dadurch exkulpieren, dass ihm gewisse Kenntnisse ohne persönliches Verschulden gefehlt haben. Er hat zivilrechtlich zu vertreten, was „ein“ Arzt (iSv „jeder“ Arzt) zu wissen hat. Fehlt es an diesen Kenntnissen muss daher der Arzt den Mangel derselben vertreten und haftet für den eingetretenen Schaden.[8] Im Strafrecht dagegen kann sich der Arzt grundsätzlich zwar auf die eigenen mangelnden Kenntnisse berufen, doch wird ihm in diesem Fall meist zum Vorwurf gemacht, dass er die Handlung im Wissen der eigenen Unkenntnisse übernommen hat. Dennoch verbleibt dem Arzt im strafrechtlichen Bereich ein – wenn auch geringer – Argumentationsbereich, sollte er aufgrund äußerer Umstände gezwungen gewesen sein, die Behandlung zu übernehmen, während ihm dieser im Zivilrecht durch die Bestimmung des § 1299 ABGB genommen wird.[9]

Die Gründe, weshalb ein Arzt bzw der Krankenhausträger oft zur Leistung von Schadenersatz verpflichtet wird, dem aber keine strafrechtliche Verurteilung vorausgegangen ist, sind somit zahlreich.

III. Unterschiede zum deutschen Arztstrafrecht

Das österreichische Arztstrafrecht unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von dem des deutschen: Das österreichische StGB kennt das Vergehen der eigenmächtigen Heilbehandlung gem § 110 StGB.[10] Nach dieser Bestimmung macht sich strafbar, wer einen anderen ohne dessen Einwilligung, wenn auch nach den Regeln der medizinischen Wissenschaft, behandelt. Die eigenmächtige Vornahme einer Heilbehandlung ist somit selbst dann nicht strafrechtlich sanktionslos, wenn davon ausgegangen wird, dass eine lege artis und aufgrund einer medizinischen Indikation durchgeführte Heilbehandlung keine Körperverletzung darstellt.

Sofern aber in anderen Rechtsordnungen wie Deutschland (aber auch der Schweiz) kein eigenes Delikt der eigenmächtigen Heilbehandlung existiert, stellt sich in diesen Staaten die Anwendbarkeit der Körperverletzungsdelikte auf Heilbehandlungen von vornherein anders – dort gilt die Heilbehandlung als Körperverletzung, ansonsten die eigenmächtige Vornahme nicht strafbar wäre. Schon aus diesem Grund wird daher in diesen Staaten die grundsätzliche Anwendbarkeit der Körperverletzungsdelikte bejaht und für ihre Rechtfertigung eine wirksame Einwilligung verlangt.[11] In Österreich kann dagegen wegen der Existenz des § 110 und aus noch näher zu erläuternden Gründen die Unanwendbarkeit der Körperverletzungsdelikte auf Heilbehandlungen durchgehalten werden, ohne dass unerträgliche Strafbarkeitslücken entstehen.[12] Während sich in Deutschland ein Arzt, der eine Heilbehandlung ohne wirksame Einwilligung vornimmt, eines Körperverletzungsdelikts strafbar macht, ist er in Österreich lediglich auf Verlangen des Geschädigten wegen des Vergehens der eigenmächtigen Heilbehandlung zu bestrafen.

Ähnlich wie die Strafbarkeit des Arztes in Deutschland ist in Österreich die Lage bei Behandlungen des Arztes, die nicht als Heilbehandlung anzusehen sind – wie dies beispielsweise bei kosmetischen Operationen, Organtransplantationen auf Seiten des Spenders oder Geschlechtsumwandlungen der Fall ist.[13] Deren Vornahme ist als tatbestandsmäßige Körperverletzung nur nach vorhergehender Einwilligung des Verletzten gerechtfertigt. Vergleichbar mit der deutschen Strafrechtslage ist auch das österreichische Zivilrecht, da auch hier der Eingriff nur durch die Einwilligung des Verletzten rechtmäßig erfolgen kann. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass selbstverständlich im deutschen Strafrecht ebenso wie in Österreich der Grundsatz „in dubio pro reo“ gilt und sich der Arzt nicht wie im Bereich des Schadenersatzrechtes nahezu „freibeweisen“ muss. Selbstverständlich sind auch im deutschen Strafrecht die individuellen Umstände auf der Ebene der Schuld zu berücksichtigen, sodass gleich wie im österreichischen Strafrecht aber anders als im Zivilrecht kein für Ärzte objektivierter Sorgfaltsmaßstab zur Anwendung kommt.[14]

IV. Die Begriffe „Körperverletzung“, „Gesundheitsschädigung“ und „Heilbehandlung“

Jenes Delikt, welches sich der Arzt bei Begehung eines Behandlungsfehlers schuldig macht, ist vorrangig das der Körperverletzung nach § 88. Klärt der Arzt vor der Vornahme einer Heilbehandlung nicht auf, macht er sich uU des Vergehens der eigenmächtigen Heilbehandlung nach § 110 strafbar. Von selbst ergibt sich folglich, dass im Arztstrafrecht folglich gerade die Begriffe der Körperverletzung, der Gesundheitsschädigung und der Heilbehandlung von großer Bedeutung sind. Eine genaue Definition ist unumgänglich:

A. Die Begriffe der „Körperverletzung“ und der „Gesundheitsschädigung“

Unter dem Begriff der Körperverletzung iS des § 83 StGB wird ein nicht ganz unerheblichen Eingriff in die Unversehrtheit des Körpers verstanden. Körperverletzung ist damit jede Beeinträchtigung der körperlichen Integrität jenseits einer gewissen Bagatellschwelle.[15] Körperverletzung sind nach der Judikatur insbesondere Wunden aller Art, Blutergüsse, Hautabschürfungen uä und sogar eine kleine leicht blutende Wunde im Innenbereich der Unterlippe sowie nicht ganz unerhebliche Hautrötungen.[16] Da allerdings im Arztstrafrecht dem Arzt wenn überhaupt zumeist „lediglich“ der Vorwurf der fahrlässigen Begehung einer Körperverletzung gem § 88 trifft und dessen Abs 2 zum einen eine Straflosigkeit der Tat bei einer Gesundheitsschädigung von nicht mehr als dreitätiger Dauer vorsieht und zum anderen das in Kapitel V näher dargelegt „Ärzteprivileg“ beinhaltet, bleibt für eine Strafbarkeit des Arztes wegen Zufügung solch geringfügiger Verletzungen praktisch kein Anwendungsbereich. Eine nähere Darstellung der straflosen Bagatellverletzungen kann folglich unterbleiben. Bedeutung im Arztstrafrecht hat allerdings, ob mit einer Körperverletzung eine Substanzbeeinträchtigung einhergehen muss, damit deren Begehung strafbar ist und ob bereits in der Herbeiführung von Schmerzen bzw. deren Aufrechterhaltung eine Körperverletzung zu erblicken ist:

1. Substanzbeeinträchtigung als Körperverletzung

Der OGH stellte klar, dass zur Annahme des Vorliegens einer Köperverletzung mit dieser nicht notwendig eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes einhergehen muss. Der der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt sei kurz wiedergegeben:[17]

Dr. Peter B. wurde vom Erstgericht des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach §88 Abs 1 und 4 erster Fall StGB schuldig erkannt, weil er im Zuge einer coronaren Bypass-Operation fahrlässig Ing. M. am Körper dadurch schwer verletzt hat, dass er „unter Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt eine von ihm vorher angebrachte Klemme am Gefäßtransplantat für die rechte Herzkranzarterie nach Beendigung der Operation nicht entfernte, wodurch das regelrecht situierte Bypassgefäß verschlossen blieb und dessen beabsichtigte Funktion als Ersatz der rechten Herzkranzarterie verhindert wurde, wobei die Klemme als Fremdkörper im Brustraum zurückblieb“.

Der beschuldigte Arzt hat drei Gefäßtransplantate operativ eingesetzt, wobei eines davon aufgrund der gesetzten Klemme funktionslos blieb, sodass die Blutversorgung in diesem Bereich postoperativ ca dem Zustand vor der Operation entsprach. Die Klemme führte zu keiner Infektion, schon gar nicht zu dem nach sechs Tagen postoperativ eingetretenen Tod des Patienten. Aufgrund der relativ kantigen Beschaffenheit der Klemme bestand lediglich die Gefahr einer mechanischen Schädigung bzw. Irritation des umgebenden Gewebes. Eine solche Schädigung trat tatsächlich jedoch nicht ein.

Dennoch äußerte sich der OGH zum Begriff der Körperverletzung wie folgt:

„Ob der am Herzen zurückgebliebene Fremdkörper (Klemme) eine an sich schwere Gesundheitsschädigung zur Folge hatte (so die GenProk), mag dahin gestellt bleiben, stellt doch das Anklemmen eines Fremdkörpers im Bereich des Herzens einen Eingriff in die körperliche Integrität, sohin eine Substanzbeeinträchtigung, fallbezogen (an einem lebensentscheidenden Organ) iS einer an sich schweren Körperverletzung dar, zu deren Behebung nämlich ein operativer Eingriff mit (neuerlicher) Öffnung des Brustraumes erforderlich war. Die Notwendigkeit eines solchen Eingriffs steht nämlich nur dann in Frage, wenn (wie vom GH II. Inst vertreten) der am Herzen zurückgebliebene Fremdkörper weder als Körperverletzung noch als Gesundheitsschädigung betrachtet wird. Damit ist eine Erörterung des von der GenProk zusätzlich hervorgehobenen Umstands, dass die Klemme die Blutzirkulation im bereits funktionstüchtigen Gefäßtransplantat unterband (und eine vollständige Thrombosierung dieses Blutgefäßes bewirkte) und diese Funktionsstörung, die nur durch eine neuerliche Bypass-Operation zu beseitigen ist, gleichfalls einen den Grad einer an sich schweren Gesundheitsstörung erreichenden Krankheitswert hätte, entbehrlich. Das Argument des OLG, die durchgeführte Gefäßoperation habe keine Verschlimmerung im bestehenden Herzleiden des Patienten herbeigeführt, stellt nur auf den von der Anklage gar nicht betroffenen (erfolgreichen) Teil der Operation und das schon vor dem Eingriff bestandene Herzleiden ab, ohne die durch die Zurücklassung des Instruments am Herzen zusätzlich neu und völlig anders gelagerte Situation zu berücksichtigen. Der Umstand, dass es in der Folge durch den - nicht nachweisbar durch das Verhalten von Dr. B verursachten - Tod des Patienten nicht mehr zur (neuerlichen) Operation zur Beseitigung dieser Situation gekommen ist, vermag am bereits vorher erfolgten Eintritt der an sich schweren Gesundheitsschädigung nichts zu ändern.“

Kurz ausgedrückt: Das Zurücklassen einer im Zuge einer Herzoperation an einem Gefäßtransplantat angebrachte Klemme stellt eine Substanzbeeinträchtigung an einem lebenswichtigen Organ iS einer an sich schweren Körperverletzung dar. Es ist nicht notwendig, dass die zurückgelassene Klemme zu Infektionen oder zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes verglichen mit dem Zustand vor der Operation führt; alleine im Umstand, dass nahe des Herzens ein Fremdkörper zurückgelassen wurde, der die Entfernung durch einen operativen Eingriff notwendig macht, ist die Köperverletzung zu erblicken. Dieser Ansicht des OGH ist zuzustimmen: Es kann nicht eingesehen werden, weshalb einerseits der Bruch eines Knochens von nicht geringer Bedeutung unabhängig davon, ob und wie lange damit Schmerzen verbunden sind und unabhängig davon, ob der Knochenbruch auch ohne ärztliche Versorgung wieder heilen kann, als an sich schwere Körperverletzung angesehen wird – andererseits das Zurücklassen einer Klemme nahe des Herzens keine Körperverletzung darstellen sollte.[18] Die Substanzbeeinträchtigung ist in beiden Fällen zumindest einander entsprechend und es nicht verständlich wäre, wenn zur Bejahung des Vorliegens einer Körperverletzung weder eine längere Dauer und schon gar nicht eine Irreversibilität der Beeinträchtigung, noch eine äußere Sichtbarkeit erforderlich ist, andererseits ein angebrachter und zurückgelassener Fremdkörper keine Körperverletzung sein sollte.[19]

2. Herbeiführen und Aufrechterhaltung von Schmerzen als Gesundheitsschädigung?

Als Schädigung an der Gesundheit iS des § 83 versteht man das Hervorrufen oder Verschlimmern einer Krankheit im medizinischen Sinn. Es kommen sowohl körperliche als auch seelische Leiden, nicht aber bloß vorübergehende und ganz unerhebliche Beeinträchtigungen des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens in Betracht.[20] Eine scharfe Abgrenzung gegenüber der Körperverletzung ist weder möglich, noch nötig, da beide Fälle des § 83 Abs 1 rechtlich gleichwertig sind. Das Herbeiführen von Schmerzen oder die Aufrechterhaltung von anhaltenden Schmerzen wurde in der bisherigen Rechtsprechung dann als Gesundheitsschädigung angesehen, wenn der Schmerzzustand von einiger - wenn auch nicht von besonders langer - Dauer ist und vom Betroffenen als Leiden empfunden wird.[21] In der älteren Rechtsprechung wurde bei anhaltenden Schmerzen noch relativ großzügig vom Vorliegen einer Gesundheitsschädigung ausgegangen, nunmehr dürfte sich eine eher restriktivere Auslegung anbahnen, zumal sich der OGH in jüngerer Zeit wie folgt äußerte:[22]

„Sind Schmerzen bloß Symptome einer Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung, dann kann das Vorhandensein von Schmerzen für sich allein keine Gesundheitsschädigung darstellen, sie sind vielmehr nur Indiz für das Vorliegen einer solchen. [...] Der Auffassung Kienapfels, dass auch die Aufrechterhaltung eines Schmerzzustandes eine Gesundheitsschädigung darstelle, kann daher zumindest in dieser allgemeinen Form, soweit nämlich dieser Schmerzzustand nicht mir einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes der betroffenen Person verbunden, somit bloß Symptom dieser Verschlechterung ist, nicht beigepflichtet werden. In einem solchen Fall sind die (intensiveren) Schmerzen in Wahrheit nur Symptom der Verschlechterung der Krankheit.“

Dieser Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, dass ein Arzt es unterlassen hatte, die Schmerzzustände seiner Patientin, die sie im Zuge eines ischämischen Insults im verlängerten Mark eine Tetraparese erlitt, über einen Zeitraum von zumindest etwa zwei Stunden zu lindern und durch eine sofortige Einweisung in ein Krankenhaus abzukürzen. Der Ansicht des OGH ist auch aus folgenden Gründen zu folgen:

- Sind Schmerzen Begleiterscheinung einer Gesundheitsschädigung oder einer Körperverletzung, kann in ihnen nicht eine weitere Gesundheitsschädigung erblickt werden. Sie werden vielmehr bereits von der ursprünglichen, die Schmerzen hervorrufenden Körperverletzung mitumfasst, weshalb Schmerzen in diesem Fall bloß eine Körperverletzung indizieren.
- Ist mit der Aufrechterhaltung von Schmerzen eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes verbunden, ist in eben dieser Verschlechterung die Gesundheitsschädigung zu erblicken – und nicht in der Aufrechterhaltung der Schmerzen.
- Sind Schmerzen allerdings keine Symptome einer Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung, sondern alleiniges Erscheinungsbild, ist deren Aufrechterhaltung allerdings sehr wohl als Gesundheitsschädigung anzusehen. Bei Schmerzpatienten stellt die Aufrechterhaltung der Schmerzen folglich eine Körperverletzung dar.[23]

Ist nun geklärt, welche Eingriffe eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung darstellen, stellt sich nun die Frage, ob auch eine ärztliche Heilbehandlung, die grundsätzlich darauf gerichtet ist, den Gesundheitszustand eines Menschen „wiederherzustellen“, auch unter diesen Begriff fallen kann. Zur Lösung dieser Frage ist zunächst auf die Diskussion, ob eine lege artis durchgeführte und medizinisch indizierte ärztliche Heilbehandlung überhaupt den Tatbestand der Körperverletzung erfüllt oder aber einen Rechtfertigungsgrund eigener Art darstellt, einzugehen:

B. Tatbestands- oder Rechtfertigungslösung

Das Delikt der Körperverletzung ist ein reines Erfolgs-Verursachungsdelikt.[24] Bei diesen Delikten wird die Tathandlung nicht speziell umschrieben, sondern es stellt bereits die objektiv sorgfaltswidrige Herbeiführung eines bestimmten Erfolges die Tathandlung dar. Es ist keine bestimmte Art und Weise „vorgeschrieben“, wie der Erfolg begründet werden muss, damit die Begehung strafbar ist. Da allerdings ein bestimmtes Verhalten ist nicht nur deswegen strafbar sein kann, weil es letztendlich zu einem verpönten Erfolg geführt hat, sondern deshalb, weil dieser Erfolgsherbeiführung eine Handlung zugrunde liegt, die geeignet war, diesen Erfolg überhaupt herbeizuführen, wird die diesen Erfolg herbeiführende Handlung in Folge dahingehend untersucht, ob sie einen Handlungsunwert in sich trägt.[25]

Bewegt sich eine Handlung, die eine Person setzt, außerhalb der von der Rechtsordnung erlaubten Gefährlichkeit - ist die Handlung also sozial inadäquat gefährlich - besteht beim Vorsatzdelikt dieser Handlungsunwert und damit die soziale Inadäquanz des zugrundeliegenden Handelns gerade darin, dass der Täter zumindest die Erfolgsherbeiführung ernstlich für möglich gehalten, sich auch damit abgefunden hat (dolus eventualis) aber dennoch gehandelt hat. Der Handlungsunwert besteht folglich darin, dass sich der Täter bewusst gegen ein geschütztes Rechtsgut entschieden hat und seine Handlung dementsprechend ausgerichtet hat.

Der Vorsatz des Arztes, der nach den Regeln der medizinischen Wissenschaft einen Eingriff zur Feststellung oder Erkennung einer Krankheit vornimmt, um in weiterer Folge deren Schmerzen lindern oder heilen zu können, ist darauf gerichtet, den Gesundheitszustand der betreffenden Person mittels eines lege artis durchgeführten Eingriffes zu „verbessern“ oder zumindest zu verhindern, dass sich der Gesundheitszustand verschlechtert. Der „Täter“ entscheidet sich in diesen Fällen nicht tatsächlich gegen ein Rechtsgut, sondern nimmt eine vorübergehende Beeinträchtigung der körperlichen Integrität in Kauf, um im Endeffekt insgesamt eine „Verbesserung“ zu erreichen. Die körperliche Integrität und Unversehrtheit, die in diesen Fällen als das geschützte Rechtsgut bezeichnet werden kann, soll im Ergebnis nicht verletzt, sondern in den meisten Fällen sogar erst wiederhergestellt werden. Ob die Behandlung im Ergebnis erfolgreich war, ist dabei ohne Bedeutung. Bei Behandlungen und Eingriffen, die einen „regelwidrigen Zustand“ des Körpers wiederherstellen sollen und die von einer dazu fähigen, weil diesbezüglich ausgebildeten Person durchgeführt werden, ist sohin ein Handlungsunwert nicht zu begründen. Auch ein sorgfältiger, mit rechtlichen Werten verbundener Arzt wäre auf diese Weise vorgegangen; von sozialer Inadäquanz kann nicht gesprochen werden. In diesem Sinne führt auch Engljähriger aus, dass die Körperverletzungskonstruktion grob die wahre Absicht ärztlichen Tätigwerdens missachte, da dieses nicht auf Verschlechterung, sondern auf Verbesserung des körperlichen Zustandes und auf Heilung ziele und schon deshalb nicht als Körperverletzung zu qualifizieren sei; der Ansatz sei „stigmatisierend, sie stelle den Arzt auf die Stufe mit dem Schläger, Gewalttäter und Messerstecher, um dann den Willen des Patienten als Retter des Arztes vor gerichtlicher Verfolgung funktionieren zu lassen“.[26]

Wie sieht es aber aus, wenn ein „Nichtarzt“ einen Eingriff vornimmt, der indiziert ist (also eine „Verbesserung“ des Gesundheitszustandes bewirken kann oder zumindest einer Verschlechterung entgegenwirkt) und diesen sogar (zufälligerweise) den medizinischen Kunstregeln entsprechend ausführt? Stellt diese eine Körperverletzung dar? Dabei ist zu differenzieren: Nimmt eine dem Arzt „gleichgestellte“ Person (§ 88 Abs. 2 Z 3) eine Heilbehandlung vor, die sie nach den einschlägigen Normen auch vornehmen darf (GuKG, ÄrztG,...), ist gemäß obiger Ausführungen kein Handlungsunwert zu begründen. Die für den Arzt angestrengten Überlegungen treffen auch hier zu. Überschreitet die Person allerdings ihre Kompetenzen oder führt überhaupt eine Person eine Heilbehandlung aus, die weder Arzt noch ihm in gewissen Belangen gleichgestellt ist, so ist der Handlungsunwert in diesen Fällen darin zu erblicken, dass der Behandelnde einen Eingriff vornimmt, obwohl er objektiv betrachtet nicht die dazu nötige Ausbildung besitzt. Der „Täter“ möchte zwar im Ergebnis heilen oder Schmerzen lindern, doch unternimmt er einen Eingriff, ohne die dazu nötige Ausbildung und die dabei vermittelten Kenntnisse zu haben. Zieht man auch an dieser Stelle die mit rechtlichen Werten verbundene differenzierte Maßfigur zu Rate, zeigt sich, dass diese einen solchen Eingriff nicht durchführen würde, weil sie die dafür erforderlichen Qualifikationen, die zur ordnungsgemäßen Ausführung nötig sind, nicht aufweist und die Gefahren und Risiken, die damit verbunden sind, abzuschätzen weiß.[27]

Wieder anders hingegen ist es, wenn ein Arzt einen indizierten Eingriff vornimmt, diesen aber nicht lege artis durchführt. Wählt er eine Behandlungsmethode, die mit den Regeln der medizinischen Wissenschaft nicht vereinbar ist, wird ähnlich wie beim vorigen Beispiel der Handlungsunwert darin liegen, dass er die Methode gewählt hat, obwohl er (aufgrund seiner Ausbildung) weiß bzw. wissen hätte müssen, dass die Methode nicht den Kunstregeln entspricht.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine ärztliche, indizierte Behandlung, sofern sie lege artis durchgeführt wurde, nicht den Tatbestand der Körperverletzung erfüllt. Die Gegenposition, die die lege artis durchgeführte und medizinisch indizierte Heilbehandlung bloß als Rechtfertigungsgrund ansieht, geht vor allem vom Regel-Ausnahme-Prinzip aus. Da gemäß dieser Meinung ein ärztlicher Eingriff grundsätzlich eine Körperverletzung darstellt, diese aber unter den oben genannten Voraussetzungen nicht strafbar sein kann, meinen die Vertreter dieser Ansicht, dass es dem Regel-Ausnahme-Prinzip am ehesten entspricht, den Eingriff bloß als Rechtfertigungsgrund anzusehen.[28] Rechtliche Auswirkungen bringt diese Differenzierung nicht mit sich, da die Tatbestandsmäßigkeit eines Verhaltens keine eigene Wertungsstufe darstellt.[29]

C. Begriff der „Heilbehandlung“

Unter dem Begriff der Heilbehandlung sind all jene Behandlungen zu verstehen, die nach oben Gesagtem keine Körperverletzung darstellen. Heilbehandlungen sind folglich alle ärztlichen Eingriffe und Behandlungen, die aufgrund einer medizinischen Indikation von einem Arzt vorgenommen werden, um Krankheiten, Leiden, Körperschäden, körperliche Beschwerden oder seelische Störungen zu verhüten, zu erkennen, zu heilen oder zu lindern.[30] Aber auch jene medizinischen Eingriffe, die medizinisches Hilfspersonal entsprechend der ihr durch Verwaltungsgesetze eingeräumten Kompetenzen durchführen und die nach obigen Ausführungen indiziert sind und eine Heilung, Linderung oder Vorbeugung dienen sollen, müssen vom Begriff der Heilbehandlung umfasst sein. Ansonsten würde das Verabreichen einer Injektion durch den Arzt keine tatbestandsmäßige Heilbehandlung darstellen, sehr wohl die gleiche Handlung vorgenommen von einer diplomierten Krankenschwester. Der OGH hat jüngst die Voraussetzungen, die vorliegen müssen, um von einer Heilbehandlung sprechen zu können, wie folgt zusammengefasst: Heileingriffe verwirklichen nach herrschender Lehre kein tatbestandsmäßiges Unrecht im Sinne der Körperverletzungsdelikte und schließen daher den Tatbestand der Körperverletzung aus. Vorausgesetzt wird freilich, dass die Heilbehandlung durch einen Arzt oder eine ihm gleichgestellte Medizinalperson (§ 88 Abs. 2 Z 3 StGB) vorgenommen wird, dass sie medizinisch indiziert ist und de lege artis, das heißt sachgerecht und sorgfaltsgemäß durchgeführt wird, wobei diese Bedingungen kumulativ vorliegen müssen.[31]

Zur Abgrenzung zu sonstigen ärztlichen Eingriffen bietet sich die Einteilung in drei Fallgruppen an:[32]

(1) ärztliche Eingriffe mit herkömmlichen und bewährten Methoden und Mitteln zum Zwecke der Heilung des Patienten:

Solche Eingriffe stellen nach den obigen Ausführungen jedenfalls Heilbehandlung dar. Problematisch ist allerdings oft die Einordnung von Eingriffen, die nicht ausschließlich der Heilung dienen sollen – so beispielsweise kosmetischen Operationen. Sofern solche helfen sollen, psychische Belastungen mit Krankheitswert zu lindern, sind sie jedenfalls noch als Heilbehandlung zu qualifizieren. Dienen sie lediglich der „Verschönerung“ des Patienten ohne medizinischer Indikation, kann gewiss von keiner Heilbehandlung gesprochen werden. Die Grenze ist hier jedoch mit Sicherheit fließend und wird vom Gericht im Einzelfall auf Basis eines Sachverständigengutachtens zu entscheiden sein.[33]

Die chirurgische Beseitigung von Missbildungen (Klumpfuß, Schielauge) oder später erlittenen Verunstaltungen (z.B. verunstaltende Narben) sind jedenfalls als Heilbehandlung anzusehen, da auch sie einen „regelwidrigen Zustand“ beseitigen sollen.[34]

„Heilhilfe“ (Eingriffe, mit denen einem lebenden Menschen Blut oder ein Organ entnommen wird, um es – unmittelbar oder über eine Blut- bzw. Organbank – auf einen anderen Menschen zu übertragen, wie beispielsweise die Organtransplantation)[35] stellt demgegenüber unstrittig keine Heilbehandlung dar, da sie auf Seiten des Spenders nicht als indiziert anzusehen ist (sie soll den Gesundheitszustand des Spenders weder verbessern noch einer Verschlechterung entgegenwirken).[36]

(2) forschende Behandlungen (therapeutische Versuche):

Hierbei handelt es sich um „Heilversuche“, die dadurch charakterisiert sind, dass sie Elemente der Heilbehandlung und des Experiments verbinden. Sie sollen zur Heilung, Linderung, Erkennung oder Verhütung einer Krankheit dienen, wobei allerdings die anzuwendende Behandlungsmethode noch nicht so weit erprobt ist, dass man ihre genauen Auswirkungen und Folgen wie bei Standardbehandlungen überblicken kann.[37]

In der Lehre hat sich vor Inkrafttreten des AMG bereits die Meinung durchgesetzt, dass therapeutische Versuche unter den Begriff der Heilbehandlung fallen, falls die neue Behandlungsmethode generell bessere und im konkreten Fall zumindest keine schlechteren Ergebnisse erwarten lässt als die übliche Standardbehandlung.[38] Wie die neuartige Behandlungsmethode erprobt wurde, wurde für im Endeffekt als irrelevant angesehen; der behandelnde Arzt musste jedenfalls auf Erfahrungswerte zurückgreifen können, aufgrund derer er sowohl die Wirkung als auch die Risken der neuen Behandlungsmethode abzuschätzen vermochte und aufgrund derer er die Anwendung befürworten konnte.

Für den Bereich der Arzneimittelprüfung wurden im AMG explizite Regelungen für die klinische Prüfung aufgestellt.[39] Hiernach darf an Patienten (im Gegensatz zu gesunden Versuchspersonen) eine klinische Prüfung eines Arzneimittels (= die systematische Untersuchung an einer Versuchsperson) nur erfolgen, wenn damit eine bestimmte, im Gesetz angeführte Zielsetzung verfolgt wird und die Risken für den Patienten – gemessen an der zu erwartenden Bedeutung des Ergebnisses – medizinisch vertretbar sind und von dem von der Anwendung des Arzneimittels zu erwartenden Vorteil für die Gesundheit des Probanden überwogen werden. Da die Risken der Erprobung an den für den Gesundheitszustand des Patienten zu erwartenden Vorteilen zu messen sind, ist davon auszugehen, dass beispielsweise an einem Krebspatienten eine neue Chemotherapie erprobt werden darf, nicht jedoch an einem unter Kopfschmerz leidenden. Dies, als dessen Leiden nicht durch das zu erprobende Arzneimittel gemindert werden können.[40] Überdies müssen für die Zulässigkeit der klinischen Prüfung von Arzneimitteln ua aussagefähige Ergebnisse nichtklinischer Prüfungen[41] vorliegen sowie Ergebnisse von klinischen Prüfungen an gesunden Probanden, soferne solch eine Prüfung zulässigerweise durchgeführt werden durfte.[42] Selbstverständlich muss die Anwendung des Arzneimittels anzeigt sein, um bei dem Patienten die Krankheit oder ihren Verlauf zu erkennen, sie zu heilen oder zu lindern oder ihn vor weiteren Krankheiten zu schützen.[43]

Aufgrund der für den Bereich der klinischen Prüfung von Arzneimitteln getroffenen expliziten Regelungen ist die Ansicht der Lehre, dass es irrelevant ist, wie die Erprobung des Mittels erfolgt ist, in dieser umfassenden Art und Weise nicht aufrecht zu halten.[44] Verstößt ein Arzt gegen die Bestimmungen des AMG über die klinische Prüfung, ist ihm jedenfalls ein Verstoß gegen eine Rechtsnorm anzulasten, deren Zweck (auch) der Schutz der Gesundheit und körperlichen Unversehrtheit des Patienten ist. Der Arzt, der entgegen diesen ausdrücklichen Vorschriften ein Arzneimittel „testet“ – wiewohl er auch damit die Schmerzen seines Patienten zu lindern oder zu heilen bzw. vorzubeugen versucht – handelt objektiv sorgfaltswidrig. Vom Vorliegen einer Heilbehandlung kann bei Übertretung der Vorschriften des AMG folglich nicht mehr gesprochen werden, sodass der Arzt grundsätzlich wegen Begehung einer Körperverletzung zu bestrafen ist. Selbstverständlich kann er im Einzelfall durch Einwilligung des Patienten – sofern diese nicht sittenwidrig ist – gerechtfertigt oder uU auch entschuldigt sein.[45]

Durch die strikten Regelungen des AMG, die für die Prüfung eine umfassende Testung an gesunden Versuchspersonen - soferne diese nach den Vorschriften des AMG erlaubt ist - und Ergebnisse nichtklinischer Prüfung verlangen, wird sich auch für Heilversuche außerhalb der Erprobung von Arzneimitteln das Prinzip ableiten lassen, dass die neue Methode zuvor durch umfangreiche Versuche erprobt worden sein muss. Sofern solche Versuche rein praktisch nicht möglich sind – wie dies ev. bei neuen Operationstechniken der Fall sein kann – ist die Art und Weise der Erprobung weiterhin irrelevant; jedenfalls muss der Arzt die Risken und zu erwartenden Ergebnisse aufgrund von Erfahrungswerten abzuschätzen wissen, damit vom Vorliegen einer Heilbehandlung gesprochen werden kann.[46]

Als Beispiel eines therapeutischen Versuches außerhalb des Anwendungsbereiches des AMG sei die Entscheidung Karp vs. Cooly angeführt:[47]

Die Witwe eines verstorbenen Patienten klagte einen bekannten Herzchirurgen. Der Beklagte versucht mit der schriftlichen Zustimmung des Todkranken diesen auf eine neuartige Weise zu retten. Als eine Keilresektion des Herzens missglückte, entfernte der Arzt Cooly das Herz und ersetzte es durch einen Pumpmechanismus. Drei Tage später wurde das künstliche Herz gegen ein Transplantat umgewechselt; einen Tag nach der Implantation starb der Patient. Die Klage wurde abgewiesen. Der US Court of Appeals sprach aus, dass es keine Fahrlässigkeit sei, wenn angesichts des schwer kranken Zustandes des Patienten das Risiko eines letalen Ausgangs von 30 Prozent eingegangen worden sei. Auch war der Patient, jedenfalls mündlich, über das Vorgehen und die Möglichkeit der Verwendung eines künstlichen Herzens aufgeklärt worden und hatte seine Zustimmung erklärt.

Auch nach der österreichischen Rechtslage wird die vom Arzt vorgenommene Operation als Heilbehandlung anzusehen sein, sofern keine herkömmlichen Behandlungs- bzw. Operationsmethoden mit Erfolgsaussichten zur Verfügung standen und der Arzt auf Erfahrungswerte zurückgreifen konnte, aufgrund derer es sowohl die Wirkung als auch die Risken der Operationsmethode abzuschätzen vermochte. Beides war bei obigen Sachverhalt der Fall.

Eine Sonderform des Heilversuches sind die sogenannten „randomisierten Studien“:

Dabei sollen die vergleichsweisen Vor- und Nachteile zweier Behandlungsformen dadurch erforscht werden, dass die Zuweisung von Patienten zur einen oder anderen Therapie nach Zufallsgesichtspunkten erfolgt und deren unterschiedlicher Krankheits- bzw Genesungsverlauf beobachtet wird. So gibt es neben einer Testgruppe auch eine Kontrollgruppe, welche entweder die Standardbehandlung oder bei leichten Erkrankungen oder Zuständen ein Scheinpräparat erhält. Grundsätzlich können beide Eingriffe bzw. Behandlungsmethoden nur dann als therapeutische Versuche und damit als Heilbehandlung angesehen werden, wenn aufgrund bereits vorliegender Erfahrungswerte (beispielsweise durch Tierversuche) bei beiden Methoden annähernd gleiche Erfolge und Belastungen zu erwarten und beide Eingriffe bzw. Behandlungsmethoden als indiziert anzusehen sind.[48] Werden einer Testgruppe Scheinpräparate (Placebos) verabreicht, ist die Beurteilung, ob die Behandlung der anderen Gruppe als Heilbehandlung angesehen werden kann, diffiziler. Hier kann vom Vorliegen einer Heilbehandlung nur dann ausgegangen werden, wenn das zu erprobende Arzneimittel lediglich leichten Erkrankungen entgegenwirken soll und insofern lediglich eine geringe Wirkung als auch geringe Nebenwirkungen und sonstige Risken erwarten lässt.[49]

Sind diese Versuche nach obigen Darlegungen nicht als Heilbehandlung zu werten, muss zu ihrer Rechtfertigung hinsichtlich eines Körperverletzungsdeliktes die Einwilligung des Patienten eingeholt werden, wobei sich ungelöste Spannungsverhältnisse zeigen: Auf der einen Seite steht das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen, auf der anderen das Forschungsinteresse. Hiezu kommt, dass gerade bei randomisierten Studien sog. „Doppelblindversuche“ durchgeführt werden, bei dem weder Arzt noch Patient wissen dürfen, wer nach welcher Methode behandelt wird. Nichtsdestotrotz hat hier der Arzt den Patienten bzw. die Versuchsperson jedenfalls über Wesen, Bedeutung, Tragweite und Risken beider Behandlungsmethoden aufzuklären, ebenso wie über den Umstand, dass nicht klar ist, welcher Testgruppe der Patient angehören wird.[50] Sofern Placebos zur Anwendung kommen, wird ausreichend sein, dass der Versuchsperson mitgeteilt wird, dass unter Umständen einer Testgruppe lediglich Scheinpräparate verabreicht werden. Unzureichend wäre jedenfalls, würde die Aufklärung über die Verabreichung von Placebos unterbleiben. Es kann nämlich nicht geschlossen werden, dass der Patienten durch die Einwilligung in die Behandlung mit einer neuartigen Methode auch der Anwendung von Scheinpräparaten zustimmt. Der Patient, der an einer Krankheit leidet, und Risken einer neuen Behandlungsmethode aufgrund der eventuellen möglichen Schmerzlinderung aufgeschlossen gegenüber steht, ist naturgemäß mit der Verabreichung von Scheinpräparaten nicht unbedingt einverstanden.

(3) wissenschaftlich/experimentelle Versuche

Werden Versuche ausschließlich zu Forschungszwecken vorgenommen, sind diese unbestritten nicht als Heilbehandlung anzusehen und bedürfen zu ihrer Straflosigkeit wegen eines Körperverletzungsdeliktes der vorherigen rechtswirksamen Zustimmung durch den Betroffenen.[51] Ein typischer Fall rein wissenschaftlicher Versuche ist vom OGH 1985 entschieden worden:[52]

In einem Wiener Kinderspital wurde an Säuglingen mit einer Duodenalperfusion und radioaktiver Markierung des Calciums die Calcium-Resorption untersucht. Die Kleinkinder wurden hinzu mehr als zwei Stunden in Seitenlage fixiert und ihnen eine dreiläufige Sonde durch die Nase gelegt und langsam in den Magen und in den Zwölffingerdarm vorgeschoben. Die Untersuchung sollte der Habilitation eines Arztes dienen. Ihr Zweck bestand darin, die Resorptionsvorgänge von Calcium bei gesunden Kindern durch direkte Messungen zu erfassen, die Wirksamkeit einer entsprechenden Vitamin-D-Therapie zu untersuchen und auf diese Weise Möglichkeiten einer wirksamen Rachitisprophylaxe zu erforschen. Im zugrundeliegenden Strafverfahren brachten die Eltern der betroffenen Kinder einen Antrag auf Einleitung der Voruntersuchung ein, der von der Ratskammer abgewiesen wurde. Eine allenfalls anzulastende Strafbarkeit wegen Körperverletzung und damit auch die Gefährdung der körperlichen Sicherheit sei infolge Verjährung erloschen; es seien keine körperlichen oder seelischen Qualen zugefügt worden und die Säuglinge können nach § 99 nicht Deliktsobjekt sein; ebenso sei der Tatbestand des § 108 nicht erfüllt. Aufgrund einer von der Generalprokuratur erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wurde vom OGH festgehalten, dass „die Verwirklichung des Tatbestandes der Täuschung durch Dr. Friedrich A keineswegs von vornherein verneint werden könne“. Eine Strafbarkeit nach § 110 wurde mangels Vorliegen einer Heilbehandlung abgelehnt.[53]

Nach den zuvor dargelegten Überlegungen kann tatsächlich von keiner Heilbehandlung ausgegangen werden. Das Legen der Sonde verwirklicht den Tatbestand der Körperverletzung, da jedenfalls von einem Eingriff in die körperliche Integrität zu sprechen ist. Ob damit Schmerzen verbunden sind, ist nach der Rechtssprechung für die Beantwortung der Frage des Vorliegens einer Körperverletzung irrelevant.[54] In wieweit in solche Eingriffe überhaupt rechtswirksam eingewilligt werden kann, wird in Kapitel VI. C. näher erläutert.

[...]


[1] Auf großes mediales Interesse stießen beispielsweise der „Linzer-Baby-Fall“ (zur Sachverhaltsangabe siehe Seite 95) als auch jüngst der „Freistädter Spitalskandal“, der die Patientenschaft sensibilisierte.

[2] In Österreich geben Holzer/Posch/Schick, Arzt- und Arzneimittelhaftung, einen empfehlenswerten Überblick sowohl über das zivil-, als auch über das straf- und verwaltungsrechtliche Arztrecht. Eine umfassende Darstellung dieser Bereiche für die Ärzteschaft findet sich auch in Stellamor/Steiner, Handbuch, Band I. Beiträge zum strafrechtlichen Arzthaftungsrecht in Brandstetter/Zahrl, RdM 1994, 17; Zipf, StPdG VI 4; Loebenstein, ÖJZ 1978, 309; Brandstetter, ecolex 1993, 67; Schick, StPdG 10; als auch Leukauf/Steiniger, StGB³ §§ 80 Rz 9, 90 Rz 19 und 110; Kienapfel, BT I4 § 80 Rz 38, 78f, § 90 Rz 29ff und § 110; Burgstaller, WK2 §§ 80 Rz 52ff, 90 Rz 85ff; und Bertel, WK² § 110. Für das deutsche Strafrecht umfassend und überzeugend Ulsenheimer, Arztstrafrecht.

[3] Während der OGH grundsätzlich annimmt, daß § 1298 ABGB zu keiner Beweislastumkehr bezüglich Nachweises des Kausalitätszusammenhanges führt (JBl 1993, 316), bezieht er für den Fall des ärztlichen Behandlungsfehlers eine abweichende Position (SZ 63/90; JBl 1992, 522) – vgl auch Koziol/Welser, Bd I12, 301.

[4] Der Anscheinsbeweis besteht darin, dass sich die unmittelbar relevanten Umstände nicht beweisen lassen, wohl aber mittelbar relevante Fakten, die mit denen nicht beweisbaren, unmittelbar relevanten Umständen in einem allgemeinen Erfahrungszusammenhang stehen (Stellamor/Steiner, Handbuch, Band I, Arzt und Recht, 94); zum prima-facie-Beweis auch Bydlinski, Haftung für Dienstleistungsberufe, JBl 1992, 341; Juen, Arzthaftungsrecht, 118 mwN.

[5] Unter Heranziehung der Entscheidungen OGH 23.2.1999, 4 Ob 335/98p und OGH 12 .(richtig: 11.) 3.1999, 6 Ob 126/98t zur zivilrechtlichen Haftung des Arztes wegen mangelhafter Aufklärung Stärker, ASoK 1999, 180.

[6] Zur Beweislastproblematik im Arzthaftungsprozess ausführlich Juen, Arzthaftungsrecht, 104ff mwN; Hofmann, RZ 1998, 80; und Dullinger, JBl 1998, 2; letztere zeigt mit überzeugenden Argumenten auf, dass die Beweislastverteilung im Arzthaftungsprozess den geltenden Grundsätzen des Schadenersatzrechts widerspricht. In der jüngsten Entscheidung zur Beweislast vom 11.3.1999, 6 Ob 126/98t hat der OGH ausgesprochen, dass die Beweislast für den Einwand des „rechtmäßigen Alternativverhaltens“ der Schädiger trägt und sich eingehend mit den Ausführungen Dullingers auseinandersetzt und diesen nicht folgt („...Die Beweislast eines non liquet verbleibt nach wie vor beim Arzt, auf dessen Aufklärungspflichtverstoß die Ungewissheit über den wahrscheinlichen Verlauf, dh die real nicht mehr reproduzierbare Willensbildung des Patienten ja schließlich zurückzuführen ist.“).

[7] Zur Haftung des Sachverständigen allgemein Koziol/Welser, Bd II12, 330; zur Sachverständigenhaftung des Arztes vgl OGH 18.3.1981, 1 Ob 743/80, JBl 1982, 491 und zuletzt OGH 19.12.2001, 3 0b 237/00z, RdM 2002/20.

[8] Barta, Zivilrecht, 367.

[9] Zur Übernahms- bzw. Einlassungsfahrlässigkeit näher in Kapitel V F.

[10] Zur genaueren Erörterung dieses Deliktes siehe Kapitel VI A.

[11] Eser in Schönke/Schröder, StGB25 § 223 Rz 29ff mit Darstellung des vielschichigen Meinungsstands in Deutschland.

[12] Schmoller in Triffterer, StGB-Kommentar, 5. Lfg, § 110 Rz 6.

[13] Zum Begriff der Heilbehandlung Kapitel IV C.

[14] Ausführlich und umfassend zum deutschen Arztstrafrecht Ulsenheimer, Arztstrafrecht.

[15] Lewisch, BT I², 24 mit Verweis auf die Definition der erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage 212.

[16] Gegen diese überaus restikte Judikaturlinie Lewisch, BT I², 25 mit weiteren Nachweisen aus der Lehre. Zu genaueren Judikaturnachweisen: Leukauf/Steininger, StGB³ § 83 Rz 6; Burgstaller, WK2 § 83 Rz 7; Kienapfel, BT I4, § 83 Rz 277; Bertel/Schwaighofer, BT I6, § 83 Rz 1.

[17] OGH 22.4.1998, 13 Os 36/98, EvBl 1998/161.

[18] Zum Begriff der an sich schweren Körperverletzung Leukauf/Steininger, StGB3 § 84 Rz 7 mwN.

[19] In diesem Sinne Leukauf/Steininger, StGB³ § 83 Rz 6; Burgstaller, WK2 § 83 Rz 7; Kienapfel, BT I4, § 83 Rz 277.

[20] Zum Begriff der Gesundheitsschädigung übereinstimmend Leukauf/Steininger, StGB³ § 83 Rz 9; Burgstaller, WK2 § 83 Rz 12; Kienapfel, BT I4, § 83 Rz 282; Bertel/Schwaighofer, BT I6, § 83 Rz 3.

[21] OGH 17.6.1982, 13 Os 18/82, SSt 53/35.

[22] Erstmals restriktiv und dem Zitat zu Grunde liegend: OGH vom 28.2.1995, 14 Os 193/94, RdM 1995, 20. Zur älteren Rechtsprechung: OGH 6.6.1989, 11 Os 44/89, SSt 60/35; OGH 17.6.1982, 13 Os 18/82, SSt 53/35.

[23] Unzutreffend ist daher die Ausführung Kienapfels in BT I4, § 83 Rz 18 , dass das Fortbestehen bzw die Aufrechterhaltung von Schmerzen anlässlich einer Körperverletzung, eines Unfalls, einer Erkrankung etc grundsätzlich nur dann gesondert als Gesundheitsschädigung gewertet werden können, wenn damit auch eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes verbunden ist. Eben dieses wollte der OGH nicht ausdrücken: Sind Schmerzen bloß Symptome einer Körperverletzung oder einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes einer Person, können die Schmerzen nicht gesondert als Gesundheitsschädigung angesehen werden.

[24] Fuchs, AT I5, 62f.

[25] Zum Handlungsunwert allgemein Fuchs, AT I5, 54f.

[26] Engljähringer, Ärztliche Aufklärungspflicht vor medizinischen Eingriffen, 71. In diesem Sinne auch Kienapfel, BT I4, § 83 Rz 26, der ebenfalls bei wertender Betrachtung das Fehlen an einem gegen das Rechtsgut gerichteten Angiffes annimmt und auch Lewisch, BT I², 26.

[27] So wohl auch Kienapfel, BT I4, § 83 Rz 29, der ebenfalls davon ausgeht, dass im Falle der Vornahme eines Eingriffes in Ausübung der Heilkunde durch einen Nichtarzt, dieser dazu der rechtfertigenden Einwilligung des § 90 bedarf; diesbezüglich ist selbstverständlich auch eine Rechtfertigung möglich und ist eine Sittenwidrigkeit – die eine Rechtfertigung nach § 90 ausschließen würde (vgl Kapitel VI.C.) – nicht schon dadurch begründet, dass der Betreffende uU tatbildmäßig iSd § 184 handelt.

[28] So Fuchs, AT I5, 125f; Loebenstein, ÖJZ 1978, 309; wohl auch Brandstetter, ecolex 1993, 671.

[29] Der Tatbestand eines Deliktes ist keine eigene Wertungsstufe (zweistufiger Deliktsaufbau in Unrecht bestehend aus Tatbstand und Rechtfertigungsgründen einerseits und Schuld andererseits – vgl Fuchs, AT I5, 114). Zusammenfassend beschäftigten sich jüngst auch die Anwälte Pitzl E. und Huber G. mit der Thematik der Tatbestandsmäßigkeit der ärztlichen Heilbehandlung, wobei sie sich unter Zugrundelegung der vorhandenen Literatur ohne nähere Begründung der Ansicht anschlossen, dass der Tatbestandslösung der Vorzug zu geben ist (Pitzl E./Huber G., Ärztliche Heilbehandlung und Körperverletzungskonstruktion, RdM 4/2000, 105).

[30] Ausdrücklich in diesem Sinne Brandstetter/Zahrl, RdM 1994, 17; Kienapfel, BT I4, § 83 Rn 25; Burgstaller, WK1 § 90 Rz 88; Zipf, StPdG VI 4; übereinstimmend auch Loebenstein, ÖJZ 1978, 309, der grundsätzlich davon ausgeht, dass die ärztliche Behandlung, sofern sie auf den Zweck der Heilung, Feststellung oder Verminderung von körperlichen oder seelischen Leiden abzielt, einen Rechtfertigungsgrund eigener Art darstellt; Leukauf/Steininger, StGB3 § 90 Rz 90; und Brandstetter, ecolex 1993, 671.

[31] OGH 6.12.2001, 12 Os 63/01 (12 Os 64/01) – wobei der OGH in diese Entscheidung nicht explizit verlangt, dass die dem Arzt gleichgestellten Personen innerhalb ihrer durch das Gesetz eingeräumten Ermächtigungen tätig werden.

[32] Einteilung übernommen von Loebenstein, ÖJZ 1978, 309.

[33] Insoweit einhellig Burgstaller, WK1 § 90 Rz 98; Leukauf/Steininger, StGB3 § 90 Rz. 19; Kienapfel, BT I4, § 90 Rz 32f; Loebenstein, ÖJZ 1978, 309.

[34] So auch Burgstaller, WK1 § 90 Rz 97 mwN.

[35] Definition übernommen von Burgstaller, WK1 § 90 Rz 119.

[36] Völlig übereinstimmend die Lehre: Burgstaller, WK1 § 90 Rz 119 und anstatt vieler Kopetzki, Organgewinnung, 251ff.

[37] Burgstaller, WK1 § 90 Rz 104.

[38] Ausführlich Loebenstein, ÖJZ 1978, 309 und in diesem Sinne auch Burgstaller, WK1 § 90 Rz 104.

[39] §§ 28 ff AMG – III. Abschnitt, Klinische Prüfung.

[40] So auch Deutsch, RdM 2001, 106, der in seiner Arbeit die Frage untersucht, welche Befugnisse die Ethikkommissionen hinsichtlich der Forschung am nichteinwilligungsfähigen Patienten haben und dabei vom deutschen Recht ausgeht, das er mit verschiedensten internationalen Kodizes vergleicht.

[41] Eine nichtklinische Prüfung ist gem § 2 Abs. 12 AMG die pharmakologische oder toxikologische Prüfung eines Arzneimittels, die nicht am Menschen durchgeführt wird.

[42] An gesunden Probanden darf eine klinische Prüfung nur erfolgen, wenn die nicht auszuschließende Gefahr einer Beeinträchtigung nicht erheblich ist (§ 29 Abs 2 Zif 1 AMG).

[43] An der gesunden Versuchsperson darf die klinische Prüfung nur erfolgen, wenn die mit der Prüfung verbundenen und nicht auszuschließenden Gefahren nicht erheblich sind (§ 29 Abs 2 Zif. 1 AMG).

[44] Loebenstein gibt in ÖJZ 1978, 309 im Gegensatz zu Burgstaller, WK1 § 90 Rz 104 an, dass die neue Methode wenigstens ausreichend durch Tier- oder Laborversuche erprobt worden sein und medizinisch indiziert sein muss, um als Heilbehandlung angesehen werden zu können.

[45] Zur Sittenwidrigkeit der Einwilligung siehe Kapitel VI C.

[46] Loebenstein, ÖJZ 1978, 309 wird bei seiner vor Inkraftreten des AMG statuierten Meinung, dass die neue Methode wenigstens ausreichend durch Tier- oder Laborversuche erprobt worden sein und medizinisch indiziert sein muss, um als Heilbehandlung angesehen werden zu können, hauptsächlich die Testung und Erprobung von Arzneimitteln vor Augen gehabt haben. Durch die Regelungen des AMG ist dieser Ansicht insofern mE derogiert worden.

[47] Karp vs. Cooly 493 F2 d 408 (US Court of Appeals 1974).

[48] IdS Burgstaller, WK1 § 90 Rz 107, der bei seinen Ausführungen die Verabreichung von Placebos an eine Testgruppe nicht berücksichtigt hat.

[49] So hat auch jüngst Deutsch, RdM 2001, 106 aufgrund der 50% Chance, zur Testgruppe zu kommen, vom Vorliegen eines therapeutischen Versuches gesprochen, sofern mit dem zu testenden Medikamenten lediglich geringe Erkrankungen entgegengewirkt werden soll und dessen Verabreichung indiziert ist.

[50] Für den Bereich der klinischen Prüfung von Arzneimitteln bestimmt § 38 AMG, dass jedenfalls der Arzt über Wesen, Bedeutung, Tragweite und Risken der klinischen Prüfung aufgeklärt zu werden hat.

[51] Auch Burgstaller geht in WK1 § 90 Rz 108 davon aus, dass ein rein experimenteller Versuch dann vorliegt, wenn er ausschließlich zu Forschungszwecken vorgenommen wird. Loebenstein spricht dagegen schon dann von einem experimentellen Versuch, wenn der wissenschaftliche Zweck den Heilzweck überwiegt – ÖJZ 1978, 309.

[52] OGH vom 11.9.1984, 9 Os 121/84, JBl 1985, 301 (= ÖJZ-LSK 1984/193)

[53] Der OGH hat sich durch die Nichtanwendung des § 110 mangels Vorliegen einer Heilbehandlung von der herrschenden Lehre abgesetzt und wurde diesbezüglich auch kritisiert – näheres hiezu in Kapitel VI A.

[54] OGH 27.2.1980, 11 Os 27/80; zum Begriff der Köperverletzung näheres in Kapitel IV A.

Ende der Leseprobe aus 149 Seiten

Details

Titel
Strafrechtliche Verantwortlichkeit von Ärzten und medizinischem Hilfspersonal
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Strafrecht und Kriminologie)
Note
Befriedigend
Autor
Jahr
2003
Seiten
149
Katalognummer
V118865
ISBN (eBook)
9783640236138
ISBN (Buch)
9783640238200
Dateigröße
997 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Strafrechtliche, Verantwortlichkeit, Hilfspersonal
Arbeit zitieren
Dr. Martina Haag (Autor:in), 2003, Strafrechtliche Verantwortlichkeit von Ärzten und medizinischem Hilfspersonal, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118865

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