Thomas von Aquin - Christlicher Staat und menschliche Vernunft

Ein ideengeschichtlicher Einblick in die Staatslehre


Referat (Ausarbeitung), 2008

17 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsübersicht

Einleitung

1. Eine kurze Einlassung zu Thomas von Aquin

2. Die politische Philosophie Thomas von Aquins

3. Ordnungsgewalten und Staatsformen in Thomas' Lehre

4. Zum Verhältnis von weltlicher und geistlicher Macht

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um die schriftliche Ausarbeitung eines Referates über die Staatskonzeption des Thomas von Aquin, einem der bedeutsamsten Theologen, Philosophen und politischen Denker des Mittelalters. Als „Fürst der Scholastik", einer acht Jahrhunderte währenden philosophischen Theologie, prägte Thomas von Aquin das geistige Leben des Abendlandes in entscheidender Weise und beeinflusste die Lehre der katholischen Kirche bis in die Neuzeit. Der Thomismus als philosophische Schule der Gegenwart entwickelt noch heute thomasische Gedanken weiter, indem er sich mit modernen philosophischen Problemen und geschichtlich- sozialen Gegebenheiten auseinander setzt (vgl. Matz 1979: 114f).

Im Mittelpunkt der Betrachtung soll in dieser Arbeit jedoch vielmehr die Bedeutung Thomas' für die politische Ideengeschichte stehen. Als Unterdisziplin der Politischen Theorie, welche laut Werner Patzelt „...dokumentiert und .. immer wieder aufbereitet, was im Lauf der Jahrhunderte an überdauernden Einsichten zusammengetragen wurde," erforscht die Ideengeschichte die Voraussetzungen für das Aufkommen, die Entfaltung, Geschichte und Wirkung politischer Denkströmungen (Patzelt 1992: 172-175). Fragen mit Gegenwartsbezug wie etwa „Woher kommen zeitgenössische politische Denkweisen?", „Welche Erfahrungen sind in sie eingeflossen?", „Welche Schwachpunkte politischer Anschauungen wurden längst erkannt?", „Birgt die Geschichte politischen Denkens Antworten auf gegenwärtige Fragen?" usw. (vgl. Patzelt: 175) können leider nicht gänzlich in diese Arbeit eingehen. Was diese Arbeit jedoch zu leisten versucht ist eine kompakte Darstellung der Staatskonzeption Thomas von Aquins, auf die sich eine weiterführende Beschäftigung unter Berücksichtigung zentraler Ansätze des Denkers anschließen kann.

Nach einigen biographischen Angaben zu Thomas von Aquin, die für das Verständnis seines Denkens und Handelns durchaus von Bedeutung sind, führt das zweite Kapitel in die Lehre vom christlichen Staat und der menschlichen

Vernunft ein, indem anthropologische Grundannahmen vorgestellt und Schlussfolgerungen für die Existenz und das Fortbestehen eines Staates gezogen werden. Die Position des Thomas in der Frage, welche Staatsform die am besten geeignete sei, wird im dritten Kapitel umrissen. Wie noch zu erkennen sein wird spielt die Frage nach dem Verhältnis von weltlicher und geistlicher Macht aus der Sicht des Scholastikers Thomas eine enorm wichtige Rolle, so dass diesem Aspekt das vierte Kapitel der Ausarbeitung zugedacht ist.

1. Eine kurze Einlassung zu Thomas von Aquin

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Als siebter Sohn des Herzogs Landulf von Aquino wurde Thomas um Neujahr 1225 im Schloss Roccasecca bei Neapel geboren. Das Heilige Römische Reich und die römisch- katholische Kirche stellten zu dieser Zeit die wichtigsten Institutionen einer lateinischen Kultur dar, die sich unter anderem über das heutige England, Frankreich, Deutschland und Italien erstreckte. Schon früh sah sich Thomas den Konflikten zwischen dem regierenden Kaiser Friedrich II. und dem Papsttum ausgesetzt, als er im Alter von fünf Jahren in eine Benediktinerabtei im Grenzgebiet zwischen Friedrichs Königreich und päpstlichem Herrschaftsgebiet geschickt wurde. Friedrich II., der übrigens Thomas' Halbvetter war, ließ das Kloster 1239 durch Truppen besetzen, da die Mönche seiner Auffassung nach zu stark dem Papsttum nachfolgten. Als

„Gegengewicht gegen die päpstliche Universität von Bologna", wie der Thomas- Kenner Anthony Kenny schreibt, hatte der Kaiser die Universität Neapel errichten lassen, an der Thomas im Verlaufe seines Philosophiestudiums mit den Traktaten des Aristoteles vertraut wurde (vgl. Kenny 1999: 11-12).

Thomas von Aquin ging in der Folgezeit noch verschiedenen Lehrtätigkeiten nach, so unter anderem in Rom und Paris, ehe er 1272 nach Neapel zurückkehrte um die theologische Fakultät zu leiten. Am 7. März 1274 verstarb er im Zisterzienserkloster Fossa Nuova. 1323 wurde Thomas heilig gesprochen und später zum Kirchenlehrer erklärt (vgl. Zimmermann 1982: 109-110).

Die Schriften des Thomas eröffneten einen langwährenden Diskurs über das Verhältnis von Kirche und Staat. Als die geistliche Gewalt nach dem Tod Kaiser Friedrichs II. an Bedeutung im politischen Leben gewann - wie beispielsweise der Investiturstreit den Päpsten das Recht abrang, Bischöfe zu ernennen - reagierten nationale Herrscher in Städten wie Venedig oder Florenz auf diese Schwächung mit der Schaffung einer republikanischen Verfassung.

Währenddessen gelangten bis dahin unbekannte Werke des vorchristlichen Aristoteles nach Europa; Schriften, die in Fragen über die Erschaffung der Welt oder der Unsterblichkeit der Seele stark von der christlichen Überzeugung abwichen (Black 1988: 87-88). Bedeutsam war die neue Aristoteles-Rezeption in zweierlei Hinsicht: Erstens hätte eine weitgehende Akzeptanz der aristotelischen Lehre möglicherweise die Legitimität der christlichen Herrschaft in Frage gestellt. Zum zweiten entwickelte Thomas eine „Synthese aus heidnischer Philosophie und Christentum" (Black 1988: 88). In der Überzeugung, aus der aristotelischen Philosophie noch lernen zu können, formulierte Thomas vor dem Hintergrund der ständigen Rivalität zwischen weltlicher und geistlicher Macht neben anderen bedeutsamen Werken die „erste christliche Staatsphilosophie auf der Grundlage der aristotelischen Politik" (Philipp 1997: 486).

Konkret ist diese Staatsphilosophie des Thomas von Aquin in dem Traktat „De regime principum" - „Über die Herrschaft der Fürsten" erkennbar. Ursprünglich als Fürstenspiegel aufgesetzt, sollte das Werk anhand nachahmenswerter Beispiele aus der Antike oder der Heiligen Schrift den Regierenden ein Leitfaden sein. So liefert Thomas Antworten auf Fragen wie „Wer soll herrschen?", „Wie stehen Eigeninteressen und Gemeinwohl zueinander?",

„Welche Regierungsform ist die beste?" oder „Darf Widerstand gegen entartete Regierungsformen geleistet werden?" und entfaltet seine Überlegungen ausgehend von einigen anthropologischen Grundannahmen (vgl. Braun et al. 1994: 84).

2. Die politische Philosophie Thomas von Aquins

Werner J. Patzelt stellt in seiner Einführung in die Politikwissenschaft die zentralen Fragen vor, welche die Politische Philosophie zu beantworten versucht (vgl. S. 175-177). Es sind Fragen zur Natur des Menschen, mit denen sich auch Thomas von Aquin mit Bezug auf Aristoteles auseinander gesetzt hatte. Drei Leitfragenkomplexe sind heute also nicht weniger richtungweisend als vor 750 Jahren:

- Was ist der Mensch?Welche Voraussetzungen für welche Ausgestaltung politischer Systeme bringt er mit? Welche politischen Ordnungsformen sind seiner Natur angemessen und können mit Aussicht auf Erfolg und Dauerhaftigkeit angestrebt werden?
- Was dürfen wir politisch hoffen?Mit welchen Unzulänglichkeiten von Regierenden und Regierten, mit welchen Paradoxien beim Versuch, bestimmte Werte zu verwirklichen, haben wir zu rechnen? Welche Risiken politischer Ordnungsbildung und politischen Handelns sind zu bedenken? Mit welchen politischen Tugenden (z.B. Klugheit, Mäßigung, Stärke, Bescheidenheit, Vorsicht...) kann man versuchen, diese Probleme zu bewältigen?
- Was sollen wir politisch tun?Welche Werte sollen wir politischen Systemen zugrunde legen? Was wären für die politische Praxis tragfähige Konzeptionen von Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit, Glück?

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Thomas von Aquin - Christlicher Staat und menschliche Vernunft
Untertitel
Ein ideengeschichtlicher Einblick in die Staatslehre
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Institut für Sozialwissenschaften - Abteilung Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Ideengeschichtliche Grundlagen von Staat und Politik: Theorien und Klassiker der Staatsvertragslehre
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V118479
ISBN (eBook)
9783640215447
ISBN (Buch)
9783640215508
Dateigröße
3306 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Thomas, Aquin, Christlicher, Staat, Vernunft, Ideengeschichtliche, Grundlagen, Staat, Politik, Theorien, Klassiker, Staatsvertragslehre
Arbeit zitieren
Tobias Reiche (Autor:in), 2008, Thomas von Aquin - Christlicher Staat und menschliche Vernunft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118479

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