Die Verhaltenstherapie


Seminararbeit, 2007

23 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Charakteristika der Verhaltenstherapie
2.1 Definition
2.2 Prinzipien der Verhaltenstherapie

3. Vom S-R-Modell zum Systemmodell menschlichen Verhaltens
3.1 Lerntheoretische Grundlagen
3.2 Kognitionspsychologische Grundlagen
3.3 Systemmodell menschlichen Verhaltens

4. Methoden der Verhaltenstherapie
4.1 Konfrontations- und Bewältigungsverfahren
4.2 Operante Methoden
4.3 Modelllernen
4.4 kognitive Verfahren
4.5 Selbstkontroll- und Selbstmanagementtherapie

5. Prozessmodell der Verhaltenstherapie

6. Resümee

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Ein besonderes Merkmal der Verhaltenstherapie besteht darin, dass ihre Wirksamkeit in zahlreichen Studien belegt wurde. Die Verhaltenstherapie gilt heute als das am besten untersuchte Therapieverfahren. Wirksam angewendet werden kann die Verhaltenstherapie bei vielen verschiedenen psychischen Störungen (z.B. Angststörungen, Alkoholabhängigkeit) und psychosomatischen Erkrankungen (z.B. Bluthochdruck). Hierbei wird von dem Leitgedanken ausgegangen, dass Verhaltensweisen erlernt sind und somit auch wieder verlernt, neu gelernt oder umgelernt werden können. Im Laufe des Lebens werden viele positive und nützliche Verhaltensweisen gelernt, aber genauso können Menschen auch negative Verhaltensweisen, wie z.B. Ängste oder Suchtverhalten, erlernen. Diese Verhaltensweisen können den Betroffenen stark einschränken. Im Verhaltenstherapeutischen Prozess steht die Veränderung eines negativen Verhaltens im Mittelpunkt.

Da das Thema Verhaltenstherapie sehr umfangreich ist, habe ich mich auf die grundlegendsten Aspekte der Verhaltenstherapie beschränkt. Um zielgerichtet die Thematik meiner Hausarbeit behandeln zu können, stelle ich zunächst die Charakteristika der Verhaltenstherapie vor. Dazu zählen sowohl eine Begriffsdefinition, als auch Prinzipien der Verhaltenstherapie. Da es keine einheitliche Definition gibt, können die Prinzipien der Verhaltenstherapie eine wichtige Orientierungshilfe leisten. Einen Kernbereich in der Verhaltenstherapie bilden die Lerntheorien. Diese Modelle bilden die theoretische Basis der Verhaltenstherapie und sind zugleich eine wichtige Grundlage für die Rechtfertigung therapeutischen Handelns. Denn auch in den Methoden der Verhaltenstherapie spiegeln sich lerntheoretische Annahmen wider. Die Methoden der Verhaltenstherapie sind unterteilt in Konfrontations- und Bewältigungsverfahren, Operante Methoden, Modelllernen und kognitive Verfahren. In einem weiteren Schritt stelle ich das Prozessmodell der Verhaltenstherapie nach Kanfer & Grimm dar. Dieses zeigt den praktischen Therapieverlauf in sieben Phasen auf und bietet somit einen Orientierungsrahmen für den therapeutischen Prozess.

2. Charakteristika der Verhaltenstherapie

2.1 Definition

Es gibt keine einheitliche und allgemein akzeptierte Definition der Verhaltenstherapie und auch keine eindeutige Abgrenzung gegenüber anderen Psychotherapieverfahren. Dies liegt vor allem daran, dass sich die Verhaltenstherapie anders wie die meisten Therapieverfahren nicht auf einen Konsens von verschiedenen Theorien stützt, sondern die brauchbarsten Therorieanteile zusammenfasst und diese für die Erklärung von psychischen Störungen und deren Therapie nutzt (vgl. Vogel 2005, S. 63). Deswegen ist die Verhaltenstherapie nicht als ein einzelnes Verfahren, sondern als eine psychotherapeutische Grundorientierung aufzufassen. Ich möchte an dieser Stelle die vielfach zitierte Definition von Margrafs wiedergeben:

„Die Verhaltenstherapie ist eine auf der empirischen Psychologie basierende psychotherapeutische Grundorientierung. Sie umfasst störungsspezifische und –unspezifische Therapieverfahren, die aufgrund von möglichst hinreichend überprüftem Störungswissen und psychologischem Änderungswissen eine systematische Besserung der zu behandelnden Problematik anstreben. Die Maßnahmen verfolgen konkrete und operationalisierte Ziele auf den verschiedenen Ebenen des Verhaltens und Erlebens, leiten sich aus einer Störungsdiagnostik und individuellen Problemanalysen ab und setzen an prädisponierenden, auslösenden und/oder aufrechterhaltenden Problemänderungen an. Die in ständiger Entwicklung befindliche Verhaltenstherapie hat den Anspruch, ihre Effektivität empirisch abzusichern“ (Margrafs 2000, S. 3).

2.2 Prinzipien der Verhaltenstherapie

Viel wichtiger noch als eine gängige Definition sind allgemeine Prinzipien der Verhaltenstherapie. Margrafs stellt neun Prinzipien dar, die die wichtigsten Aspekte der Therapieform aufzeigen. Das erste Prinzip beinhaltet die Orientierung an der empirischen Psychologie. Eine wichtige Eigenschaft der Verhaltenstherapie ist somit die ständige empirische Überprüfung und Operationalisierung der therapeutischen Methoden und Konzepte. Als nächstes nennt Margraf das Prinzip der Problemorientierung. Fokussiert werden gegenwärtige Probleme, ohne dass jedoch zurückliegende Schwierigkeiten vernachlässigt werden. Im Therapieprozess soll der Patient dann lernen, künftige Probleme rechtzeitig zu erkennen und sich darauf vorzubereiten. Hierzu ist es wichtig, dass der Therapeut dem Patienten Fertigkeiten zum Analysieren und Lösen von Problemen vermittelt. Nur durch das Erlernen dieser Fähigkeiten ist der Patient in der Lage zu einer Selbststeuerung.

Als drittes Prinzip nennt Margraf die Bearbeitung von prädisponierenden, auslösenden und aufrechterhaltenden Problembedingungen in der Therapie. Maßnahmen setzten an Bedingungen an, dessen Änderung für die Lösung des Problems notwendig erscheint. Meistens sind dies die aufrechterhaltenden Problembedingungen. Das vierte Prinzip nach Margraf beinhaltet die Zielorientierung der Verhaltenstherapie. In der Therapie legen Therapeut und Klient ein gemeinsames Therapieziel fest. Das Problem des Klienten ist hierbei die Grundlage für die Zielfindung.

Das fünfte Prinzip umfasst die Handlungsorientierung der Verhaltenstherapie. Im therapeutischen Prozess wird häufig durch aktives Handeln an Problemen gelernt. Dieses Erfahrungsorientierte Lernen ist oft wirksamer, als das Lernen durch Einsicht. In dem sechsten Prinzip „Verhaltenstherapie ist nicht auf das therapeutische Setting begrenzt“ (Margraf 2000, S. 4), geht es um die Übertragung des gelernten auf den Alltag des Klienten. Der Klient wird dazu aufgefordert neu erworbene Strategien regelmäßig zwischen den Sitzungen anzuwenden. Die Transparenz der Verhaltenstherapie stellt das siebte Prinzip dar. Ein wichtiger Bestandteil der Therapie ist es, dem Klienten alle therapeutischen Vorgehensweisen zu erklären. Das achte Prinzip der Verhaltenstherapie stellt die Hilfe zur Selbsthilfe dar. Im therapeutischen Prozess soll der Klient zur Selbststeuerung angeleitet werden. Hierzu werden Autonomie und Selbstverantwortung des Patienten gefördert, so dass der Patient zum Ende der Therapie unabhängig vom Therapeuten ist. Das neunte und letzte Prinzip nach Margraf beinhaltet die ständige Weiterentwicklung. Durch die Orientierung an der empirischen Psychologie findet ein ständiger Prozess der Evaluation und der Weiterentwicklung statt (vgl. Margraf 2000, S. 4f.).

3. Vom S-R-Modell zum Systemmodell menschlichen Verhaltens

3.1 Lerntheoretische Grundlagen

Lerntheorien spielen in der Verhaltenstherapie eine zentrale Rolle, denn jegliche Veränderungen und Erweiterung von Verhaltensweisen können als Lernprozesse aufgefasst werden. Mit Verhalten sind hierbei sowohl sichtbare Äußerungen des Organismus, als auch kognitive und psychologische Prozesse gemeint (vgl. Reinecker 1999, S. 88). Hinsichtlich lerntheoretischer Konzepte ist vor allem das klassische Konditionieren, das operante und das soziale lernen zu nennen. Zusätzlich sind kognitive Faktoren in die Begründung von verhaltenstherapeutischen Techniken einbezogen worden.

Der russische Physiologe Iwan P. Pawlow gilt als Gründer der Klassischen Konditionierung. Anfang des 20. Jahrhunderts hat er anhand von Versuchen an Hunden die klassische Konditionierung erforscht und begründet. Pawlow machte sich den natürlichen Speichelreflex des Hundes zu nutze. Durch das anreichen von Futter (unkonditionierter Reiz/UCS) wird bei den Tieren der Reflex des Speichelflusses ausgelöst (unkonditionierte Reaktion/UCR). Wird nun die Futtergabe (unkonditionierter Reiz/UCS) mehrfach mit einem Glockenton (neutralen Reiz/NS) gekoppelt, so wird der ursprünglich neutrale Reiz (Glockenton) zum Auslöser für den Speichelfluss. Der neutrale Reiz ist zu einem konditionieren Reiz (CS) geworden. Auch ohne das anreichen von Futter (unkonditionierter Reiz) löst der Glockenton (konditionierter Reiz/CS) bei den Hunden Speichelfluss (konditionierte Reaktion/CR) aus.

„Dass es sich um eine höchst elementare, natürliche Verhaltensweise handelt, ist für die klassische Konditionierung von großer Bedeutung, denn diese erfolgt nur dort, wo bereits ausgebildete elementare Verhaltensformen (z.B. Reflexe wie der oben erwähnte Reflex der Speichelabsonderung) vorhanden sind, die durch neue Reize ausgelöst werden können“ (Steiner 2001, S. 16). Ein typisches Beispiel für eine natürliche, elementare Verhaltensweise ist zum Beispiel die Angstreaktion.

Die Entstehung einer Angstreaktion kann als ein Ergebnis einer Koppelung eines vorher neutralen Reizes (NS) mit einem bedeutsamen Reiz (UCS) angesehen werden.

Bei der klassischen Konditionierung handelt es sich um ein so genanntes S-R-Modell, da der Stimuli (S) zeitlich vor der Reaktion (R) gelagert ist.

Weitere wichtige Begriffe innerhalb dieser Theorie sind Generalisierung, Differenzierung, one-trial-learning-Effekt und die Extinktion. Bei der Generalisierung handelt es sich um eine Übertragung des konditionierten Reizes auf andere Reize, die dem konditioniertem Reiz ähnlich sind. Hingegen erfolgt bei der so genannten Differenzierung die Reaktion nur bei einem speziellen Reiz. Unter dem Begriff one-trial- learning-Effekt ist ein Konditionierungsvorgang zu verstehen, der bei einem einzigen Lerndurchgang zustande kommt. Dies ist der Fall wenn ein neutraler Reiz mit einem sehr starken schmerzauslösenden unkonditionierten Reiz verbunden wird. Unter einer Extinktion ist eine Löschung der konditionierten Reaktion zu verstehen (vgl. Steiner 2001, S. 21 ff).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die klassische Konditionierung einen hohen Erklärungswert für unterschiedliche psychische Störungen (z.B. Angststörung, Zwangsstörung) besitzt. Aber auch zur Erklärung von „psychosomatischen“ Störungen (z.B. Asthma, Migräne etc.) kann die Theorie des klassischen Konditionierens einen wichtigen Beitrag leisten.

Ein weiteres wichtiges lerntheoretisches Konzept ist das instrumentelle Lernen nach Skinner. Im Gegensatz zum klassischen Konditionieren handelt es sich bei der operanten Konditionierung um ein R-S-Modell, da hierbei die Stimuli (S) nach einem Verhalten (R) liegen.

Demnach werden die Verhaltensweisen von den nachfolgenden Konsequenzen bestimmt. Von zentraler Bedeutung sind hierbei positive und negative Verstärker, die durch Hinzufügung und Wegfall belohnend und bestrafend wirken können. Bei einem positiven Verstärker handelt es sich um die Darbietung eines angenehmen Reizes, wie z.B. Lob, Anerkennung. Dies führt als Konsequenz dazu, dass sich die Auftretenswahrscheinlichkeit des gezeigten Verhaltens erhöht. Fällt ein positiver Verstärker weg, bezeichnet man dies als eine indirekte Bestrafung und die Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens sinkt. Bei einer direkten Bestrafung handelt es sich um die Darbietung eines aversiven Reizes. Auch hierbei sinkt die Auftretenswahrscheinlichkeit. Bei einem negativen Verstärker wird ein aversiver Reiz beendet und somit wird die Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens erhöht (vgl. Wiedermann 2006, S. 20).

Unterschieden wird zwischen verschiedenen Verstärkerplänen, die sich auf die Lerngeschwindigkeit, auf die Häufigkeit des zu zeigenden Verhaltens und auf den Löschungswiderstand auswirken.

Bei einer kontinuierlichen Verstärkung wird jede Reaktion verstärkt. Dies führt dazu, dass die Reaktion mit zunehmender Häufigkeit gezeigt wird. Erfolgt jedoch keine Verstärkung mehr, wird die Reaktion sehr schnell wieder gelöscht. Mit einer kontinuierlichen Verstärkung können also sehr schnell Verhaltensweisen aufgebaut werden, sie sind aber nur im geringen Maße Löschungsresistent.

Bei der intermittierenden Verstärkung wird hingegen nicht jede Reaktion verstärkt. Es wird entweder nach einem bestimmten Intervall oder nach einer bestimmten Quote verstärkt. Bei der intermittierenden Verstärkung wird das Verhalten zwar langsamer aufgebaut als bei der kontinuierlichen Verstärkung, dafür ist der Löschungswiderstand aber bei der intermittierenden Verstärkung sehr viel größer (vgl. Steiner 2001, S. 67 ff). Für die Verhaltenstherapie bedeutet dies, dass für die Ausformung von Verhalten kontinuierlich verstärkt werden sollte. In einem weiteren Schritt sollte dann zu der intermittierenden Verstärkung übergegangen werden, um das Verhalten zu stabilisieren und es besonders löschungsresistent zu machen (vgl. Reinecker 1999, S. 94).

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Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die Verhaltenstherapie
Hochschule
Universität Bielefeld
Veranstaltung
Wege zum Menschen
Autor
Jahr
2007
Seiten
23
Katalognummer
V117878
ISBN (eBook)
9783640210145
Dateigröße
459 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Verhaltenstherapie, Wege, Menschen
Arbeit zitieren
Lena Giller (Autor:in), 2007, Die Verhaltenstherapie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117878

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