Identität in der Sozialisationstheorie


Hausarbeit, 2003

21 Seiten, Note: Sehr gut


Leseprobe


Gliederung

1 Einleitung

2 Begriffsbestimmungen
2.1 Wissenschaftliches Konstrukt
2.2 Metatheoretisches Modell und Sozialisationstheorie
2.3 Sozialisation
2.4 Individuum und Persönlichkeit
2.5 Identität

3 Das Modell der produktiven Realitätsverarbeitung
3.1 Innere Realität
3.2 Äußere Realität
3.2.1 Zentrale Sozialisationsinstanzen
3.2.2 Andere soziale Organisationen und Systeme
3.3 Produktive Auseinandersetzung mit der inneren und der äußeren Realität
3.4 Entwicklungsaufgaben

4. Identität im Modell der produktiven Realitätsverarbeitung
4.1 Aufbau von Identität
4.1.1 Handlungskompetenzen
4.1.2 Selbstbild
4.1.2.1 Selbstwahrnehmung und Selbstreflexion
4.1.2.2 Selbstbewertung
4.2 Funktionale Bedeutung von Identität
4.3 Entwicklung von Identität

5. Diskussion über Identität

6 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

Gesellschaft ist möglich. Dies können wir täglich feststellen. Eine wesentliche Erklärung für diese Tatsache liefert das sozialwissenschaftliche Konstrukt Sozialisation.

Hurrelmann (2002) bezeichnet Sozialisation als produktive Verarbeitung der Realität und legt damit ein aktuelles und über knapp zwei Jahrzehnte gewachsenes sozialisationstheoretisches Modell vor. Darin kommt der Identität des einzelnen Menschen eine zentrale Bedeutung zu. Was in diesem Modell unter Identität verstanden wird, wie sie entsteht und warum ihr diese fundamentale Bedeutung zukommt, möchte ich in dieser Hausarbeit (Kap. 4) erläutern. Hierfür werde ich das erwähnte Sozialisationsmodell in Kapitel 3 anhand seiner zentralen Begriffe darlegen. Vor dem zusammenfassenden Schlusskapitel 6 erfolgt eine bruchstückhafte und knappe Einführung in die aktuelle soziologische Diskussion über Identität (Kap. 5). Beginnen möchte ich mit der Bestimmung wichtiger Grundbegriffe.

2 Begriffsbestimmungen

2.1 Wissenschaftliches Konstrukt

Ein wissenschaftliches Konstrukt bezeichnet in beschreibender und analytischer Absicht einen nicht dinghaft greifbaren und folglich nicht unmittelbar beobachtbaren Ausschnitt der Realität (Hurrelmann 2002, S. 19). In den Sozialwissenschaften werden häufig wissenschaftliche Konstrukte verwendet. Identität, Sozialisation, Persönlichkeit, Aggression und Motivation sind einige Beispiel hierfür.

2.2 Metatheoretisches Modell und Sozialisationstheorie

Bei einem wissenschaftlichen Modell handelt es sich um die „Darstellung, die einen bestimmten Sachverhalt unter vereinfachten Annahmen konstruiert, um eine Analyse zu erleichtern“ (Recker 2000a, S. 441). Dieser bestimmte Sachverhalt bzw. Untersuchungsgegenstand ist in dieser Arbeit hauptsächlich das wissenschaftliche Konstrukt der Sozialisation und das der Identität.

Da in dem noch vorzustellenden Sozialisationsmodell Basistheorien der Soziologie (Systemtheorien, Gesellschaftstheorien, Handlungstheorien) und Psychologie (Persönlichkeitstheorien, Lerntheorien, Entwicklungstheorien) eingehen, kann von einem metatheoretischen Modell gesprochen werden. „Das Gesamtgefüge der Aussagen dieses Modells wird als Sozialisationstheorie“ (Hurrelmann 2002, S. 8) bezeichnet.

Zum Einstieg in die entsprechende sozialwissenschaftliche Theoriediskussion möchte ich im Rahmen dieser Hausarbeit lediglich auf Tillmann (2001, S. 22 - 34) verweisen.

2.3 Sozialisation

Geprägt wurde dieser Begriff von Durkheim (1903). Er verstand in der Tradition von Hobbes (1651) Sozialisation als Unterwerfung des triebhaften und egozentrischen Menschen unter die Gesellschaft. Diese Vorstellung von Sozialisation beherrschte „die Diskussion in den Geistes- und Sozialwissenschaften bis in die 1970er-Jahre hinein“ (Hurrelmann 2002, S. 12). Aktuell wird Sozialisation als „die Aneignung von Werten, Normen und Handlungsmustern, durch die der weitgehend ohne natürliche Instinkte geborene Mensch seine Handlungsfähigkeit und persönliche Identität erwirbt“ (Recker 2000b, S. 604) definiert. Weiter fährt Recker fort, dass neuere Konzepte der Sozialisation den Begriff vor allem als einen Prozess beschreiben, „der das Entstehen der menschlichen Persönlichkeit in Abhängigkeit und Auseinandersetzung von der gesellschaftlich vermittelten sozialen und materiellen Umwelt betrachtet“ (ebd.).

Der Prozess der Persönlichkeitsentwicklung eines Individuums kann also synonym für dessen Sozialisation gesehen werden. Eines der erwähnten neueren Konzepte des sehr interdisziplinären, vorwiegend von Psychologie, Soziologie, Erziehungswissenschaft und Philosophie beschriebenen, Unter­suchungs­­gegenstandes Sozialisation bzw. Persönlichkeitsentwicklung wird in Kapitel 3 dargelegt.

2.4 Individuum und Persönlichkeit

Der Mensch wird in der Sozialisationstheorie von Hurrelmann (2002) als ein Individuum be­schrieben, dass heißt er ist prinzipiell einzigartig und selbstbestimmt.

„Mit Persönlichkeit wird das unverwechselbare Gefüge von Merkmalen, Eigenschaften, Einstellungen und Handlungskompetenzen“ (Hurrelmann 2002, S. 16) eines Menschen bezeichnet. Die Persönlichkeit eines Menschen stellt das vorläufige Bewältigungs­ergebnis von Entwicklungsaufgaben (Kap. 3.4) dar. Grundlage für die Persönlichkeit ist die biologische Ausstattung des Menschen. Der Begriff Handlungskompetenz wird in Kapitel 4.1.1 erläutert.

2.5 Identität

Fröhlich definiert Identität als „Bezeichnung für eine auf relativer Konstanz von Einstellungen und Verhaltenszielen beruhende, relativ überdauernde Einheitlichkeit in der Betrachtung seiner selbst“ (2000, S. 233). Grundsätzlich entspricht diese Kurzdefinition auch den Arbeiten von Hurrelmann (2001 und 2002). Wie Hurrelmann sich genau den Aufbau und die Entwicklung von Identität vorstellt, werde ich, wie bereits erwähnt, in Kapitel 4 erläutern.

3 Das Modell der produktiven Realitätsverarbeitung

Hurrelmann (2002) definiert Sozialisation als Entwicklung eines menschlichen Organismus zu einer sozial handlungsfähigen Persönlichkeit. Dieser lebenslange Prozess geschieht in produktiver Auseinandersetzung mit der inneren und äußeren Realität. Dieses Wechselspiel von Anlage und Umwelt vollzieht sich in Sozialisationsinstanzen und anderen sozialen Systemen und besteht aus der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben.

Anhand dieser zentralen Begriffe und der damit verbundenen Zusammenhänge werde ich jetzt das metatheoretische Sozialisationsmodell der produktiven Realitätsverarbeitung darlegen.

3.1 Innere Realität

Unter innerer Realität versteht Hurrelmann (2002, S.26) die Gesamtheit der natürlichen Anlagen eines Menschen. Hierunter fallen das jeweils einzigartige psychische Temperament, die körperliche Konstitution, die Intelligenz und die genetische Veranlagung. Diese Gesamtheit bildet die Grundstruktur der Persönlichkeit und ist die Basis der gesamten Persönlichkeitsentwicklung.

Die potentiellen Entwicklungsmöglichkeiten über den gesamten Lebenslauf legt diese biologische Verankerung individueller Merkmale fest. Insgesamt stellen die natürlichen Anlagen „einen Möglichkeitsraum dar, aus dem einzelne Elemente aktiviert werden“ (Hurrelmann 2002, S.24). Welche Elemente dies sind, hängt stark von der äußeren Realität ab.

3.2 Äußere Realität

Hier handelt es sich um die soziale und physikalische Umwelt des Individuums. Die physikalische Umwelt ist die real-stoffliche bzw. gegenständliche Umwelt des Einzelnen wie zum Beispiel die Wohnzimmereinrichtung, der Weg zur Arbeit oder die Weinberge vor der Haus. Die soziale Umwelt untergliedert dieses sozialisationstheoretische Modell in zentrale Sozialisationsinstanzen und in andere soziale Organi­sationen und Systeme bzw. tertiäre Sozialisationsinstanzen.

3.2.1 Zentrale Sozialisationsinstanzen

Sozialisationsinstanzen wirken gezielt auf die Art und Weise der Aneignung und Verarbeitung der äußeren Realität ein. An erster Stelle nennt Hurrelmann den Mikrokosmos Familie als primäre Sozialisationsinstanz und stellt hierzu fest, „dass die grundlegenden Strukturen der Persönlichkeitsentwicklung durch den Kontakt im Elternhaus geprägt“ (2002, S. 31) werden. Der familiäre Sozialisationsprozess gilt als reichhaltig, wenn die elterlichen Entwicklungsimpulse vielfältig und individuell angemessen sind. Hurrelmann (2002) favorisiert hier den partizipativen Erziehungsstil mit den drei Polen Anregung, Anleitung und Anerkennung. Er übersieht dabei nicht, dass dessen Realisierung schwierig ist und mit der sozialen Lage der Eltern (v.a. Bildung und Finanzlage) zusammenhängt.

Eine weitere wichtige Sozialisationsinstanz stellen die unterschiedlichen Schulen dar, denn ihr Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung hat sich in den letzten einhundert Jahren deutlich erhöht. Die zentrale Bedeutung dieser sekundären Sozialisationsinstanz ergibt sich hauptsächlich aufgrund der Vorauswahl für unterschiedliche Positionen im Erwerbsleben. Erfolg bzw. Versagen im schulischen Leistungsprozess sind wichtige Ausgangspunkte für die Gestaltung der beruflichen Lebenslaufbahn. Zu den sekundären Sozialisationsinstanzen gehören in diesem Modell auch andere Bildungs­einrichtungen und die Institution Kindergarten (Hurrelmann 2002, S. 31).

3.2.2 Andere soziale Organisationen und Systeme

Neben den klassischen Sozialisationsinstanzen Familie und Schule sind auch die verschiedensten sozialen Organisationen wie staatliche Institutionen (Behörden, Polizei, Krankenhäuser u.a.), Massenmedien, Freizeiteinrichtungen und das Arbeitsumfeld im Prozess der Persönlichkeitsentwicklung von Bedeutung.

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Identität in der Sozialisationstheorie
Hochschule
FernUniversität Hagen  (Soziologie)
Veranstaltung
Studienbrief
Note
Sehr gut
Autor
Jahr
2003
Seiten
21
Katalognummer
V11877
ISBN (eBook)
9783638179225
ISBN (Buch)
9783638757577
Dateigröße
639 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Identität als Dreh- und Angelpunkt für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung im sozialisationstheoretischen Modell von Klaus Hurrelmann (2002). 298 KB
Schlagworte
Identität, Sozialisation
Arbeit zitieren
Hendrik Besserer (Autor:in), 2003, Identität in der Sozialisationstheorie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11877

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