Sound als Feedbackmöglichkeit in Computerspielen

Eine Analyse am Beispiel von Echtzeit-Strategie und First-Person-Shooter


Bachelorarbeit, 2008

56 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inahlt

1. Einleitung

2. Die Rolle des Sounds im User Interface bei Computerspielen
2.1. Das User Interface als Vermittlungsinstanz
2.2. Das User Interface in Computerspielen
2.3. Definition und Typologisierung von Sound in Computerspielen
2.4. Sound als Feedback und Teil des User Interfaces

3. Psychologische Grundlagen der auditiven Perzeption
3.1. Unimodal auditive Konzepte
3.1.1. Arten des Hörens
3.1.2. Sonifikation
3.1.3. Auditive Icons und Earcons
3.2. Multimodale Konzepte
3.2.1. Synchrese
3.2.2. Cognitive load theory
3.2.3. Split-attention effect
3.2.4. Redundancy effect

4. Analyse der Feedbackfunktion von Sound
4.1. Command and Conquer 3: Tiberium Wars
4.1.1. Merkmale des Genres Echtzeitstrategie
4.1.2. Kategorisierung der vorhandenen Sounds
4.1.3. Verwendung von auditiven Icons und Earcons
4.1.4. Synchrese in Command and Conquer 3
4.1.5. Redundancy effect in Command and Conquer 3
4.2. Half-Life 2
4.2.1. Merkmale des Genres First-Person-Shooter
4.2.2. Kategorisierung der vorhandenen Sounds
4.2.3. Verwendung von auditiven Icons und Earcons
4.2.4. Synchrese in Half-Life 2
4.2.5. Redundancy effect bei Half-Life 2

5. Schlussbetrachtungen

6. Quellenverzeichnis

7. Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

„Theories of the cinema until now have tended to elude the issue of sound, either by completely ignoring it or by relegating it to minor status.“ (Chion 1994, S. XXV). Mit diesem Satz leitete Michel Chion vor 14 Jahren sein viel zitiertes Werk „Audio Vision. Sound on screen“ ein und diese Aussage lässt sich heute ohne Probleme auf den Sound in Computerspielen und seine Stellung in der Forschung übertragen. Fristete der Sound in Spielfilmen vor 14 Jahren ein Nischendasein in der Filmwissenschaft, so ergeht es dem Sound in Computerspielen heute ähnlich. Zwar gibt es einige Abhandlungen zu diesem Thema, diese beschäftigen sich aber lediglich mit produktions- oder organisationstechnischen Aspekten des Sounds in Computerspielen. Eine Auseinandersetzung mit der Wirkung der Soundrezeption in Zusammenhang mit Computerspielen hat bis jetzt noch nicht stattgefunden. Besonders in Deutschland wird diesem Thema noch wenig Beachtung geschenkt, was schon bei der Auswahl der hier verwendeten Quellen ersichtlich wird, da diese zu einem Großteil aus dem englischsprachigen Raum stammen. Aber auch dort stehen eher die Spieldesigner im Vordergrund, denen Ratschläge zur optimalen Gestaltung des Sounds eines Computerspiels gegeben werden. Die Betrachtung der Rezipientenseite findet fast gar nicht statt.

Aus diesem Grund soll in dieser Arbeit zunächst eine Einordnung des Sounds in den großen Kontext der Computerspiele erfolgen, bevor dann aus den verschiedenen Forschungsgebieten Erkenntnisse zusammengetragen werden, mit deren Hilfe der Sound in Computerspielen analysiert werden soll. Es wird bei dieser Vorgehensweise sehr schnell klar, dass der Sound ein wichtiger Bestandteil des User Interface in Computerspielen ist, der vor allem eine Feedbackfunktion übernimmt. Jedoch steht diese Vermutung im starken Gegensatz zu Meinungen der Spieledesigner, die als Prämisse ausgelobt haben, dass ein Computerspiel auch ohne Sound spielbar sein muss. Nach dieser Vorstellung wäre eine auditiv übermittelte Information redundant, da sie scheinbar unnötig ist und es wahrscheinlich eine visuelle Entsprechung der Information gibt. Hier stellt sich die Frage, ob ein verlustfreies Spielen ohne Sound wirklich möglich ist und welche Probleme oder Vorteile sich daraus entwickeln.

Um diese Frage beantworten zu können, stellt die Arbeit eine Reihe von Konzepten aus der Kognitionspsychologie, der Filmwissenschaft und anderen Forschungsrichtungen vor. Auf deren Basis wird dann die Feedbackfunktion des Sounds in zwei konkreten Computerspielen

analysiert. Bei den Spielen handelt es sich um Command and Conquer 3: Tiberium Wars aus dem Echtzeitstrategie-Genre und Half-Life 2 als Vertreter der First-Person-Shooter. Die beiden Spiele werden in Kapitel 4 zunächst näher vorgestellt und die Charakteristika ihres Genres erläutert und anschließend genauer auf die verwendeten Sounds und deren Relevanz für eine eventuelle Feedbackfunktion untersucht. Dabei soll nicht der Anspruch erhoben werden, dieses Thema komplett zu erschließen. Vielmehr geht es darum, einen interdisziplinären Zugang zu diesem Sachgebiet zu finden und neben ersten Analyseergebnissen auch einen Anstoß für weitere Forschung auf diesem Gebiet zu liefern.

Der Einstieg in dieses Thema erfolgt wie schon erwähnt über eine Vorstellung des User Interfaces und die Rolle des Sounds im Interface. An diesem Zugang wird ein großes Defizit der bisherigen Forschung deutlich. In den wissenschaftlichen Betrachtungen zum User Interface Design gibt es einen unverhältnismäßig großen Schwerpunkt auf dem grafischen User Interface. Dadurch wird nicht nur das auditive Interface vernachlässigt, sondern auch alle anderen Arten alternativer In- und Output –Verfahren. Diese Arbeit will das Bewusstsein auf eben jene Verfahren, und besonders auf das auditive Interface, lenken und deren wichtige Bedeutung im Zusammenspiel mit dem grafischen User Interface herausarbeiten.

2. Die Rolle des Sounds im User Interface bei Computerspielen

2.1. Das User Interface als Vermittlungsinstanz

Bevor die Frage nach der Bedeutung des User Interfaces (kurz: UI) in Computerspielen geklärt werden kann, soll zunächst in kurzer Form die generelle Entwicklung des UI beleuchtet werden. Dabei geht es nicht um eine Betrachtung der geschichtlichen Entwicklung des UI[1]. Vielmehr soll erörtert werden, worin sich die zentrale Stellung des UI in der Interaktion zwischen Mensch und Computer manifestiert. Laut Galitz ist das UI „(…) the part of a computer and its software that people can see, hear, touch, talk to, or otherwise understand or direct.“ (Galitz 2002, S. 4). Erscheint diese Definition auf den ersten Blick sehr pauschal und stark verallgemeinert, trifft sie bei näherer Betrachtung genau den Kern. Das UI ist die Schnittstelle der Mensch-Computer- Interaktion (kurz: MCI[2]) und umfasst alle Möglichkeiten der Interaktion zwischen Mensch und Computer. Da die Begriffe Interaktivität und Interaktion in den letzten zehn Jahren unter anderem durch Wirtschaft und Politik inflationär oft gebraucht werden und auch im wissenschaftlichen Diskurs keine eindeutige und mehrheitlich akzeptierte Definition existiert (vgl. Quiring/Schweiger 2006, S. 5), soll in einem kurzen Exkurs der Begriff der Interaktivität definiert werden. Die dabei gewonnene Definition besitzt keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, sondern umreißt Interaktivität in den Dimensionen, die für diese Arbeit von Bedeutung sind.

„Was nun unter ,Interaktivität’ genau zu verstehen ist, ist trotz einiger Pionierarbeiten (…) noch immer nicht befriedigend geklärt.“ (Quiring/Schweiger 2006, S. 5). Geklärt ist zumindest der Ursprung des Begriffs Interaktivität, denn er leitet sich vom Terminus Interaktion ab, welcher aus der Soziologie stammt (vgl. Kittstein 2005, S. 110; Quiring/ Schweiger 2006, S. 6) In seiner dortigen Verwendung bedeutet Interaktion „wechselseitig aufeinander bezogene menschliche Handlungen (…), also die Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Menschen“ (Goertz 1995, S. 478). In diesem Verständnis lässt sich der Begriff nicht auf die Interaktion zwischen Mensch und Computer übertragen, so dass Krotz zu dem Schluss kommt, „(…) dass man Interaktivität nicht mit dem soziologischen Begriff der Interaktion verwechseln sollte“ (Krotz 2008, S. 35). Er trennt Interaktion somit klar von Interaktivität ab und definiert letztere dann wie folgt:

„(…) [V]on Interaktivität wird üblicherweise nur gesprochen, wenn es um ein Interagieren eines Menschen mit einem Computersystem geht, auf das der Computer auf spezifische Art und Weise ,antwortet’“ (ebd., S. 35). Diese strikte Trennung der beiden Begriffe scheint zunächst sinnvoll und logisch, betrachtet die Soziologie Interaktion als die Kommunikation zwischen mindestens zwei Menschen, wohingegen als Interaktivität die wechselseitige Handlung zwischen Mensch und Computer verstanden wird. In der wissenschaftlichen Praxis hat sich die Trennung der beiden Termini jedoch nicht durchgesetzt. So werden zum Beispiel bei Kittstein (2005) die Begriffe Interaktion und Interaktivität synonym verwendet und Quiring/Schweiger weisen auf diesen allgemeinen Missstand hin (vgl. Quiring/Schweiger 2006, S. 8). Ihrer Meinung nach wurde der Terminus Interaktion von der Soziologie in die Informatik übernommen, meint dort jedoch etwas anderes, nämlich „die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine“ (ebd., S. 7). Schließlich gelangen auch sie zu einer ähnlichen Erkenntnis wie Krotz und versuchen „(…) eine Abgrenzung zwischen dem soziologischen Verständnis von ,Interaktion’ und dem Begriff der ,Interaktivität’“ (ebd., S. 8) anhand von drei Merkmalen herzustellen.

Die erste Unterscheidungsmöglichkeit ist die Art der Interaktion. Laut Quiring/Schweiger liegt Interaktivität nur dann vor, wenn es sich um beobachtbare und reale Interaktion zwischen zwei Menschen oder zwischen Mensch und Maschine handelt (ebd., S. 8). Zweitens kann nur von Interaktivität die Rede sein, „(…) wenn eine technische Komponente eine Schlüsselstellung im Kommunikationsprozess einnimmt (…) [und drittens] für die Interaktionen kein Gerätewechsel nötig ist“ (ebd., S. 9). Mit dem Kriterium des Gerätewechsels nehmen Quiring/Schweiger Bezug auf traditionelle Interaktionsangebote, bei denen meist ein Medien- bzw. Gerätewechsel nötig war, um mit einem anderen Menschen zu interagieren (vgl. Quiring/Schweiger 2006, S. 7, Hervorhebung im Original).

Aus diesen Unterscheidungskriterien zwischen Interaktivität und Interaktion lässt sich nun schon eine relativ genaue Definition von Interaktivität ableiten. Interaktivität ist also die technisch vermittelte Kommunikation zwischen zwei Menschen oder zwischen einem Mensch und einer Maschine. Auch Kittstein kommt zu einer ähnlichen Definition: „Von einer Interaktivität im engeren Sinne zwischen Medium und Nutzer kann erst bei bidirektionalem Informationsfluß die Rede sein; hier ist der Nutzer in der Lage, über einen Rückkanal (…) auf die medial präsentierten Inhalte Einfluß zu nehmen (…)“ (Kittstein 2005, S. 111). Zuletzt soll nun auch noch die Definition von Krotz genannt werden, die dem Verständnis von Interaktivität der anderen Autoren sehr nahe kommt: „Von interaktiver Kommunikation soll also dann die Rede

sein, wenn Mensch und Computersystem an einem reziprok angelegten Kommunikationsprozess teilhaben und ihn beide mitgestalten“ (Krotz 2008, S. 35). Diese zuletzt genannte Definition soll nun den Ausgangspunkt für die weiteren Betrachtungen darstellen, da sie den Begriff der Interaktivität in den für diese Arbeit ausreichenden Dimensionen erfasst.[3]

Dieser Schritt zur Findung einer geeigneten Definition von Interaktivität ist wichtig, da das Interface im „reziprok angelegten Kommunikationsprozess“ (Krotz 2008, S. 35) eine zentrale Rolle einnimmt. Es ist die Vermittlungsinstanz zwischen den beiden Kommunikationspartnern. Auf der einen Seite steht der Mensch und auf der anderen Seite die Maschine, im hier betrachteten Fall der Computer. Wilbert O. Galitz fast diese zentrale Stellung sehr treffend zusammen, wenn er sagt: „The user interface is the part of a computer and its software that people can see, hear, touch, talk to, or otherwise understand or direct” (Galitz 2002, S. 4, Hervorhebung im Original). Das UI ist also für die Vermittlung der Kommunikation zwischen den beiden Kommunikationspartnern verantwortlich und besteht aus zwei hauptsächlichen Komponenten: dem Input und dem Output.

Unter Input versteht Galitz alle Möglichkeiten des Nutzers, dem Computer seine Wünsche und Bedürfnisse mitzuteilen (vgl. ebd., S. 4). Im Konkreten umfasst der Input-Bereich, schon aus seiner Wortbedeutung heraus, alle Eingabemöglichkeiten für den Nutzer. Die prominentesten Vertreter sind Maus und Tastatur. Wieder auf einer abstrakten Ebene formuliert, definiert Galitz das Output als Art und Weise, „how the computer conveys the results of its computations and requirements to the user” (Galitz 2002, S. 4). Der gebräuchlichste Weg ist die Präsentation der Ergebnisse auf einem Bildschirm, gefolgt von der Ausgabe per Ton oder Sprache (vgl. ebd., S. 4). Dass die graphical user interfaces (kurz: GUI) klar überwiegen, lässt sich schon nach kurzer Überlegung mit vielen alltäglichen Eingabegeräten belegen. Man bedenke nur Handys, MP3 Player oder ähnliche Beispiele. So kommt es auch nicht von ungefähr, dass Philip Kortum von der Allgegenwärtigkeit der GUIs spricht (vgl. Kortum 2008, S. IX/1). Im gleichen Atemzug weist er jedoch auch darauf hin, dass es für Input sowie für Output auch diverse andere Beispiele der Umsetzung gibt. Er beschäftigt sich in seinem Buch unter anderem mit olfaktorischen, Bewegungs- und Geschmacksinterfaces, die zwar mehr oder weniger untypisch sind, aber neben den GUIs eine immer größere Rolle spielen (vgl. Kortum 2008, S. IX ff). All diese unterschiedlichen Elemente des In- und Outputs dienen dem Zweck der Interaktion zwischen dem Menschen und einem Computer.

Wie in diesem Abschnitt herausgestellt wurde, spielt das UI eine zentrale Rolle in der Kommunikation zwischen Mensch und Computer, es ist das Bindeglied in der Interaktion zwischen beiden Kommunikationspartnern und dies wird in folgender Grafik dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die Rolle des UI in der interaktiven Kommunikation

Quelle: in Anlehnung an Adams/Rollings 2007, S. 45

Im folgenden Abschnitt soll es nun um die Rolle des UI in Computerspielen gehen. Es wird geklärt, wie das eben erarbeitete Modell der HCI auf Computerspiele übertragen werden kann und welche Unterschiede und Besonderheiten sich dabei herausstellen.

2.2. Das User Interface in Computerspielen

Anhand der Definition von Interaktivität nach Krotz wurde im letzten Kapitel die Bedeutung des UI in der Kommunikation zwischen Mensch und Computer erläutert. Dass Computerspiele ein Beispiel für diese interaktive Kommunikation sind und das Interface also auch eine wichtige Rolle in Computerspielen einnimmt, erklärt Krotz dann auch gleich im Anschluss an seine Definition von interaktiver Kommunikation:

„Es liegt auf der Hand, dass Computerspiele ein Beispiel dafür [interaktive Kommunikation] sind: Der Computerspieler reagiert auf auftauchende Mitspieler sowie auf die Umwelt, die ihm der Computer als Spielfeld anbietet, und auf seine Antworten reagiert umgekehrt wieder der Computer.“ (Krotz 2008, S. 35)

Adams/Rollings stimmen mit dieser Meinung überein, da ihrer Ansicht nach das Konzept des UI für Software im Allgemeinen und für Computerspiele gleichermaßen gilt. Jedoch weisen sie darauf hin, dass das UI in Computerspielen eine komplexere Rolle hat (vgl. Adams/Rollings 2007, S. 44). Der größte Unterschied zwischen Software und Computerspielen ist ihrer Meinung nach die Zielstellung des UI. Eine Software ist so konzipiert, dass der Nutzer möglichst effizient mir ihr arbeiten kann und die Software das Resultat dieser Arbeit klar präsentiert (vgl. ebd., S. 44). Computerspiele besitzen eine andere Zielstellung, weil „the players actions are not supposed to be as efficient as possible; they are obstructed by the challenges of the game. Most games also hide information from the player revealing it only as the player advances.” (ebd., S. 44)

Es handelt sich bei Computerspielen also um keine Software, in der der Spieler möglichst effizient arbeiten soll. Neben die Zielsetzung der Arbeitserleichterung tritt ein weiteres Ziel: das Interface soll unterhalten (vgl. ebd. S. 44). Das UI ist in Computerspielen nicht nur vorhanden, um Eingabebefehle zu empfangen und die Ausgabe darzustellen, sondern um die Geschichte eines Spiels zu präsentieren und eine sensorische Verkörperung und Darstellung der Spielewelt zu liefern (vgl. ebd., S. 45). Mit dieser erweiterten Funktion des UI geht auch eine Anpassung der Termini einher, die im Folgenden erläutert werden soll.

Die beiden Hauptkomponenten des UI bleiben auch in Spielen erhalten, nur dass sie zum Beispiel bei Saunders/Novak eine andere Bezeichnung erhalten. Anstelle von Input ist dort von Kontrolle die Rede, die Informationen an das Spiel liefert (vlg. Saunders/Novak 2006, S. 20). Dem Spieler muss über das UI die Möglichkeit gegeben werden, mit dem Spiel zu kommunizieren, damit er die sich ihm stellenden Aufgaben auch erfüllen kann. Er erlangt also die Kontrolle über das Spiel (vgl. ebd., S. 25). Diese Kontrolle erhält er hauptsächlich über das manuelle Interface, welches Eingabegeräte wie Maus, Tastatur und speziell auf Spiele abgestimmte Eingabegeräte, zum Beispiel Lenkräder für Rennsimulationen oder Joysticks für Flugsimulationen, beinhaltet (vgl. ebd., S. 54). Es gibt aber auch Ansätze, dem Spieler über Sprachsteuerung die Kontrolle über das Spiel zu ermöglichen, diese sind jedoch sehr selten (vgl. Parker/Heerema 2007, S. 2). In der Vergangenheit sind erste Versuche an einer schlechten Spracherkennung gescheitert. Eines der wenigen kommerziellen Produkte, welches bisherige Probleme mit einer Spielsteuerung durch Sprache überwinden könnte ist ‚Tom Clancy’s EndWar’ (Ubisoft 2008)[4]. Die Notwendigkeit für eine Sprachsteuerung ergibt sich aus folgendem Grund. Das Spiel ist dem Genre Echtzeitstrategie (kurz RTS vom englischen real time strategy[5]) zuzuordnen. Dieses Genre hat eine lange Tradition auf dem PC und im Laufe der Zeit wurde die Spielsteuerung an die vorhandene Kombination aus Maus und Tastatur angepasst und optimiert. RTS-Spiele besitzen ein sehr schnelles Gameplay und erfordern vom Spieler die optimale Nutzung der Steuerung, um erfolgreich zu sein. Eine Portierung von RTS-Spielen auf Konsolen wie die Xbox 360 oder die PlayStation 3 waren bis jetzt nur schwer realisierbar, da eine adäquate Steuerung mit den vorhandenen Gamepads der beiden Konsolen nicht möglich war. Die optimierte Steuerung durch Spracherkennung in Kombination mit dem Gamepad soll diesem Problem nun ein Ende bereiten. Neben solchen Randerscheinungen wird für den PC aber vor allem die Maus und Tastatur weiterhin von größter Bedeutung als Kontrollmöglichkeit sein.

Von der genaueren Betrachtung des Inputs oder der Kontrollmöglichkeit als erste Hauptkomponente des UI in Spielen kommen wir nun zur zweiten, dem Output.

An Stelle des Begriffes Output tritt das Feedback, welches die Funktion des Informationsempfangs vom Computerspiel hat (vgl. Saunders/Novak 2006, S. 20). Über den Feedbackkanal soll der Spieler erfahren, wo er sich gerade befindet, welche Hürden sich ihm in den Weg stellen und wie sein aktueller Status ist, zum Beispiel wie viel ,Leben’ er noch hat. Dies sind nur einige Beispiele, aber sie zeigen, wie vielfältig schon allein die Aufgaben eines einzelnen Interfaceelements sind. Auch Adams und Rollings sind sich dieser Tatsache bewusst und formulieren ihrerseits: „The user interface’s role is to take a portion of the internal data and present it to the player in visible and audible forms.“ (Adams/Rollings 2007, S. 225). Das Spiel soll durch das UI und speziell durch die Feedbackkomponente sehbar, hörbar und spielbar werden (vgl. ebd., S. 224). Damit dieses Ziel erreicht werden kann, gibt es ein paar grundlegende Informationen, die der Spieler als Feedback erhalten sollte, damit er das Computerspiel überhaupt nutzen kann (vgl. Saunders/Novak 2006, S. 179). Diese Informationen werden von Saunders und Novak unter dem Punk „Player status“ (ebd., S. 179) zusammengefasst. Sie verstehen darunter Informationen wie zum Beispiel die Position des Spielers. Orientierungshilfen wie Gebäude, Bäume oder Gewässer können dem Spieler helfen, sich in der Spielwelt zu orientieren. Diese Beispiele sind auf eine recht realistisch dargestellte Spielwelt ausgerichtet, aber auch in weniger realistisch umgesetzten Spielen kann sich der Nutzer anhand von Objekten in der Spielwelt positionieren. Dass er darüber Feedback erhält ist enorm wichtig um sich nicht zu verirren (vgl. ebd., S. 179). Zum Status des Spielers gehört aber ebenso sein Gesundheitszustand. Auch über diesen Punkt muss der Spieler ständig informiert werden. Der Gesundheitszustand kann im Kontext unterschiedlicher Spiele und unterschiedlicher Genres die verschiedensten Ausprägungen haben. Während in einem First-Person-Shooter (kurz: FPS[6]) wortwörtlich die Gesundheit der Spielfigur dargestellt wird, kann der Gesundheitszustand in Geschicklichkeitsspielen zum Beispiel die verbleibende Zeit, die für die Lösung eines Levels bleibt, sein (vgl. ebd., S. 179).

Dies sind nur die wichtigsten Informationen, die dem Spieler zu jeder Zeit des Spiels verfügbar sein müssen. Neben ihnen gibt es eine Vielzahl von Informationen, die das Interface bereitstellen muss, die der Spieler aber nur auf seinen Wunsch hin angezeigt bekommt. Hier deutet sich bereits ein erster Konflikt im Interface Design an. Die Frage ist: Welche Informationen muss der Spieler wissen und welche möchte er wissen? Auch in der Literatur wird diese Frage thematisiert (vgl. Adams/Rollings 2007, S. 229ff), sie soll aber an dieser Stelle nicht weiter betrachtet werden, da sie zum Thema dieser Arbeit nichts Entscheidendes beiträgt. Saunders und Novak weisen darauf hin, dass die beiden Elemente des UI, Feedback/Output und Kontrolle/Input, oft in Verbindung auftreten. Wenn zum Beispiel der Spieler über eine von ihm initiierte Aktion kein Feedback erhält, kann er sich nicht sicher sein, dass das Computerspiel seinen Befehl ausgeführt oder erhalten hat (vgl. Saunders/Novak 2006, S. 25).

Am Ende des letzten Abschnitts wurde die Rolle des UI in der interaktiven Kommunikation noch einmal anhand einer Grafik verdeutlicht. Ebenso soll es jetzt mit der Rolle des UI in Computerspielen geschehen. Die Grafik stammt von Adams und Rollings (2007) und beinhaltet deswegen auch deren Terminologie. Anstatt des Computers im Allgemeinen ist dort von den so genannten „Core Mechanics“ (Adams/Rollings 2007, S. 43) die Rede. Sie bestimmen, wie das Spiel funktioniert, wie die Regeln des Spiels sind und wie der Spieler mit ihnen interagieren kann (vgl. ebd., S. 316f). Diese Regeln sind in den Core Mechanics genau definiert. Wenn also eine Regel besagt: Autos bewegen sich schneller als Motorräder, ist das eine allgemein formulierte Regel. Das entsprechende Modell in den Core Mechanics würde so aussehen, dass der Spieldesigner festlegt, dass Autos eine um 30 Prozent erhöhte Geschwindigkeit gegenüber Motorrädern haben. Dieses Modell kann ohne Probleme in einen entsprechenden Algorithmus überführt werden (vgl. ebd., S. 43). An die Stelle der Ergebnisse von Berechnungen im Modell der interaktiven Kommunikation treten bei Computerspielen die Herausforderungen, die an den Spieler gestellt werden. Auf der anderen Seite bleibt es bei Anweisungen, die der Spieler als Input über das UI an die Core Mechanics eingibt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die Rolle des UI in Computerspielen

Quelle: Adams/Rollings 2007, S. 45

2.3. Definition und Typologisierung von Sound in Computerspielen

Bevor geklärt werden kann, welche Rolle die Verwendung von Sound in Computerspielen einnimmt, soll definiert werden, was in den Bereich des Computerspielsounds fällt. Prinzipiell gehört jeder Ton, den der Spieler hört und der durch den Spielcode erzeugt wurde zum Computerspielsound (vgl. Grimshaw 2007, S. 24f). Diese Definition ist sehr allgemein gehalten und fasst zunächst sehr undifferenziert alle auditiven Phänomene im Kontext von

Computerspielen zusammen. Um die unterschiedlichen Arten von Sound in Computerspielen in ihrer Gesamtheit zu erfassen, ist eine nähere Betrachtung der einzelnen Teilelemente nötig. Eine rudimentäre Einteilung nimmt Stockburger (2003) vor. Er unterscheidet zwischen Sound in der Umgebung des Nutzers und Sound in der Umgebung des Spieles (vgl. Stockburger, S. 3f).

Unter der Umgebung des Nutzers versteht er spielexterne Variablen wie zum Beispiel die Größe und Beschaffenheit des Raumes in der sich der Spieler befindet. Weitere Kriterien könnten sein: spielt er im Wohnzimmer oder unterwegs, wie groß ist der Raum in dem er sich befindet und Ähnliches. Die Umgebung des Nutzers schließt auch die verwendete Audio-Hardware ein. Hier stellt sich zum Beispiel die Frage, ob der Spieler Kopfhörer oder ein 5.1 Raumklang Lautsprechersystem benutzt (vgl. ebd., S. 3).

Als Sound in der Umgebung des Spieles betrachtet Stockburger all die Elemente, die dem Spiel direkt entstammen (vgl. ebd., S. 3). „This also includes the sound of the credits before and after the game, all the sounds related to its interface (…).“ (Stockburger 2003, S. 3). Der von Stockburger erwähnte Sound in der Umbebung des Nutzers wird in der Folge nicht weiter von Bedeutung sein, da er durch den Spieledesigner nicht direkt beeinflusst werden kann und zudem durch einfache Maßnahmen, wie zum Beispiel das Tragen von Kopfhörern, ausgeschaltet werden kann (vgl. Grimshaw 2007, S. 25). In der Literatur, die sich nicht ausschließlich mit Sound in Computerspielen auseinandersetzt, wird meist eine sehr allgemeine Kategorisierung von Computerspielsound gewählt. Adams und Rollings unterscheiden beispielsweise nur in Soundeffekte, Umgebungssound und Musik (vgl. Adams/Rollings 2007, S. 256ff). Aber auch in der Literatur, die sich speziell mit dem Thema Sound in Computerspielen beschäftigt, gibt es keine konsistente Typologie für den ,game sound’. Aus diesem Grund werden nun ein paar Ansätze der Typologisierung dargestellt.

Stockburger hat mit seiner Differenzierung in Nutzer- und Spielumgebung schon eine grundlegende Unterscheidung vorgenommen, führt dann aber noch weitere Unterkategorien des Sounds der Spielumgebung auf: „We will discuss five different types of sound objects, namely speech, effect, zone, score and interface sound objects.“ (Stockburger 2003, S. 5).

Speech sound objects sind für ihn alle sprachlichen Sounds, unabhängig von der Art wie sie im Spiel produziert wurden, also ob eine reale Stimme aufgezeichnet wurde, oder die Stimme synthetisch erzeugt wurde (vgl. ebd, S. 5).

[...]


[1] Die historische Entwicklung des UI wird unter anderem von Preim (1999, S. 31ff) ausführlich beleuchtet. Für eine kurzen Abriss empfiehlt sich unter anderem der Aufsatz von Schröter/Spies (2006, S. 107f).

[2] Der Begriff Mensch-Computer-Interaktion leitet sich vom englischen human-computer interaction (kurz HCI) ab. Fälschlicherweise ist in der deutschen Literatur auch die Bezeichnung human computer interface geläufig (z.B. in Schröter/Spies 2006, S. 107).

[3] Eine sehr viel differenzierte Konzeption des Begriffes Interaktion bieten Quiring und Schweiger in ihrem Aufsatz an (vgl. Quiring/Schweiger 2006, S. 9ff). Aber auch Kittstein und Krotz weisen auf andere Autoren hin, die Interaktivität noch näher beschreiben und ausdifferenzieren (vgl. Kittstein 2005, S. 111 und Krotz 2008, S. 35). Für den Rahmen dieser Arbeit ist die, im Vergleich recht kurz greifende, Definition von Krotz aber ausreichend.

[4] Das Spiel erscheint offiziell am 30 Oktober 2008 für Xbox 360 und am 30. November 2008 für PlayStation 3, Nintendo DS und PSP. Eine vorläufige Version konnte im August auf der Games Convention 2008 in Leipzig getestet werden. Die Spracherkennung funktionierte sehr gut, jedoch muss sich der Spieler an eine festgelegte syntaktische Struktur halten und vom Spiel vorgegebenes Vokabular verwenden.

[5] Eine eingehende Betrachtung des Genres befindet sich in Kapitel 4.1.1.

[6] Eine nähere Betrachtung des Genres befindet sich in Kapitel 4.2.1.

Ende der Leseprobe aus 56 Seiten

Details

Titel
Sound als Feedbackmöglichkeit in Computerspielen
Untertitel
Eine Analyse am Beispiel von Echtzeit-Strategie und First-Person-Shooter
Hochschule
Technische Universität Chemnitz
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
56
Katalognummer
V118799
ISBN (eBook)
9783640216727
ISBN (Buch)
9783640216765
Dateigröße
822 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sound, Feedbackmöglichkeit, Computerspielen
Arbeit zitieren
Stephan Grunwald (Autor:in), 2008, Sound als Feedbackmöglichkeit in Computerspielen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118799

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