Steuerbilanzvergleich

Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz


Seminararbeit, 2005

50 Seiten, Note: 13


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

LITERATURVERZEICHNIS

HAUPTTEIL

A. Einleitung

B. Das Prinzip der Maßgeblichkeit
I. Historische Betrachtung des Prinzips der Maßgeblichkeit
II. Grundlagen des Prinzips der Maßgeblichkeit
1. Materielle Maßgeblichkeit
2. Formelle Maßgeblichkeit
3. Umgekehrte Maßgeblichkeit
III. Bedeutung des Prinzips der Maßgeblichkeit
1. Verfassungsrechtliche Grundlage
2. Rechtfertigung der Maßgeblichkeit
3. „Vertrauensschutz“ auf Maßgeblichkeit
4. Schlussfolgerung
IV. Exkurs: „Maßgeblichkeit“ in anderen Rechtsräumen
1. Anglo-Amerikanischer Rechtsraum
a) Vereinigte Staaten von Amerika
b) Vereinigtes Königreich
c) Kanada
2. Kontinentaleuropäischer Rechtsraum
a) Die „kontinentaleuropäische“ EU der 15
b) Die „Neuen“ in der EU der 25

C. Probleme und Durchbrechungen der Maßgeblichkeit
I. Formen der Durchbrechung
1. „Ob“ der Bilanzierung
2. „Wie“ der Bilanzierung (Bewertung)
II. Interessenskonflikte zwischen Handels- und Steuerbilanz
1. Zwecke der Handelsbilanz
a) Vermögensfeststellung
b) Ausschüttungsbemessung
c) Gläubigerschutz / -informationsinteresse
2. Zwecke der Steuerbilanz
a) Primärer Zweck: Gewinnermittlung
b) Weitere Zwecke
3. Konfliktpotential
a) Gegenläufige Bilanzzwecke
b) Gegenläufiger Empfängerhorizont
III. Internationale Entwicklungen
1. Die EG-Angleichung: Die EG-Bilanzrichtlinien
2. Die Einflüsse der US-GAAP
3. Die Entwicklung der IAS / IFRS

D. Die Zukunft des Prinzips der Maßgeblichkeit
I. Aufgabe der Maßgeblichkeit
1. Eigenes Steuerbilanzrecht
a) „Abstrakte Maßgeblichkeit“
b) Rückstellungen im Steuerrecht
2. Überschuss- oder Cash-Flow-Rechnung
II. . Renaissance der Maßgeblichkeit
III. Die Maßgeblichkeit in den vorliegenden Reformvorschlägen

E. Ergebnis / Zusammenfassung

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

LITERATURVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

HAUPTTEIL

A. Einleitung

In der aktuellen Diskussion um die Reform des deutschen Steuerrechts hat sich zu einem Kernpunkt die Zukunft des Prinzips der Maßgeblich- keit der Handelsbilanz für die Gewinnermittlung im deutschen Steuer- recht entwickelt1. Bedroht einerseits durch eine Aushöhlung des Grund- satzes durch gegenläufige Gesetzgebung des Steuergesetzgebers2, ande- rerseits durch die aufziehende Internationalisierung der handelsrechtli- chen Rechnungslegung3, mehren sich die Stimmen, die fordern den Schlussstrich ganz zu ziehen und den Grundsatz aufzugeben, um ein ei- genes Steuerbilanzrecht zu etablieren4. Im Folgenden soll die Zukunft dieses Grundsatzes beleuchtet und in einer rechtlichen Betrachtung eine mögliche zukünftige Abschaffung oder Beibehaltung diskutiert werden.

Der Begriff der Handelsbilanz ist gesetzlich in § 242 I HGB definiert. Eine Definition des Begriffs der Steuerbilanz sucht man im EStG aber vergeblich5. Diese findet sich schließlich in § 60 II 2 EStDV, wo es schlicht heißt, eine Steuerbilanz sei eine „den steuerlichen Vorschriften entsprechende“ Bilanz. Aber auch diese Definition lässt auf Grund ihrer Schlichtheit genug Spielraum zur Interpretation. Da umfassende steuerbi- lanzielle Regeln fehlen, muss zur weiteren Ausgestaltung auf die han- delsrechtliche Bilanzierungstradition zurückgegriffen werden.

B. Das Prinzip der Maßgeblichkeit

Normiert ist das Prinzip der Maßgeblichkeit in § 5 I 1 EStG. Dabei wird allgemein von der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz gesprochen. Diese Bezeichnung ist allerdings sprachlich ungenau, da der Wortlaut des § 5 I 1 EStG nur die Anwendung der „handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung“ für die steuerliche Gewin- nermittlung anordnet. Der Umfang dieser Verweisung wird im Folgenden noch zu erläutern sein.

I. Historische Betrachtung des Prinzips der Maßgeblichkeit

Zunächst soll jedoch der Ursprung des Prinzips der Maßgeblichkeit er- hellt werden. Erstmalige Anwendung in einem Steuergesetz findet die Maßgeblichkeit in den Einkommensteuergesetzen Bremens6 und Sach- sens7, die im Jahre 1874 verabschiedet wurden8. Von dort aus fand die Maßgeblichkeit ihren Weg über das hamburgische Einkommensteuerge- setz9, sowie das preuß. Einkommensteuergesetz von 189110 in das erste reichseinheitliche Einkommensteuergesetz von 192011, das als Vorläufer unseres heutigen EStG diesem das Prinzip der Maßgeblichkeit vererbt hat12.

Als das überwiegende Argument der Einführung der Maßgeblichkeit wird die Vereinfachungsfunktion genannt13. So sollte zur Besteuerung, in Zei- ten als die Buchführung nur von Hand möglich war, die Bilanz herange- zogen werden, die der Kaufmann bereits, sei es aus eigenen oder handels- rechtlichen Interessen, aufzustellen pflegte14. Zum Teil wurde zu dieser Zeit die Auffassung vertreten, es gebe praktisch keine andere Möglich- keit, als den handelsrechtlichen Gewinn zur Besteuerung heranzuziehen15. Bei der Übernahme der Maßgeblichkeit in das Reichseinkommensteuer- gesetz von 1925 wurde zusätzlich als Argument genannt, die Steuerver- anlagung habe so „in den ordentlichen Geschäftsbilanzen die relativ si- cherste Grundlage“16.

Es zeigt sich also in diesem kleinen historischen Abriss, dass die Gründe für die Einführung der Maßgeblichkeit in der praktischen Handhabung und der Vereinfachung lagen. Erstaunlich ist nur, dass die Einführung selten große Beachtung gefunden hat17 und wohl weniger Erwägungen angestellt wurden und eine nicht so große Diskussion stattfand, als dies heute allgemein angenommen wird und dies nun in der Debatte um eine mögliche Reform oder Abschaffung der Fall ist. Weiterhin wurde bereits in frühester Zeit auf ein Kernproblem hingewiesen, dass bis heute unge- löst, den Streit um die Maßgeblichkeit durchdringt18.

II. Grundlagen des Prinzips der Maßgeblichkeit

Dabei sollte zunächst das Prinzip der Maßgeblichkeit einer näheren Be- trachtung unterzogen werden. Der persönliche Anwendungsbereich der Maßgeblichkeit liegt bei Gewerbetreibenden i. S. v. § 15 EStG, die buch- führungspflichtig sind oder freiwillig Bücher führen19. Sie tritt in mehre- ren Formen auf20. Zunächst, so unterscheidet man, ergibt sich eine mate- rielle Maßgeblichkeit aus § 5 I 1 EStG. Dieser wurde, bis zum Jahre 1990, die formelle Maßgeblichkeit zur Seite gestellt. Demgegenüber steht seit 1990 die in § 5 I 2 EStG geregelte so genannte „umgekehrte“ Maß- geblichkeit21.

1. Materielle Maßgeblichkeit

Grundlegend verweist also § 5 I 1 EStG im Falle der steuerlichen Gewin- nermittlung durch Betriebsvermögensvergleich bei buchführungspflichti- gen Gewerbetreibenden auf dasjenige Betriebsvermögen, das sich „nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung“ ergibt. Die Vorschrift regelt also nicht, dass die Steuerbilanz der Han- delsbilanz entsprechen muss, sondern bezieht sich nur auf die handels- rechtlichen Bilanzierungsprinzipien. Wie bereits erwähnt, besteht Streit um den Umfang der Verweisung. Inwiefern also das Handels-, insbeson- dere das Bilanzrecht, für das Steuerrecht maßgeblich ist22.

Traditionell wird die Ansicht vertreten, die Verweisung beziehe sich um- fänglich auf das gesamte bilanzielle Normensystem des HGB23. In ihm finden sich die GoB als alle geschriebenen und ungeschriebenen24 Ge- winnermittlungsregeln des HGB.

Dieser Ansicht tritt die folgende Meinung25 entgegen, wonach Teile des im HGB für die Bilanzierung kodifizierten Rechts „von den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung abweichen“26. Insbesondere handelsrecht- liche Wahlrechte stellen nach dieser Ansicht Handelsrecht unterhalb der Schwelle der GoB dar27. Im Extremfall, so Weber-Grellet, sind nur die „oberen GoB“ maßgeblich für die Steuerbilanz28. Als oberste Ebene be- trachtet er die grundlegenden Prinzipien der Bilanzierung, nämlich die Bilanzwahrheit, Vollständigkeit, Kontinuität, Stichtagsprinzip, Verursa- chungsprinzip, Realisationsprinzip und das Vorsichtsprinzip29.

Der Streit hat sich jedoch mittlerweile dahingehend verlagert, dass durch die Einführung speziellerer steuerrechtlicher Sonderregelungen, die zum Teil der Maßgeblichkeit entgegen laufen30, sich die Maßgeblichkeit ohne- hin nur noch auf die grundlegenden Prinzipien des Handelsbilanzrechtes stützt.

2. Formelle Maßgeblichkeit

Zunächst wurde neben der materiellen Maßgeblichkeit auch die formelle Maßgeblichkeit unterschieden31. Unter dieser versteht sich die direkte Abhängigkeit der Steuerbilanz von der Handelsbilanz, als das direkte Ansetzen des konkreten handelsrechtlichen Wertes32. Die Rechtsgrundla- ge der formellen Maßgeblichkeit ist streitig33, der Streit hat seit der Ein- führung des § 5 I 2 EStG34 aber an Schärfe verloren.

3. Umgekehrte Maßgeblichkeit

Die formelle Maßgeblichkeit früherer Prägung35 36 ist seit der Einführung des § 5 I 2 EStG obsolet geworden37. Sie ist insofern in der umgekehrten Maßgeblichkeit aufgegangen38. Die Steuerbilanz hat sich also im Dualis- mus zwischen der Handels- und der Steuerbilanz zur dominanten Bilanz entwickelt, da von Einführung des § 5 I 2 EStG an zwar nach wie vor die Grundsätze des Handelsrechts maßgeblich sind, sich aber die Handelsbi- lanz nach einem steuerlich Wahlrecht, etwa erhöhte AfA nach

§§ 7 ff. EStG, zu richten hat. Das heißt, dass, ganz oder zum Teil ent- sprechende, Wahlrechte in Handels- und Steuerrecht nicht unterschied- lich ausgeübt werden dürfen39, die Steuerbilanz der Handelsbilanz so ihre Bewertung aufzwingt40.

III. Bedeutung des Prinzips der Maßgeblichkeit

Die Maßgeblichkeit stellt das fundamentale Grundprinzip der steuerli- chen Gewinnermittlung für gewerbliche Steuerpflichtige dar. Sie er- streckt sich über §§ 7, 8 KStG auch in die Körperschaftsteuer und über

§ 7 GewStG in die Gewerbesteuer. Nachdem nun der Rahmen der Maß- geblichkeit gesteckt ist, ist das Augenmerk auf die rechtliche Grundlage der Maßgeblichkeit zu richten. Insbesondere die Rechtfertigung der Maß- geblichkeit entscheidet überwiegt mit, ob eine Abschaffung möglich oder wie eine Reform der Maßgeblichkeit verfassungsrechtlich auszusehen hat.

1. Verfassungsrechtliche Grundlage

Grundsätzlich schweigt das Grundgesetz zur Erhebung von Steuern. Al- lerdings ging der Verfassungsgeber grundlegend vom Erfordernis von Steuern als Staatsfinanzierung aus, da er in den Art. 105 ff. GG die Steu- erhoheit ausdrücklich normiert hat. Eine verfassungsrechtliche Veranke- rung und damit Gerechtigkeit der Besteuerung ergibt sich allerdings aus dem Gebot der Gleichbehandlung aus Art. 3 GG41. Überragendes Grund- prinzip ist dabei die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit42 43. Da die- ses allerdings als fundamentales Grundprinzip („Primärgrundsatz des Steuerrechts“44) zugleich die Stelle eines „in der Prinzipienhierachie o- bersten Rechtsgrundsatzes“ einnimmt folgt daraus eine Konkretisie- rungsbedürftigkeit45. Hierbei kommt dem Steuergesetzgeber ein weiter Spielraum zu, der, da keine bestimmte Wirtschaftsordnung verfassungs- rechtlich vorgesehen ist, nur durch die Grundprinzipien der Verfassung, wie die Beachtung der Grundrechte, hier insbesondere Art. 3 I GG, oder etwa das Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 I, 28 I 1 GG begrenzt wird46.

2. Rechtfertigung der Maßgeblichkeit

Genau an diesem Punkt setzt die Rechtfertigung der Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Bilanz für die Besteuerung an, da diese eine adäquate Konkretisierung der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit darstellt47. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Maßgeblichkeit als Fiskal- zwecknorm auf handelsrechtlichen Grundstrukturen fußt, die im Sinne des Leistungsfähigkeitsprinzips fortgebildet werden müssen48. Es muss also insbesondere bei der Fortentwicklung der handelsrechtlichen Bilanz- vorschriften ein Augenmerk speziell auf die steuerlichen Auswirkungen der Änderungen gerichtet werden.

Ein weiterer historisch immer wieder tradierter Rechtfertigungsgrund der Maßgeblichkeit ist die Vereinfachungsfunktion49. Wie oben gezeigt, ent- wickelte sich dieser Ansatz in einer Zeit, in der eine Besteuerung außer- halb der handelsrechtlichen Gewinnermittlung geradezu praktisch un- möglich war. In einer Zeit, in der die Buchführung durch technische Hilfsmittel vereinfacht ist und damit auch die Belastung durch die Erstel- lung der Bilanz in keinerlei Verhältnis mehr zu dem im 19. Jhdt. benötig- ten Aufwand einer Bilanzerstellung steht, schwächt sich dieses Argument m. E. allerdings stetig ab.

Die Steuergesetzgebung als Eingriffsverwaltung50 bedarf eines Gesetzes51.

Diesem Tatbestandserfordernis wird allerdings in § 5 I EStG genügt. Problematisch erscheint lediglich der Verweis auf die GoB als historisch ungeschriebene Grundsätze bzw. unbestimmte Rechtbegriffe. Deren Rechtnormqualität ist heute allerdings weitgehend anerkannt52.

3. „Vertrauensschutz“ auf Maßgeblichkeit

Zuletzt stellt sich die Frage, ob die nunmehr über einhundertjährige An- wendungspraxis einen gewissen „Vertrauensschutz“ aufgebaut hat, der gegen eine Abschaffung sprechen würde. Allerdings kann es sich hierbei nur um die Frage einer Übergangsfrist oder -regelung handeln. Denn in Bezug auf verfassungsrechtlich mögliche Abschaffung kann eine langjäh- rige Praxis nicht ein Hindernis darstellen.

4. Schlussfolgerung

Der Umkehrschluss zu den gerade gezeigten Grundprinzipien und der Rechtfertigung der Maßgeblichkeit muss allerdings lauten, dass eine mögliche Abschaffung oder Reform der Maßgeblichkeit, die den skiz- zierten verfassungsrechtlichen Grundsätzen genügt, im Ermessen des Steuergesetzgebers liegt und verfassungsrechtlich daher nicht zu bean- standen ist.

IV. Exkurs: „Maßgeblichkeit“ in anderen Rechtsräumen

Betrachtenswert erscheinen in diesem Zusammenhang auch die Regelun- gen anderer Länder im Bezug auf den Zusammenhang zwischen handels- rechtlicher Rechnungslegung und steuerrechtlicher Gewinnermittlung.

1. Anglo-Amerikanischer Rechtsraum

Dabei zeichnet sich gerade der Anglo-Amerikanische Rechtsraum als solcher aus, dem das Prinzip der Maßgeblichkeit völlig fremd ist. Dieser

Rechtraum, das common-law-System53, basiert auf einer traditionell un- terschiedlichen Rechtstradition als das kontinentaleuropäische civil-law- System. Daher verwundert es nicht, dass dieses System, auf Grund des eher ungeschriebenen Rechts, anders an die steuerliche Gewinnermittlung herangeht, als das civil law System.

a) Vereinigte Staaten von Amerika

Eine der größten Volkswirtschaften der Welt wirkt unweigerlich Einfluss auf die Welt aus. Es ist daher immer ein Blick wert, den „american way of life“ zu beachten. Die Vereinigten Staaten kennen auf Grund des föde- ralen Systems Steuern auf vielfacher Ebene. Da alle Staaten die Steuer- souveränität besitzen, sieht sich der US-amerikanische Steuerbürger ne- ben Bundes- und Landes- bzw. Staatssteuern gelegentlich auch Steuern von Gebietskörperschaften, etwa Großstädten, ausgesetzt, die alle dassel- be Steuerobjekt zu Grunde legen54. Eine etwa Art. 104a ff. GG entspre- chende Finanzverfassung kennt man dort nicht55.

Die Art der Gewinnermittlung unterscheidet sich von der Deutschen auf den ersten Blick wenig. Wie in Deutschland kennen auch die USA eine periodengerechte Gewinnermittlung, sowie eine Einnahme-Überschuss- Rechnung. Der gravierende Unterschied liegt jedoch in einem anderen Detail. Das amerikanische Recht kennt keinerlei generelle handelsrechtli- che Buchführungspflicht, solche Pflichten ergeben sich nur aus kapital- marktrechtlichen Vorschriften bzw. aus dem Gesellschaftsvertrag56. Da- her knüpft auch die steuerliche Gewinnermittlung nicht an die handels- rechtliche Gewinnermittlung an, sondern unterliegt eigenen steuerrechtli- chen Regeln57.

b) Vereinigtes Königreich

Auch das Vereinigte Königreich kennt als Urmutter des common-law- System traditionell weniger geschriebenes Gesetzesrecht als Fallrecht58. Obwohl der handelsrechtliche Abschluss hier für die steuerliche Gewin- nermittlung herangezogen wird, kann auch hier von einer Maßgeblichkeit im deutschen Sinne nicht die Rede sein59. Das britische Steuerrecht schreibt weder die Art der Buchführung, noch die der steuerlichen Ge- winnermittlung vor60. Auch die Steuergesetze haben keinerlei Einfluss auf die handelsrechtliche Bilanzierung61.

c) Kanada

In einem weiteren anglo-amerikanisch geprägten Land, Kanada, gibt es schließlich sogar keine gesetzliche Definition von „Gewinn“62 oder von „GoB“63 und folglich auch keine Maßgeblichkeit64.

2. Kontinentaleuropäischer Rechtsraum

Traditioneller Gegenpol dazu ist der kontinentaleuropäische Rechtsraum. Aber auch innerhalb der (restlichen) EU herrscht keine einheitliche Rege- lung. Klar ist nur, dass auch andere Länder der EU die gleichen oder ähn- liche Probleme bekommen werden, die ihre steuerliche Gewinnermitt- lung mehr oder weniger strikt an die handelsrechtliche Bilanz knüpfen65.

[...]


1 Statt vieler zuletzt: Bohl DB 2004, 2381, 2381.

2 Weber-Grellet BB 1999, 2659, 2659.

3 Schreiber StuW 2002, 105, 107.

4 Etwa: Kort FR 2001, 53 ff.

5 Dazu: Schulze-Osterloh DStJG 14 (1991), 123, 125.

6 Gesetz v. 17.12.1874, Gesetzblatt S. 121.

7 Gesetz v. 22.12.1874, Gesetz- und Verordnungsblatt S. 121.

8 Schreiber StuW 2002, 105, 105.

9 Gesetz v. 07.03.1891, Gesetzessammlung der Freien und Hansestadt Hamburg S. 9.

10 Gesetz v. 24.06.1891, Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten S. 175.

11 Gesetz v. 29.03.1920, RGBl. S. 359.

12 Schreiber StuW 2002, 105, 105.

13 Weber-Grellet Bilanzsteuerrecht S. 32; HHR- Stobbe § 5 Rn 71.

14 Alsheimer ZfB 1974, 841, 844.

15 So die Gesetzesbegründung zu dem Bremer EStG und dem preuß. EStG, vgl. Alshei- mer ZfB 1974, 841, 844.

16 Verhandlungen der verfassungsgebenden Deutschen Nationalversammlung, Bd. 340, Berlin 1920, Aktenstück Nr. 1624, S. 59.

17 Vgl. Alsheimer ZfB 1974, 841, 843.

18 So wies der Abgeordnete Broemel bereits am 16.02.1891 im Preußischen Landtag anlässlich der zweiten Lesung des Einkommensteuergesetzes auf den bestehenden Ziel- konflikt der Handels- und der Steuerbilanz hin; Vgl. Alsheimer ZfB 1974, 841, 845.

19 Schmidt[23]- Weber-Grellet § 5 Rn 7.

20 Vgl. Schmidt[23]- Weber-Grellet § 5 Rn 26.

21 Eingeführt durch Gesetz v. 22.12.1989, BGBl. I, 2408, BStBl. I 505.

22 Zum Streitstand siehe: Hennrichs StuW 1999, 138, 139.

23 Großkomm. HGB- Hüffer Anh. § 243 Rn 4; Schmidt[12]- Schmidt § 5 Rn 9b; Tip- ke/Lang- Lang § 9 Rn 311; Schön StuW 1995, 366, 374; Mathiak FS Beisse, S. 323, 325; Ebenso wohl auch die Finanzverwaltung, vgl. H 29 EStR „Allgemeines“.

24 Vgl. Winnefeld D Rn 20, 30; Baumbach/Hopt- Merkt § 238 Rn 11.

25 Vgl. Schulze-Osterloh DStJG 14 (1991), 123, 127 ff.; Kirchhof/Söhn- Kempermann § 5 Rn B 38; Ballwieser BFuP 1990, 477, 479.

26 Schulze-Osterloh DStJG 14 (1991), 123, 129.

27 Kirchhof/Söhn- Kempermann § 5 Rn B 119; Weber-Grellet DB 1994, 2405, 2406; Ballwieser BFuP 1990, 477, 485.

28 Schmidt[23]- Weber-Grellet § 25, 30; ders. DB 1994, 2405 f.; ders. DB 1997, 385 f.; ders. StbJb 1994/95, 97, 103; ders. Steuerbilanzrecht § 2 Rn 13; Kirchhof/Söhn- Kempermann § 5 Rn B 43.

29 Weber-Grellet StbJb 1994/95, 97, 103 dort Fn 17, S. 165.

30 Siehe sogleich unten.

31 Schmidt[9]- Schmidt § 5 Rn 9 ff.; Thiel J. DB 1989, 537.

32 Knobbe-Keuk § 2 II 2.

33 Wassermeyer DStJG 14 (1991), 29, 30 f.; Kirchhof- Crezelius § 5 Rn 22.

34 Gesetz zur steuerlichen Förderung des Wohneigentums und zur Ergänzung des Steu- erreformgesetz v. 22.12.1989, BGBl. I, 2408, BStBl. I 505.

35 Vertiefend dazu: Sittel, S. 95 ff.

36 Bis zum 31.12.1989.

37 Weber-Grellet Steuerbilanzrecht § 2 Rn 13; aM Wassermeyer DStJG 14 (1991), 29, 34; Blümich- Schreiber § 5 Rn 181.

38 Weber-Grellet Steuerbilanzrecht § 2 Rn 13.

39 BFH VIII R 72/87, BStBl. II 1992, 958; BFH X R 23/89, BStBl. II 1992, 488.

40 So auch: Raupach FS Moxter, 103 ff.

41 BVerfG 6, 70; 23, 253; 26, 310; 49, 360; ; 84, 268; Tipke/Lang- Lang § 4 Rn 70 ff.; Tipke StRO I, 282 ff.; Weber-Grellet, Steuern, S. 32; Oestreicher S. 45.

42 Tipke StRO I, 479 ff; ders. Steuergerechtigkeit S. 57; Weber-Grellet, Steuern, S. 161 ff.

43 Zur Entwicklung vgl. Tipke/Lang- Lang § 4 Rn 82.

44 Tipke/Lang- Lang § 4 Rn 83.

45 Tipke/Lang- Lang § 4 Rn 83.

46 Tipke/Lang- Lang § 4 Rn 98; Jakob Rn 5; Siehe auch Tipke Steuergerechtigkeit S. 22.

47 Tipke/Lang- Lang § 9 Rn 307.

48 Tipke/Lang- Lang § 9 Rn 307.

49 Weber-Grellet Bilanzsteuerrecht S. 32.

50 Birk Rn 62.

51 Tipke/Lang- Lang § 4 Rn 161 f.

52 BFH I R 208/63, BStBl. III 1967, 607; vgl. vertiefend mit weiterer Einteilung: Pfahl, 205 ff.; Beisse BFuP 1990, 499, 499; ders. StuW 1984, 1, 6.

53 Vgl. dazu, insbesondere zur US-Rechtstradition und -geschichte Hay, Rn 1 ff.

54 Im Folgenden richtet sich die Darstellung nach der Bundessteuer auf Einkommen, der federal income tax. Vgl. dazu eingehender Kroschel S. 47 f.

55 Kroschel S. 47.

56 Kroschel S. 67.

57 Kroschel S. 66 ff.

58 Hay, Rn 1 f.

59 Mennel/Förster Großbritannien Rn 53.

60 Mennel/Förster Großbritannien Rn 52.

61 Mennel/Förster Großbritannien Rn 55.

62 Mennel/Förster Kanada Rn 72.

63 Mennel/Förster Kanada Rn 72.

64 Mennel/Förster Kanada Rn 73.

65 Vgl. hierzu die Übersichten zur Maßgeblichkeit in der EU der 25 bei Spengel IStR 2004, 615, 617, Abb. 3 und Abb. 4.

Ende der Leseprobe aus 50 Seiten

Details

Titel
Steuerbilanzvergleich
Untertitel
Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf  (Lehrstuhl für Unternehmenssteuerrecht)
Veranstaltung
Seminar zum Generalthema: Gewinnermittlung im Steuerrecht
Note
13
Autor
Jahr
2005
Seiten
50
Katalognummer
V118540
ISBN (eBook)
9783640219759
ISBN (Buch)
9783640219957
Dateigröße
600 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Steuerbilanzvergleich, Seminar, Generalthema, Gewinnermittlung, Steuerrecht
Arbeit zitieren
Michael Kaiser (Autor:in), 2005, Steuerbilanzvergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118540

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Steuerbilanzvergleich



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden