Wirtschaftswissenschaftliche Erfolgszurechnung durch ökonometrische Verfahren

Der Verteilungsschlüssel der europäischen Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage (GKKB)


Diplomarbeit, 2008

69 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe


1. Einleitung

Der Strukturwandel, der in der Wirtschaft durch die Globalisierung angeregt wurde, sorgt für eine zunehmende internationale Verflechtung der Unternehmen.[1] Immer mehr Unternehmen können nicht nur nationale Aktivitäten vorweisen, sondern haben eine internationale Präsenz zu verantworten. Besondere Möglichkeiten verschafft der ständige Ausbau des europäischen Binnenmarktes. Viele Unternehmen sind in mehr als nur einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) tätig und darüber hinaus sind immer mehr grenzüberschreitende Fusionen zu verzeichnen.[2] Für die europäischen Unternehmen entsteht daraus ein Problem. Sie müssen sich mit 27 unterschiedlichen Steuersystemen und Steuersätzen auseinandersetzen.

Die Folgen des uneinheitlichen Steuersystems in der EU sind für die Unternehmen sowie für die Mitgliedstaaten negativ. Die Unternehmen haben hohe Befolgungskosten und müssen vielfach Doppelbesteuerungen hinnehmen. Um dem entgegenzuwirken, gestalten Unternehmen ihre wirtschaftlichen Aktivitäten entsprechend dem günstigeren Steuersystem. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Steuergestaltung durch die Wahl des Standortes oder durch konzerninterne Gewinnverlagerung mithilfe von Finanzierungsgestaltungen und Verrechnungspreisen.[3] Die Mitgliedstaaten versuchen dieses Verhalten auf zwei Wegen abzuwehren. Zum einen mit verstärktem Steuerwettbewerb, d.h. niedrigen Steuersätzen und zum anderen mit zunehmenden Schutzmaßnahmen gegen die Gewinnverlagerung.[4]

Die Europäische Kommission will den Steuerwettbewerb unter den Mitgliedstaaten, die freie Steuergestaltung sowie die Doppelbesteuerung von Unternehmen entgegenwirken, und plant die Einführung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage (GKKB).[5] Die GKKB soll den Gedanken des Binnenmarktes fortführen und ein effizientes, wettbewerbsfähiges Steuerrecht für die Unternehmen implementieren. Für die Unternehmen würden die Befolgungskosten sinken und Doppelbesteuerungen im europäischen Raum wegfallen. Für die Mitgliedstaaten würde sich hingegen der Steuerwettbewerb auf den Steuersatz und die Bereitstellung von öffentlichen Gütern reduzieren.[6] Andererseits wird das Steueraufkommen der EU - Staaten stabilisiert, da der Anreiz für eine Gewinnverlagerung im europäischen Raum minimiert wird.[7]

Die GKKB soll in zwei Schritten entstehen: Zuerst erfolgt die separate Rechnungslegung für jedes einzelne Konzernmitglied und danach wird die Konsolidierung im Konzernverbund vorgenommen.[8] Man erhält die Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage des Konzerns, diese muss auf die einzelnen Organisationseinheiten zurückverteilt werden, da nicht der Konzern das Steuersubjekt ist, sondern die einzelnen Konzerngesellschaften.

Die Aufteilung des Gesamterfolges soll nicht unter Verwendung von Verrechnungspreisen erfolgen, sondern mithilfe eines geeigneten Verteilungsschlüssels, der den korrekten Beitrag einer Organisationseinheit zur Erfolgsgröße ermittelt. Im Folgenden soll dieser Verteilungsschlüssel untersucht werden. Mithilfe eines ökonometrischen Verfahrens soll eine geeignete Gewichtung im Verteilungsschlüssel gefunden werden.

Zum Beginn dieser Arbeit soll einleitend die wirtschaftswissenschaftliche Erfolgszurechnung betrachtet werden. In der volkswirtschaftlichen Erfolgszurechnung kann ein Ansatz gefunden werden, der den Verteilungsschlüssel der GKKB unterstützt. Die betriebswirtschaftliche Erfolgszurechnung zeigt noch einmal deutlich das derzeitige Problem der Manipulationsmöglichkeiten.

Danach folgt eine ausführliche Analyse des Verteilungsschlüssels der GKKB. Hierbei sollen die Wahl des Schlüssels und die Wahl der einzusetzenden Faktoren im Mittelpunkt stehen. Die Faktoren werden ausführlich besprochen und mithilfe einer ökonomischen Wirkungsanalyse untersucht.

Es folgt eine Einführung in das ökonometrische Verfahren. Zur Wahl stand die Durchführung einer Regressionsanalyse oder einer Faktorenanalyse. Die Entscheidung fiel zugunsten der Regressionsanalyse, da bereits in der Literatur diese Idee vorgeschlagen wurde.[9] Diese Analyse ist die Basis für die Berechnung der Gewichtung der einzelnen Faktoren im Verteilungsschlüssel. Die Berechnung erfolgt am Beispiel einer Querschnittsanalyse. Die Daten für diese Regression sind aus den Geschäftsberichten der 30 im DAX–Index notierten Unternehmen aus dem Geschäftsjahr 2007 entnommen.[10]

Zum Schluss folgt eine Handlungsempfehlung wie der geeignete Verteilungsschlüssel ausgestaltet werden sollte. Beantwortet wird die Frage, welche Faktoren und mit welcher unterschiedlichen Gewichtung diese Faktoren in den Verteilungsschlüssel einbezogen werden sollen. Das Ergebnis dieser Arbeit stellt die Zurechnung von Erfolgsgrößen auf die daran beteiligten Organisationseinheiten mithilfe des Verteilungsschlüssels dar. Begonnen wird mit den Grundlagen der wirtschaftswissenschaftlichen Erfolgszurechnung.

2. Wirtschaftswissenschaftliche Erfolgszurechnung

Die wirtschaftswissenschaftliche Erfolgszurechnung teilt sich in zwei Richtungen. Die eine Richtung stellt die volkswirtschaftliche Analyse der Produktionsfunktion dar. Die andere Richtung zeigt die klassische betriebswirtschaftliche Erfolgsmessung im Bereich des Rechnungswesens auf, wobei noch einmal das Problem Erfolgszurechnung durch Verrechnungspreise verdeutlicht wird.

2.1. Erfolgszurechnung durch die Produktionsfunktion

Die volkswirtschaftliche Analyse der Produktionsfunktion umfasst die Betrachtung der Produktionsfaktoren: Arbeit und Kapital.[11] Die Vermögensgegenstände Grund und Boden werden unter den weitläufigen Begriff des Kapitals subsumiert. Die Produktionsfunktion ist Gegenstand der mikroökonomischen Betrachtung der Unternehmensaktivitäten in einer Volkswirtschaft. Sie errechnet, welche Outputleistungen erbracht werden können bei gegebenen Faktoreinsätzen.[12] Ein gewinnmaximierendes Unternehmen steigert den Einsatz der Produktionsfaktoren solange bis die Kosten eines Produktionsfaktors (Faktorpreis) gleich dessen Wertgrenzprodukt ist, d.h. die Grenzproduktivität wird mit dem Grenzerlös multipliziert.[13] Hieraus resultiert unter der Annahme des vollständigen Wettbewerbs und der Gewinnmaximierung von Unternehmen, dass die Grenzproduktivität eines Faktors gleich dessen Faktorpreis ist.[14]

Betrachtet man das Volkseinkommen, so wird dieses durch die Produktionsfunktion auf den Produktionsfaktor Arbeit in Form von Löhnen und Gehältern und auf den Produktionsfaktor Kapital in Form von Mieten, Zinsen und Gewinnen verteilt.[15] Werden die Faktoreinkommen Löhne und Gehälter, Mieten, Zinsen und Gewinne als Erfolgsgrößen für die Bereitstellung eines Faktors auf dem Markt angesehen, würde sich aus Sicht der volkswirtschaftlichen Erfolgszurechnung in Deutschland eine Verteilung des Faktoreinkommens im Jahr 2007 zu 65% auf den Faktor Arbeit und zu 35% auf den Faktor Kapital ergeben. Vergleichsweise ähnliche Werte lassen sich für die EU ermitteln.[16]

Dieses Ergebnis wird in die Handlungsempfehlung einfließen. Nun folgt die Betrachtung der betriebswirtschaftlichen Erfolgszurechnung.

2.2. Erfolgszurechnung durch Verrechnungspreise

Die betriebswirtschaftliche Erfolgsmessung kann in zwei Segmente gegliedert werden. Auf der einen Seite kann das Rechnungswesen als Quelle zur Berechnung des Erfolges dienen und auf der anderen Seite wird nach Erfolgsfaktoren gesucht, die das Ergebnis aus dem Rechnungswesen erklären.[17]

Die Erfolgsfaktorenforschung leistet einen Beitrag, um zu erklären, welche Einflüsse auf den Gewinn wirken. Die häufigsten ermittelten Erfolgsfaktoren sind der Marktanteil und die Produktqualität. Jedoch ist keine allgemeingültige Aussage über die Wirkung solcher Faktoren möglich, weil unterschiedliche Untersuchungen gegenteilige Ergebnisse erzielten.[18] Außerdem können die Ergebnisse der Erfolgsfaktorenforschung keine Aussage darüber treffen, welche Organisationseinheit für den Marktanteil oder die Produktqualität verantwortlich ist. Somit bleibt nur die Möglichkeit die Erfolgszuteilung durch das betriebswirtschaftliche Rechnungswesen vorzunehmen.

Das Rechnungswesen ist gegliedert in ein externes und ein internes Berichtswesen. Das externe Rechnungswesen unterliegt der Publizitätspflicht mit der Veröffentlichung des Jahresabschlusses, welcher eine Bilanz, eine Gewinn–und Verlust–Rechnung sowie zusätzliche Informationspflichten für Kapitalgesellschaften mit einem Anhang und einem Lagebericht enthält.[19] Der ausgewiesene Erfolg des Jahresabschlusses ist abhängig von der Bilanzpolitik der Unternehmen und von den Vorschriften der Rechnungslegung. Liegt ein einzelner Jahresabschluss eines Unternehmens vor, besteht keine Notwendigkeit einer separaten Erfolgszuteilung. Handelt es sich um einen Konzernabschluss, muss die Erfolgszuteilung auf die einzelnen Konzerngesellschaften geregelt werden.

Der Konzern ist ein fiktives rechtliches Unternehmen, dessen Jahresabschluss die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage aller einbezogen Unternehmen abbildet, als wäre es eine Einheit.[20] Der Konzernabschluss hat die Funktion der Informationsweitergabe an externe Rechnungslegungsadressaten, wobei Defizite des Einzelabschlusses von verbundenen Unternehmen durch die Konsolidierung eliminiert werden.[21] Das Ergebnis ist die Erfolgsmessung des gesamten Konzerns, dennoch ist eine Aufteilung auf die einzelnen Organisationseinheiten nicht ohne Weiteres möglich. Die Einzelabschlüsse von wirtschaftlich oder rechtlich verbundenen Unternehmen beinhalten vielfach konzerninterne Transaktionen. Die Bewertung der konzerninternen Transaktionen stellt ein Problem dar, das vielfach durch das interne Rechnungswesen gelöst wird.

Das interne Rechnungswesen liefert Verrechnungspreise, welche die Eigenschaften einer Kontrollfunktion für den innerbetrieblichen Leistungsaustausch, einer Allokationsfunktion für die bestmögliche Nutzung von Ressourcen, einer Motivationsfunktion für die Aufteilung von Erfolgen und einer Bilanzierungsfunktion für die handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Vorschriften vereinen.[22] Die Erfolgszuweisung auf die beteiligten Organisationseinheiten ist eine der wichtigsten Aufgaben von Verrechnungspreisen.[23] Der Marktpreis im Fremdvergleich stellt den optimalen Verrechnungspreis dar. Ist dieser nicht zu ermitteln, müssen alternative Methoden angewendet werden. Ein Beispiel liefert die Kosten–plus–Methode, die auf die tatsächlich entstandenen Kosten einen Aufschlag setzt.[24] Diese alternativen Regelungen müssen sich den rechtlichen Rahmenbedingungen anpassen.[25] Je weiter der Verrechnungspreis vom Marktpreis entfernt ist, desto größer ist die Manipulationsmöglichkeit. Es besteht die Möglichkeit der Gewinnverlagerung in Niedrigsteuerländer.

Es ist noch einmal deutlich geworden, dass die Erfolgszurechnung durch das Rechnungswesen nicht objektiv ist und Möglichkeiten für Manipulationen aufweist. Außerdem wurde gezeigt, dass die Faktoren Arbeit und Kapital in Deutschland im Verhältnis von 65% zu 35% das Volkseinkommen generieren. Im Folgenden wird eine genauere Analyse des Verteilungsschlüssels der GKKB vorgenommen.

3. Analyse des Verteilungsschlüssels der GKKB

Die EU hat sich mit der Lissabon–Strategie dem Ziel verpflichtet, „die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen"[26]. Wesentlicher Bestandteil dieser Strategie ist, den europäischen Binnenmarkt für die direkte Besteuerung von Unternehmen zu realisieren, um Wohlfahrtsverluste und Steuerverzerrungen bei Investitionsentscheidungen zu vermeiden sowie die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen zu steigern.[27]

Bisher müssen die Unternehmen sich innerhalb der EU mit 27 unterschiedlichen Steuersystemen beschäftigen. Folglich entstehen hohe Befolgungskosten und Doppelbesteuerungen sind nicht auszuschließen. Aktuell bestehen besonders in diesen Bereichen steuerliche Probleme: die Berechnung von Verrechnungspreisen, Quellensteuern bei konzerninternen Zahlungen, unzureichender grenzüberschreitender Verlustausgleich sowie Erschwernis grenzübergreifender Umstrukturierungen.[28] Trotz diverser Richtlinien zur Harmonisierung dieser Steuertatbestände konnte eine Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht hundertprozentig erreicht werden, welches nicht zuletzt aus der unterschiedlichen Umsetzung der Richtlinien in den Mitgliedstaaten folgte.[29] Aus staatlicher Sicht ist Handlungsbedarf erforderlich, da die Gewinnverlagerung in Niedrigsteuerländern, z.B. durch Verrechnungspreise, die Steuereinnahmen gefährden. Des Weiteren ist es durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erforderlich, die nationalen Steuersysteme dem europäischen Recht konform zu gestalten, insbesondere ist hierbei die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 EGV) und Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EGV) zu beachten.[30]

Zur Lösung dieser Probleme soll die GKKB „im Wege eines einheitlichen Rahmens für die Unternehmensbesteuerung“[31] in der EU beitragen. Folgende drei Schritte werden angestrebt: Erstens ermitteln alle Konzernmitglieder einzeln und unabhängig voneinander ihren Erfolg nach den Vorschriften der GKKB, zweitens erfolgt eine Konsolidierung der Erfolgsgrößen auf Ebene der Muttergesellschaft und drittens wird der Gesamterfolg mithilfe eines Aufteilungsmechanismus auf die daran beteiligten Organisationseinheiten in den jeweiligen Mitgliedsstaaten verteilt.[32] Aus Sicht der Unternehmung entstehen zwei Konsequenzen, einerseits sinken die Befolgungskosten, da es anstelle von 27 Steuersystemen nur noch ein Steuersystem gibt, aber andererseits ist zu beachten, dass der Spielraum für die internationale Steuergestaltung innerhalb der EU absinken wird.[33] Für die Mitgliedstaaten wird sich der Wettbewerb um die Unternehmen und Investitionen auf die Steuersätze sowie die Bereitstellung von öffentlichen Gütern reduzieren.[34]

Die einheitliche Rechnungslegung sollte so entwickelt werden, dass die Aufteilung der Steuerbemessungsgrundlage nicht mehr durch Verrechnungspreise auf Basis des Fremdvergleichs stattfindet, sondern ein anderer geeigneterer Aufteilungsmechanismus zur Verteilung des Gewinns auf die beteiligten Organisationseinheiten gefunden wird.[35] Zu beachten ist, dass an den Außengrenzen der EU weiterhin die oben genannten Probleme bestehen bleiben, da es sich hier nur um eine einheitliche Steuerbemessungsgrundlage für die EU handelt.[36] So folgt zunächst eine Analyse der zur Wahl stehenden Aufteilungsmechanismen.

3.1. Wahl des Aufteilungsmechanismus

Die Ziele des Aufteilungsmechanismus sind eine einfache Anwendung für den Steuerpflichtigen und die Steuerverwaltung, die Manipulationsmöglichkeiten weitestgehend auszuschließen, die Steuerbemessungsgrundlage gerecht und fair auf die beteiligten Organisationseinheiten zu verteilen und es zu keiner weiteren Verschärfung des Steuerwettbewerbes zwischen den Mitgliedstaaten kommen zulassen.[37]

Zur Diskussion standen drei Verteilungsmechanismen: Auf der einen Seite handelt es sich um einen makroökonomischen Ansatz, unter Verwendung von makroökonomischen Kennzahlen, und auf der anderen Seite stehen zwei mikroökonomische Ansätze zur Wahl, unter Verwendung einer Formelzerlegung oder eines Wertschöpfungsschlüssels.[38] Einen perfekten Aufteilungsmechanismus gibt es nicht, deshalb müssen Vor- und Nachteile aller Ansätze abgewogen werden.[39]

Die makroökonomische Verteilung entspricht einer Formelzerlegung, der genutzte Faktor, z.B. das Bruttoinlandsprodukt, kann nicht direkt durch die Unternehmen beeinflusst werden. Die Verteilung erfolgt auf alle Mitgliedstaaten der EU oder nur auf die Staaten, in denen das Unternehmen wirtschaftlich aktiv ist. Wird der Faktor Bruttoinlandsprodukt verwendet, so wird einem Mitgliedstaat der Anteil an der GKKB zugeteilt, der gleich dem Anteil des Mitgliedstaates am Bruttoinlandsprodukt der gesamten EU oder der Staaten, in denen das Unternehmen wirtschaftlich aktiv ist.[40] Die makroökonomische Aufteilung hat den Vorteil, dass es sich um eine einfach anzuwendende Methode handelt. Jedoch ist zu beachten, dass es langfristig Anpassungsreaktionen der Unternehmen geben kann, wenn die wirtschaftliche Aktivität Voraussetzung für die Aufteilung der GKKB ist. Die Unternehmen können über Direktgeschäfte, d.h. ohne eine weitere Basis in dem betreffenden Land zu haben, die Versorgung eines Landes mit ihren Produkten übernehmen.[41] Vermieden werden kann dies nur, wenn zusätzlich zur Harmonisierung der Bemessungsgrundlage die Steuersätze angeglichen werden.[42] Der entscheidende Nachteil dieses Konzeptes ist die Abkoppelung der Steuerpflicht eines Unternehmens von dessen tatsächlich ausgeübter Leistungsfähigkeit in einem Mitgliedstaat sowie der steigende Anreiz für die Mitgliedstaaten den Körperschaftsteuersatz zu erhöhen, da der zugewiesene Anteil nicht durch die Unternehmen beeinflusst werden kann.[43]

Der erste mikroökonomische Ansatz ist der Wertschöpfungsschlüssel. Die Aufteilung auf Grundlage der Wertschöpfung nimmt die Umsatzsteuererklärung als Ausgangspunkt, welches eine einfach Ausgangssituation vermuten lässt. Jedoch sind eine Reihe von Anpassungen vonseiten der Steuerpflichtigen erforderlich und die Komplexität wird dadurch wieder erhöht. Die Differenz zwischen den Ausgangsumsätzen und den Eingangsumsätzen dient als Bemessungsgrundlage.[44] Das Problem der konzerninternen Geschäftsvorfälle kann nur durch Verrechnungspreise gelöst werden, somit ist die Manipulation durch Gewinnverlagerung weiterhin möglich.[45]

Der zweite mikroökonomische Ansatz ist die Formelzerlegung. Sie soll mit den unternehmensbezogenen Faktoren Arbeit, Kapital und Umsatz erfolgen. Diese Elemente sollen die Faktoren repräsentieren, die das Konzerneinkommen generieren und die Aktivitäten des Konzerns in den jeweiligen Mitgliedstaaten widerspiegeln.[46] In der Formelzerlegung soll das Prinzip der Quellenregel verfolgt werden, welches den Steuerpflichtigen zur Zahlung von Steuern dort heranzieht, wo er durch Steuern finanzierte öffentliche Güter nutzt.[47] Mit dieser Formelzerlegung wird die Steuerpflicht an die wirtschaftliche Aktivität des Konzerns in einem Land geknüpft und die Verrechnungspreisproblematik wird durch die Konsolidierung eliminiert. Dieses Konzept wird in den USA sowie in Kanada erfolgreich angewandt und kann als Anschauungsobjekt dienen, ohne etwaige Fehler, gemeint ist z.B. die uneinheitliche Anwendung der Zerlegungsformel in den USA, zu übernehmen.[48]

Die Europäische Kommission beabsichtigt das Konzept der Formelzerlegung als Basis weiterer Überlegungen zu verwenden und die ersten beiden Ansätze nicht weiter zu verfolgen, weil die genannten Vor- und Nachteile des makroökonomischen Ansatzes und des Wertschöpfungsschlüssels die Vor- und Nachteile der Formelzerlegung unterlegen sind.[49] Dem wird sich aus den genannten Gründen angeschlossen und es folgt eine Analyse der Formelzerlegung.

3.2. Grundprinzipien der Formelzerlegung

Dieses mikroökonomische Konzept basiert auf der Idee, die Angebotsseite repräsentiert durch die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital und die Nachfrageseite repräsentiert durch den Faktor Umsatz, in einer Formel als Quelle der Einkommensgenerierung zu vereinen.[50]

Folgende Formel würde entstehen:[51]

Um die größtmöglichen positiven Effekte dieser Formelzerlegung zu generieren, zeigt das Beispiel der USA, dass es notwendig ist, dass alle Mitgliedstaaten die gleiche Formel verwenden.[52] Wenn die Nutzung einer abweichenden Formel zugelassen wird, kommt es erneut zu Verzerrungen und Doppelbesteuerungen[53] sowie zunehmendem Steuerwettbewerb[54] zwischen den Mitgliedstaaten. Hier würde für die Mitgliedstaaten der Anreiz bestehen, die Gewichte der Faktoren strategisch zu wählen, um einen höheren Anteil am Konzerngewinn zugewiesen zu bekommen. Folglich würde ein Wettbewerb um Produktionsstandorte und Steueraufkommen entstehen.[55] Unproblematisch ist hingegen die Möglichkeit sektorspezifische Formeln zu verwenden, die Abweichungen in den Faktoren oder der Faktorengewichtung aufweisen, solange sie einheitlich in allen Mitgliedstaaten angewendet werden. Des Weiteren bedarf es einer Analyse der einzelnen Faktoren, welche jeweils die Definition des Faktors, die Bewertung und die örtliche Zuordnung beinhaltet.

[...]


[1] Vgl. Coenenberg (2005), S. 551

[2] Vgl. KOM (2001) 260, S. 6

[3] Vgl. Gutachten wiss. Beirat des BMF (2007), S. 8

[4] Beispiel: Unternehmenssteuerreform 2008 in Deutschland: Verschärfung des §1Abs.1AStG und Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 15%.

[5] Vgl. KOM (2001) 582, S. 10

[6] Vgl. Gutachten wiss. Beirat des BMF (2007), S. 11 f.

[7] Vgl. Gutachten wiss. Beirat des BMF (2007), S. 69

[8] Vgl. Spengel u.a. (2006), S. 46

[9] Vgl. Agúndez-Gracía (2006), S. 58

[10] Stand: 01. August 2008

[11] Vgl. Cezanne (2005), S. 4

[12] Vgl. Samuelson u.a. (1998), S. 128

[13] Vgl. Samuelson u.a. (1998), S. 256 ff.

[14] Vgl. Cezanne (2005), S. 539

[15] Vgl. Samuelson u.a. (1998), S. 264 f.

[16] Siehe Anhang A, S. 47

[17] Vgl. Haenecke (2002), S. 166

[18] Vgl. Haenecke (2002), S. 176

[19] Vgl. Coenenberg (2005), S. 3

[20] Vgl. Scherrer (2007), S. 8

[21] Vgl. Coenenberg (2005), S. 552 ff.

[22] Vgl. Rasch (2001), S. 8 f.

[23] Vgl. Coenenberg u.a. (2007), S. 677

[24] Vgl. Coenenberg u.a. (2007), S. 723 f.

[25] Vgl. § 1 Abs. 1 AStG

[26] Schlussfolgerungen des Vorsitzes, Europäischer Rat (Lissabon), 23./24. März 2000, Abs. 5

[27] Vgl. KOM (2001) 582, S. 3

[28] Vgl. KOM (2001) 582, S. 11 f.

[29] Vgl. KOM (2001) 582, S. 12

[30] Vgl. KOM (2003) 726, S. 6

[31] Vgl. KOM (2001) 582, S. 18

[32] Vgl. Spengel u.a. (2006), S. 46

[33] Vgl. Schreiber (2004), S.219

[34] Vgl. Gutachten wiss. Beirat des BMF (2007), S. 11

[35] Vgl. KOM (2003) 726, S. 24

[36] Vgl. Schreiber (2004), S.219

[37] Vgl. CCCTB \ WP \ 060, S. 5 f.

[38] Vgl. CCCTB \ WP \ 060, S. 6

[39] Vgl. Agúndez-Gracía (2006), S. 86 f.

[40] Vgl. Agúndez-Gracía (2006), S. 40

[41] Vgl. Wellisch (2004), S. 271

[42] Vgl. Wellisch (2004), S. 271

[43] Vgl. CCCTB \ WP \ 052, S. 3 f.

[44] Vgl. Wellisch (2004), S. 273

[45] Vgl. CCCTB \ WP \ 052, S. 5 f.

[46] Vgl. CCCTB \ WP \ 047, S. 6

[47] Vgl. Schreiber (2004), S.220

[48] Vgl. KOM (2003) 726, S. 25

[49] Vgl. CCCTB \ WP \ 052, S. 14 f.

[50] Vgl. Agúndez-Gracía (2006), S. 36

[51] Vgl. CCCTB \ WP \ 060, S. 7

[52] Vgl. Weiner (2005), S. 51

[53] Vgl. Oestreicher (2002), S. 349

[54] Vgl. Agúndez-Gracía (2006), S. 65 f.

[55] Vgl. Wellisch (2004), S. 270

Ende der Leseprobe aus 69 Seiten

Details

Titel
Wirtschaftswissenschaftliche Erfolgszurechnung durch ökonometrische Verfahren
Untertitel
Der Verteilungsschlüssel der europäischen Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage (GKKB)
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät)
Note
1,8
Autor
Jahr
2008
Seiten
69
Katalognummer
V118075
ISBN (eBook)
9783640220083
ISBN (Buch)
9783640222636
Dateigröße
713 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zurechnung, Erfolgsgrößen, Organisationseinheiten, Verfahren, Beispiel, Verteilungsschlüssels, Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage
Arbeit zitieren
Andre Hintz (Autor:in), 2008, Wirtschaftswissenschaftliche Erfolgszurechnung durch ökonometrische Verfahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118075

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Wirtschaftswissenschaftliche Erfolgszurechnung durch ökonometrische Verfahren



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden