Psychodrama - ein Rollenwechsel

Persönliche Reflexion - Ein „Drama“ in vier Akten


Seminararbeit, 2007

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Akte:

I. Einleitung

II. Vorgeschichte des Protagonisten
Eine Erscheinung
Eine neuerliche Erscheinung
Zwei Science Fiction Filme

III. Versuch einer (psychoanalytisch gefärbten) Deutung

IV. Psychodramatischer Rollenwechsel / Dialog

V. Quellen

VI. Abbildungsverzeichnis

I am God, you are God, we all are God[1].“
~ Jacob Levy Moreno[2]

I. Einleitung

Gerne nehme ich im Rahmen dieser Arbeit von der Möglichkeit Gebrauch, über jenen Teilbereich bzw. jene Methode aus dem Psychodrama zu reflektieren, welche mich besonders beeindruckt hat.

Es war dies der Rollenwechsel in Form eines Dialoges mit einem leeren Stuhl, auf dem Gott sitzt.

Klingt verrückt?

Als die Anweisung zu dieser Methode in einem Seminar erfolgte, habe ich mir dasselbe gedacht. Nach der Durchführung bzw. auch jetzt, in der geordneten Reflektion, hat dieser „Wahnsinn“ Methode und was noch wichtiger ist: für mich ein nachhaltiges therapeutisches Moment.

Wie dieses aussieht, fragen Sie?

Schön, dass Sie fragen – auf den folgenden Seiten erzähle ich Ihnen gerne mehr zur Vorgeschichte und zur Handlung selbst.

II. Vorgeschichte des Protagonisten

Eine Erscheinung

Es ist Morgen. Ich bin gerade vom Singen der Vögel erwacht, öffne die Augen und blicke im sonnendurchfluteten Zimmer auf die Eingangstüre zu meinem Zimmer, die sich gegenüber meinem Bett befindet. Zu meinem großen Entsetzen steht dort eine Person, die in weiße Gewänder gehüllt ist. Ich versuche zu schreien, bin jedoch starr vor Angst und bringe keinen Laut hervor. Im Zimmer ist es nun gänzlich still und ich sehe wie die Erscheinung am Fußende meines Bettes beginnt, mit beiden Händen mir nicht verständliche Zeichen in der Luft zu formen. Ich kann die Zeichen anfangs nicht verstehen, erst als die Bewegungen der Hände langsamer werden, erkenne ich das christliche Segenszeichen. Immer noch der Möglichkeit beraubt, mich zu bewegen, wage ich es, die Augen zu heben und den Blick auf das Gesicht der Erscheinung zu richten: Es ist mein Bruder, der die Haar- und Barttracht wie Jesus Christus trägt. Als ich meinen Bruder erkenne, will ich zu ihm sprechen, kann aber kein Wort hervorbringen – zur selben Zeit löst sich die Erscheinung langsam auf.

Diese Zeilen beschreiben ein Erlebnis, das ich vor zwölf Jahren hatte, vierzig oder fünfzig Tage, nachdem mein einziger Bruder mit 23 Jahren plötzlich und unvermutet in seiner Studentenwohnung den Sekunden-Herztod starb. Obwohl das oben geschilderte Erlebnis sehr an ein Traumgeschehen erinnert, ist es eine Begebenheit, die sich tatsächlich so ereignet hat – ich war wach bzw. gerade erwacht, als ich diese Erscheinung hatte. Zeit meines Lebens hatte ich viel und lebhaft geträumt, doch nie zuvor hatte ich Ähnliches erlebt, geschweige denn eine Erscheinung gehabt. Seit nunmehr zwölf Jahren muss ich oft an diese traumähnliche Begebenheit denken – und auch an jene, die ich nachfolgend kurz schildern will – konnte mir aber auch nach Gesprächen mit Mitgliedern aus meiner Herkunftsfamilie und meiner Ehefrau weder einen klaren Bedeutungsinhalt erschließen noch das Erlebte rational erklären. Seitdem ist mir auch nichts mehr Derartiges widerfahren.

Eine neuerliche Erscheinung

Es ist Morgen. Ich bin gerade vom Singen der Vögel erwacht, öffne die Augen und blicke im sonnendurchfluteten Zimmer im Raum herum. Zu meinem Entsetzen erblicke ich in der Mitte des Raumes einen schwebenden, mannshohen antiken Steinkopf mit geöffnetem Mund, der in seinen Bewegungen leicht und langsam nach oben und unten oszilliert. Wiederum versuche ich zu schreien, bin aber vor Angst starr und unfähig, einen Laut von mir zu geben. Während ich den Steinkopf beobachte, löst sich dieser innerhalb weniger Sekunden in der Morgensonne auf.

Beide Erscheinungen haben mich die letzen Jahre stark beschäftigt aber es gelang nie, mir über die Bedeutung vollends klar zu werden. Die im Rahmen der Ausbildung begonnene Auseinandersetzung mit den Traumtheorien S. Freuds und C.G. Jungs hat einen Reflexionsprozess in Gang gesetzt, der mir zu einem gewissen Erkenntnisgewinn – jedoch nicht zu einer für mich vollständig befriedigenden Klärung - verholfen hat.

Wie war das, was haben Sie gesagt?

„Ich beginne, wo Sie aufhören, Dr. Freud!“?

Das haben Sie tatsächlich im Jahr 1912 als Medizinstudent zum großen Dr. Freud gesagt[3] ?

Was sagen Sie? Ihr Einwurf damals hatte noch einen zweiten Teil?

„Sie kommen mit den Leuten in einer künstlichen Situation zusammen, in Ihrem Büro nämlich. Ich treffe sie auf der Straße, in ihren Wohnungen, in ihrer normalen Umgebung[4].“?!

Ich hätte mich zwar nie getraut, Freud das so direkt zu sagen, kann Sie aber gut verstehen. Obwohl Freuds Traumtheorie für mich eine großartige Denkleistung darstellt und die Kohärenz des Theoriegebäudes fasziniert, stellt für mich der Jung´sche Ansatz eine weitaus größere Hilfestellung für das Verständnis meiner Trauminhalte dar. Freuds Arbeit bleibt für mich zu theoretisch, zu intellektuell.

Es ist wirklich schade, dass Sie sich nie zu den Arbeiten von C.G. Jung geäußert haben. Es ist für mich nur schwer vorstellbar, dass Sie ihn nicht gekannt haben, zumal Sie ja auch mit einem anderen Freud-Schüler, Alfred Adler, von 1918 bis 21 expressionistische Zeitschriften herausgaben, bei denen auch Martin Buber und Ernst Bloch mitarbeiteten[5].

[...]


[1] Zwischenruf von J.L. Moreno während eines Psychodrama Kongresses in Barcelona, 1966 (Jacob Moreno und das Psychodrama, 2007).

[2] Jacob Levy Moreno (1889 - 1974), Arzt und Psychiater, Begründer des Psychodramas, der Soziometrie und der Gruppenpsychotherapie.

[3] Jacob Moreno und das Psychodrama, 2007.

[4] Ebendort.

[5] Ebendort.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Psychodrama - ein Rollenwechsel
Untertitel
Persönliche Reflexion - Ein „Drama“ in vier Akten
Veranstaltung
Seminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
16
Katalognummer
V118842
ISBN (eBook)
9783640221455
ISBN (Buch)
9783640223404
Dateigröße
476 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kommentar der Dozentin: ... Ihre Arbeit ist geistreich, kreativ und berührend zugleich. Da es sehr selten gelingt, dass selbst Erlebtes so treffend dargestellt wird, wäre es schön, wenn Sie ihre Arbeit einem breiteren Publikum zugänglich machen würden. Es gibt nicht oft eine Verschriftlichung der Erfahrungen mit dem Psychodrama von Nicht-PsychodramatikerInnen, noch dazu in einer so hervorragenden Qualität. Ich glaube es wäre für viele interessant zu lesen, wie Psychodrama erlebt wird.
Schlagworte
Psychodrama, Rollenwechsel, Seminar
Arbeit zitieren
Mag. rer. nat. Hartmut Häfele (Autor:in), 2007, Psychodrama - ein Rollenwechsel , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118842

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